Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2896 24. 10. 2017 1Eingegangen: 24. 10. 2017 / Ausgegeben: 04. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Imker mit wie vielen Bienenvölkern gibt es jeweils in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar? 2. Wie hat sich die Zahl der Bienenvölker im Zeitraum 2010 bis 2017 entwickelt? 3. Welche Arten von Honig werden in den genannten Landkreisen produziert? 4. Welche Bedrohungen wurden in den beiden genannten Landkreisen in welcher Intensität für die Bienen festgestellt? 5. Welchen Maßnahmenkatalog im Detail wird sie zum Schutz der Bienen in den beiden Landkreisen von 2018 bis 2021 verfolgen? 6. Gibt es in den Landkreisen Bienenpatenschaften beispielsweise von der Organisation „Aktion BeeGood Mellifera e. V.“? 7. Welche Gefahren sieht sie durch das Bienensterben in den nächsten Jahren für Baden-Württemberg und im speziellen für die genannten Landkreise? 8. Was unternahm sie bislang und unternimmt sie weiterhin, um dem Verlust und der Fragmentierung von Habitat- und Nahrungsflächen entgegenzuwirken? Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg AfD und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Situation von Bienen in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2896 2 9. Stellt das Land Flächen für Blumenwiesen zur Verfügung? 10. Wie fördert das Land die Bienengesundheit? 19. 10. 2017 Berg AfD B e g r ü n d u n g Ohne Bienen können wir nicht leben. Sie bestäuben die Mehrzahl aller Wild- und Nutzpflanzen und sorgen so für die Artenvielfalt auf unserer Erde. Ein zu geringes und einseitiges Nahrungsangebot, Milben, Krankheiten, Pestizide, aber auch ein oftmals rücksichtsloser Umgang mit ihnen, gefährden die Bienen. Die Folge davon ist ein Bienensterben. Die Fundamente des Ökosystems sind durch das Sterben der Bienen bedroht. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. November 2017 Nr. Z(26)-0141.5/212F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Imker mit wie vielen Bienenvölkern gibt es jeweils in den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar? Zu 1.: Amtliche Zahlen über die Zahl der gehaltenen Bienenvölker liegen nicht vor. Nach Auskunft des Landesverbandes Badischer Imker e. V. und des Landesverbandes Württembergischer Imker e. V. haben die Verbände aktuell im Schwarzwald -Baar-Kreis 424 Mitglieder mit 3.247 Völkern und im Landkreis Tuttlingen 115 Mitglieder mit 718 Völkern. 2. Wie hat sich die Zahl der Bienenvölker im Zeitraum 2010 bis 2017 entwickelt? Zu 2.: Im Schwarzwald-Baar-Kreis lag die Zahl im Jahr 2010 bei 2.853 Völkern, im Jahr 2017 bei 3.247 Völkern. Im Landkreis Tuttlingen lag die Zahl im Jahr 2010 bei 644 Völkern, im Jahr 2017 bei 718 Völkern. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2896 3. Welche Arten von Honig werden in den beiden genannten Landkreisen produziert ? Zu 3.: In den Landkreisen Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis werden vornehmlich Frühtrachthonige aus Löwenzahn und Raps, Sommerhonige aus Waldtracht von Fichten und Weißtannen produziert. In seltenen Fällen können auch Blütenhonige von der Linde, dem Ahorn, der Himbeere und der Brombeere geerntet werden. 4. Welche Bedrohungen wurden in den beiden genannten Landkreisen in welcher Intensität für die Bienen festgestellt? Zu 4.: Den Bienenfachberatern bei den Regierungspräsidien und den beiden Imkerverbänden sind keine spezifischen Bedrohungen bekannt. Bienenschäden oder Bienenvergiftungen wurden nicht gemeldet. Die Winterverluste 2016/2017 bewegten sich im landes- bzw. bundesweiten Durchschnitt. Bienenvölker sind jedoch betroffen vom Befall mit der Varroa-Milbe, sowohl durch die direkte Schädigung durch die Milben selbst, als auch durch von den Milben übertragene Viruskrankheiten und Faulbrut. 5. Welchen Maßnahmenkatalog im Detail wird sie zum Schutz der Bienen in den beiden Landkreisen von 2018 bis 2021 verfolgen? Zu 5.: Landkreisbezogene Maßnahmen sind nicht vorgesehen. Im Rahmen der Imkerei - förderung auf Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse (VwV Imkereiförderung) vom 11. April 2017 wird die Beschaffung von Behandlungsmitteln zur Bekämpfung des Varroa-Befalls aus Landesmitteln bezuschusst. Außerdem werden von den Vereinen und Verbänden durchgeführte Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen gefördert. Fachliche Unterstützung erfahren die Imkerinnen und Imker durch den Bienengesundheitsdienst und das Labor für Bienengesundheit des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg, die Bienenfachberatung der Regierungspräsidien , die Angebote der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim sowie durch die Bienensachverständigen der unteren Veterinärbehörden . Die genannten Maßnahmen werden in den nächsten Jahren weitergeführt. 6. Gibt es in den Landkreisen Bienenpatenschaften beispielsweise von der Organisation „Aktion BeeGood Mellifera e. V.“? Zu 6.: Nach Informationen von Mellifera e. V. gibt es derzeit keine sogenannten Bienenpatenschaften und Blühpatenschaften in den genannten Landkreisen. Es gibt jedoch Schul-Imker AGs, Anfängerkurse, Fortbildungen und umfassende Betreuungsangebote für die Imkerinnen und Imker durch die Kreis- und Landesverbände . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2896 4 7. Welche Gefahren sieht sie durch das Bienensterben in den nächsten Jahren für Baden-Württemberg und im speziellen für die genannten Landkreise? Zu 7.: Bienen und andere Insekten tragen mit ihrer Bestäubungsleistung zur Erhaltung einer vielfältigen Kulturlandschaft und zur Sicherung von Erträgen in der Landwirtschaft bei. Um dies zu sichern, sind Maßnahmen zur Stärkung der Biodiversität sowie des Bienen- und Insektenschutzes notwendig. In den letzten Jahren sind die Mitgliederzahlen der beiden Imkerverbände und die Völkerzahlen in Baden-Württemberg und in den genannten Landkreisen erfreulicherweise steigend. Vor allem junge Menschen entdecken die Imkerei zunehmend als bereicherndes Hobby für sich. 8. Was unternahm sie bislang und unternimmt sie weiterhin, um dem Verlust und der Fragmentierung von Habitat- und Nahrungsflächen entgegenzuwirken? Zu 8.: Mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) sowie der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) stellt das Land zwei Instrumente zur Verfügung, mit deren Hilfe der Erhalt und die Pflege zahlreicher, naturschutzfachlich bedeutsamer Habitate sowie besondere Bewirtschaftungsauflagen zum Schutz von Arten oder Lebensräumen finanziell unterstützt werden. Hinzu kommen spezielle Programme zum Schutz einzelner Arten und Artvorkommen über das Artenschutzprogramm (ASP) des Landes. Verschiedene Maßnahmen in FAKT, wie zum Beispiel die Förderung des artenreichen Grünlands und die Begrünungen, insbesondere die Brachebegrünung mit Blühmischungen, werden in beiden Landkreisen gut in Anspruch genommen. So werden gemäß dieser bienenfreundlichen Maßnahmen im Schwarzwald-Baar- Kreis rund 2.000 ha und im Landkreis Tuttlingen rund 4.200 ha Fläche bewirtschaftet . Um der zunehmenden Fragmentierung von Lebensräumen entgegenzuwirken, hat das Land im Jahr 2014 den Fachplan Landesweiter Biotopverbund vorgelegt . Wesentliche Ziele des Fachplans sind neben der nachhaltigen Sicherung der Vorkommen heimischer Arten, Artengemeinschaften und ihrer Lebens - räume die Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger, ökologischer Wechselbeziehungen in der Landschaft. Der Fachplan Landesweiter Biotopverbund bezieht sich dabei schwerpunktmäßig auf das Offenland. Seit 2015 ist dieser Fachplan rechtlich verankert und von allen öffentlichen Planungsträgern zu be rück sichtigen. Zwischenzeitlich hat die Landesregierung eine Vielzahl von Mo dell vorhaben zur Realisierung eines landesweiten Biotopverbunds initiiert. Auch im Rahmen des anstehenden Naturschutzgroßprojekts Baar werden verschiedene Biotopverbundmaßnahmen umgesetzt, von denen neben Wildinsekten auch die Honigbiene profitieren könnte. Hervorzuheben ist darüber hinaus das Projekt „Natur nah dran“, das die Landes - regierung gemeinsam mit dem NABU Landesverband Baden-Württemberg auf den Weg gebracht hat. In diesem Rahmen werden über einen Zeitraum von 5 Jahren hinweg insgesamt 50 Gemeinden darin unterstützt, ihre innerörtlichen Grünflächen naturnäher umzugestalten. Dies ist ein Beitrag für mehr Ökologie im Siedlungsbereich, der in besonderem Maße den Insekten zugutekommt. Die Landesregierung hat die Grundlagen dafür geschaffen, dass auch zukünftig mit Hilfe der oben genannten Instrumente ein wirksamer Schutz der natürlichen Lebensräume gewährleistet werden kann. Sie trägt dadurch außerdem zu einer konsequenten Umsetzung der Naturschutzstrategie des Landes Baden-Württemberg bei. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2896 9. Stellt das Land Flächen für Blumenwiesen zur Verfügung? Zu 9.: Die landwirtschaftlichen Liegenschaften des Landes sind entweder an Einrichtungen des Landes überlassen oder an landwirtschaftliche Betriebe verpachtet. Nach der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Verwaltung des landeseigenen landwirtschaftlichen Vermögens (VwV Agrarvermögen) sind die verpachteten landwirtschaftlichen Flächen nach den Grundsätzen des Landes Baden-Württemberg für eine ordnungsgemäße Landbewirtschaftung (Grundsätze Landbewirtschaftung ) zu bewirtschaften. Das Land (Liegenschaftsverwaltung), vertreten durch den Landesbetrieb Ver - mögen und Bau, ist derzeit Eigentümer von rund 11.500 ha und damit fast 14.000 naturschutzwichtigen Grundstücken. Durch den kontinuierlichen Flächenkauf schafft das Land die Voraussetzung für die Weiterentwicklung von Gebieten im Sinne des Naturschutzes. Vor dem Hintergrund des dramatischen Insektensterbens wird bei Anlage und Pflege von Grünflächen auf Artenvielfalt Wert gelegt und geprüft, wo statt Rasen Blumenwiesen wachsen können. 10. Wie fördert das Land die Bienengesundheit? Zu 10.: Das Land fördert die Forschungsarbeiten der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim zur Bekämpfung der Varroamilbe. Weiter wird die konsequente Aus- und Weiterbildung der Imkerinnen und Imker gefördert. Eine gute Führung und Pflege der Völker sowie eine konsequente Behandlung gegen die Varroamilbe sind wichtiger Bestandteil der Bienengesundheit. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg ist Ansprechpartner, wenn es um mögliche Bienenschäden geht. Zur Förderung der Bienengesundheit tragen insbesondere die Bienengesundheitsdienste bei, die beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg und beim Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnostikzentrum angesiedelt sind. Bei der Bekämpfung anzeigepflichtiger Bienenseuchen werden die unteren Veterinärbehörden von den benannten Bienensachverständigen unterstützt. Ein regelmäßiger Austausch zwischen den Vertretern der Imkerei und Landwirtschaft findet im Rahmen des Runden Tisches „Imkerei und Landwirtschaft“ am Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz statt. Auf Landkreis - ebene sind Bienenschutzausschüsse eingerichtet. Hier treffen sich Vertreter der Imkerei, der Landwirtschaft, des Veterinärwesens und des Obst- und Weinbaus zu einem gemeinsamen Dialog. Aspekte der Bienengesundheit und des Bienenschutzes spielen dabei eine wichtige Rolle. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz