Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2771 29. 09. 2017 1Eingegangen: 29. 09. 2017 / Ausgegeben: 17. 11. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchen Gründen wurden die Videoüberwachungskameras an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg abgeschaltet? 2. Seit wann sind die Videoüberwachungskameras an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg abgeschaltet? 3. Wann ist geplant, dem Polizeipräsidium Offenburg die Videoüberwachung in seinen Dienstgebäuden wieder zu gestatten? 4. Welche konkreten Dienstgebäude des Polizeipräsidiums Offenburg sind von der Abschaltung der Videoüberwachung betroffen? 5. Welche der Dienstgebäude sind mit Panzerglas und/oder Schleusen ausgestattet (aufgeschlüsselt nach Polizeirevieren und Polizeiposten des Polizeipräsidiums Offenburg)? 6. Durch welche konkreten Maßnahmen wird sichergestellt, dass die diensthabenden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, insbesondere wenn sie sich alleine im Dienstgebäude befinden (beispielsweise an Wochenenden oder nachts), vor Angriffen geschützt werden? 7. Welche konkreten Ergebnisse haben die Sicherheitsbegehungen unter Beteiligung des Landeskriminalamtes in den Polizeirevieren Offenburg, Rastatt, Baden- Baden sowie Bühl ergeben und welche konkreten Konsequenzen werden daraus gezogen? Kleine Anfrage des Abg. Sascha Binder SPD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Videoüberwachung an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2771 2 8. Welche Möglichkeiten sieht sie, um eine Videoüberwachung der Dienstge - bäude des Polizeipräsidiums Offenburg im Einklang mit den Vorschriften des Datenschutzes zu gewährleisten? 9. Welche konkreten Maßnahmen wurden bereits in die Wege geleitet, um die Wiederaufnahme der Videoüberwachung an Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg zu ermöglichen? 29. 09. 2017 Binder SPD B e g r ü n d u n g An der überwiegenden Anzahl der Dienstgebäude im Polizeipräsidium Offenburg wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen die Videoüberwachungskameras abgeschaltet . Vor dem Hintergrund, dass Polizeireviere und Polizeiposten einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind und sich angesichts der angespannten Personalsituation insbesondere nachts und an den Wochenenden oftmals nur eine Polizeibeamtin bzw. Polizeibeamter im Gebäude befindet, soll mithilfe der Kleinen Anfrage geklärt werden, welche Möglichkeiten der Videoüberwachung es zum Schutz der Polizei und im Einklang mit dem Datenschutzrecht gibt. Die Video - überwachung gewährleistet unter anderem, dass die diensthabenden Beamtinnen und Beamten sehen können, wer das Polizeirevier bzw. den Polizeiposten betreten möchte. Dies ist insbesondere für diejenigen Dienstgebäude bedeutsam, in denen es keine Schleusen gibt und in denen sich zeitweise nur eine Polizeibeamtin bzw. ein Polizeibeamter befindet. A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 Nr. 3-0557.3/12/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Aus welchen Gründen wurden die Videoüberwachungskameras an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg abgeschaltet? Zu 1.: Die Kameras im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Offenburg wurden abgeschaltet, da festgestellt wurde, dass in den meisten Fällen die Voraussetzungen gemäß § 20 a Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg (LDSG BW) fehlten, um eine rechtmäßige Videoüberwachung betreiben zu können. Auslöser für die Überprüfung waren entsprechende Eingaben beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfD). § 20 a LDSG BW setzt u. a. das Vorliegen von Tatsachen voraus, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Gefahr für das entsprechende Gebäude bzw. die darin befindlichen Personen besteht . Diese Einschätzung setzt eine einzelfallbezogene Prüfung voraus. Gemäß Ziff. 3.4 der Richtlinie für die bauliche Sicherung von Polizeidienstgebäuden und polizeilichen Einrichtungen (RiSPol) vom 14. März 2016 kommt zur Überwachung des Außenbereiches zwar u. a. der Einsatz von elektrischen/elektronischen Überwachungssystemen oder die Installation von DOME-Kameras oder Schwenk-/ Neigekameras an zentralen Stellen (z. B. Haupteingangsbereiche, Zufahrtsbereiche , Innenhöfe) in Betracht. Dabei sind jedoch die tatsächliche Erforderlichkeit und Zulässigkeit der Videoüberwachung in jedem Einzelfall bau- und daten- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2771 schutzrechtlich zu prüfen und einzelfallbezogen zu begründen. Eine solche Gefährdungslage lässt sich nicht in allen Fällen hinreichend umfassend begründen. 2. Seit wann sind die Videoüberwachungskameras an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg abgeschaltet? Zu 2.: Die ersten beiden Kameras wurden im September 2016, die dritte Kamera am 16. März 2017 deaktiviert. Im Mai 2017 wurden die Kameras an allen anderen Dienstgebäuden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Offenburg mit Ausnahme eines Polizeireviers deaktiviert. 3. Wann ist geplant, dem Polizeipräsidium Offenburg die Videoüberwachung in seinem Dienstgebäude wieder zu gestatten? Zu 3.: Dem Polizeipräsidium Offenburg wurde die Videoüberwachung an und in den Dienstgebäuden nicht verboten. Lediglich bzgl. der zunächst gerügten zwei Kameras empfahl der LfD die Deaktivierung und Verhüllung bis zur rechtlichen Klärung und Umrüstung. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten wäre eine Aktivierung zu jedem Zeitpunkt möglich. Nach derzeitigem Sach- und Kenntnisstand spricht viel dafür, dass eine durchgehende und flächendeckende Aktivierung der bestehenden Videoüberwachungsanlagen an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg, wie in der Vergangenheit erfolgt, mit den derzei - tigen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar ist. Zur Inbetriebnahme einzelner Kameras an einzelnen Dienstgebäuden soll eine grundsätzliche Klärung mit dem LfD erfolgen. Ein Vororttermin mit dem LfD ist für Mitte November 2017 avisiert . 4. Welche konkreten Dienstgebäude des Polizeipräsidiums Offenburg sind von der Abschaltung der Videoüberwachung betroffen? Zu 4: Betroffen sind die Polizeireviere Achern/Oberkirch, Baden-Baden, Bühl, Gaggenau , Haslach, Kehl und Rastatt sowie die Polizeiposten Gengenbach, Oberkirch, Bietigheim, Iffezheim, Gernsbach und Baden-Baden Oos. Darüber hinaus sind das Autobahnpolizeirevier Bühl, das Verkehrskommissariat Offenburg, die ehem. PD Rastatt/Baden-Baden und das Polizeipräsidium Offenburg betroffen. 5. Welche der Dienstgebäude sind mit Panzerglas und/oder Schleusen ausgestattet (aufgeschlüsselt nach Polizeirevieren und Polizeiposten des Polizeipräsidiums Offenburg)? Zu 5.: Die Sicherung von Polizeidienstgebäuden richtet sich nach der Richtlinie für die bauliche Sicherung von Polizeidienstgebäuden und polizeilichen Einrichtungen (RiSPol). Diese sowie die auf ihrer Grundlage erstellten sicherungstechnischen Stellungnahmen sind als Verschlusssache gem. Verschlusssachenanweisung (VSA) eingestuft. Daher können Informationen zu den vorhandenen objektspezifischen sicherheitstechnischen Maßnahmen nicht veröffentlicht werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2771 4 6. Durch welche konkreten Maßnahmen wird sichergestellt, dass die diensthabenden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, insbesondere wenn sie sich alleine im Dienstgebäude befinden (beispielsweise an Wochenenden oder nachts), vor Angriffen geschützt werden? Zu 6.: Neben den sicherungstechnischen Maßnahmen gemäß der RiSPol werden in einem Leitfaden der Polizei (LF 371) die Grundsätze zur Eigensicherung mit entsprechenden Handlungsanweisungen geregelt. Ferner werden Verhaltensregeln für polizeiliche Lagen in Polizeidienstvorschriften festgelegt. Somit ist die Handlungsfähigkeit von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auch in Angriffssituationen gewährleistet. 7. Welche konkreten Ergebnisse haben die Sicherheitsbegehungen unter Beteiligung des Landeskriminalamts in den Polizeirevieren Offenburg, Rastatt, Baden- Baden und Bühl ergeben und welche konkreten Konsequenzen werden daraus gezogen? Zu 7.: Wie bereits in der Antwort zu Frage 5 dargestellt, sind die sicherungstechnischen Stellungnahmen und die zugrunde liegende RiSPol als Verschlusssache gem. Verschlusssachenanweisung (VSA) eingestuft und können deshalb nicht veröffentlicht werden. Im Falle des Polizeipräsidiums Offenburg wurden die sicherheitstechnischen Stellungnahmen des Landeskriminalamts Baden-Württemberg zu den aufgeführten Polizeidienstgebäuden an das zuständige Amt von Vermögen und Bau Baden-Württemberg mit der Bitte um zeitnahe Umsetzung der aktuellen Vorgaben der RiSPol übersandt. 8. Welche Möglichkeiten sieht sie, um eine Videoüberwachung der Dienstgebäude des Polizeipräsidiums Offenburg im Einklang mit den Vorschriften des Datenschutzes zu gewährleisten? Zu 8.: Die aktuell geltenden allgemeinen Voraussetzungen nach dem LDSG BW lassen nach derzeitiger Einschätzung bei gleichbleibender fehlender konkreter Gefährdungslage im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Offenburg die Rückkehr zu einer allgemeinen, anlasslosen und alle Gebäude umfassenden Videoüberwachung nicht zu. Eine Videoüberwachung kommt auf Grundlage des § 20 a LDSG BW lediglich dann infrage, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Rechtsgüter, Einrichtungen oder Objekte gefährdet sind. Eine Stellungnahme des LfD vom 21. August 2017 geht zudem davon aus, dass eine abstrakte Gefährdungseinschätzung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg nicht als ausreichende Tatsachen im Sinne des § 20 a LDSG BW zu werten sei. Zwar mag für die Polizei als solche eine abstrakt hohe Gefährdungslage bejaht werden können, allerdings sei diese Gefahrenprognose für die einzelnen Örtlichkeiten gesondert zu erstellen bzw. glaubhaft zu machen. Eine einheitliche Bewertung aller polizeilichen Dienstgebäude ließe sich nach der Auslegung der Ansichten des LfD nur durch eine Gesetzesänderung des § 20 a LDSG BW bzw. bei Erlass einer gesonderten Regelung für polizeiliche Einrichtungen erreichen. Das Polizeipräsidium Offenburg hat die Möglichkeit regelmäßig zu erheben, ob eine andere Einschätzung der Gefährdungslage für jeden Standort einzeln gerechtfertigt ist. Dies erfolgt unter anderem durch die fortlaufende Erhebung von Vorkommnissen in und an Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg. Wird eine solche veränderte Gefahrenlage objektbezogen festgestellt, wird eine (erneute) Inbetriebnahme der einzelnen Kameras am jeweiligen Objekt zeitnah geprüft und umgesetzt. Eine Anpassung der Regelung zur Videoüberwachung wird im Zuge der Neufassung des Landesdatenschutzgesetzes im Zusammenhang mit der ab Mai 2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung angestrebt. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2771 9. Welche konkreten Maßnahmen wurden bereits in die Wege geleitet, um die Wiederaufnahme der Videoüberwachung an den Dienstgebäuden des Polizeipräsidiums Offenburg zu ermöglichen? Zu 9.: Im Polizeipräsidium Offenburg wurden alle notwendigen Informationen erhoben, um für die einzelnen Kamerastandorte die materiellen Voraussetzungen belastbar bewerten zu können und ggf. die formellen Voraussetzungen zu schaffen. Mit Schreiben vom 11. April 2017 trat das Polizeipräsidium Offenburg an den LfD mit einer Neukonzeption der Videoüberwachungsanlage eines Polizeireviers heran mit der Bitte um Bewertung. Ferner wurde auch die Videoüberwachungs - anlage des Gebäudes des Polizeipräsidiums Offenburg mit exemplarischen Fragestellungen , die Relevanz für alle Dienstgebäude des Polizeipräsidiums Offenburg beinhalten, mit Schreiben vom 12. Juni 2017 an den LfD zur Prüfung übersandt . Erste schriftliche Hinweise des LfD auf diese Schreiben erhielt das Polizeipräsidium Offenburg am 15. August 2017 und am 22. August 2017. Der LfD bat zur endgültigen Beurteilung um einen Vororttermin, der Mitte November geplant ist. Die weiteren Schritte sollen in ihrer Gesamtheit mit dem LfD abgestimmt werden. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration