Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2968 10. 11. 2017 1Eingegangen: 10. 11. 2017 / Ausgegeben: 20. 12. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Anzahl der gefährlichen oder kriminellen Vorfälle mit Drohnen (ferngesteuerte Flugsysteme) innerhalb der letzten fünf Jahre entwickelt? 2. Um welche Vorfälle handelte es sich dabei im Einzelnen? 3. Welche der Vorfälle fallen dabei in den Bereich der Gewaltkriminalität, der Sachbeschädigung, des Terrorismus oder des illegalen Drogenhandels? 4. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr des Einsatzes von Drohnen für terroristische Anschläge ein? 5. Welche Abwehrmaßnahmen gegen den Einsatz von Drohnen für illegale, kriminelle oder terroristische Einsätze sind der Landesregierung bekannt? 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen bzw. erwägt sie, den Einsatz von Drohnen für den illegalen, kriminellen oder terroristischen Bereich zu unterbinden? 10. 11. 2017 Stauch AfD Kleine Anfrage des Abg. Hans Peter Stauch AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Gefährdung durch ferngesteuerte Fluggeräte/Drohnen in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2968 2 B e g r ü n d u n g Derzeitige Drohnensysteme sind in der Lage, Gewicht bis zu zehn Kilogramm oder auch mehr zu transportieren. Sie eignen sich daher sowohl für den Transport von Kameras, Sprühdosen oder ähnlichem zivilen Equipment, als auch zum Transport von Kontaminationsmaterial, explosiven Stoffen, Waffen oder Drogen. Damit stellen diese Flugsysteme ein Werkzeug zur Begehung von Straftaten als auch eine Gefährdung für die Bevölkerung dar. Die Kleine Anfrage dient zum Erkenntnisgewinn über die aktuelle Gefährdung durch ferngesteuerte Flugsysteme sowie die daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Verhinderung von Gefährdungen und Straftaten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 Nr. 3-384/240 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der gefährlichen oder kriminellen Vorfälle mit Drohnen (ferngesteuerte Flugsysteme) innerhalb der letzten fünf Jahre entwickelt? 2. Um welche Vorfälle handelte es sich dabei im Einzelnen? Zu 1. und 2.: Sicherheitsrelevante Vorfälle im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrtsys - temen (umgangssprachlich „Drohnen“) werden polizeilich seit Januar 2016 strukturiert erhoben und ausgewertet. Im Jahr 2016 hat die Polizei Baden-Württemberg insgesamt 413 entsprechende Vorkommnisse registriert, davon 35 Straftaten und 16 Ordnungswidrigkeiten. Für das Jahr 2017 liegen folgende Meldungen vor: – 1. Quartal: 90 Vorkommnisse, davon zwei Straftaten und drei Ordnungswidrigkeiten ; – 2. Quartal: 171 Vorkommnisse, davon neun Straftaten und 22 Ordnungswidrigkeiten ; – 3. Quartal: 216 Vorkommnisse, davon acht Straftaten und 37 Ordnungswidrigkeiten . Im Wesentlichen handelt es sich hierbei – neben dem unberechtigten Betrieb im kontrollierten Luftraum – um Flüge über bzw. in unmittelbarer Nähe von Wohngrundstücken , Menschenansammlungen, öffentlichen Veranstaltungen, Liegenschaften bzw. Einsatzorten von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben , Industrieanlagen, militärischen Anlagen, Justizvollzugsanstalten, Bundesfern - und Bundeswasserstraßen, Naturschutzgebieten und Krankenhäusern. Darüber hinaus sind u. a. auch Abstürze, Fund- bzw. Verlustanzeigen und sonstige Beobachtungen polizeilich registriert worden. Hierbei wirken sich die im Rahmen der Novellierung der Luftverkehrs-Ordnung zum 7. April 2017 neu geschaffenen Verbotstatbestände unmittelbar auf die Sta - tis tik aus. Zudem ist die Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen (ULS) stark jahreszeitenabhängig. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2968 3. Welche der Vorfälle fallen dabei in den Bereich der Gewaltkriminalität, der Sachbeschädigung, des Terrorismus oder des illegalen Drogenhandels? Zu 3.: Im Jahr 2016 wurden in Baden-Württemberg eine Sachbeschädigung sowie ein Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz registriert. Vorfälle im Bereich der Gewaltkriminalität bzw. des Terrorismus wurden in den Jahren 2016 und 2017 nicht registriert. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr des Einsatzes von Drohnen für terroristische Anschläge ein? Zu 4.: Die Nutzung von ULS für terroristische Zwecke kann nicht ausgeschlossen werden . Konkrete Gefährdungserkenntnisse hierzu liegen derzeit jedoch nicht vor. 5. Welche Abwehrmaßnahmen gegen den Einsatz von Drohnen für illegale, kriminelle oder terroristische Einsätze sind der Landesregierung bekannt? 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen bzw. erwägt sie, den Einsatz von Drohnen für den illegalen, kriminellen oder terroristischen Bereich zu unterbinden? Zu 5. und 6.: Vor dem Hintergrund des von missbräuchlich verwendeten ULS ausgehenden Gefahren- und Störungspotenzials wurde im Jahr 2014 die Bund-Länder-Projektgruppe „Detektion und Abwehr von zivilen ULS“ ins Leben gerufen, welche in einem umfangreichen Abschlussbericht zahlreiche Empfehlungen für den polizeilichen Umgang mit dem Phänomen ULS abgegeben hat. Diese wurden zwischenzeitlich aufgegriffen und umgesetzt. Zu erwähnen sind hierbei – neben der Novellierung der Luftverkehrs-Ordnung zum 7. April 2017 – insbesondere: – Die Einrichtung dezentraler Informationssammelstellen (Isa „Drohnen“) bei den Ländern und beim Bund zur Erhebung und Auswertung von sicherheitsrelevanten Sachverhalten im Zusammenhang mit von Tätern oder Störern eingesetzten ULS; – die Einrichtung eines „Single Point of Contact“ (SPOC) beim Bundeskriminalamt mit dem Ziel, in Kooperation mit inländischen und ausländischen Partnern aus Polizei, Forschung und Wirtschaft gemeinsam technisch-automatisierte Lösungen zur Detektion und Abwehr von ULS zu entwickeln; – die Überarbeitung der PDV 134 VS-NfD „Einsatz bei Gefahren aus dem Luft - raum“ mit dem Ziel, insbesondere die von der Bund-Länder-Projektgruppe in Bezug auf das Phänomen ULS formulierten taktischen Handlungsempfehlungen aufzunehmen. In Ergänzung hierzu hat sich Baden-Württemberg bereit erklärt, zum 1. Januar 2016 eine bundesweite Koordinierungsstelle (KoSt „Drohnen“) einzurichten. Die beim Polizeipräsidium Einsatz betriebene KoSt „Drohnen“ hat u. a. den Auftrag – alle ULS-bezogenen Erkenntnisse aus den Bereichen Polizei, Justiz, Streitkräfte und Luftverkehr zu bündeln und auszuwerten; – zu Zwecken des Informationsaustausches regelmäßige Bund-Länder-Tagungen durchzuführen. In diesem Zusammenhang wurde auf Veranlassung des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration zum 1. Januar 2017 ein bundesweites Meldewesen umgesetzt, auf dessen Grundlage die KoSt „Drohnen“ vierteljährlich ein bundesweites Lagebild zum Phänomen ULS erstellt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2968 4 Ungeachtet der Maßnahmen auf Bund-Länder-Ebene befasst sich die Polizei Baden -Württemberg auch im Bereich der Sicherheitsforschung intensiv mit dem Thema „Detektion und Abwehr von ULS“. In diesem Zusammenhang sind – unter Koordination des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg – das Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei bzw. das Polizeipräsidium Einsatz als assoziierte Partner an zwei Forschungsprojekten beteiligt, die jeweils im Rahmen der Förderrichtlinie „Zivile Sicherheit – Aspekte und Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung “ gefördert werden: – ORAS (Akronym für „Sensorgestütztes Überwachungs- und Alarmierungssys - tem zur Detektion und Verfolgung unbemannter Flugsysteme“); – AMBOS (Akronym für „Abwehr von unbemannten Flugobjekten für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“). Die derzeit auf dem Markt erhältlichen technisch-automatisierten Systeme zur Detektion und Abwehr von ULS sind insofern bekannt. Gleichwohl ist festzustellen , dass – trotz aller technischen Möglichkeiten zur Detektion und Abwehr von ULS – im Zusammenhang mit dem Phänomen ULS auch den konventionellen polizeilichen Maßnahmen wie beispielsweise die Überwachung von potenziellen Start- und Landeplätzen oder Verhinderung des Aufstiegs, weiterhin eine besondere Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund wurde den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Landes Baden-Württemberg zu Zwecken der Information und Sensibilisierung eine themenbezogene Handreichung zur Verfügung gestellt. Details zu Art, Ausgestaltung und Anzahl von zur Verfügung stehenden technischen Abwehrmaßnahmen sowie zu taktischen Einsatzmöglichkeiten obliegen einem besonderen Geheimhaltungsinteresse. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration