Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2962 08. 11. 2017 1Eingegangen: 08. 11. 2017 / Ausgegeben: 15. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Krankheitserreger (Viren, Bakterien, Pilze) treten seit 2015 in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften für Asylbewerber in Baden -Württemberg auf? 2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, beziehungsweise plant sie zu ergreifen, um das Infektionsrisiko für und durch Asylbewerber zu reduzieren ? 3. Welche Maßnahmen hat sie ergriffen beziehungsweise plant sie zu ergreifen, um das Infektionsrisiko für Mitarbeiter der Flüchtlingshilfen, ehrenamtliche Helfer, medizinisches Personal und weitere Personengruppen, die unmittelbar mit Asylbewerbern arbeiten, in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Massen - unterkünften zu verringern? 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen beziehungsweise plant sie zu ergreifen, um das Risiko des Auftretens und der Verbreitung von Infektionen für die Bevölkerung zu verringern? 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über das gehäufte Auftreten von antibiotikaresistenten Krankheitserregern durch die Massenzuwanderung vor? 6. Welche besonderen Schutzmaßnahmen sieht die Landesregierung als erforderlich an, um dem mit vermehrter Zuwanderung erheblich gestiegenen Infektions - risiko durch antibiotikaresistente Krankheitserreger nachhaltig entgegenzu - wirken? 08. 11. 2017 Stauch AfD Kleine Anfrage des Abg. Hans Peter Stauch AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Erhöhte Infektionsrisiken durch Massenzuwanderung Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2962 2 B e g r ü n d u n g Durch die Massenzuwanderung ist mit vermehrtem Auftreten von Erregern zu rechnen, welche hier bei uns nicht bzw. nicht mehr vorkommen. Zudem haben Untersuchungen des Instituts für medizinische Mikrobiologie der Universität Frankfurt ergeben, dass unter analysierten Proben von Asylbewerbern ein überdurchschnittlicher Anteil von multiresistenten Erregern zu finden ist. Ebenso ist das Immunsystem von Asylbewerbern unter Umständen gegenüber hier vorkommenden Krankheiten nicht gerüstet. Des Weiteren ist zu erwarten, dass es beim Aufeinandertreffen von verschiedenen Erregerstämmen zu Mutationen kommt, welche mit bisher verfügbaren Mitteln und Medikamenten nicht bekämpft werden können. Zweck dieser Kleinen Anfrage ist es, die aktuelle Lageeinschätzung der Landesregierung in Erfahrung zu bringen bezüglich der Verbreitung von Krankheitserregern sowie ggf. anstehende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu eruieren. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 Nr. 51-0141.5-016/2962 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Krankheitserreger (Viren, Bakterien, Pilze) treten seit 2015 in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften für Asylbewerber in Baden -Württemberg auf? In den Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften für Asylbewerber in Baden-Württemberg wurden seit 2015 Ausbrüche oder Häufungen folgender Erkrankungen oder deren Krankheitserreger verzeichnet: Windpocken (70 Ausbrüche ), weiterhin Gruppenerkrankungen oder Krankheitshäufungen an Influenza (8), Hepatitis A (8), Masern (5), Norovirus (5), Tuberkulose (3) sowie Keratokonjunktivitis , Shigellose, Giardiasis, Rotavirus und weitere gastrointestinale Erkrankungen (jeweils ein Ereignis). 2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, beziehungsweise plant sie zu ergreifen, um das Infektionsrisiko für und durch Asylbewerber zu reduzieren ? Viele Asylbewerber stammen aus Ländern mit eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung und Impfungen. Da die Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen in der Regel eng zusammen leben, besteht hier ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten, die teilweise durch eine frühzeitige Impfung verhindert werden können. Aus diesem Grund wurde in allen Erstaufnahmeeinrichtungen ein Impfangebot etabliert. 3. Welche Maßnahmen hat sie ergriffen beziehungsweise plant sie zu ergreifen, um das Infektionsrisiko für Mitarbeiter der Flüchtlingshilfen, ehrenamtliche Helfer, medizinisches Personal und weitere Personengruppen, die unmittelbar mit Asylbewerbern arbeiten, in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Massenunterkünften zu verringern? Ein wesentlicher Ansatz für die Vermeidung von Infektionsrisiken in Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen ist die frühzeitige Erkennung bestehender Erkrankungen, um frühzeitig die medizinisch erforderlichen Behandlungsmaßnahmen ergreifen zu können. Daher werden Ausländer, die in einer Gemeinschaftsunterkunft oder in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen haben, nach § 62 Asylgesetz in Verbindung mit § 36 Absatz 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2962 von den örtlich zuständigen Gesundheitsämtern auf akute übertragbare Erkrankungen , insbesondere Tuberkulose, untersucht. Zusätzlich werden bereits im Rahmen dieser Gesundheitsuntersuchung Impfungen angeboten, die in der Regel von den Asylsuchenden auch in Anspruch genommen werden. Nach Verlegung der Asylbewerber in eine Gemeinschaftsunterkunft in einem Stadt- oder Landkreis im Rahmen der vorläufigen Unterbringung wird auf eine Komplettierung des Impfschutzes hingewirkt. Die in den Erstaufnahmeeinrichtungen tätigen Personen werden im Hinblick auf generelle Verhaltensregeln zur Vermeidung von Infektionsrisiken informiert und sensibilisiert. Hierfür steht ein Merkblatt des Landesgesundheitsamtes zur Verfügung . Es bleibt im Übrigen den Mitarbeitern der Flüchtlingshilfen, den ehrenamtlichen Helfern und dem medizinischen Personal vorbehalten, sich durch Impfungen o. ä. vor übertragbaren Erkrankungen entsprechend zu schützen. 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen beziehungs - weise plant sie zu ergreifen, um das Risiko des Auftretens und der Verbreitung von Infektionen für die Bevölkerung zu verringern? In Übereinstimmung mit dem Robert Koch-Institut sieht die Landesregierung derzeit keine erhöhte Infektionsgefährdung der Allgemeinbevölkerung durch Asyl - bewerber, vor allem, wenn die Bevölkerung den grundsätzlich geltenden Impfempfehlungen der STIKO nachkommt. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über das gehäufte Auftreten von antibiotikaresistenten Krankheitserregern durch die Massenzuwanderung vor? Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Asylsuchende bei Krankenhausaufnahme zu einem höheren Anteil mit Multiresistenten Krankheitserregern (MRE) besiedelt waren als die Allgemeinbevölkerung Deutschlands. Dies gilt für Methicillinrestistente Staphylococcus aureus (MRSA), Extended Spectrum-beta-Lactamase (ESBL)-bildende Erreger und dreifach resistente gramnegative Erreger (3MRGN), nicht aber für Carbapenem- oder vierfach resistente gramnegative Erreger (4MRGN). Die Zahl der landesweit übermittelten Fälle von MRSA zeigt jedoch trotz der vorgenannten Studiendaten einen seit mehreren Jahren anhaltenden rückläufigen Trend. Daraus wird deutlich, dass Asylbewerber nur einen kleinen Anteil zum gesamten MRSA-Geschehen beitragen. 6. Welche besonderen Schutzmaßnahmen sieht die Landesregierung als erforderlich an, um dem mit vermehrter Zuwanderung erheblich gestiegenen Infektions - risiko durch antibiotikaresistente Krankheitserreger nachhaltig entgegenzuwirken ? Entsprechend der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) wird die Durchführung eines MRE-Screenings bei stationärer Aufnahme von Personen, die Kontakt zum Gesundheitssystem in Ländern mit bekannt hoher Prävalenz multiresistenter Erreger hatten, empfohlen. Die Empfehlung gilt unabhängig vom Status einer Person, also sowohl für Reise - rückkehrer aus Hochprävalenzländern als auch für Asylsuchende aus entsprechenden Herkunftsländern. Bei positiven Screening-Befunden werden die Patienten isoliert, um eine Weiterverbreitung des Erregers zu verhindern. Da die KRINKO- Empfehlungen den gesetzlich verbindlichen Stand der Wissenschaft im Bereich der Krankenhaushygiene darstellen, kann von einer weitgehenden Umsetzung in den Krankenhäusern ausgegangen werden. Nach Informationen des Ministeriums für Soziales und Integration wird im klinischen Alltag verschiedener Krankenhäuser in Baden-Württemberg über die vorgenannten Empfehlungen hinaus ein MRE-Screening bei allen Flüchtlingen durchgeführt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2962 4 Darüber hinausgehende Schutzmaßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht angezeigt. Lucha Minister für Soziales und Integration