Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 276 06. 07. 2016 1Eingegangen: 06. 07. 2016 / Ausgegeben: 25. 08. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen ihr bzgl. der Fahrplanentwürfe für 2017 vor? 2. Wurden alle Fahrplanentwürfe für 2017 der Allgemeinheit zugänglich gemacht (mit Angabe, wo und in welcher Form)? 3. Welche Maßnahmen hat das Land ergriffen, um in den Jahren 2017, 2018 und 2019 jeweils das Kapazitätsangebot in den Zügen der Euregio Bodensee zu erhöhen oder kurzfristig an den jeweiligen Bedarf anzupassen? 4. Wie viele Steh- und Sitzplätze werden in der ersten und der zweiten Klasse den Fahrgästen im Jahr 2016 und ab 2017 jeweils in den einzelnen Zügen der Eu - regio Bodensee zur Verfügung stehen? 5. In welchen Zügen und auf welchen Streckenabschnitten der Euregio Bodensee rechnet sie in den Jahren 2016 und ab 2017 damit, dass ein höheres Stehplatzund Sitzplatzaufkommen als bisher nötig sein wird? 6. Welche Maßnahmen hat sie zur Behebung des Steh- und Sitzplatzproblems eingeleitet? 7. Inwieweit soll die Sitzplatzkapazität pro Zug auf der Bodenseegürtelbahn zurückgefahren werden? 8. Welche Auswirkungen erwartet sie durch die Sitzplatzreduzierung? Kleine Anfrage des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Entsprechen die Fahrplanentwürfe und Fahrgast - kapazitäten den aktuellen Fahrgastbedarfen auf der Schiene? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 276 2 9. Wie bewertet sie die dramatische Sitzplatzstreichung (von 30 Sitzen auf acht Sitze in der ersten Klasse) im Interregio-Express (IRE) Ulm–Friedrichshafen– Basel? 10. Wie viele dieser Sitze werden zugunsten von Plätzen für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer umgewandelt? 06. 07. 2016 Hoher FDP/DVP B e g r ü n d u n g Die Bodenseeregion ist ein wichtiger, weiter wachsender Industrie- und Tourismusstandort in Baden-Württemberg, trotz der schlechten Straßen- und Luftanbindung der Region. Mit dem Abbau von Sitzplätzen in der ersten Klasse wird der Schienenverkehr für Geschäftsreisende und Touristen zunehmend unattraktiv. Außerdem ist mit Einführung der vom Land geförderten Echt-Bodensee-Gästekarte zur kostenlosen Bahn- und Busnutzung in der Bodenseeregion mit einem weiteren Nachfragewachstum zu rechnen. Ein funktionierender Nah- und Fernverkehr mit ausreichenden Fahrgastplätzen gilt als wichtige Voraussetzung sowohl für den Erfolg einer solchen Gästekarte, als auch für die von der Regierung favorisierte Verlegung des Verkehrs auf die Schiene, um die im Koalitionsvertrag geforderte „Bedarfsgerechte und attraktive Anbindung aller Landesteile im Schienenverkehr zu gewährleisten“ sowie die Attraktivität des Verkehrsträgers Schiene. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 15. August 2016 Nr. 3-3822.0-00/1744 beantwortet das Minis - terium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen ihr bzgl. der Fahrplanentwürfe für 2017 vor? Die Fahrplanentwürfe entsprechen weitgehend dem Fahrplan für 2016. Die weitestgehenden Änderungen finden auf der Filstalbahn (Kursbuchstrecke 750) statt mit der Einführung des stündlichen an Stelle des heute zweistündlichen Inter - regioexpresses (IRE) Stuttgart–Göppingen–Ulm(–Friedrichshafen–Lindau). Bei der Ausschreibung der neuen Verträge für die Fahrpläne ab Oktober bzw. Dezember 2016 wurden die Kapazitätsvorgaben für jeden einzelnen Zug und für jeden Tagestyp überprüft. Dabei wurden sowohl bisher zu gering angesetzte Kapazitäten erhöht als auch deutlich zu hohe Kapazitäten reduziert. 2. Wurden alle Fahrplanentwürfe für 2017 der Allgemeinheit zugänglich gemacht (mit Angabe, wo und in welcher Form)? Die Fahrplanentwürfe sind öffentlich zugänglich unter http://www.3-loewen-takt.de/ aktuelles/meldungen/meldungen/fahrgastbeteiligung-fahrplan-2017/. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 276 3. Welche Maßnahmen hat das Land ergriffen, um in den Jahren 2017, 2018 und 2019 jeweils das Kapazitätsangebot in den Zügen der Euregio Bodensee zu erhöhen oder kurzfristig an den jeweiligen Bedarf anzupassen? Kurzfristige Bestellungen (z. B. aufgrund von Veranstaltungen) von zusätzlichen Zügen oder zusätzlichen Wagen nimmt die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft (NVBW) bereits regulär in einem laufenden Jahresfahrplan vor. Im Rahmen der verfügbaren Triebwagen und technischen Voraussetzungen wie z. B. der Bahnsteiglängen können die Kapazitäten jederzeit erhöht werden. 4. Wie viele Steh- und Sitzplätze werden in der ersten und der zweiten Klasse den Fahrgästen im Jahr 2016 und ab 2017 jeweils in den einzelnen Zügen der Euregio Bodensee zur Verfügung stehen? Das Tarifgebiet der Euregio Bodensee erstreckt sich nicht nur auf die baden-württembergischen Strecken rund um den Bodensee, sondern wesentlich auch auf Strecken in Bayern, Österreich und der Schweiz. Daten für außerhalb Baden- Württembergs liegende Strecken liegen der Landesregierung nicht vor. Für die Regionalbahnen zwischen Friedrichshafen und Radolfzell, Lindau sowie Aulendorf sind nachfrageorientiert 70 bis 280 Sitzplätze in der 2. Klasse vorgesehen – in den meisten Fällen 140 Sitzplätze. Die einzelnen Kapazitätsvorgaben sind aufgrund der Größe der Euregio Bodensee und der Aufschlüsselung in unterschiedliche Verkehrstagetypen sehr umfangreich. Den Abgeordneten steht es frei, diese Angaben bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) einzusehen. Sitzplätze der 1. Klasse werden – wie bereits heute – in den RB-Zügen dieser Region nicht angeboten. Im Rahmen der jährlichen Fahrplanbestellungen erfolgt eine Überprüfung der Sitzplatzkapazitäten. Die vom Land im Zielkonzept 2025 als Standard vorgesehene maximale Auslas - tung der Züge in den Hauptverkehrszeiten von bis zu 120 % (in wenigen Einzelfällen bis zu 150 %) der Sitzplätze für maximal 15 Minuten liegt in jedem Fall unter der Anzahl der in den Fahrzeugen zugelassenen Stehplätze, sodass die Zahl der technisch zulässigen Stehplätze für die Kapazitätsplanung des Landes nicht von Belang ist. 5. In welchen Zügen und auf welchen Streckenabschnitten der Euregio Bodensee rechnet sie in den Jahren 2016 und ab 2017 damit, dass ein höheres Stehplatzund Sitzplatzaufkommen als bisher nötig sein wird? Die Kapazitäten wurden Anfang 2015 aufgrund der Neuvergabe der Betriebs - leistung für die Verkehre ab Dezember 2016 überprüft und überarbeitet. Deshalb rechnet das Land nicht mit Kapazitätsanpassungen für 2016 und 2017. 6. Welche Maßnahmen hat sie zur Behebung des Steh- und Sitzplatzproblems eingeleitet ? Siehe Antwort zur Frage 1. 7. Inwieweit soll die Sitzplatzkapazität pro Zug auf der Bodenseegürtelbahn zu - rückgefahren werden? 8. Welche Auswirkungen erwartet sie durch die Sitzplatzreduzierung? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 7 und 8 zusammen beantwortet . Die Sitzplatzkapazität soll nicht zurückgefahren werden. Abweichungen gibt es lediglich im einstelligen Sitzzahlbereich aufgrund des Einsatzes eines anderen Triebwagen-Typs (Baureihe 612) für die Interregioexpresszüge. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 276 4 9. Wie bewertet sie die dramatische Sitzplatzstreichung (von 30 Sitzen auf acht Sitze in der ersten Klasse) im Interregio-Express (IRE) Ulm–Friedrichshafen– Basel? Die Züge dieser Linie verkehren derzeit im Regelfall in Doppeltraktionen mit insgesamt 296 Sitzplätzen, davon 46 Sitzplätze in der 1. Klasse (15,5 %). Neu vorgesehen sind insgesamt 292 Sitzplätze, davon 16 Sitzplätze 1. Klasse (5,5 %). Die aktuelle durchschnittliche Auslastung der Sitzplätze 1. Klasse zwischen Ulm und Radolfzell liegt bei 1,6 %. Von wenigen Ausnahmen abgesehen zeigen die Fahrgastzählungen , dass maximal 14 Plätze 1. Klasse genutzt werden. Bei mehr als 50 % der Zugkilometer sind es weniger als 10 Plätze. Die geringe Anzahl von Ausnahmefällen, in denen tatsächlich einmal mehr als 14 Plätze der 1. Klasse belegt sind, betreffen Züge mit sehr hoher Auslastung im Schülerverkehr, bei denen erfahrungsgemäß bei nur selten stattfindenden Fahrausweisprüfungen Plätze der 1. Klasse von Fahrgästen ohne einen Fahrausweis für die 1. Klasse genutzt werden . Da zukünftig grundsätzlich alle Züge dieser IRE-Linie mit Zugbegleitern besetzt sein werden, kann davon ausgegangen werden, dass die regelmäßigen Fahrausweisprüfungen dazu führen werden, dass die Plätze der 1. Klasse wieder ausschließlich Fahrgästen mit Fahrausweisen der 1. Klasse zur Verfügung stehen und somit auch in diesen Fällen genügend Plätze der 1. Klasse zur Verfügung stehen. Die veränderte prozentuale Aufteilung der Sitzplätze auf die Erste- und Zweite-Klasse-Bereiche entspricht dann auch passgenauer der Nachfrage. 10. Wie viele dieser Sitze werden zugunsten von Plätzen für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer umgewandelt? Der sogenannte Mehrzweckbereich, der auch von Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern genutzt werden kann, wird etwas ausgeweitet. Gemessen in Zahlen von Fahrradstellplätzen können pro Zugeinheit künftig bis zu 15 statt aktuell 9 Fahrräder mitgenommen werden. Werden diese Plätze nicht für Fahrräder und Rollstühle genutzt, stehen sie flexibel für sitzende Reisende zur Verfügung. Dies ist insbesondere in der Frühspitze der Fall, da vor 9 Uhr wegen der Kostenpflicht für die Fahrradmitnahme nur wenige Fahrräder mitgenommen werden. Hermann Minister für Verkehr