Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2947 06. 11. 2017 1Eingegangen: 06. 11. 2017 / Ausgegeben: 20. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. In welchem Umfang sowie für welche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der neuen Mobilitätsmarke „bwegt – Mobilität für Baden-Württemberg“ wird sie insgesamt welche Mittel (originäre Landesmittel o. a.) ausgeben? 2. Welche Vergaben aufgrund welches Verfahrens sind bereits an wen in welcher Höhe erfolgt bzw. welche stehen noch aus? 3. Aufgrund welcher Untersuchungen oder Erfahrung geht sie davon aus, dass der Aufbau einer Marke für den Schienenpersonennahverkehr Bekanntheit, Attraktivität und vor allem tatsächliches Nutzungsverhalten positiv beeinflusst? 4. Welches sind aus ihrer Sicht die wesentlichen Faktoren, aufgrund derer sich Bürgerinnen und Bürger für oder gegen die Nutzung des regionalen Schienenverkehrs entscheiden? 5. Ist der Mitteleinsatz für die neue Marke „bwegt – Mobilität für Baden-Württemberg “ vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass es für Pendler bei der Fahrt mit der Bahn auf der jeweiligen Linie keine Alternativen gibt und es deshalb eine gänzlich andere Wettbewerbssituation im Hinblick auf die jeweilige Marke als beim motorisierten Individualverkehr gibt? 6. Wurde im Vorfeld der genannten Kampagne eine Evaluation der vorherigen (3-Löwen-Takt) durchgeführt und wenn ja, was waren die wesentlichen Ergebnisse ? 7. Wie kann sie die Befürchtung entkräften, dass die unter Frage 1 genannten Mittel für die Steigerung des Angebots an Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs (zusätzliches Wagenmaterial zur Behebung von Kapazitätsengpässen oder Taktverdichtungen) fehlen? Kleine Anfrage des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der neuen Mobilitätsmarke „bwegt – Mobilität für Baden-Württemberg“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2947 2 8. Werden die Schienenverkehrsfahrzeuge im Landesdesign auch in den die Landesgrenze überschreitenden Verkehren eingesetzt und wenn nicht, bedeutet dies, dass die Nutzerinnen und Nutzer auf den entsprechenden Linien auf älteres Wagenmaterial verwiesen werden? 06. 11. 2017 Haußmann FDP/DVP B e g r ü n d u n g Medienberichten zufolge wird das Land in den nächsten Jahren 16,3 Millionen Euro für die Bewerbung der neuen Marke „bwegt – Mobilität für Baden-Württemberg “ ausgeben. Laut Ausführungen des Verkehrsministers sei dies angemessen , weil das Land, wenn es Pendler vom Auto in Busse und Bahnen holen wolle, mit Daimler und Porsche konkurrieren müsse und man schauen solle, was diese für ihre Markenpflege täten. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 Nr. Z-0141.5/21 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In welchem Umfang sowie für welche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der neuen Mobilitätsmarke „bwegt – Mobilität für Baden- Württemberg“ wird sie insgesamt welche Mittel (originäre Landesmittel o. a.) ausgeben? Das Gesamt-Budget für die auf fünf Jahre angelegte Kampagne beläuft sich auf 16,3 Millionen Euro und wird zum einen aus Regionalisierungsmitteln und zum anderen durch Mittel aus den Verkehrsverträgen mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen finanziert. Für die Finanzierung werden keine originären Landesmittel benötigt. Schwerpunkte der SPNV-Markenkampagne sind die Entwicklung einer neuen Dachmarke für den SPNV, regionale Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen von Inbetriebnahmen im jeweiligen SPNV-Netz sowie ein strategisches Kommunikationskonzept für das Aufgabenträger- und Fahrgastmarketing. 2. Welche Vergaben aufgrund welches Verfahrens sind bereits an wen in welcher Höhe erfolgt bzw. welche stehen noch aus? Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung wurde ein Dienstleister zur gesamthaften Umsetzung der Kommunikations- und Marketingkampagne gesucht. Nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs und nach Bietergesprächen wurde im April 2017 eine Bietergemeinschaft (bestehend aus zwei Agenturen) beauftragt. Weitere Vergaben sind in diesem Zusammenhang derzeit nicht geplant. 3. Aufgrund welcher Untersuchungen oder Erfahrung geht sie davon aus, dass der Aufbau einer Marke für den Schienenpersonennahverkehr Bekanntheit, Attraktivität und vor allem tatsächliches Nutzungsverhalten positiv beeinflusst? Maßgeblich für eine positive Beeinflussung des Nutzungsverhaltens ist, dass das Angebot und die Qualität auf die Bedürfnisse der Fahrgäste abgestimmt werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2947 Dies wird durch die Qualitätsoffensive des Landes, welches die flächendeckende, landesweite Einführung des Stundentaktes, die Taktverdichtung bei steigender Nachfrage und die Verbindung aller Oberzentren im Land durch ein Expressnetz im Stundentakt mit den neuen Metropolexpresszügen (MEX) die im Halbstundentakt nach Stuttgart fahren, bereits umgesetzt. Die Attraktivität des Nahverkehrs wird zukünftig durch ganz wesentliche und spürbare Verbesserungen etwa durch moderne neue Züge im landeseigenen Design noch weiter gesteigert. Hinzu kommt die Einführung eines einheitlichen Baden-Württemberg-Tarifs ab Dezember 2018, der es den Fahrgästen ermöglichen wird, mit nur einem Ticket vom Start bis zum Ziel zu gelangen unabhängig davon wie oft sie umsteigen und dabei von Bahn auf Bus wechseln. Mit diesen Maßnahmen soll die Anzahl der ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer bis zum Jahr 2030 deutlich erhöht werden. Als übergeordnetes Element unterstützt dabei die neue Dachmarke, welche die Neuerungen in der Qualität einer breiten Öffentlichkeit auch über das bisherige Nutzerspektrum hinaus bekannt macht. Den äußerlichen Rahmen für diese Neuerungen bilden zudem die neuen schwarzgelb -weißen Züge im Landesdesign. Eine darauf abgestimmte SPNV-Dachmarke rundet den Auftritt ab und erleichtert es dem Land als SPNV-Aufgabenträger maßgeblich, wesentliche Inhalte unter diesem Dach zusammenfassend zu vermarkten . 4. Welches sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Faktoren, aufgrund derer sich Bürgerinnen und Bürger für oder gegen die Nutzung des regionalen Schienenverkehrs entscheiden? Faktoren aufgrund derer sich Bürgerinnen und Bürger für die Nutzung des regionalen Schienenverkehrs entscheiden sind vor allem gute Verkehrsverbindungen (Takt, Anschlüsse, Pünktlichkeit etc.), leichte Merkbarkeit von Fahrplänen, einheitlicher Auftritt und geringe Komplexität bei der Markenvielfalt sowie ein gestiegenes Umweltbewusstsein. Gegen die Nutzung des regionalen Schienenverkehrs sprechen nach der Einschätzung der Landesregierung ein (oftmals ungerechtfertigtes) schlechtes Image, gelegentlich fehlende Flexibilität des Schienenverkehrs gegenüber dem Individualverkehr , sowie eine zeitweilige oder streckenbezogene eingeschränkte Betriebsqualität und der Einsatz von veraltetem Wagenmaterial. Weitere Hemmschwellen wie etwa die Bedienoberflächen der im SPNV eingesetzten Fahrausweisautomaten werden sukzessive durch den Einsatz neuer Systeme entfernt. 5. Ist der Mitteleinsatz für die neue Marke „bwegt – Mobilität für Baden-Württemberg “ vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass es für Pendler bei der Fahrt mit der Bahn auf der jeweiligen Linie keine Alternativen gibt und es deshalb eine gänzlich andere Wettbewerbssituation im Hinblick auf die jeweilige Marke als beim motorisierten Individualverkehr gibt? Im Sinne einer nachhaltigen Mobilität für das Land und um die neue Attraktivität des SPNV-Angebotes in Baden-Württemberg bekannt zu machen sowie die Fahrgastzahlen zu erhöhen, ist eine über fünf Jahre laufende, öffentlichkeitswirksame landesweite Kampagne für den SPNV unerlässlich. Das Verkehrsministerium hat sich in seinem Zielkonzept 2025 für den SPNV vorgenommen , die Nachfrage im öffentlichen Verkehr bis 2030 deutlich zu steigern. Auch im Koalitionsvertrag 2016 bis 2021 hat sich die grün-schwarze Landesregierung dazu verpflichtet, die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn deutlich zu erhöhen . Mit einer ÖPNV-Offensive in der Fläche und in den Ballungsräumen will die Landesregierung den öffentlichen Personenverkehr stärken. Wie notwendig dies ist, zeigt die Belastung vieler Städte im Land mit Staus und Luftschadstoffen. Neu ist zudem, dass im Gegensatz zu den bisher abgeschlossenen Nettoverträgen jetzt Bruttoverträge mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen abgeschlossen werden . Das heißt, das Land profitiert über die Einnahmen von jedem verkauften Ticket. Diese Mittel können wiederum für das System eingesetzt werden. Das Land hat also neben den verkehrspolitischen Zielen mit seinen Bruttoverträgen im Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2947 4 SPNV auch ein ureigenes finanzielles Interesse, die Zahl der Fahrgäste signifikant zu erhöhen. Eine öffentlichkeitswirksame Kampagne ist, wie in der Werbung auch ein wichtiges Mittel, um ein Produkt zu vermarkten. Die Kampagne zielt im Übrigen nicht auf die Nutzung eines bestimmten Produkts auf einer bestimmten Linie in Abgrenzung zu einem anderen Produkt auf dieser Linie, sondern soll gerade auch im intermodalen Wettbewerb der Verkehrsträger auf die Attraktivität des SPNV hinweisen. 6. Wurde im Vorfeld der genannten Kampagne eine Evaluation der vorherigen (3-Löwen-Takt) durchgeführt und wenn ja, was waren die wesentlichen Ergebnisse ? Die letzte Evaluation des 3-Löwen-Taktes fand im Jahr 2015 statt. Der Bekanntheitsgrat des 3-Löwen-Taktes – durch eine gestützte Befragung – hat einen Wert von 65 Prozent erreicht. Nach fast 20-jährigem Bestand des „3-Löwen-Taktes“ konnten nur 60 Prozent der gelegentlichen und regelmäßigen ÖPNV-Nutzer den 3-Löwen-Takt der Landesregierung zuordnen. 7. Wie kann sie die Befürchtung entkräften, dass die unter Frage 1 genannten Mittel für die Steigerung des Angebots an Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs (zusätzliches Wagenmaterial zur Behebung von Kapazitätsengpässen oder Taktverdichtungen) fehlen? Der eingangs genannte Gesamtbetrag in Höhe von 16,3 Mio. Euro über einen Kampagnenzeitraum von fünf Jahren ist angesichts der Ausgaben für den SPNV im selben Zeitraum von weit über 3 Milliarden Euro aus Sicht der Landesregierung gerechtfertigt und wird nicht dazu führen, dass es an anderer Stelle im Sys - tem zu Einschränkungen etwa bei der Fahrplandichte oder beim Wagenmaterial kommt. 8. Werden die Schienenverkehrsfahrzeuge im Landesdesign auch in den die Landesgrenze überschreitenden Verkehren eingesetzt und wenn nicht, bedeutet dies, dass die Nutzerinnen und Nutzer auf den entsprechenden Linien auf älteres Wagenmaterial verwiesen werden? Der Einsatz von Schienenfahrzeugen im Landesdesign in Landesgrenzen überschreitenden Verkehren hängt vom jeweiligen Verkehrsvertag und den damit zusammenhängenden Entscheidungen der beteiligten Aufgabenträger auch hinsichtlich des Fahrzeugeinsatzes und des Designs ab. Wenn mehrere Aufgabenträger den Verkehr bestellen oder der überwiegende Anteil der Zugkilometer im benachbarten Bundesland liegt, kommt das Landesdesign in der Regel nicht zum Einsatz . Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich bei dem in diesen Fällen eingesetzten Wagenmaterial nicht auch um Neufahrzeuge handelt bzw. handeln kann. Hermann Minister für Verkehr