Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2647 18. 09. 2017 1Eingegangen: 18. 09. 2017 / Ausgegeben: 06. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar ein Personalmangel für den Sozialbereich vorhanden? 2. Welche Einrichtungen sind davon besonders betroffen? 3. Wie wird der Personalmangel in diesen Einrichtungen kompensiert? 4. Steht in den nächsten Jahren in Aussicht, dass der Personalmangel verringert wird oder ist zu befürchten, dass sich dieser in den genannten Landkreisen noch weiter verschärfen wird? 5. Wird gezielt in den genannten Landkreisen die Ausbildung von Personal für den Sozialbereich gefördert? 6. Werden vom Land Fördergelder zur Aus- und Fortbildung von Personal für den Sozialbereich bereitgestellt und abgerufen? 7. Wie hoch sind die Sozialetats für die Jahre 2016 und 2017 in den genannten Landkreisen? 12. 09. 2017 Berg AfD Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Personalmangel im Sozialbereich in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2647 2 B e g r ü n d u n g Die Förderung zur Aus- und Fortbildung von Personal im Sozialbereich muss auf allen Ebenen angepackt werden. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 23. November 2017 Nr. 33-0141.5-016/2647 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar ein Personalmangel für den Sozialbereich vorhanden? 2. Welche Einrichtungen sind davon besonders betroffen? Landkreis Tuttlingen: Nach Angaben des Landratsamts Tuttlingen besteht im Landkreis ein Personalmangel im Sozialbereich. Besonders betroffen sind hiervon die Sozialverwaltungen z. B. die Sozialämter, die Arbeitsverwaltungen, die Jugendämter, die Einrichtungen und Dienste der Altenhilfe, sowie das Schul- und Bildungswesen. Das - selbe gilt für die Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Jugendhilfe. Schwarzwald-Baar Kreis: Aus Sicht des Schwarzwald-Baar-Kreises besteht im Sozialbereich ein Fachkräftemangel . Allerdings kann diese Sichtweise bis auf den Pflegebereich nicht mit Zahlen unterlegt werden. (Näheres hierzu unter Nr. 4). Diese Erkenntnisse ergeben sich aus Stimmungsbildern der Leistungserbringer, die von Schwierigkeiten bei der Besetzung von offenen Stellen sprechen. Betroffen sind Einrichtungen der Pflege, aber auch alle übrigen Leistungserbringer, beispielsweise in der Hilfe für behinderte Menschen, der Nichtsesshaftenhilfe, usw. 3. Wie wird der Personalmangel in diesen Einrichtungen kompensiert? Landkreis Tuttlingen: Nach Angaben des Landkreises erfolgt die Kompensation des Personalmangels auf vielfältige Weise. Unter anderem z. B. durch den Einbezug erweiterter Berufsgruppen , den Einsatz von Ehrenamtlichen und durch eine höhere Arbeitsbelastung (z. B. in Form von Überstunden) bei den vorhandenen Mitarbeiter/-innen. Schwarzwald-Baar-Kreis: Der Landkreis sieht sich außer Stande, diese Frage zu beantworten. Für die Beantwortung müsste das Personalmanagement in den jeweiligen Einrichtungen analysiert werden, entsprechenden Daten und Fakten liegen dem Landkreis jedoch nicht vor. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2647 4. Steht in den nächsten Jahren in Aussicht, dass der Personalmangel verringert wird oder ist zu befürchten, dass sich dieser in den genannten Landkreisen noch weiter verschärfen wird? Landkreis Tuttlingen: Nach Einschätzung des Landkreises kann dies generell nicht beantwortet werden und hängt von sehr vielen Faktoren und auch von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab. Sicher ist, dass es insbesondere im Bereich der Kranken- und Altenpflege zu einer Verschärfung des Personalmangels kommen wird. Der Landkreis Tuttlingen plant mit einem zusätzlichen Personalbedarf von 600 Pflegekräften bis zum Jahr 2030. Schwarzwald-Baar-Kreis: Der Landkreis geht davon aus, dass sich der Personalmangel in den kommenden Jahren verschärfen wird. Für den Bereich Pflege wurde dies in der Altenhilfeplanung ausgewertet. Dabei ergab sich folgendes Bild: Die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis und damit auch der Bedarf an Pflegekräften in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten im Schwarzwald -Baar-Kreis werden zukünftig weiter steigen. Im Rahmen der Altenhilfeplanung des Schwarzwald-Baar-Kreises wurden verschiedene Trendberechnungen zu diesen Entwicklungen für die Jahre 2020 und 2025 durchgeführt. Grundlage der Prognosen sind Daten der 12. Bevölkerungsvorausschätzung des Statistischen Landesamtes, welche auf dem Bevölkerungsstand in den Kommunen zum 31. Dezember 2008 basiert, sowie Daten zur Pflegehäufigkeit aus der Landespflegestatistik, die alle zwei Jahre erhoben wird. Demnach werden im Jahr 2020 im Schwarzwald-Baar-Kreis voraussichtlich 3.743 bis 3.810 Menschen Leis tungen in Pflegeheimen oder bei ambulanten Pflegediensten in Anspruch nehmen. Im Jahr 2025 wird es vermutlich 3.963 bis 4.035 pflegebedürftige Leis - tungsempfängerinnen und -empfänger von ambulanten oder stationären Angeboten im Schwarzwald-Baar-Kreis geben. Ausgehend von dieser Prognose kann näherungsweise auf den wahrscheinlichen zukünftigen Bedarf an Pflegekräften im Landkreis geschlossen werden. Den Ausgangspunkt der Berechnung stellt der Personalbestand aus dem Jahr 2014 dar. Die Ermittlung des zukünftigen Personalbedarfs in den Pflegeheimen und bei den ambulanten Pflegediensten im Landkreis beruht auf der Annahme, dass sich der aktuelle Personalschlüssel im ambulanten bzw. stationären Bereich bis 2025 nicht ändert. Wird der so ermittelte Quotient von Personal zu Pflegebedürftigen mit der prognostizierten Zahl der Pflegebedürftigen für die Jahre 2020 bzw. 2025 multipliziert , ergibt sich der zukünftige Personalbedarf in VZÄ (Vollzeitäquivalent) in den Pflegeheimen und bei den ambulanten Pflegediensten im Landkreis. Dieser wird im Jahr 2020 voraussichtlich um 168 bis 181 VZÄ (plus 17 bis 19 Pro - zent) höher liegen als im Jahr 2011. Davon werden vermutlich 130 bis 133 VZÄ im stationären und 35 bis 51 im ambulanten Bereich benötigt. Der größere Bedarf besteht in beiden Sektoren bei den Pflegefachkräften. Hier werden für die stationäre Pflege 91 bis 93 und für die ambulante Pflege 31 bis 46 VZÄ gebraucht. Für das Jahr 2025 wird von einem zusätzlichen Bedarf von 234 bis 248 VZÄ (plus 24 bis 26 Prozent) im Vergleich zum Jahr 2011 ausgegangen. Davon werden voraussichtlich 178 bis 181 im stationären und 53 bis 70 im ambulanten Bereich benötigt. Der größere Bedarf besteht in beiden Sektoren bei den Pflegefachkräften . Hier werden für die stationäre Pflege 124 bis 127 und für die ambulante Pflege 47 bis 63 VZÄ gebraucht. Zu berücksichtigen ist, dass sich der Personalbedarf aus dem Erweiterungsbedarf (Differenz zwischen Personalbestand 2011 und dem zu errechnenden Personal - bedarf 2020 bzw. 2025) und dem Ersatzbedarf (Personalverlust z. B. alterungs - bedingt im betreffenden Zeitraum), der sich quantitativ nicht erfassen lässt, zusammensetzt . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2647 4 Ferner ist bei der Interpretation der Ergebnisse der Bedarfsvorausschätzung zu be - rücksichtigen, dass eine genaue Vorhersage der künftigen Entwicklung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine Vorausrechnung zeigt eine mögliche und unter gegebenen Voraussetzungen und Annahmen wahrscheinliche Entwicklung auf. Die wahrscheinliche Entwicklung lässt sich aufgrund der vorliegenden Daten mithilfe des Bedarfskorridors, innerhalb dessen sich die wahrscheinliche Zahl der Pflegebedürftigen voraussichtlich bewegen wird, hinreichend genau aufzeigen. Allerdings kann die Nutzung der Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf örtlicher Ebene die beschrie - bene Entwicklung beeinflussen, sodass es schließlich zu Abweichungen von den Vorausrechnungen kommen kann. Informationen über den Bedarf an Pflegekräften in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern , Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten im Schwarzwald-Baar-Kreis in den Jahren 2015 und 2030 sowie über den Bedarf an Pflegekräften in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen im Schwarzwald -Baar-Kreis im Jahr 2020 liegen dem Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis nicht vor. Ebenso fehlen derzeit Informationen zu den übrigen Sozialbereichen. Eine Planung auf dem Gebiet der Menschen mit Behinderung ist für die nahe Zukunft vorgesehen . Hierbei wird sicherlich auch die Personalsituation in den Einrichtungen beleuchtet werden. 5. Wird gezielt in den genannten Landkreisen die Ausbildung von Personal für den Sozialbereich gefördert? Landkreis Tuttlingen: Der Landkreis sieht die Herausforderungen im Hinblick auf den Personalmangel als eine gemeinsame Aufgabe von Staat, Wohlfahrtpflege und Bildungseinrichtungen . In den Landkreisen finden vielfältigste Initiativen und Anstrengungen statt. Beispielhaft zu nennen sind die Aufstockung von Ausbildungsplätzen, die Verbesserung der Arbeits- und Rahmenbedingungen (z. B. Kinderbetreuung), die Etablierung neuer Berufsbilder und die Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten. Schwarzwald-Baar-Kreis: Der Landkreis hat mit hohem personellem und strukturellem Einsatz dafür gesorgt , dass im Bereich Pflege nun schon im dritten Jahr ein Aktionstag gegen den Fachkräftemangel in der Pflege stattfinden kann. Der Impuls, solche „Werbetage“ für die Pflegeberufe auszuführen, ging vom Landratsamt aus. Der Arbeitskreis Pflege des Schwarzwald-Baar-Kreises beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit dem Fachkräftemangel in der Pflege. Die Mitglieder aus der ambulanten sowie der stationären Pflege und die Vertreter der Agentur für Arbeit und der Pflegeschulen entwickelten bereits 2014 gemeinsam mit dem Beratungs - team Altenpflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaft - liche Aufgaben, die Idee, mit einem Aktionstag „Ausbildung Pflege – Mach mit“ bei den Schülern für die verschiedenen Pflegeberufe zu werben. Zwischenzeitlich konnten viele Einrichtungen, Pflegeschulen und Dienste, die im Schwarzwald- Baar-Kreis tätig sind, dafür gewonnen werden, sich tatkräftig und finanziell zu beteiligen. Auch in weiteren sozialen Bereichen finden im Landkreis viele Initiativen statt, um für eine Ausbildung in sozialen Berufen zu werben. 6. Werden vom Land Fördergelder zur Aus- und Fortbildung von Personal für den Sozialbereich bereitgestellt und abgerufen? In Baden-Württemberg werden Schulen in freier Trägerschaft, die Ausbildungen in den Sozialberufen und in der Altenpflege bzw. Altenpflegehilfe anbieten, nach dem Privatschulgesetz (PSchG) gefördert. Als Ersatzschulen im Sinne des § 3 PSchG erhalten sie, wenn die Voraussetzungen des § 17 PSchG erfüllt sind, Zu- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2647 schüsse des Landes. In § 17 Abs. 1 Satz 1 PSchG ist festgelegt, dass die als Ersatzschulen genehmigten Schulen die Zuschüsse auf Antrag erhalten. Im Landkreis Tuttlingen werden • die Berufsfachschule für Altenpflege beim Zweckverband Pflegeheim Haus Wartenberg in Geisingen und • die Kath. Berufsfachschule für Altenpflege des Instituts für Soziale Berufe gGmbH Stuttgart in Spaichingen nach dem Privatschulgesetz gefördert. Die Fördersumme betrug im Jahr 2016 insgesamt 815.729 Euro. Im Schwarzwald Baar-Kreis werden • die Berufsfachschule für Altenpflege des Caritasverbandes der Erzdiözese Freiburg in Donaueschingen, • die Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung, der Zinsendorfschulen in Königsfeld und • die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe der VHS Villingen-Schwenningen in Villingen-Schwenningen nach dem Privatschulgesetz gefördert. Die Fördersumme betrug im Jahr 2016 insgesamt 649.504 Euro. 7. Wie hoch sind die Sozialetats für die Jahre 2016 und 2017 in den genannten Landkreisen? Landkreis Tuttlingen: Nach Angaben des Landkreises Tuttlingen beläuft sich der Sozialetat einschließlich Jugendhilfe für das Jahr 2016 auf 109.962.600 Euro und ein verbleibender Nettoaufwand von 56.266.300 Euro. Im Haushaltsjahr 2017 weist der Sozialetat ein Planvolumen von 124.833.100 Euro und einen Nettoaufwand von 60.114.100 Euro aus. Schwarzwald-Baar-Kreis: Der Schwarzwald-Baar-Kreis beziffert den Sozialetat für das Jahr 2016 ein - schließ lich Jugendhilfe auf 150.076.100 Euro und den Nettoaufwand auf 87.311.300 Euro. Im Haushaltsjahr 2017 weist der Sozialetat ein Planvolumen von 148.392.500 Euro aus. Der Nettoaufwand beträgt 94.743.200 Euro. Lucha Minister für Soziales und Integration