Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2916 25. 10. 2017 1Eingegangen: 25. 10. 2017 / Ausgegeben: 04. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Entwicklung der Schwarzwildpopulation in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis seit 2007 (unter tabellarischer Angabe der Schwarzwildstrecke pro Kalenderjahr)? 2. Wie beziffert sie die durch Schwarzwild verursachten Wildschäden in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis seit 2007 (tabellarische An - gabe, aufgeschlüsselt nach landwirtschaftlichen Wildschäden und Verkehrs - unfällen)? 3. Inwiefern sind ihr in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis örtliche Schwerpunkte von Verkehrsunfällen, die von Schwarzwild verursacht wurden, bekannt (zum Beispiel entlang der Bundesstraßen 14 und 29)? 4. Gab es in der Vergangenheit vermehrt entsprechende nächtliche Unfälle im Einmündungsbereich des Fellbacher Kappelbergtunnels? 5. Inwiefern sieht sie dort aufgrund der besonderen Lichtverhältnisse und Sicht - einschränkungen ein besonderes Gefährdungspotenzial für entsprechende Unfälle ? 6. Welche sicherheitstechnischen oder baulichen Verbesserungen hält sie vor diesem Hintergrund gegebenenfalls für umsetzbar, um das Risiko entsprechender Wildunfälle zu verringern? 7. Sind ihr rund um den Kappelberg Streuobstwiesen und Weinberge bekannt, von denen mit Blick auf das Schwarzwild ein besonderer Populationsdruck ausgeht? Kleine Anfrage der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr, Dr. Ulrich Goll und Jochen Haußmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Schwarzwildschäden in Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2916 2 8. Wenn ja, welche Handlungsmöglichkeiten sieht sie hier seitens der Bewirtschafter (z. B. mit Blick auf Fallobst)? 9. Wie viele Drück- und Bewegungsjagden sind ihrer Kenntnis nach im Grenz - bereich der Landeshauptstadt Stuttgart und des Rems-Murr-Kreises in den vergangenen Jahren durchgeführt worden? 25. 10. 2017 Reich-Gutjahr, Dr. Goll, Haußmann FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. November 2017 Nr. Z(55)-0141.5/213F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration und dem Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Entwicklung der Schwarzwildpopulation in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis seit 2007 (unter tabellarischer Angabe der Schwarzwildstrecke pro Kalenderjahr)? Zu 1.: In den letzten Jahrzehnten sind die Schwarzwildbestände in allen Ländern stark gestiegen. Diese Entwicklung ist gerade in den letzten beiden Jahrzehnten auch in Baden-Württemberg feststellbar. Bis Anfang der 80er-Jahre wurden in Baden- Württemberg zwischen 1.000 und 5.000 Stück Schwarzwild gestreckt. Die dabei erzielte durchschnittliche Strecke von unter 3.000 Stück Schwarzwild im gesamten Land wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt mittlerweile bereits in einzelnen Landkreisen (Bsp.: KA, MOS, TBB) erreicht. Die Strecke schwankte in den letzten vier Jahren jeweils zwischen ca. 45.000 und 70.000 Stück Schwarzwild in Baden-Württemberg. Aufgrund unterschiedlicher Lebensraumstrukturen ist Schwarz wild jedoch nicht gleichmäßig in Baden-Württemberg verteilt. Auswertungen der Wildforschungsstelle (WFS) zeigen deutlich den in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegenen Umfang an verfügbarer Energie durch Mastereignisse . Neben der reduzierten Frischlingssterblichkeit (mildere Winter) sind die Mastereignisse gewichtige Gründe für die zunehmenden Schwarzwildbestände der vergangenen Jahre. In der folgenden Übersicht sind die Jagdstrecken für die Stadt Stuttgart und dem Rems-Murr-Kreis dargestellt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2916 2. Wie beziffert sie die durch Schwarzwild verursachten Wildschäden in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis seit 2007 (tabellarische Angabe , aufgeschlüsselt nach landwirtschaftlichen Wildschäden und Verkehrs - unfällen)? Zu 2.: Eine statistische Übersicht der Schwarzwildschäden im Bereich des Rems-Murr- Kreises und für das Stadtgebiet von Stuttgart liegt den Verwaltungsbehörden nicht vor. Für das Stadtgebiet von Stuttgart wird die Situation durch die Untere Jagdbehörde wie folgt eingeschätzt: Vereinzelt wurden Wiesen umgebrochen und am Waldrand gelegene Hausgärten oder Friedhöfe vom Schwarzwild aufgesucht. In Fällen, für die eine Wildschadenspflicht bestand, haben sich die Jagdpächter und die Geschädigten gütlich geeinigt. Die entsprechenden Bereiche wurden an - schließend verstärkt bejagt. Für das Jagdjahr 2017/2018 liegen aktuell noch keine Kenntnisse über Wildschäden durch Schwarzwild vor. Für die Schäden durch Wildunfälle liegen weder für den Rems-Murr-Kreis noch für die Stadt Stuttgart verlässliche Zahlen vor. 3. Inwiefern sind ihr in der Landeshauptstadt Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis örtliche Schwerpunkte von Verkehrsunfällen, die von Schwarzwild verursacht wurden, bekannt (zum Beispiel entlang der Bundesstraßen 14 und 29)? Zu 3.: Zur Entwicklung der Zahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Schwarzwild kann keine Aussage getroffen werden, da eine Unterteilung nach Art des Wildes nicht erfolgt. Zudem handelt es sich bei der Mehrzahl der Wildunfälle um sogenannte Kleinstunfälle, die statistisch lediglich als Zählfälle erfasst werden. Eine Zuordnung der genauen Unfallörtlichkeit im Sinne eines örtlichen Schwerpunktes ist für Wildunfälle ohne Personenschaden daher von polizeilicher Seite nicht möglich. Durch die Verortung der Unfälle durch die Jägerschaft kann die Untere Jagdbehörde Stuttgart für die Straßen in der Landeshauptstadt folgende Schwerpunkte ermitteln: Wildparkstraße, Mahdentalstraße und im geringeren Maße die Bergheimer Steige. Für den Rems-Murr-Kreis sind laut zuständiger Unterer Jagdbehörde folgende Schwerpunkte identifiziert: B 14 Höhe Schwaikheim, Teiler B 14/B 29 im Bereich Fellbach/Waiblingen und die B 29 im Bereich Remshalden /Winterbach. -DJGVWUHFNH 6WXWWJDUW 5HPV 0XUU .UHLV -DJGMDKU :LOGDUW *HVDPW GDYRQ 9HUNHKUVYHUOXVWH *HVDPW GDYRQ 9HUNHKUVYHUOXVWH 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG 6FKZDU]ZLOG Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2916 4 4. Gab es in der Vergangenheit vermehrt entsprechende nächtliche Unfälle im Einmündungsbereich des Fellbacher Kappelbergtunnels? Zu 4.: Über eine Unfallhäufigkeit im Einmündungsbereich des Fellbacher Kappelbergtunnels kann, gemäß den Ausführungen zu Ziffer 3, keine Aussage getroffen werden . Das Vorkommen von Schwarzwild im Raum Fellbach ist nach Auskunft der örtlichen Jäger ein neueres, aber zunehmendes Phänomen. 5. Inwiefern sieht sie dort aufgrund der besonderen Lichtverhältnisse und Sicht - einschränkungen ein besonderes Gefährdungspotenzial für entsprechende Unfälle ? Zu 5.: Im Bereich des Fellbacher Kappelbergtunnels verläuft die B 14 weitestgehend geradlinig . Der Fahrbahnverlauf ist übersichtlich und die Lichtverhältnisse sind unauffällig . Im Zeitraum von 2007 bis 2016 wurde statistisch kein Verkehrsunfall erfasst, für den die Sichtverhältnisse unfallursächlich waren. In der Gesamtbetrachtung ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein besonderes Gefährdungs - potenzial. 6. Welche sicherheitstechnischen oder baulichen Verbesserungen hält sie vor diesem Hintergrund gegebenenfalls für umsetzbar, um das Risiko entsprechender Wildunfälle zu verringern? Zu 6.: Grundsätzlich muss bei bekanntem Wildwechsel aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht mit dem Verkehrszeichen „Wildwechsel“ gewarnt werden. Daneben besteht bei Unfallhäufungen die Möglichkeit, Wildschutzzäune entlang der Straße zu errichten oder Wildwarnanlagen zu installieren. An den Tunnelportalen des Kappelbergtunnels sind teilweise Wildschutzzäune vorhanden. Es sind im Tunnelbereich keine signifikanten Tierquerungen bekannt. Eine Wildwarnanlage ist an zweibahnigen Straßen, wie hier im vorliegenden Fall, wegen starker nachteiliger Auswirkungen auf den Verkehrsablauf nicht geeignet. Einrichtungen der Tunnelbetriebstechnik (z. B. Beleuchtung) müssen aus Sicherheitsgründen für den Verkehr technisch angepasst bleiben. 7. Sind ihr rund um den Kappelberg Streuobstwiesen und Weinberge bekannt, von denen mit Blick auf das Schwarzwild ein besonderer Populationsdruck ausgeht? Zu 7.: Ob und wie stark ein Populationsdruck des Schwarzwildes von den Streuobst - wiesen und den Weinbergen rund um den Kappelbergtunnel ausgeht, kann trotz der steigenden Wildschweinbestände nicht verlässlich beantwortet werden. Laut Erkenntnissen der Unteren Jagdbehörde des Rems-Murr-Kreises nehmen die Schäden durch Wildschweine in Weinbergen zu, wobei neben den Schäden durch Umbrechen auch Schäden an den Früchten auftreten. 8. Wenn ja, welche Handlungsmöglichkeit sieht sie hier seitens der Bewirtschafter (z. B. mit Blick auf Fallobst)? Zu 8.: Zäunungen, welche die Wildschweine von diesen Flächen fernhalten, sind in Bezug auf andere Wildtiere und deren Raum-Zeit-Nutzung kein Mittel, welches zum Schutz der Streuobstwiese als geeignet angesehen wird. Daher ist die beste Hand- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2916 lungsmöglichkeit, um Schwarzwildschäden abzuwehren, eine zwischen den Jägern und dem Landnutzer koordinierte Jagd auf das Schwarzwild. 9. Wie viele Drück- und Bewegungsjagden sind ihrer Kenntnis nach im Grenzbereich der Landeshauptstadt Stuttgart und des Rems-Murr-Kreises in den vergangenen Jahren durchgeführt worden? Zu 9.: Im gesamten Rems-Murr-Kreis werden jedes Jahr rund 20 bis 25 revierübergreifende Drückjagden durchgeführt. Die Fellbacher Jagdpächter und die Jagdpächter der Stuttgarter Teiljagdbezirke haben in den letzten Jahren pro Jagdjahr jeweils eine gemeinsame Drückjagd durchgeführt. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz