Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Große Anfrage der Fraktion der AfD und Antwort der Landesregierung Strafverfahren gegen Berufsgeheimnisträger nach § 160 a Absatz 1 der Strafprozessordnung im Allgemeinen und exemplarischer Fall des Strafverfahrens gegen Rechtsanwalt D. M. G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Sind ihr Strafverfahren gegen Berufsgeheimnisträger nach § 160 a Absatz 1 der Strafprozessordnung wegen Beleidigung bekannt – und wenn ja ggf. mit welchem Aktenzeichen bei welchem Gericht –, in deren Verlauf beim Beschuldigten wegen dieses Vorwurfes eine Hausdurchsuchung während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens durchgeführt worden war, wie dies im Strafverfahren gegen Rechtsanwalt D. M. der Fall war ? 2. Ist sie – und wenn ja aus welchen Gründen – der Ansicht, dass im Fall von Rechtsanwalt D. M. bei der Sicherung des Facebook-Profils am 1. Februar 2016 zur Beweissicherung gegen den Beschuldigten D. M. auch alle Freundeslisten, alle „likes“ und alle „Gefällt-mir-Angaben“ dritter Personen in die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte aufgenommen werden mussten und falls dies zutrifft , zu welchen Zwecken? 3. Hat die Generalstaatsanwaltschaft oder die Staatsanwaltschaft Karlsruhe das Landesjustizministerium über das Ermittlungsverfahren gegen D. M. informiert? 4. Falls Frage 3 bejaht wird und das Landesjustizministerium informiert war: Ergingen von dort – und ggf. welche – Weisungen gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft oder gegenüber der Staatsanwaltschaft Karlsruhe? 5. Warum hat die Staatsanwaltschaft im Fall des Rechtsanwalts D. M. mit Verfügung vom 1. Februar 2016 unter Berufung auf Nummer 209 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) eine beschleunigte Beweissicherung veranlasst, was nach Absatz 2 zwingend die Gewissheit voraussetzt , dass ein oberstes Staatsorgan die Ermächtigung zur Strafverfolgung oder einen Strafantrag erwägt, obwohl die Staatsanwaltschaft das noch gar nicht wissen konnte, da sie erst einen Tag später, am 2. Februar 2016 den Bundespräsidenten mit Wiedervorlage drei Monate angeschrieben hat, ob dieser erwäge, zur Strafverfolgung zu ermächtigen oder einen Strafantrag zu stellen? Eingegangen: 04. 11. 2017 / Ausgegeben: 05. 01. 2018 Drucksache 16 / 2756 04. 11. 2017 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 2 6. War der Vorgesetzte des bearbeitenden Staatsanwalts, der die unter Frage 5 genannte Verfügung zur Kenntnis unterzeichnete, in Unkenntnis dieser zwingenden Weisungslage durch die RiStBV? 7. Ist es bei der Staatsanwaltschaft üblich, dass – wie es hier geschah – ein als Staatsanwalt tätiger promovierter Jurist alle internen Aktenverfügungen in einfachen Beleidigungsfällen, die ein Massendelikt darstellen dürften, von seinem Abteilungsleiter zur Kenntnis abzeichnen lässt? 8. Ist es – auch bei beschleunigten Beweissicherungen – bei den Staatsanwaltschaften üblich, dass bei Verdacht auf Straftaten von nicht erheblicher Bedeutung (zur Abgrenzung vgl. BVerfGE 112, 304 [316]) innerhalb ein- und desselben Tages die Verfügung zur Beweissicherung ergeht und ein Bote diese Verfügung persönlich bei der (im Fall von Rechtsanwalt D. M. unzuständigen) Fachbehörde abgibt, diese Behörde den Beweis am darauffolgenden Tag (in Form der Erstellung von drei Bänden Akten) sichert und das Ergebnis gleichfalls per Boten am selben Tag der Staatsanwaltschaft wieder vorlegt, sodass zwischen Verfügung und Erledigung kein Tag vergeht? 9. Lagen der sachbearbeitenden Staatsanwaltschaft zu jener Zeit keine anderen Fälle schwerer Kriminalität vor, deren Bearbeitung dringlicher schien? 10. Warum – und auf Grundlage welcher Ermächtigung – hat die Staatsanwaltschaft mit dieser ersten Beweissicherung das örtlich unzuständige Polizeipräsidium Karlsruhe beauftragt, anstatt das örtlich zuständige Polizeipräsidium Freiburg zu beauftragen, wie es anlässlich der zweiten Beweissicherung am 11. April 2016 ordnungsgemäß geschah? 11. Wurden – und falls nein, warum nicht – gegen die Betreiber der linksextremen Seite „Nordlichtblog“ – wo das Bild ebenfalls aufgefunden wurde – gleichfalls ein Ermittlungsverfahren eröffnet sowie Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und falls ja, von welcher Staatsanwaltschaft und mit welchem Ergebnis? 12. Warum ist die Staatsanwaltschaft in diesem Fall von der Regel der Nummer 6 Absatz 1 RiStBV abgewichen, wonach bei Antragsdelikten – Beleidigung ist ein „absolutes Antragsdelikt“– der Staatsanwalt „in der Regel“ erst tätig wird, wenn ein ordnungsgemäßer Strafantrag vorliegt? 13. Geht sie beim Straftatbestand der Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) von der Existenz minder schwerer und schwerer Fälle aus, wodurch zeichnen sich diese ggf. aus und welcher Kommentierung unter welcher Fundstelle wird das entnommen? 14. War der Staatsanwaltschaft bekannt, dass der Straftatbestand der nicht mittels einer Tätlichkeit begangenen Beleidigung nach § 185 StGB mit einer Strafandrohung von höchstens einem Jahr eine Straftat von geringem Gewicht ist (vgl. Beschluss des Landgerichts Karlsruhe in dieser Sache, Aktenzeichen 2 Qs 53/16)? 15. Für welche Beweismittel sah die Staatsanwaltschaft im Fall des Abwartens eines Strafantrags die Gefahr eines Verlustes, nachdem der Facebook-Account des Beschuldigten schon viele Monate, wenn nicht Jahre vor Ermittlungsbeginn bestanden hatte? 16. War es auf die große Eile der Ermittlungen zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft den Bundesaußenminister a. D. mehrfach mit „Josef Maria Fischer“ bezeichnete, anstatt den richtigen Namen „Josef Martin Fischer“ zu verwenden ? 17. Welchem Kommentar zur Strafprozessordnung (StPO) unter welcher Fundstelle entnimmt die Staatsanwaltschaft die Behauptung gegenüber dem Bevollmächtigen des Beschuldigten vom 18. Oktober 2016, § 160 a StPO sei (von vornherein) nicht auf einen beschuldigten Rechtsanwalt anwendbar, obwohl es dort wörtlich heißt: „Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen ... einen Rechtsanwalt, … richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die dieser das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig“? Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 3 18. War Richterin H. am Amtsgericht Karlsruhe beschäftigt und ggf. bis wann? 19. Wie ist es zu erklären, dass Richterin H. den Durchsuchungsbeschluss am 1. September 2016 unterzeichnete, am 14. Oktober 2016 und 31. Oktober 2016 aber bereits ein anderer Richter namens W. in dem Fall Aktenverfügungen traf, also den Fall bearbeitete, und Richterin, Frau H., im weiteren Verfahren nie mehr auftauchte? 20. Sind Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen generell nicht erforderlich bei nicht juristisch gebildeten Beschuldigten, die sich zum Tatvorwurf äußern und erforderlich bei denjenigen, von denen zu befürchten ist, dass sie von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen? 21. Sind generalpräventive Erwägungen in Strafverfahren gegen Einzelne zulässige Erwägungen für eine Durchsuchung und Beschlagnahme bei einem Berufsgeheimnisträger ? 22. Ist der Staatsanwaltschaft die Bestimmung des § 160 a Absatz 2 StPO bekannt, wonach bei Verfahren gegen Berufsgeheimnisträger in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses gegenüber dem Geheimnisschutz auszugehen ist, wenn keine Straftat von erheblicher Bedeutung – wie Beleidigung – betroffen ist, und warum sah sie hier eine Ausnahme von dieser Regel? 23. Wie gestaltet sich in Fällen von Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwälte die Pressearbeit der Staatsanwaltschaften bzw. zu welchem Zeitpunkt wird in der Regel die Presse informiert? 24. Wie ist es zu rechtfertigen, dass im Karlsruher bzw. Freiburger Fall der Staatsanwalt schon einen Tag nach der Durchsuchung, am 14. Oktober 2016, den Pressereferenten über den Fall in Kenntnis setzte mit der offenbaren Absicht, den Fall an die Öffentlichkeit zu bringen, während sich im in der Begründung aufgeführten Mannheimer Fall die dortige Staatsanwaltschaft vier Monate und trotz einer Auskunftsklage weigerte, die Öffentlichkeit über ein Ermittlungsverfahren gegen einen Rechtsanwalt zu informieren, und spielen hierbei ggf. Erwägungen wie eine höhere oder mindere Prominenz eines Rechtsanwalts oder die Zugehörigkeit zu verschiedenen Parteien eine Rolle und werden Persönlichkeitsrechte unterschiedlich ausgelegt? 04. 11. 2017 Dr. Meuthen und Fraktion B e g r ü n d u n g Es stellt sich die Frage, ob der Landesregierung Strafverfahren gegen Berufsgeheimnisträger nach § 160 a Absatz 1 der Strafprozessordnung wegen Beleidigung bekannt sind, in deren Verlauf beim Beschuldigten wegen dieses Vorwurfes eine Hausdurchsuchung während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens durchgeführt worden war. Weiter wird um Auskunft gebeten, wie sich in Fällen von Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwälte die Pressearbeit der Staatsanwaltschaften gestaltet bzw. zu welchem Zeitpunkt die Presse informiert wird. Hintergrund dieser Großen Anfrage ist der Fall der Hausdurchsuchung bei Rechtsanwalt D. M. in Freiburg, die mit Beschluss der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 10. März 2017 – vor allem wegen des geringen Gewichts der Straftat, geringer Beweisbedeutung und schon weitgehender Tataufklärung vor der Durchsuchung – für rechtswidrig erklärt wurde und der im Folgenden kurz dargestellt wird: Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 4 Am 13. Oktober 2016 fand beim damaligen Beschuldigten und Rechtsanwalt D. M. in Freiburg – er ist Mitglied im Landesschiedsgericht der Partei „Alternative für Deutschland“ und für diese Partei politisch tätig – eine von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe veranlasste und vom Amtsgericht Karlsruhe angeordnete Hausdurchsuchung auf Grundlage der §§ 102, 105 Absatz 1 und 162 Absatz 1 Strafprozessordnung wegen Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch statt. Dieser Hausdurchsuchung gingen folgende Geschehnisse voraus: Auf einem der Facebook-Accounts von D. M. tauchte ab 18. November 2015 als Profilhintergrundbild eine Fotomontage auf. Grundlage der Montage war eine bekannte Nachkriegsaufnahme von den Nürnberger Prozessen, auf der die wichtigsten Angeklagten zu sehen waren, denen Kriegsverbrechen vorgeworfen wurden. Durch ein Bildbearbeitungsprogramm wurden deren Köpfe teilweise durch die Köpfe aktiver bundesdeutscher Politiker aus Bund und Ländern, darunter jenen des Bundespräsidenten, ersetzt. Wer die Fotomontage angefertigt hatte, konnte nicht herausgefunden werden, allerdings fand sich das Bild (nur) noch auf einer linksextremen Seite, die der deutschen Politik Kriegshetze vorwarf. Die Rechtsanwaltskammer Baden-Württemberg wurde darauf aufmerksam und leitete die Information der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe weiter, jedoch beschränkte sie sich auf den Verdacht der Verunglimpfung des Bundespräsidenten und wies darauf hin, dass nach § 90 Absatz 4 die Einwilligung des Präsidenten für eine Strafverfolgung notwendig ist. Der mit dem Fall befasste Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, Herr Dr. M., verfügte am 1. Februar 2016 unter Berufung auf Nummer 209 Absatz 1 Satz 2 der „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ (RiStBV) eine komplette Sicherung des Facebook- Profils inkl. aller Freundeslisten, aller Post und Bilder sowie aller „likes“ und aller „Gefällt-mir-Angaben“ und beauftragte damit am selben Tag und wörtlich „schnellstmöglich“ das Polizeipräsidium Karlsruhe. Zuständig wäre wegen des Wohnsitzes in Freiburg des Beschuldigten das dortige Polizeipräsidium gewesen. Die Akte ließ er per Boten sofort zum Präsidium bringen und bat nach Erledigung wörtlich um „persönliche“ Vorlage. Als Grund für die Eile gab er – nachdrücklich auch gegenüber dem Polizeipräsidium – die „notwendige Beschleunigung der Beweissicherung “ nach Nummer 209 Absatz 2 der RiStBV an, obwohl dessen Voraussetzung (die Erwägung eines obersten Staatsorgans, eine Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen oder Strafantrag zu stellen) noch gar nicht vorlag. Das Polizeipräsidium erledigte den Auftrag noch am selben Tag. Bereits einen Tag später, am 2. Februar 2016 erhielt Staatsanwalt Dr. M. die Auswertung zurück und verfügte am gleichen Tag mit Stempel „EILT“ die Vervielfältigung. Am 8. Februar 2016 schrieb Dr. M. an den Bundespräsidenten Gauck sowie die Bundestagsverwaltung, offenbar mit der Bitte um Weiterleitung an alle von der Fotomontage betroffenen Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung. Einige Tage später schrieb er an das Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages , Dr. R. S., den Bundesaußenminister a. D. „Dr. Joseph Maria F.“ und die Vorsitzende der Friede-Springer-Stiftung. In all diesen Schreiben – mit Ausnahme in jenem an Herrn Gauck – machte Dr. M. auf den Tatvorwurf „Beleidigung“ gegen den Beschuldigten aufmerksam und erbat eine Strafanzeige, falls Interesse an einer Strafverfolgung bestünde, da Beleidigung ein „absolutes Antragsdelikt“ darstelle und nicht durch ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ersetzt werden könne. Der Präsident verweigerte seine Ermächtigung. Keiner der angeschriebenen betroffenen Bundestagsmitglieder kam dem Wunsch des Dr. M. nach und erstattete Strafanzeige, mit Ausnahme der Vizepräsidentin des Bundestages, Frau C. R., des Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Herr Dr. A. H. und Herrn C. Ö. MdB. Außerhalb der Mitglieder des Bundestages erstatteten Herr Dr. R. S. und Herr J. M. F. Anzeige. Nach Eingang der Strafanzeigen änderte Dr. M. den Tatvorwurf auf „Beleidigung“. Das zuständige Polizeipräsidium Freiburg wurde am 11. April 2016 mit einer zweiten Sicherung des Accounts beauftragt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 5 Am 1.September 2016 fertigte Dr. M. einen Beschlussentwurf für einen Durchsuchungsbeschluss und ließ diesen per Boten sofort und mit dem Stempel „EILT“ dem Amtsgericht Karlsruhe überbringen. Richterin Frau H. unterschrieb den Beschluss ohne jede wörtliche Änderung noch am selben Tag. Daraufhin wurde die Durchsuchung der Privaträume des Beschuldigten am 13. Oktober 2016 durchgeführt , wobei ein Laptop beschlagnahmt wurde. Mit Verfügung vom 14. Oktober 2016 erhielten die Pressereferenten der Staatsanwaltschaft Kenntnis von der Durchsuchung zur Weitergabe an die Presse. Gleichzeitig wurde das Auslesen des Laptop „schnellstmöglich“ durch das Polizeipräsidium Freiburg beantragt, wobei das Verwertungsverbot von Berufsgeheimnis-Daten betont wurde. Die kurzfristige Weitergabe der Informationen an die Presse wird von den Fragestellern hinterfragt, nachdem – zumindest in dem folgenden bekannt gewordenen Fall in Mannheim – die Pressearbeit andere Zeitabläufe hatte: Im „Mannheimer Morgen“ vom Mittwoch, 29. März 2017 wird auf Seite 3 unter der Überschrift „Protokoll einer Recherche“ der Fall eines wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz inhaftiert gewesenen Rechtsanwalts geschildert. Die Zeitung erfuhr danach im Dezember 2016 von den Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft Mannheim verweigerte trotz Hinweises auf die zwingende Vorschrift des § 4 Absatz 1 Landespressegesetz unter Hinweis auf „Persönlichkeitsrechte des Verdächtigen“ Auskünfte zu dem Fall und erteilte diese erst nach einer Auskunftsklage der Redaktion beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Ende März 2017, also ca. 4 Monate später nach Abschluss der Ermittlungen. Im vorliegenden Fall des Ermittlungsverfahrens gegen D. M., in dem die Staatsanwaltschaft bereits einen Tag nach der Durchsuchung und vor Abschluss der Ermittlungen von sich aus die Öffentlichkeit informiert hatte, sind den Fragestellern keine Bedenken der Staatsanwaltschaft wegen „Persönlichkeitsrechten“ bekannt geworden. Begründung zu einzelnen Fragen: Frage 15 wird vor dem Hintergrund gestellt, dass nach Nummer 6 Absatz 1 RiSt- BV mit Ermittlungen bei Antragsdelikten (nur) dann – wie hier – schon vor dem Vorliegen einer Strafanzeige begonnen werden kann, wenn zu befürchten ist, dass wichtige Beweismittel verloren gehen. Frage 18 wird vor dem Hintergrund gestellt, dass die den Durchsuchungsbeschluss vom 1. September 2016 unterzeichnende Richterin am Amtsgericht, Frau H., weder im Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Karlsruhe aufgeführt noch der Staatszentrale in Karlsruhe bekannt ist und nach anderen Fundstellen im Internet seit 2012 nicht mehr im „Handbuch der Justiz“ auffindbar sein soll. Frage 20 wird vor dem Hintergrund gestellt, dass die Staatsanwaltschaft in der Beschwerdegegenerklärung vom 24. Oktober 2016 die Auffassung vertritt, die Durchsuchung und Sicherstellung des privat genutzten Laptop sei zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen, da nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sich der juristisch ausgebildete Beschuldigte bei einer Anhörung zum Tatvorwurf äußern würde. Frage 21 wird vor dem Hintergrund gestellt, dass die Staatsanwaltschaft in der Beschwerdegegenerklärung vom 24. Oktober 2016 die Auffassung vertritt, ein generalpräventiver Umstand (angebliche Zunahme von „hatespeech“) habe eine zielführende Ermittlung geboten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 6 A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 19. Dezember 2017 Nr. I-0531.4: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 7 Anlage: Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Europa Mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 beantwortet das Ministerium der Justiz und für Europa im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Sind ihr Strafverfahren gegen Berufsgeheimnisträger nach § 160 a Absatz 1 der Strafprozessordnung wegen Beleidigung bekannt – und wenn ja ggf. mit welchem Aktenzeichen bei welchem Gericht –, in deren Verlauf beim Beschuldigten wegen dieses Vorwurfes eine Hausdurchsuchung während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens durchgeführt worden war, wie dies im Strafverfahren gegen Rechtsanwalt D. M. der Fall war? Rechtsanwalt D. M. war als Beschuldigter einer Straftat schon nicht Berufsgeheimnisträger im Sinne von § 160 a StPO. Für Verfahren gegen Personen, die als Berufsgeheimnisträger nach § 160 a Absatz 1 StPO in Betracht kommen, gibt es unabhängig vom konkreten Tatvorwurf keine gesonderte statistische Erfassung. Ebenso wenig wird statistisch erfasst, ob und in welchen Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Beleidigung eine Durchsuchungsmaßnahme durchgeführt wurde. Von einer Abfrage bei allen Staatsanwaltschaften des Landes wurde im Hinblick auf den damit verbundenen unverhältnismäßigen Erhebungsaufwand abgesehen . 2. Ist sie – und wenn ja aus welchen Gründen – der Ansicht, dass im Fall von Rechtsanwalt D. M. bei der Sicherung des Facebook-Profils am 1. Februar 2016 zur Beweissicherung gegen den Beschuldigten D. M. auch alle Freundeslisten, alle „likes“ und alle „Gefällt-mir-Angaben“ dritter Personen in die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte aufgenommen werden mussten und falls dies zutrifft, zu welchen Zwecken? Über die Aufnahme von Beweismitteln zur Ermittlungsakte entscheidet der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft im Rahmen seiner Ermittlungskompetenz. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe war die Sicherung des Facebook- Profils zum Nachweis bzw. zur Entkräftung des Tatvorwurfs erforderlich (§ 160 Absatz 2 StPO). Die Ermittlungsakten sind gemäß den Bestimmungen der Aktenordnung zu führen. Aus dem Prinzip der Aktenwahrheit und -klarheit folgt, dass die Beweismittel auch Gegenstand der Ermittlungsakten wurden. 3. Hat die Generalstaatsanwaltschaft oder die Staatsanwaltschaft Karlsruhe das Landesjustizministerium über das Ermittlungsverfahren gegen D. M. informiert? Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat unter Benachrichtigung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nach Nr. 209 Absatz 1 Satz 4 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) das Ministerium der Justiz und für Europa über das Ermittlungsverfahren informiert. 4. Falls Frage 3 bejaht wird und das Landesjustizministerium informiert war: Ergingen von dort – und ggf. welche – Weisungen gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft oder gegenüber der Staatsanwaltschaft Karlsruhe? Weisungen des Ministeriums der Justiz und für Europa ergingen weder an die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe noch an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 8 5. Warum hat die Staatsanwaltschaft im Fall des Rechtsanwalts D. M. mit Verfügung vom 1. Februar 2016 unter Berufung auf Nummer 209 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) eine beschleunigte Beweissicherung veranlasst, was nach Absatz 2 zwingend die Gewissheit voraussetzt , dass ein oberstes Staatsorgan die Ermächtigung zur Strafverfolgung oder einen Strafantrag erwägt, obwohl die Staatsanwaltschaft das noch gar nicht wissen konnte, da sie erst einen Tag später, am 2. Februar 2016 den Bundespräsidenten mit Wiedervorlage drei Monate angeschrieben hat, ob dieser erwäge, zur Strafverfolgung zu ermächtigen oder einen Strafantrag zu stellen? Das Ermittlungsverfahren wurde wegen des Verdachts der Verunglimpfung und Beleidigung oberster Staatsorgane des Bundes geführt. Entsprechend der Vorgaben in Nr. 209 Absatz 1 RiStBV wurden das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beschleunigt unterrichtet und die im Interesse der Beweissicherung notwendigen Ermittlungen geführt, damit der Verletzte eine Entschließung darüber treffen kann, ob die Sache verfolgt werden soll. Nr. 209 Absatz 2 RiStBV hingegen betrifft den davon zu unterscheidenden Fall, dass der Sachverhalt beschleunigt aufzuklären ist, wenn ein oberstes Staatsorgan aufgrund des nach Nr. 209 Absatz 1 RiStBV gefertigten ersten Berichts noch keine endgültige Entscheidung über die Erteilung der Ermächtigung zur Strafverfolgung bzw. die Stellung eines Strafantrages getroffen hat. Diese Fallkonstellation lag nicht vor. Die in der Frage unterstellte „zwingende Gewissheit“ als Voraussetzung für ein Handeln nach Nr. 209 Absatz 1 RiStBV ist eine Fehlinterpretation der Norm. 6. War der Vorgesetzte des bearbeitenden Staatsanwalts, der die unter Frage 5 genannte Verfügung zur Kenntnis unterzeichnete, in Unkenntnis dieser zwingenden Weisungslage durch die RiStBV? Dem Vorgesetzten war die Regelung der Nr. 209 RiStBV bekannt, nicht jedoch eine „zwingende Weisungslage“ – denn diese bestand nicht, siehe Antwort 5. 7. Ist es bei der Staatsanwaltschaft üblich, dass – wie es hier geschah – ein als Staatsanwalt tätiger promovierter Jurist alle internen Aktenverfügungen in einfachen Beleidigungsfällen, die ein Massendelikt darstellen dürften, von seinem Abteilungsleiter zur Kenntnis abzeichnen lässt? Die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Grundannahme, es handele sich bei dem in Rede stehenden Ermittlungsverfahren um einen „einfachen Beleidigungsfall , der ein Massendelikt darstellen dürfte“, wird von der Landesregierung nicht geteilt. Im Übrigen wird im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht zwischen promovierten oder nicht promovierten Juristen unterschieden. 8. Ist es – auch bei beschleunigten Beweissicherungen – bei den Staatsanwaltschaften üblich, dass bei Verdacht auf Straftaten von nicht erheblicher Bedeutung (zur Abgrenzung vgl. BVerfGE 112, 304 [316]) innerhalb ein- und desselben Tages die Verfügung zur Beweissicherung ergeht und ein Bote diese Verfügung persönlich bei der (im Fall von Rechtsanwalt D. M. unzuständigen) Fachbehörde abgibt, diese Behörde den Beweis am darauffolgenden Tag (in Form der Erstellung von drei Bänden Akten) sichert und das Ergebnis gleichfalls per Boten am selben Tag der Staatsanwaltschaft wieder vorlegt, sodass zwischen Verfügung und Erledigung kein Tag vergeht? Unabhängig davon, dass nach Auffassung der Landesregierung bei dem gegen Rechtsanwalt D. M. geführten Verfahren keine Taten „von nicht erheblicher Bedeutung “ im Raum standen, kann keine allgemein gültige Aussage getroffen werden , wie bei den Staatsanwaltschaften in vergleichbaren Fällen vorgegangen wird. Im konkreten Fall war die geschilderte Verfahrensweise nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe nicht unüblich. 9. Lagen der sachbearbeitenden Staatsanwaltschaft zu jener Zeit keine anderen Fälle schwerer Kriminalität vor, deren Bearbeitung dringlicher schien? Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hielt sich bei der Bearbeitung des in Rede stehenden Ermittlungsverfahrens an die gesetzlichen Vorgaben des § 152 Absatz 2 StPO. Nach dem dort normierten Legalitätsprinzip ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 9 wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen und gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ob zeitgleich andere Verfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig sind, ist – ungeachtet der Schwere der jeweils verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe – ohne Belang. 10. Warum – und auf Grundlage welcher Ermächtigung – hat die Staatsanwaltschaft mit dieser ersten Beweissicherung das örtlich unzuständige Polizeipräsidium Karlsruhe beauftragt, anstatt das örtlich zuständige Polizeipräsidium Freiburg zu beauftragen, wie es anlässlich der zweiten Beweissicherung am 11. April 2016 ordnungsgemäß geschah? Nach § 161 Absatz 1 StPO ist die Staatsanwaltschaft u. a. befugt, Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen. Im vorliegenden Fall hat es die Staatsanwaltschaft Karlsruhe aus Gründen der Effizienz für sachdienlich erachtet, das am Sitz der Staatsanwaltschaft befindliche Polizeipräsidium Karlsruhe mit der Beweissicherung zu beauftragen. 11. Wurden – und falls nein, warum nicht – gegen die Betreiber der linksextremen Seite „Nordlichtblog“ – wo das Bild ebenfalls aufgefunden wurde – gleichfalls ein Ermittlungsverfahren eröffnet sowie Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und falls ja, von welcher Staatsanwaltschaft und mit welchem Ergebnis? Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ist dort weder eine linksextreme Webseite „Nordlichtblog“ bekannt, noch hat sie Kenntnis von einer Veröffentlichung des Bildes auf dieser Webseite. Es ist daher bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe kein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung des Bildes auf dieser Webseite anhängig bzw. anhängig gewesen. Über entsprechende Ermittlungsverfahren anderer Staatsanwaltschaften ist der Landesregierung nichts bekannt. 12. Warum ist die Staatsanwaltschaft in diesem Fall von der Regel der Nummer 6 Absatz 1 RiStBV abgewichen, wonach bei Antragsdelikten – Beleidigung ist ein „absolutes Antragsdelikt“– der Staatsanwalt „in der Regel“ erst tätig wird, wenn ein ordnungsgemäßer Strafantrag vorliegt? Bereits Nr. 6 Absatz 1 Satz 2 RiStBV bestimmt, dass es geboten sein kann, mit den Ermittlungen schon vorher zu beginnen, falls zu befürchten ist, dass Beweismittel verloren gehen. Ferner sind nach Nr. 6 Absatz 5 RiStBV für den Fall, dass eine Ermächtigung eines obersten Staatsorgans des Bundes oder eines Landes zur Strafverfolgung oder ein Strafantrag eines solchen Organs wegen Beleidigung in Betracht kommt, die besonderen Bestimmungen der Nrn. 209, 210 Absätze 1 und 2, Nr. 211, 212 RiStBV zu beachten. 13. Geht sie beim Straftatbestand der Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) von der Existenz minder schwerer und schwerer Fälle aus, wodurch zeichnen sich diese ggf. aus und welcher Kommentierung unter welcher Fundstelle wird das entnommen? Der Straftatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB normiert keine minder schweren bzw. besonders schweren Fälle. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Strafzumessung nach § 46 StGB. 14. War der Staatsanwaltschaft bekannt, dass der Straftatbestand der nicht mittels einer Tätlichkeit begangenen Beleidigung nach § 185 StGB mit einer Strafandrohung von höchstens einem Jahr eine Straftat von geringem Gewicht ist (vgl. Beschluss des Landgerichts Karlsruhe in dieser Sache, Aktenzeichen 2 Qs 53/16)? Der Staatsanwaltschaft Karlsruhe war der Strafrahmen des § 185 StGB bekannt. Sie hat den konkreten Tatvorwurf des in Rede stehenden Ermittlungsverfahrens für so gewichtig gehalten, dass eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschuldigten nicht unverhältnismäßig erschien. Dieser Einschätzung ist die zuständige Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Karlsruhe gefolgt und hat den beantragten Durchsuchungsbeschluss erlassen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 10 15. Für welche Beweismittel sah die Staatsanwaltschaft im Fall des Abwartens eines Strafantrags die Gefahr eines Verlustes, nachdem der Facebook-Account des Beschuldigten schon viele Monate, wenn nicht Jahre vor Ermittlungsbeginn bestanden hatte? Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe erachtete die Beweissicherung als notwendig, um dem nach Nr. 209 Absatz 1 Satz 1 RiStBV zu unterrichtenden Bundespräsidenten eine Grundlage für seine Entscheidung zu geben, ob eine Strafverfolgungsermächtigung nach § 90 Absatz 4 StGB erteilt wird oder nicht. 16. War es auf die große Eile der Ermittlungen zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft den Bundesaußenminister a. D. mehrfach mit „Josef Maria Fischer “ bezeichnete, anstatt den richtigen Namen „Josef Martin Fischer“ zu verwenden? Die fehlerhafte Bezeichnung beruht nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe auf einem Versehen. 17. Welchem Kommentar zur Strafprozessordnung (StPO) unter welcher Fundstelle entnimmt die Staatsanwaltschaft die Behauptung gegenüber dem Bevollmächtigen des Beschuldigten vom 18. Oktober 2016, § 160 a StPO sei (von vornherein) nicht auf einen beschuldigten Rechtsanwalt anwendbar, obwohl es dort wörtlich heißt: „Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen ... einen Rechtsanwalt, … richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die dieser das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig“? § 160 a StPO ist schon seinem Wortlaut nach nur auf Berufsgeheimnisträger anwendbar , denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Berufsgeheimnisträgern, die selbst Beschuldigte sind, steht allenfalls ein Auskunftsverweigerungsrecht, nicht aber ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. 18. War Richterin H. am Amtsgericht Karlsruhe beschäftigt und ggf. bis wann? Weitere aufsichtsführende Richterin am Amtsgericht H.-S. war am Amtsgericht Karlsruhe beschäftigt und ist mit Ablauf des 30. November 2016 in den Ruhestand getreten. 19. Wie ist es zu erklären, dass Richterin H. den Durchsuchungsbeschluss am 1. September 2016 unterzeichnete, am 14. Oktober 2016 und 31. Oktober 2016 aber bereits ein anderer Richter namens W. in dem Fall Aktenverfügungen traf, also den Fall bearbeitete, und Richterin, Frau H., im weiteren Verfahren nie mehr auftauchte? Aufgrund der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit eines Haft- und Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Karlsruhe erfolgte in der Zeit vom 5. August 2016 bis zum 31. Dezember 2016 die Vertretung der Haft- und Ermittlungsrichterabteilung im täglichen Wechsel durch andere Richterinnen und Richter, im Wesentlichen derjenigen der Strafabteilungen. Am 1. September 2016 hatte weitere aufsichtsführende Richterin am Amtsgericht H.-S. die Vertretung inne. An diesem Tag wurden von ihr in dem in Rede stehenden Ermittlungsverfahren zwei Beschlüsse erlassen. Für die weiteren genannten Daten (14. Oktober 2016 und 31. Oktober 2016) sind im Register der Haft- und Ermittlungsabteilung keine richterlichen Entscheidungen in dem genannten Verfahren verzeichnet. Es lässt sich lediglich entnehmen, dass am 13. Oktober 2016 eine Beschwerde eingegangen ist. An diesem Tag hatte Richter am Amtsgericht W. die Vertretung der Haft- und Ermittlungsabteilung inne. Da der jeweilige Vertretungsrichter der Haft- und Ermittlungsabteilung diejenigen Vorgänge zu bearbeiten hatte, die an seinem Vertretungstag eingegangen waren, ist es nicht auszuschließen, dass Richter am Amtsgericht W. am 14. Oktober 2016 und 31. Oktober 2016 Verfügungen im Verfahren traf. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 11 20. Sind Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen generell nicht erforderlich bei nicht juristisch gebildeten Beschuldigten, die sich zum Tatvorwurf äußern und erforderlich bei denjenigen, von denen zu befürchten ist, dass sie von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen? Durchsuchungen und Beschlagnahmen sind grundsätzlich vom juristischen Kenntnisstand eines Beschuldigten unabhängige strafprozessuale Maßnahmen. 21. Sind generalpräventive Erwägungen in Strafverfahren gegen Einzelne zulässige Erwägungen für eine Durchsuchung und Beschlagnahme bei einem Berufsgeheimnisträger ? Durchsuchungen und Beschlagnahmen dienen der Sicherung von Beweismitteln, die für den Nachweis bzw. die Entkräftung des Tatvorwurfs von Bedeutung sein können. Für diese Zwecke spielen, ungeachtet des Umstandes, dass im Fall von Rechtsanwalt D. M. keine Durchsuchung und Beschlagnahme bei einem Berufsgeheimnisträger , sondern bei einem beschuldigten Rechtsanwalt erfolgte, generalpräventive Gesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle. 22. Ist der Staatsanwaltschaft die Bestimmung des § 160 a Absatz 2 StPO bekannt, wonach bei Verfahren gegen Berufsgeheimnisträger in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses gegenüber dem Geheimnisschutz auszugehen ist, wenn keine Straftat von erheblicher Bedeutung – wie Beleidigung – betroffen ist, und warum sah sie hier eine Ausnahme von dieser Regel? Der Staatsanwaltschaft Karlsruhe ist die Bestimmung des § 160 a Absatz 2 StPO bekannt. Diese Vorschrift ist in der hier in Rede stehenden Ermittlungskonstellation jedoch nicht anwendbar (vgl. Antwort auf die Fragen 1 und 17). 23. Wie gestaltet sich in Fällen von Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwälte die Pressearbeit der Staatsanwaltschaften bzw. zu welchem Zeitpunkt wird in der Regel die Presse informiert? Eine allgemein gültige Aussage zu der Gestaltung der Pressearbeit der Staatsanwaltschaften losgelöst vom Einzelfall lässt sich nicht treffen. Ob, ggf. in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt Pressevertretern Mitteilung über Ermittlungshandlungen der Staatsanwaltschaften gemacht wird, bestimmt die Staatsanwaltschaft in eigener Zuständigkeit unter pflichtgemäßer Berücksichtigung der Regelungen der Nrn. 4 a und 23 RiStBV, des § 4 Landespressegesetz und der, insbesondere grundrechtlich geschützten, Rechte der Betroffenen. 24. Wie ist es zu rechtfertigen, dass im Karlsruher bzw. Freiburger Fall der Staatsanwalt schon einen Tag nach der Durchsuchung, am 14. Oktober 2016, den Pressereferenten über den Fall in Kenntnis setzte mit der offenbaren Absicht, den Fall an die Öffentlichkeit zu bringen, während sich im in der Begründung aufgeführten Mannheimer Fall die dortige Staatsanwaltschaft vier Monate und trotz einer Auskunftsklage weigerte, die Öffentlichkeit über ein Ermittlungsverfahren gegen einen Rechtsanwalt zu informieren, und spielen hierbei ggf. Erwägungen wie eine höhere oder mindere Prominenz eines Rechtsanwalts oder die Zugehörigkeit zu verschiedenen Parteien eine Rolle und werden Persönlichkeitsrechte unterschiedlich ausgelegt? Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurde im hier maßgeblichen Ermittlungsverfahren eine aktive Pressearbeit durch den Dezernenten weder angeregt , noch ist eine solche erfolgt. Vielmehr veröffentlichte der damalige Pressesprecher des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg am Abend des 13. Oktober 2016, also am Tag der Durchsuchung, eine „aktuelle Pressemitteilung der AfD Baden-Württemberg“, mittels derer über die Hausdurchsuchung beim Vizepräsidenten des baden-württembergischen AfD-Landesschiedsgerichts berichtet wurde. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat erst am Folgetag, also am 14. Oktober 2016, Presseanfragen, die sich auf diese Pressemitteilung der AfD bezogen, beantwortet. Eine vermeintliche Prominenz des Beschuldigten oder die Zugehörigkeit zu einer Partei waren für die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft Karlsruhe zu keinem Zeitpunkt von Belang. Ein Vergleich zur Öffentlichkeitsarbeit in einem anderen, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2756 12 von der Staatsanwaltschaft Mannheim bearbeiteten Verfahren ist nicht möglich, da sich im dortigen Verfahren weder der Beschuldigte noch sein Umfeld zuvor an die Öffentlichkeit gewandt hatten. In Vertretung Steinbacher Ministerialdirektor