Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2852 08. 12. 2017 1Eingegangen: 08. 12. 2017 / Ausgegeben: 19. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist es richtig, dass durch die Kommunen in Baden-Württemberg die Gesundheitskosten für Asylbewerber wie von einer privaten Krankenversicherung übernommen werden? 2. Wenn nein, wie werden Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche von Asylbewerbern abgerechnet und finanziert? 3. Wie hoch sind die Gesundheitskosten für Asylbewerber? 4. Wenn Frage 1 bejaht wird: Wie schätzt sie diesen Zustand in Anbetracht der Gerechtigkeit gegenüber den Steuerzahlern und gesetzlich Versicherten in Deutschland ein? 5. Was schlägt die Landesregierung vor, um Missbrauch durch Asylbewerber bei der Krankenversicherung vorzubeugen? 6. Welche Maßnahmen werden gegen Missbrauch durch Asylbewerber bei der Gesundheitsversorgung durchgeführt? 7. Wie schätzt sie das sogenannte „Zwei-Klassen-Gesundheitssystem“ aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung unter dem Gesichtspunkt der Leis - tungsgerechtigkeit und Gleichbehandlung der Beitragszahler ein? 8. Was hält sie von dem Gedanken, sich gemäß dem Subsidiaritätsprinzip vom Gesundheitssystem der Bundesrepublik zu lösen und ein landeseigenes Gesundheitssystem zu entwickeln? 9. Werden bei abgelehnten Asylanträgen den abgelehnten Bewerbern die Gesundheitskosten rückwirkend in Rechnung gestellt, bzw. bei Insolvenz mit ge - meinnütziger Arbeit entsprechend gegenfinanziert? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Räpple AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Gesundheitskosten von Asylbewerbern Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2852 2 10. Inwieweit gibt es im Hinblick auf Sozialleistungen an Zuwanderer, die kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, einen finanziellen Ausgleich für die Mitglieder der Solidarsysteme in Deutschland? 08. 12. 2017 Räpple AfD B e g r ü n d u n g Anders als die meisten Menschen in Deutschland können Flüchtlinge während des Asylverfahrens kein reguläres Mitglied der Krankenversicherungen werden. Stattdessen finanzieren und organisieren die Kommunen, in denen sie leben, die medizinische Versorgung. Wie diese geregelt ist, kann deshalb von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Asylbewerber, die länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen weiterhin ihren Beitrag. Bis auf wenige Ausnahmen wie freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen − etwa Zuzahlungen zu Fitnesstrackern oder homöopathische Analysen − werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Ver - sicherten. Erst wenn die mittlerweile in Deutschland Angekommenen eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus. A n t w o r t Mit Schreiben vom 3. Januar 2018 Nr. 41-0141.5-016/2852 beantwortet das Minis terium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist es richtig, dass durch die Kommunen in Baden-Württemberg die Gesundheitskosten für Asylbewerber wie von einer privaten Krankenversicherung übernommen werden? 2. Wenn nein, wie werden Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche von Asylbewerbern abgerechnet und finanziert? Während der ersten 15 Monate ihres Aufenthalts in Deutschland sind die Gesundheitsleistungen von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) grundsätzlich auf eine Akut- und Schmerzversorgung begrenzt; da - rüber hinaus können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind (§§ 4 und 6 AsylbLG). Werden Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG von niedergelassenen Vertragsärzten behandelt, erfolgt die Vergütung des Arztes über die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Die KVBW rechnet sodann mit der zuständigen AsylbLG-Leistungsbehörde ab. Soweit die Leistungen durch niedergelas - sene Ärzte oder Zahnärzte erfolgen, richtet sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes oder des Zahnarztes geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 und § 132 e Abs. 1 SGB V. Hierbei handelt es sich um die zwischen den Vertragspartnern der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse vereinbarten Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Vergütung erfolgt außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Ergänzend wird auf die Ausführungen in der Drucksache 16/1480 verwiesen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2852 Leistungsberechtigte, die nach 15-monatigem Aufenthalt in Deutschland Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG beziehen, erhalten Gesundheitsleistungen, die im Wesentlichen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. Die Krankenbehandlung wird dann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen . Die Vergütung des Vertragsarztes erfolgt über die KVBW, die mit der für den Leistungsberechtigten zuständigen Krankenkasse abrechnet. Die Aufwendungen , die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung entstehen, werden ihnen einschließlich einer Verwaltungskostenpauschale von den zuständigen AsylbLG-Leistungsbehörden erstattet. Die Vergütung des Vertragsarztes erfolgt innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Leistungsbehörden für Leistungen nach dem AsylbLG sind im Anschluss an die Erstaufnahme die Landratsämter in den Landkreisen bzw. die Stadtverwaltungen in den Stadtkreisen. Kostenträger sind die Stadt- und Landkreise. Für die Zeit der vorläufigen Unterbringung werden den Kreisen die Ausgaben für Gesundheitsleis - tungen jedoch vom Land erstattet. 3. Wie hoch sind die Gesundheitskosten für Asylbewerber? Die Ermittlung der Höhe der Gesundheitskosten für Asylbewerber ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. 4. Wenn Frage 1 bejaht wird: Wie schätzt sie diesen Zustand in Anbetracht der Gerechtigkeit gegenüber den Steuerzahlern und gesetzlich Versicherten in Deutschland ein? Wie in Antwort zu Frage 1 beschrieben, beschränken sich die Gesundheitsleistungen von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) grundsätzlich auf eine Akut- und Schmerzversorgung. Darüber hinaus können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind (§§ 4 und 6 AsylbLG). Dies stellt eine Schlechterbehandlung gegenüber gesetzlich Versicherten dar, die vom Gesetzgeber angesichts des vorübergehenden Status der Asylbewerber für vertretbar gehalten wird. 5. Was schlägt die Landesregierung vor, um Missbrauch durch Asylbewerber bei der Krankenversicherung vorzubeugen? Nach aktuellsten Informationen der Krankenkassen gibt es keine Auffälligkeiten in Baden-Württemberg für den Personenkreis der (ehemaligen) Asylbewerber. 6. Welche Maßnahmen werden gegen Missbrauch durch Asylbewerber bei der Gesundheitsversorgung durchgeführt? Ob und bejahendenfalls welche Gesundheitsleistungen Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gewährt werden, richtet sich nach den einschlägigen leis - tungsrechtlichen Regelungen sowie nach medizinischen Gesichtspunkten. Das heißt, es bedarf im Einzelfall einer sachverständigen Beurteilung durch einen fachkompetenten Arzt oder Zahnarzt. Gegebenenfalls kommt die Einbeziehung des Gesundheitsamts oder die ergänzende Einholung eines medizinischen Gutachtens in Betracht. 7. Wie schätzt sie das sogenannte „Zwei-Klassen-Gesundheitssystem“ aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung unter dem Gesichtspunkt der Leis - tungsgerechtigkeit und Gleichbehandlung der Beitragszahler ein? Das System der Sozialversicherung in Deutschland beruht auf dem Prinzip der Solidargemeinschaft. Im Bereich der Krankenversicherung haben sich historisch gewachsen zwei Säulen entwickelt; die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Private Krankenversicherung (PKV). Die beiden Systeme haben unterschiedliche Beitragsbemessungsgrundsätze und Leistungsberechtigungen, die einen unmittelbaren Vergleich erschweren. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2852 4 8. Was hält sie von dem Gedanken, sich gemäß dem Subsidiaritätsprinzip vom Gesundheitssystem der Bundesrepublik zu lösen und ein landeseigenes Gesundheitssystem zu entwickeln? Die Entwicklung eines landeseigenen Gesundheitssystems ist nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Einklang zu bringen. 9. Werden bei abgelehnten Asylanträgen den abgelehnten Bewerbern die Ge - sundheitskosten rückwirkend in Rechnung gestellt, bzw. bei Insolvenz mit ge - meinnütziger Arbeit entsprechend gegenfinanziert? Nein. Die Ablehnung des Asylantrags lässt die ursprüngliche Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG nicht rückwirkend entfallen. 10. Inwieweit gibt es im Hinblick auf Sozialleistungen an Zuwanderer, die kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, einen finanziellen Ausgleich für die Mitglieder der Solidarsysteme in Deutschland? Sozialleistungen für Zuwanderer ohne dauerhaftes Bleiberecht werden nicht über die Sozialversicherung und damit zulasten des Solidarsystems abgedeckt. In Vertretung Prof. Dr. Hammann Ministerialdirektor