Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2889 24. 10. 2017 1Eingegangen: 24. 10. 2017 / Ausgegeben: 01. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit trifft es zu, dass zwar bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der beiden Windenergieanlagen auf dem Nillkopf im Ausbau der bestehenden Waldwege ein potenzieller Eingriff in ein gesetzlich geschütztes Biotop gesehen wurde, dieser Eingriff jedoch bei ausschließlich bergseitiger Abgrabung als nicht erhebliche Beeinträchtigung des Biotops angesehen wurde, sodass kein Ausnahme- oder Befreiungstatbestand einschlägig sei? 2. Handelt es sich bei dieser Fläche um Eigentum des Landes Baden-Württemberg ? 3. Wenn ja, befinden sich die ausgebauten Waldwege in diesem Bereich, die als Zuwegung zu den Windenergieanlagen dienen, im Eigentum des Landes Baden -Württemberg? 4. Inwieweit lagen dem Landesbetrieb ForstBW im Zusammenhang mit dem Windenergievorhaben und der somit erforderlichen Zuwegung nähere Kenntnisse über mögliche Eingriffe in geschützte Biotope vor? 5. Inwiefern war die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ohne die Festsetzung einer Ausnahme oder notwendigen Befreiung seitens des Landratsamts Ortenau aus ihrer Sicht eine korrekte Entscheidung? 6. Wurden die Bauarbeiten nach ihren Informationen korrekt ausgeführt und gilt das Biotop auch nach laufenden Arbeiten als nicht erheblich beeinträchtigt bzw. wurde dort nur bergseitig abgegraben? Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Biotopschutz am Nillkopf (Ortenaukreis) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2889 2 7. Welche Vorgehensweise wäre für eine Ausnahme oder eine Befreiung gemäß § 30 Absatz 3, 4 und 8 des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit weiteren Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen notwendig gewesen? 24. 10. 2017 Glück FDP/DVP B e g r ü n d u n g Für die Errichtung der Windenergieanlage auf dem Nillkopf wurden bestehende Waldwege für den Verkehr von Baumaschinen befestigt und entsprechend präpariert . Augenscheinlich wurden hierbei massive Eingriffe in die vorhandene Natur vorgenommen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. November 2017 Nr. 72-0141.5/49/1 beantwortet das Minis - terium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit trifft es zu, dass zwar bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der beiden Windenergieanlagen auf dem Nillkopf im Ausbau der bestehenden Waldwege ein potenzieller Eingriff in ein gesetzlich geschütztes Biotop gesehen wurde, dieser Eingriff jedoch bei ausschließlich bergseitiger Abgrabung als nicht erhebliche Beeinträchtigung des Biotops angesehen wurde, sodass kein Ausnahme- oder Befreiungstatbestand einschlägig sei? Im Zuge der Planung der Zuwegung zum Windpark „Nillkopf“ in Fischerbach wurde geprüft, inwieweit die Verbreiterung des Weges zu einer erheblichen Beeinträchtigung des nach § 30 BNatSchG i. V. m. § 33 NatSchG geschützten Biotops „Gesteinshalde Heidenkirche SW Brandenkopf“ (Biotoptyp Block-, Schuttund Geröllhalden) führt. Zum Zeitpunkt des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens ging man davon aus, dass ein bergseitiger Ausbau des Weges möglich ist und das Biotop damit nicht beeinträchtigt wird. Die spätere Zuwegungsplanung der Bauingenieure vor Ort ergab allerdings, dass ein solcher Ausbau nur mit erheblichen größeren Eingriffen in den Berg erfolgen könnte und statisch sehr schwierig umzusetzen ist. Eine daraufhin durchgeführte naturschutzfachliche Prüfung vor Ort ergab, dass die geplante Verbreiterung des Weges um ca. 2 Meter auf ca. 350 Meter Länge in die Gesteinshalde aufgrund eines Verlustes von 700 m2 geschützter Fläche durchaus eine erhebliche Beeinträchtigung des Biotops darstellt, zumal ein neuer Böschungsfuß aus örtlich anfallendem Gesteinsmaterial für die Wegverbreiterung gebildet wird. Der erforderliche Eingriff in das Biotop wurde mittels naturschutzrechtlicher Ausnahmegenehmigung am 24. August 2017 von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt. Als Ausgleich wurden die Freistellung von Gesteinsblöcken (auf ca. 467 m2) und die Erweiterung des Biotops im Umfang von 1.665 m2 festgesetzt . Freistellung bedeutet, dass die Gesteinshalde in dem Bereich von Bewuchs befreit wird, der sich dort entwickelt hat, damit die Gesteinshalde ihren offenen Zustand als Lebensraum geschützter Arten behält. Diese Maßnahmen sind regel- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2889 mäßig (alle 8 bis 10 Jahre) zu wiederholen. Diese Maßnahmen sind geeignet, den Eingriff in das Biotop gleichartig auszugleichen. 2. Handelt es sich bei dieser Fläche um Eigentum des Landes Baden-Württemberg ? 3. Wenn ja, befinden sich die ausgebauten Waldwege in diesem Bereich, die als Zuwegung zu den Windenergieanlagen dienen, im Eigentum des Landes Baden- Württemberg? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet : Das ausgewiesene gesetzlich geschützte Biotop „Gesteinshalde Heidenkirche SW Brandenkopf“ liegt auf Flurstück 805, Gemarkung Fischerbach. Eigentümer der Fläche ist das Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Landesbetrieb ForstBW. Der Obere Heidenkirchweg dient als Zuwegung für die beiden Wind - energieanlagen „Nillkopf“. 4. Inwieweit lagen dem Landesbetrieb ForstBW im Zusammenhang mit dem Wind energievorhaben und der somit erforderlichen Zuwegung nähere Kenntnisse über mögliche Eingriffe in geschützte Biotope vor? Die Untere Forstbehörde beim Landratsamt Ortenaukreis hat zu Beginn der Zuwegungsplanung frühzeitig über mögliche Eingriffe in das gesetzlich geschützte Biotop hingewiesen. Im Zuge des Verfahrens wurden folglich zunächst vor Ort mögliche, weniger belastende Alternativen geprüft. Sämtliche technisch möglichen Erschließungsalternativen mussten jedoch wegen des Gebots der Eingriffsminimierung zugunsten der genehmigten Zuwegungsvariante über den genannten Oberen Heidenkirchenweg verworfen werden. Die aktuelle Zuwegung wurde im Zuge der für das Windkraftprojekt erforderlichen forstrechtlichen Waldumwandlungsgenehmigung nach § 9 Landeswaldgesetz vom 20. Dezember 2016 im Einvernehmen mit der Unteren Forstbehörde durch die zuständige Höhere Forstbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg genehmigt. Die am 4. August 2017 durch das E-Werk Mittelbaden beantragte talseitige Wegeverbreiterung im Bereich des Biotops wurde durch die Untere Naturschutzbehörde am 24. August 2017 genehmigt. 5. Inwiefern war die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ohne die Festsetzung einer Ausnahme oder notwendigen Befreiung seitens des Landratsamts Ortenau aus ihrer Sicht eine korrekte Entscheidung? Der Eingriff in das Biotop wurde aufgrund der Zuwegung zum Windpark notwendig . Die Zuwegung gehört nicht zur immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage zur Nutzung von Windenergie im Sinne des § 1 Abs. 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) und wird deshalb auch nicht von der Konzentrationswirkung des § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erfasst. Die separat beantragte naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung wurde von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts Ortenaukreis am 24. August 2017 erteilt (vgl. Antwort zu Frage 1). 6. Wurden die Bauarbeiten nach ihren Informationen korrekt ausgeführt und gilt das Biotop auch nach laufenden Arbeiten als nicht erheblich beeinträchtigt bzw. wurde dort nur bergseitig abgegraben? Der Landesregierung liegen keine Informationen zur Ausführung der Bauarbeiten vor. Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, entsteht eine erhebliche Beeinträchtigung des Biotops und es erfolgte kein rein bergseitiger Ausbau. Daher wurde eine Ausnahmegenehmigung beantragt und gewährt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2889 4 7. Welche Vorgehensweise wäre für eine Ausnahme oder eine Befreiung gemäß § 30 Absatz 3, 4 und 8 des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit weiteren Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen notwendig gewesen? Die am 24. August 2017 erteilte Ausnahmegenehmigung wurde auf der Grund - lage des § 30 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz erteilt. Voraussetzung war, dass die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können, was hier durch die im Genehmigungsbescheid festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen der Fall war (siehe auch Antwort zu Frage 1). Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft