Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2819 16. 10. 2017 1Eingegangen: 16. 10. 2017 / Ausgegeben: 23. 11. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kommunen in Baden-Württemberg haben zu welchem Zeitpunkt eine Zweckentfremdungssatzung erlassen? 2. Hat eine dieser Kommunen die Satzung bereits wieder zurückgenommen? 3. Welche dieser Kommunen hat für die Durchsetzung der Satzung neue Stellen in der Verwaltung geschaffen? 4. Wie viele Anzeigen (auch Selbstanzeigen) wurden in den jeweiligen Kommunen seit Satzungserlass erstattet? 5. Wie werden die zweckentfremdeten Wohnungen seitens der Kommunalverwaltungen identifiziert? 6. Wie hoch ist die Summe der in den Kommunen jeweils verhängten Bußgelder? 7. Wie hoch ist der Anteil von Ferienwohnungen, die bei Online-Vermittlungsportalen angeboten werden, an den insgesamt aufgedeckten Fällen von Verstößen gegen die Satzung? 8. Hat sie darüber Kenntnis, wie die Kommunen die Wirksamkeit des neuen Instruments der Zweckentfremdungssatzung beurteilen? Kleine Anfrage des Abg. Daniel Born SPD und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Zweckentfremdung von Wohnraum Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2819 2 9. Stellt sie den Kommunen Handreichungen für die Durchsetzung der Satzung zur Verfügung? 10. Wie beurteilt sie dieses Instrument, das den Erhalt von Wohnraum sichert? 16. 10. 2017 Born SPD B e g r ü n d u n g Der Wohnraum in vielen Regionen in Baden-Württemberg ist knapp. Der Mietmarkt ist überlastet. Viele Menschen finden keine bezahlbare Wohnung. Hinzu kommt, dass es häufig zu einer gewerblichen Zweckentfremdung von Wohnraum mit dem Ziel einer dauerhaften kommerziellen und nichtangemeldeten Vermietung an Feriengäste und Touristen kommt. Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, gültig seit 19. Dezember 2013, ermöglicht es Kommunen, Zweckentfremdungssatzungen unter bestimmten Voraussetzungen zu erlassen. Mit diesem Instrument wird die gewerbliche Zweckentfremdung von Wohnraum, aber auch der dauerhafte, sachgrundlose Leerstand oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verboten. Das Verbot von Zweckentfremdung ist als eine von mehreren Maßnahmen zu verstehen, die für den Erhalt bzw. die Schaffung von Wohnraum sorgen. Da das Land sinnvollerweise 2013 eine Evaluation in fünf Jahren vorgesehen hat, geht der Fragesteller davon aus, dass das Land zu den oben aufgeführten Fragen fortlaufend Daten erhebt. A n t w o r t Mit Schreiben vom 9. November 2017 Nr. 2-2734/70 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration und dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotsgesetz – ZwEWG) vom 19. Dezember 2013, GBl. S. 484, ermöglicht den Städten und Gemeinden mit Wohnraummangel, durch den Erlass kommunaler Satzungen mit einer Geltungsdauer von jeweils höchstens fünf Jahren die Umwandlung von Wohn- in Gewerberäume oder gewerbliche Ferienwohnungen , den Leerstand oder Abriss von Wohnraum der Genehmigungspflicht zu unterwerfen und Verstöße durch Bußgeld zu sanktionieren. Nach § 6 ZwEWG hat die Landesregierung dem Landtag nach Ablauf eines fünf - jährigen Erfahrungszeitraums, somit bis 18. Dezember 2018, zu den Auswirkungen des Gesetzes zu berichten. In Abhängigkeit vom Ergebnis der Überprüfung ist durch den Landtag gegebenenfalls über weitere Maßnahmen zum Zweckentfremdungsverbotsgesetz zu entscheiden. Die Überprüfung der Auswirkungen ist durch Abfrage bei den Kommunen sowie unter Mitwirkung der kommunalen Verbände und der Verbände der Wohnungswirtschaft in Form einer Anhörung Anfang 2018 vorgesehen. Im Vorfeld hierzu erfolgt derzeit und noch bis zum Ende des Jahres 2017 eine Beratung in der Wohnraum-Allianz, Arbeitsgruppe Miet- und Wohnungsrecht. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2819 Zu den in der Kleinen Anfrage gestellten Fragen erhebt das Land nicht fortlaufend Daten, sondern wird lediglich einmalig zum Ablauf der Fünfjahresfrist für die Berichtspflicht an den Landtag im Jahr 2018 eine Befragung zu den Auswirkungen des Gesetzes durchführen. 1. Welche Kommunen in Baden-Württemberg haben zu welchem Zeitpunkt eine Zweckentfremdungssatzung erlassen? 2. Hat eine dieser Kommunen die Satzung bereits wieder zurückgenommen? Zu 1. und 2.: Von der Satzungsermächtigung nach § 2 ZwEWG haben nach Kenntnis der Landesregierung folgende Städte Gebrauch gemacht: – Freiburg i. Br. durch Satzung vom 28. Januar 2014, geändert am 17. März 2015, – Konstanz durch Satzung vom 3. März 2015, – Landeshauptstadt Stuttgart durch Satzung vom 3. Dezember 2015, – Tübingen durch Satzung vom 4. Oktober 2016, – Heidelberg durch Satzung vom 20. Dezember 2016. Die Aufhebung einer dieser Satzungen ist nach Kenntnis der Landesregierung bislang nicht erfolgt. 3. Welche dieser Kommunen hat für die Durchsetzung der Satzung neue Stellen in der Verwaltung geschaffen? 4. Wie viele Anzeigen (auch Selbstanzeigen) wurden in den jeweiligen Kommunen seit Satzungserlass erstattet? 5. Wie werden die zweckentfremdeten Wohnungen seitens der Kommunalverwaltungen identifiziert? 6. Wie hoch ist die Summe der in den Kommunen jeweils verhängten Bußgelder? 7. Wie hoch ist der Anteil von Ferienwohnungen, die bei Online-Vermittlungsportalen angeboten werden, an den insgesamt aufgedeckten Fällen von Verstößen gegen die Satzung? 8. Hat sie darüber Kenntnis, wie die Kommunen die Wirksamkeit des neuen Instruments der Zweckentfremdungssatzung beurteilen? Zu 3. bis 8.: Nähere Erkenntnisse zu den Fragen Ziffer 3 bis 8 liegen der Landesregierung bislang nicht vor. Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen, wonach das Land nicht fortlaufend Daten erhebt, sondern lediglich einmalig zum Ablauf der Fünfjahresfrist die Befragung zu den Auswirkungen des Gesetzes durchführen wird. Ein Fragebogen für diejenigen Kommunen, die von der Satzungsermächtigung Gebrauch gemacht haben, bezüglich der Daten zum Praxisvollzug ist derzeit in Vorbereitung. 9. Stellt sie den Kommunen Handreichungen für die Durchsetzung der Satzung zur Verfügung? Zu 9.: Die Landesregierung hat den Kommunen umfangreiche Anwendungshinweise in Form der Arbeitshilfe des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft zum Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) vom 4. September 2014 gegeben. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2819 4 10. Wie beurteilt sie dieses Instrument, das den Erhalt von Wohnraum sichert? Zu 10.: Die Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes dient dazu, Daten und Erkenntnisse für eine Bewertung des Zweckentfremdungsverbots nach Ablauf eines fünf - jährigen Erfahrungszeitraums zu erhalten. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen . Ob die Regelung einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung von örtlichem Wohnraummangel leistet, kann die Landesregierung aufgrund der gegenwärtig noch anhaltenden Überprüfung nicht abschließend beurteilen. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau