Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2950 07. 11. 2017 1Eingegangen: 07. 11. 2017 / Ausgegeben:13. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Daten über die Wasserqualität des Neckars werden nach ihrer Kenntnis regelmäßig durch die Europäische Union, den Bund, einzelne Bundesländer und Kommunen erhoben? 2. Wie viele und welche Gemeinden liegen am Neckar? 3. Wie ist die Wasserqualität aufgeschlüsselt nach den einzelnen Gemeinden und Landkreisen am Neckar derzeit? 4. Wie hoch ist die Belastung der Wasserqualität in den einzelnen Zuflüssen des Neckars? 5. Wie viele Kläranlagen geben geklärtes Wasser in den Neckar und seine Zu - flüsse ab? 6. Gibt es in Baden-Württemberg Kommunen, die ihre Kläranlagen zum Zwecke der Abwasserdesinfektion mit Hygienisierungsstufen, wie Ultraviolett-Licht- Desinfektionsanlagen ausgerüstet haben? 7. Welche Abschnitte des Neckars erfüllen bereits die Kriterien der Anlage 2 zur Badegewässerverordnung des Landes Baden-Württemberg für eine Einstufung der Wasserqualität als ausreichend oder besser (bitte auch als kartografische Darstellung)? 8. Auf den Gebieten welcher Gemeinden gilt ein aufgrund von § 21 Absatz 2 Wassergesetz für Baden-Württemberg respektive § 28 Absatz 2 Wassergesetz für Baden Württemberg a. F. erlassenes Badeverbot für den Neckar (bitte auch als kartografische Darstellung)? Kleine Anfrage des Abg. Paul Nemeth CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden im Neckar – Möglichkeiten, Hindernisse und Chancen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2950 2 9. Welche Abschnitte des Neckars können nach Bundesrecht, insbesondere der Verordnung über das Baden in den Bundeswasserstraßen Rhein, Neckar, Main, Lahn, Mosel und Saar im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsdirek - tion Mainz überhaupt für das Baden freigegeben werden (bitte auch als kartografische Darstellung)? 10. Wie oft und in welchen Gemeinden wird im Neckar im Rahmen des Gemeingebrauchs gemäß § 20 Wassergesetz für Baden Württemberg, § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geschwommen, insbesondere im Rahmen von Sportereignissen und anderen öffentlichen Veranstaltungen? 03. 11. 2017 Nemeth CDU B e g r ü n d u n g Diese Kleine Anfrage soll dazu dienen, einen Überblick über die Wasserqualität des Neckars sowie mögliche Hindernisse, aber auch Chancen für das Schwimmen und Baden im Neckar zu erhalten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. November 2017 Nr. 5-0141.5/584 beantwortet das Minis - terium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Soziales und Integration sowie dem Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Daten über die Wasserqualität des Neckars werden nach ihrer Kenntnis regelmäßig durch die Europäische Union, den Bund, einzelne Bundesländer und Kommunen erhoben? Zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird von der Landesanstalt für Umwelt , Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) ein biologisches sowie ein chemisches bzw. physikalisch-chemisches Gewässermonitoring in Baden -Württemberg durchgeführt. Im Fokus stehen beim physikalisch-chemischen Gewässermonitoring Parameter und Stoffe, die in die Bewertung des ökologischen Zustands eingehen, wie z. B. pH-Wert, Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, elektrische Leitfähigkeit, Nährstoffverhältnisse (Phosphat) und Stickstoffparameter . Sie dienen der Plausibilisierung der biologischen Bewertung. Ergänzend werden Daten zu flussgebietsspezifischen Schadstoffen, überwiegend Pflanzenschutz - mitteln, erhoben. Für den chemischen Zustand gehen die Daten zu den prioritären und prioritär gefährlichen Stoffen ein. Dies sind unter anderem Pflanzenschutzmittel bzw. Bio - zide, Schwermetalle, Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe sowie bestimmte Industrieschadstoffe. Die Einzeldaten des chemischen Gewässermonitorings der LUBW sind im Internet über den Jahresdatenkatalog der LUBW unter http://jdkfg.lubw.baden-wuerttemberg .de/servlet/is/300/ frei verfügbar. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2950 Es muss an dieser Stelle betont werden, dass die Wasserrahmenrichtlinie die (Wieder-)Herstellung der Gewässer als funktionierende Lebensräume für Gewässerorganismen zum Ziel hat. Badegewässerhygienische Kenngrößen sind deshalb nicht Gegenstand des Landesüberwachungsmessnetzes, eine Aussage zur Eignung eines Gewässers als Badegewässer kann aus den Werten nicht abgeleitet werden. Am Neckar sind aktuell keine Badegewässer gemäß der Richtlinie 2006/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung und zur Aufhebung der Richtlinie 76/160/EWG ausgewiesen. Dementsprechend wird der Neckar nicht gemäß der Badegewässerverordnung untersucht. 2. Wie viele und welche Gemeinden liegen am Neckar? Eine einfache Internetrecherche ergab, dass am Neckar 73 Gemeinden liegen, die nachfolgend nach Kreisen sortiert aufgelistet sind: .UHLV *HPHLQGHQ DP 1HFNDU /DQGNUHLV 6FKZDU]ZDOG %DDU .UHLV 'DXFKLQJHQ 9LOOLQJHQ 6FKZHQQLQJHQ /DQGNUHLV 5RWWZHLO 'LHWLQJHQ (SIHQGRUI 2EHUQGRUI DP 1HFNDU 5RWWZHLO 6XO] DP 1HFNDU 9LOOLQJHQGRUI 'HL‰OLQJHQ /DQGNUHLV )UHXGHQVWDGW (XWLQJHQ LP *lX +RUE DP 1HFNDU /DQGNUHLV 7ELQJHQ .LUFKHQWHOOLQVIXUW .XVWHUGLQJHQ 5RWWHQEXUJ DP 1HFNDU 7ELQJHQ 6WDU]DFK /DQGNUHLV 5HXWOLQJHQ 3OLH]KDXVHQ 5HXWOLQJHQ /DQGNUHLV (VVOLQJHQ $OWEDFK 'HL]LVDX (VVOLQJHQ DP 1HFNDU .|QJHQ 1HFNDUWDLOILQJHQ 1HFNDUWHQ]OLQJHQ 1UWLQJHQ 2EHUERLKLQJHQ 3ORFKLQJHQ 8QWHUHQVLQJHQ :HQGOLQJHQ DP 1HFNDU :HUQDX 1HFNDU 6WXWWJDUW /DQGHVKDXSWVWDGW 6WXWWJDUW /DQGNUHLV 5HPV 0XUU .UHLV )HOOEDFK /DQGNUHLV /XGZLJVEXUJ %HQQLQJHQ DP 1HFNDU %HVLJKHLP *HPPULJKHLP +HVVLJKHLP .LUFKKHLP DP 1HFNDU /XGZLJVEXUJ 0DUEDFK DP 1HFNDU 0XQGHOVKHLP 3OHLGHOVKHLP :DOKHLP ,QJHUVKHLP )UHLEHUJ DP 1HFNDU 5HPVHFN DP 1HFNDU /DQGNUHLV +HLOEURQQ %DG )ULHGULFKVKDOO %DG 5DSSHQDX %DG :LPSIHQ *XQGHOVKHLP /DXIIHQ DP 1HFNDU 1HFNDUVXOP 1HFNDUZHVWKHLP 2IIHQDX 7DOKHLP 8QWHUHLVHVKHLP +HLOEURQQ 6WDGW +HLOEURQQ /DQGNUHLV 1HFNDU 2GHQZDOG .UHLV %LQDX +D‰PHUVKHLP 0RVEDFK 1HFNDUJHUDFK 1HFNDU]LPPHUQ 1HXQNLUFKHQ 2EULJKHLP =ZLQJHQEHUJ /DQGNUHLV 5KHLQ 1HFNDU .UHLV 'RVVHQKHLP (EHUEDFK ,OYHVKHLP /DGHQEXUJ 1HFNDUJHPQG 6FK|QEUXQQ (GLQJHQ 1HFNDUKDXVHQ +HLGHOEHUJ 6WDGW +HLGHOEHUJ 0DQQKHLP 6WDGW 0DQQKHLP Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2950 4 3. Wie ist die Wasserqualität aufgeschlüsselt nach den einzelnen Gemeinden und Landkreisen am Neckar derzeit? Bezugsgröße der Wasserrahmenrichtlinie und damit des Landesüberwachungsmessnetzes ist der sogenannte Wasserkörper, der in der Regel mehr als ein Gewässer und dessen Einzugsgebiet umfasst. Gemeinde- oder Landkreisgrenzen spielen bei der Ausweisung eines Wasserkörpers keine Rolle, diese Ausweisung erfolgt rein unter hydrologischen Gesichtspunkten. Aussagen zur Wasserqualität einzelner Landkreise und Gemeinden, die über die oben genannten Einzeldaten hinausgehen, können daher nicht getroffen werden. 4. Wie hoch ist die Belastung der Wasserqualität in den einzelnen Zuflüssen des Neckars? Auf Basis des Bewirtschaftungsplans 2015 des Bearbeitungsgebiets Neckar ergibt sich hinsichtlich der Gewässerqualität folgendes Bild: Der gute ökologische Zustand wird in keinem Wasserkörper des Bearbeitungsgebiets Neckar erreicht. Dies hat vor allem hydromorphologische Gründe. Aus gewässerchemischer Sicht liegen in einigen Wasserkörpern aber auch zu hohe Stickstoffkonzentrationen und verbreitet zu hohe Phosphatkonzentrationen vor. Auch der chemische Zustand der Wasserkörper im Bearbeitungsgebiet Neckar ist nicht gut. Ursache für diese Bewertung ist eine flächendeckende Überschreitung der Umweltqualitätsnorm für Quecksilber in Fischen, wie sie weltweit zu finden ist. Detailliertere Informationen finden sich unter http://wrrl.baden-wuerttemberg.de. 5. Wie viele Kläranlagen geben geklärtes Wasser in den Neckar und seine Zuflüsse ab? Im Einzugsgebiet des Neckars leiten 474 kommunale Kläranlagen ein (Datenstand 31. Dezember 2016). 6. Gibt es in Baden-Württemberg Kommunen, die ihre Kläranlagen zum Zwecke der Abwasserdesinfektion mit Hygienisierungsstufen, wie Ultraviolett-Licht-Des - infektionsanlagen ausgerüstet haben? Nach unserem Kenntnisstand sind drei kommunale Kläranlagen mit einer Entkeimungsstufe ausgestattet. Die Kläranlagen und die Ausbaugröße sind nachfolgend aufgeführt: − Kläranlage Kniebis-Dorf, Landkreis Freudenstadt,1.500 Einwohnerwerte, UV- Anlage, − Kläranlage Bondorf-Hailfingen, Landkreis Tübingen, 9.000 Einwohnerwerte, Membranfiltrationsanlage, − Kläranlage Ergenzingen, Landkreis Tübingen, 13.000 Einwohnerwerte, Membranfiltrationsanlage . 7. Welche Abschnitte des Neckars erfüllen bereits die Kriterien der Anlage 2 zur Badegewässerverordnung des Landes Baden-Württemberg für eine Einstufung der Wasserqualität als ausreichend oder besser (bitte auch als kartografische Darstellung)? Wie schon unter Ziffer 1 ausgeführt, sind am Neckar aktuell keine Badegewässer gemäß der Richtlinie 2006/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung und zur Aufhebung der Richtlinie 76/160/EWG ausgewiesen. Dementsprechend wird der Neckar nicht gemäß der Badegewässerverordnung untersucht. Frühere Untersuchungen im Rahmen verschiedener Projekte (z. B. Neckarprojekt des LGA 2001, EU-Projekt Virobathe 2006 oder Diplomarbeit von Ben Kheder 2010) 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2950 haben gezeigt, dass die nach der Badegewässerverordnung erforderliche Qualität des Neckarwassers dauerhaft nicht eingehalten werden kann. Die untersuchten Einzelproben zeigten nicht nur eine sehr hohe Belastung mit Fäkalkeimen oder Salmonellen, sondern beim Projekt Virobathe auch teilweise mit humanpathogenen Viren (z. B. Noroviren). 8. Auf den Gebieten welcher Gemeinden gilt ein aufgrund von § 21 Absatz 2 Wassergesetz für Baden-Württemberg respektive § 28 Absatz 2 Wassergesetz für Baden-Württemberg a. F. erlassenes Badeverbot für den Neckar (bitte auch als kartografische Darstellung)? Die Stadt Stuttgart hat auf ihrer Gemarkung das Baden im Neckar auf Grundlage des § 28 Abs. 2 Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) a. F. verboten. Ansonsten liegen dem Umweltministerium keine Informationen über weitere Badeverbote auf Grundlage des § 21 Abs. 2 WG bzw. § 28 Abs. 2 WG a. F. vor. Grundsätzlich wird aufgrund der Belastung mit Keimen im Neckar vonseiten des Landesgesundheitsamtes und der örtlich zuständigen Gesundheitsämter vom Baden und Schwimmen im Neckar abgeraten. 9. Welche Abschnitte des Neckars können nach Bundesrecht, insbesondere der Verordnung über das Baden in den Bundeswasserstraßen Rhein, Neckar, Main, Lahn, Mosel und Saar im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mainz überhaupt für das Baden freigegeben werden (bitte auch als kartografische Darstellung)? Nach der Binnenschifffahrtsstraßenordnung (§ 8.10), gültig für die Bundeswasserstraßen , ist das Baden und Schwimmen in folgenden Bereichen verboten: − bis zu 100 m ober- und unterhalb einer Brücke, eines Wehres, einer Hafeneinfahrt , einer Liegestelle oder einer Anlegestelle der Fahrgastschifffahrt, − im Schleusenbereich, − im Arbeitsbereich von schwimmenden Geräten, − an einer durch das Tafelzeichen A20 bezeichneten Stelle. Daneben gilt im Neckar zwischen km 4,600 (Schleuse Freudenheim) und der Mündung in den Rhein (Neckar-km 0,0) ein Bade- und Schwimmverbot auf Grundlage der Verordnung über das Baden in den Bundeswasserstraßen Rhein, Neckar, Main, Lahn, Mosel und Saar im Bereich der Wasser- und Schifffahrts - direktion Mainz vom 18. März 1970. Es gelten ähnliche Regelungen wie in der Binnenschifffahrtsverordnung. Auch ist im Hafengebiet Mannheim am linken Ufer von der Kurpfalzbrücke bei Stromkilometer 3,2 bis zur Neckarmündung das Baden und Schwimmen verboten. Soweit es sich bei den Hafenbecken um Landesgewässer handelt, ist das Baden im Hafengewässer auf der Grundlage der Hafenverordnung Baden-Württemberg (§ 10 Abs. 1 HafenVO) verboten. 10. Wie oft und in welchen Gemeinden wird im Neckar im Rahmen des Gemeingebrauchs gemäß § 20 Wassergesetz für Baden-Württemberg, § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geschwommen, insbesondere im Rahmen von Sportereignissen und anderen öffentlichen Veranstaltungen? Hierzu liegen der Landesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Informationen der zuständigen (Sport-)Verbände findet z. B. im Rahmen mehrerer Triathlon -Wettbewerbe im Land die Teil-Disziplin „Schwimmen“ im Neckar statt. Zu den Veranstaltungsorten zählen die Städte Heidelberg, Ladenburg, Tübingen, Heilbronn und die Gemeinde Haßmersheim. In Ludwigsburg veranstaltet der Schwimmverein jedes Jahr ein Neckarschwimmen. Ferner finden im Neckar öffentliche Veranstaltungen, wie das in Eberbach vom örtlichen DLRG-Verein ausgerichtete „Fackelschwimmen“, statt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2950 6 Die Sportveranstaltungen, die mit Baden oder Schwimmen im Neckar einher - gehen, erfolgen entgegen den Empfehlungen des Landesgesundheitsamts und der örtlich zuständigen Gesundheitsämter. Die Veranstalter lassen sich eine entsprechende Verzichtserklärung und Haftungsfreistellung unterzeichnen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft