Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2994 14. 11. 2017 1Eingegangen: 14. 11. 2017 / Ausgegeben: 05. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Befasst sich die Landesregierung – wenn ja, in welchen Ressorts bzw. auch im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes – mit den Potenzialen und möglichen Risiken der Blockchain-Technologie? 2. Welche Vorhaben der Landesregierung oder durch die Landesregierung geförderte Forschungsvorhaben bzw. Gutachten beziehen sich auf das Thema Blockchain-Technologie bzw. auf Teilaspekte davon? 3. Sind ihr übergreifende Bewertungen der Blockchain-Technologie bzw. von Teilaspekten davon aus Sicht der Technikfolgenabschätzung bekannt? 4. Wie bewertet sie auf Grundlage dieser Informationen diese Technologie und ihre Potenziale und Risiken insgesamt und welche landespolitischen Schlüsse zieht sie daraus? 5. In welchen Feldern kann sie sich vorstellen, Blockchain-Technologie einzusetzen ? 6. Liegen ihr Informationen dazu vor, ob an den baden-württembergischen Hochschulen und Universitäten größere drittmittelbasierte Forschungsvorhaben zum Thema Blockchain-Technologie durchgeführt werden? 7. Wie bewertet sie aus finanzpolitischer Sicht blockchain-basierte „Kryptowährungen “ wie etwa „Bitcoin“? 8. Liegen ihr Informationen dazu vor, inwiefern die „Bitcoin“ zugrunde liegenden Algorithmen notwendigerweise mit hohen Energieverbräuchen einhergehen bzw. ob hierzu Alternativen bestehen (ggf. unter Angabe, welche)? 08. 11. 2017 Salomon GRÜNE Kleine Anfrage des Abg. Alexander Salomon GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Potenziale und Risiken der Blockchain-Technologie Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 2 B e g r ü n d u n g „Blockchain“ wird – neben dem Internet der Dinge und dem maschinellen Lernen – als ein möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen verbundener Aspekt der laufenden Digitalisierungswelle viel diskutiert. Neben dem Spekulationsobjekt „Bitcoin“ trägt hierzu insbesondere die Möglichkeit der Blockchain-Technologie bei, zentralisierte Plattformen in digitalen Systemen durch dezentralisierte Elemente der algorithmischen Vertrauensbildung zu ersetzen und so tendenziell ein Gegengewicht zu der durch Plattformen ausgeübten Kontrolle und Akkumulation von Aufmerksamkeit, Kapital, Macht und Kontrolle darzustellen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 Nr. 5-0141.5/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Wirtschaftsministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Befasst sich die Landesregierung – wenn ja, in welchen Ressorts bzw. auch im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes – mit den Potenzialen und möglichen Risiken der Blockchain-Technologie? Zu 1.: Die Landesregierung beobachtet im Rahmen der IT-Zuständigkeiten, insbeson - dere der des Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO/ CDO), laufend neue Technologien im IT-Bereich und bewertet sie nach Potenzialen und Risiken. Dies umfasst auch die Distributed Ledger Technology (DLT), die den Blockchain-Ausprägungen zugrunde liegt. Im Rahmen der polizeilichen Aufgabenstellungen befasst sich die Ermittlungs - inspektion Cybercrime des Landeskriminalamts Baden-Württemberg derzeit mit der Blockchain-Anwendung der Bitcoins, die unter anderem als Zahlungsmittel zur Abwicklung krimineller Transaktionen insbesondere im sogenannten „Darknet“ verwendet werden. In diesem Kontext ist auch die Inspektion Vermögensabschöpfung des Landeskriminalamts aktiv. Das Finanzministerium befasst sich im Rahmen der Finanzmarktregulierung mit den diesbezüglichen Aspekten von Blockchain-Technologien etwa bei Kryptowährungen . Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft wird die Blockchain-Technologie vor allem im Bereich Energie thematisiert , insbesondere mit den neuen Möglichkeiten für den Energiemarkt, zum Beispiel für einen direkteren Handel von Strom zwischen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau befasst sich mit den branchenübergreifenden und branchenspezifischen Potenzialen und Risiken für die baden-württembergische Wirtschaft. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwiefern die Blockchain-Technologie bestehende Strukturen in der Wirtschaft und insbesondere im Mittelstand verändern kann. 2. Welche Vorhaben der Landesregierung oder durch die Landesregierung geförderte Forschungsvorhaben bzw. Gutachten beziehen sich auf das Thema Block - chain-Technologie bzw. auf Teilaspekte davon? Zu 2.: Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg ist am vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Bitcoin-Forschungsprojekt PANDA beteiligt und hat Interesse an der Teilnahme bei weiteren Forschungsprojekten zum Thema Bitcoin bekundet. Rückmeldungen stehen noch aus. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft fördert im Rahmen des Förderprogramms „Demonstrationsvorhaben Smart Grids und Speicher“ seit März 2017 das Projekt „DOSE – Dezentrales Open Source Energiemanagement in Liegenschaften“. In dem Projekt wird ein dezentrales Energiemanagementsys - tem auf der Basis einer Blockchain entwickelt und in einer Liegenschaft in Heidelberg demonstriert. Durch die Vernetzung mit Hilfe der Blockchain können Anwender Energie tauschen und tragen auch im Verbund unter Berücksichtigung externer Preissignale zur Optimierung des Gesamtsystems bei. Im Projekt DOSE arbeitet die OLI Systems GmbH, Stuttgart, mit dem Softwareentwickler conventic GmbH, Bonn, und den Stadtwerken Heidelberg zusammen. Ein weiteres Projekt mit Blockchain-Bezug befindet sich derzeit im Antragsverfahren. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau berücksichtigt das Thema Blockchain im Rahmen des Engagements zur Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft und hier insbesondere des Mittelstands unter dem Dach der Initiative Wirtschaft 4.0 Baden-Württemberg, die Teil der Digitalisierungsstrategie digital@bw ist. Dies geschieht beispielsweise durch die Einbindung von Fachvorträgen zum Thema Blockchain in Konferenzprogramme, zuletzt beim Wirtschaftsforum Baden-Württemberg „Digitale Zukunft – Chancenreich und Chancengleich “ am 9. Oktober 2017 in Stuttgart, oder im Bereich der Förderung von Innovationen und Start-ups, deren Geschäftsidee auf der Blockchain-Technologie aufsetzen. Im Bereich der vom Land geförderten wirtschaftsnahen Forschung befasst sich z. B. das auf Informatik-Anwendungsforschung und Technologietransfer spezialisierte Forschungszentrum Informatik (FZI) in Karlsruhe mit der Blockchain- Technologie. Das FZI untersucht das Innovationspotenzial der Blockchain u. a. im Kontext des Geschäftsprozess- und Identitätsmanagements und realisiert gemeinsam mit Partnern prototypische Anwendungen aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen . 3. Sind ihr übergreifende Bewertungen der Blockchain-Technologie bzw. von Teil aspekten davon aus Sicht der Technikfolgenabschätzung bekannt? Zu 3.: Solche übergreifenden Bewertungen aus Sicht der Technikfolgenabschätzung sind der Landesverwaltung derzeit nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass diese sehr neue Technologie erst in den nächsten Jahren intensiv betrachtet, erprobt und bewertet wird. Eine erste Studie des vom Bundesministerium des Inneren geförderten Kompetenzzentrums Öffentliche Informationstechnologie spiegelt dies wider1. 4. Wie bewertet sie auf Grundlage dieser Informationen diese Technologie und ihre Potenziale und Risiken insgesamt und welche landespolitischen Schlüsse zieht sie daraus? Zu 4.: Im klassischen Verwaltungsbereich werden Potenziale vorwiegend darin gesehen, Transaktions- und Prozesskosten von Geschäftsvorgängen zu senken und gleichzeitig die Abwicklungsgeschwindigkeit, Transparenz und Sicherheit zu steigern. Risiken sind derzeit die Vielfalt der Ausprägungen durch fehlende Standardisierung , der Mangel an praktischen Erfahrungen außerhalb von experimentellen Anwendungen und der Mangel an DLT-Experten bei IT-Dienstleistern. Aktuelle Fälle von erfolgreichen Angriffen auf die Infrastruktur von Kryptowährungsbrokern führen zusätzlich zu einem Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit. Außerdem sind zunehmend kritische Stimmen im Hinblick auf Energie- und Kapazitäts prob - leme zu vernehmen. _____________________________________ 1 Abrufbar unter: https://cdn0.scrvt.com/fokus/1ce7946ad1882e46/18ab9d5982ef/Mythos-Blockchain ---Herausforderung-f-r-den--ffentlichen-Sektor.pdf Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 4 Im Bereich der Finanzmärkte bietet die Distributed Ledger Technologie mit den Blockchain-Anwendungen Potenziale vor allem in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs . Die DLT-basierte Zahlungslösung Utility Settlement Coin, der sich auch Großbanken angeschlossen haben, könnte ein Weg sein, Zentralbankbargeld auf die Blockchain zu bringen. Auch die Zentralbanken selbst forschen an Anwendungen für DLT-basierte Lösungen im Bereich des Zahlungsverkehrs. Zu konkreten Anwendungen haben die diesbezüglichen Forschungen der Europä - ischen Zentralbank (EZB) aber bisher noch nicht geführt. Auch viele junge Unternehmen im Bereich der Finanztechnologe („Fintechs“) arbeiten weltweit an DLTbasierten Diensten. Die Risiken liegen neben der Bewältigung der technologischen Herausforderungen vor allem in den Bereichen Datensicherheit und Miss - brauch. Für eine Bewertung der Chancen und Risiken insgesamt für den Bereich der Finanzmärkte ist es aus Sicht der Landesregierung zu früh. Sie kann erst nach Abschluss der Entwicklung bestimmter Anwendungen im Einzelfall vorgenommen werden. Schon jetzt kann aber gesagt werden, dass der bestehende rechtliche Rahmen für diese neue Technologie an vielen Stellen nachzubessern sein wird. Rechtssicherheit für die Nutzer etwa in der Frage, wie und vor welchen Gerichten sie ihre Ansprüche bei Leistungsstörungen geltend machen können, dürften eine nicht unwichtige Voraussetzung für eine breite Nutzung sein. Wegen der Internationalität dieser Technologien sollte eine Lösung auf internationaler, mindestens auf europäischer Ebene gefunden werden. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) befasst sich bereits mit diesem Themenkreis. In der Energiewirtschaft bieten sich laut eines Gutachtens von Pricewaterhouse- Coopers vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Blockchain-Anwendungen: Energieliefertransaktionen (insbesondere zwischen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern) als Grundlage für Ablese- und Abrechnungsprozesse (beispielsweise für Ladevorgänge bei der Elektromobilität) sowie zur Dokumentation von Eigentumsverhältnissen, Herkunftsnachweisen, CO2- und Ökostromzertifikaten. Ein vielbeachteter erster Anwendungsversuch ist das „Brooklyn Microgrid“ in New York, bei dem mit Hilfe der Blockchain-Technologie der Handel mit Solarstrom zwischen dezentralen Erzeugern und Verbrauchern direkt abgerechnet wird. In Deutschland entwickeln derzeit die Wuppertaler Stadtwerke gemeinsam mit dem Schweizer Energieversorger Axpo den ersten Blockchain-Handelsplatz für Ökostrom, über den Kunden Strom aus örtlichen Ökostrom-Anlagen online auswählen können. Mögliche Vorteile der Blockchain-Anwendungen für die Energieverbraucher sind geringere Transaktionskosten (durch Wegfall des Intermediär) und ein stärkerer Wettbewerb. Zudem können Transaktionsdaten dezentral, sicher und gemeinschaftlich nutzbar dokumentiert werden. Mögliche Risiken ergeben sich durch das Fehlen einer zentralen Instanz – es bestehen offene Haftungsfragen und mög - licherweise fehlende Verantwortlichkeiten (z. B. zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit ). Zudem müsste der Regulierungsrahmen an den dezentralen Stromhandel angepasst werden. Es gibt bereits Märkte, die mit digitalen Lösungen arbeiten und wo die Block - chain sich gegen starke, bestehende Konkurrenz durchsetzen müsste. In neu entstehenden Märkten wie dem Laden von Elektroautos hingegen sind die Chancen für einen Einsatz von Blockchain-Anwendungen größer. Aus Sicht des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbaus ist die Blockchain – insbesondere in Verbindung mit Smart Contracts – eine Technologie mit relevantem Innovationspotenzial für die baden-württembergische Wirtschaft , insbesondere auch im Mittelstand. Wie eine Umfrage des Verbands der Internetwirtschaft Eco aus dem Jahr 2017 zeigt, setzen einige Mittelständler die Technologie bereits ein bzw. planen deren Einsatz. Ihre Chancen liegen vor allem im Bereich der Rationalisierung von Geschäftsprozessen und einer damit einhergehenden Produktivitätssteigerung, die auch zu neuen Produkten, Diensten und Geschäftsmodellen und somit in bestimmten Bereichen der Wirtschaft zu disruptiven Entwicklungen führen könnte. Insbesondere die Rolle von Vermittlern, wie z. B. Banken und Maklern aber auch digitalen Plattformen und Zwischenhändlern, wird in Frage gestellt, weil technologische Verfahren die Verifizierung und Bestätigung von Transaktionen übernehmen und zentrale Instanzen damit in be- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 stimmten Fällen überflüssig machen können. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass gerade auch jene etablierten Vermittler den Einsatz der Blockchain-Technologie planen oder diese bereits einsetzen und so der potenziellen Bedrohung ihres Geschäftsmodells begegnen. Blockchain hat das Potenzial, branchenübergreifend Prozesse in der Wirtschaft sicherer und effizienter zu machen, da sie potenziell überall dort zum Einsatz kommen kann, wo Datenströme manipulationssicher gespeichert und die Transparenz, Integrität und Nachvollziehbarkeit von Transaktionen gewährleistet sein muss (z. B. bei der revisionssicheren Abbildung von Logis - tikprozessen, Wertströmen zwischen Maschinen im Bereich Internet of Things oder der Verwaltung geistigen Eigentums). Die Blockchain-Technologie birgt die Gefahr eines Konflikts mit dem normierten „Recht auf Vergessenwerden“, da es wesentliches Merkmal der Blockchain ist, unveränderbar Daten zu speichern. Das „Recht auf Vergessenwerden“ ist ein Kernstück der EU-Datenschutz-Grundverordnung; ein Verstoß hiergegen ist bußgeldbewehrt . Welche Lösungswege sich hier finden lassen, muss abgewartet werden. Zusammenfassend sieht die Landesregierung in den Blockchain-Anwendungen interessantes Potenzial. Im Rahmen des Engagements für die Digitalisierung der baden-württembergischen Wirtschaft wirkt die Landesregierung darauf hin, insbesondere mittelständische Unternehmen für die Chancen und Risiken der Blockchain-Technologie zu sensibilisieren und über Förderprogramme, ihre Erprobung und Implementierung zu unterstützen. Die Landesregierung steht der Technologie offen gegenüber und unterstützt mögliche Forschungs- und Demonstrationsprojekte überall dort, wo es sinnvoll ist. 5. In welchen Feldern kann sie sich vorstellen, Blockchain-Technologie einzusetzen? Zu 5.: Im Bereich der Landesverwaltung sind nach derzeitiger Einschätzung Anwendungsbereiche beispielsweise beim Datenaustausch zwischen Behörden, bei der Registerführung, bei der Führung von Eigentumsrechten, in der revisionssicheren Archivierung und beim Identitätsmanagement vorstellbar. Zu weiteren Einsatzbereichen wird auf die Ausführungen zu Frage 4 verwiesen. 6. Liegen ihr Informationen dazu vor, ob an den baden-württembergischen Hochschulen und Universitäten größere drittmittelbasierte Forschungsvorhaben zum Thema Blockchain-Technologie durchgeführt werden? Zu 6.: Es ist davon auszugehen, dass das Thema Blockchain an verschiedenen Hochschulen , Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstituten bearbeitet wird. Dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg liegen allerdings keine Übersichten zu größeren Drittmittelaktivitäten vor. Als Beispiel für aktuelle Aktivitäten sei auf den vom Karlsruher Institut für Technologie (Institut für Informationswirtschaft und Marketing) und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW) gemeinsam im Mai 2017 durchgeführten Workshop zum Thema „Blockchain in the Energy Context” verwiesen , in dem verschiedene bereits existierende und potenzielle Implementationen und Anwendungsszenarien von Blockchains in der Energiewirtschaft aus technischer und ökonomischer Sicht analysiert wurden. Der Workshop wurde im Rahmen der Forschungsallianz ForDigital durchgeführt. Die Forschungsallianz ForDigital („Digitalisierung: Transformation sozio-ökonomischer Prozesse“) wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert. ForDigital setzt sich zum Ziel, die Mechanismen und Wirkung der rasanten Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien auf Wirtschaft, Gesellschaft und Individuen besser zu verstehen und auf dieser Basis auch innovative Lösungen für sie zu gestalten. Das Thema Blockchain wird am 22. Februar 2018 auch in der Veranstaltung „FZI Open House“ des Forschungszentrums für Informatik (FZI) Karlsruhe beleuchtet werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 6 7. Wie bewertet sie aus finanzpolitischer Sicht blockchain-basierte „Kryptowährungen “ wie etwa „Bitcoin“? Zu 7.: Aus finanz- und wirtschaftspolitischer Sicht stellt sich die Frage, ob und, wenn ja, in welchem Maße Kryptowährungen in Zukunft Geldfunktionen übernehmen, sich neben Zentralbankgeld und Buchgeld etablieren können und welche Konsequenzen dies für die Struktur der Finanzbranche sowie Stabilität und Stabilisierung gesamtwirtschaftlicher Größen wie beispielsweise der Inflationsrate hat. Aus Sicht der Finanzmarktteilnehmer könnte die Chance von Kryptowährungen in ihrer Unabhängigkeit von den Zentralbanken und der damit verbundenen geldpolitischen Einflussnahme liegen. Von der gesamtwirtschaftlichen Stabilität nicht zu trennen ist die Frage nach den Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität und den erforderlichen regulatorischen Bestimmungen. Gegenwärtig werden Kryptowährungen weniger als Zahlungsmittel verwendet, sondern eher als Spekulationsobjekt. Inwiefern und in welcher Höhe sich eine Art „fundamentaler Wert“ gegenüber gesetzlichen Zahlungsmitteln herauskristallisiert , ist völlig offen, da dies unter anderem von dem Ausmaß abhängt, in dem Kryptowährungen als Alternative zu gesetzlichen Zahlungsmitteln freiwillig akzeptiert werden. Insofern sind die Kurse, zu denen Kryptowährungen gehandelt werden, zweifellos hoch spekulativ, wie auch die ESMA warnte. Andererseits ist die Kursentwicklung aber auch nicht zweifelsfrei als „Vermögenspreisblase“ zu qualifizieren. Während Geld weitestgehend auf Forderungen basiert, handelt es sich bei Kryptowährungen im Prinzip um (immaterielle) Güter, die nicht beliebig vermehrbar sind, sondern nach bestimmten Algorithmen geschaffen und damit, der Idee nach, knappgehalten werden. Insofern ist die Begrifflichkeit des „Schürfens“ (mining) und die dadurch hervorgerufene Assoziation zum Fördern von Edelmetall durchaus nachvollziehbar. Auch Kryptowährungen basieren, wie tatsächliche Währungen auch, auf Ver - trauen – allerdings nicht in Notenbank und Finanzintermediäre, sondern eben in die Nichtmanipulierbarkeit der Algorithmen und Handelsplattformen. Die ESMA hat jüngst darauf hingewiesen, dass die DLT noch kaum getestet sei und deshalb die Gefahr bestehe, dass Investoren die Kontrolle über ihr Kryptogeld durch Fehler in Softwarecodes oder Programmen verlieren. Dennoch nimmt die Zahl von Initial Coin Offerings (ICOs) zu. Dabei wird für Projekte auf der Basis von Krypto währungen Geld eingeworben. Anders als bei regulären Börsengängen geschieht dies überwiegend im unregulierten Bereich. Im Übrigen existieren in der Finanzverwaltung derzeit keine IT-Projekte unter Verwendung der Blockchain-Technologie. Auch eine Verwendung „blockchainbasierter Kryptowährungen“ im Zahlungsverkehr des Landes kommt aufgrund der hohen Volatilität und fehlendem Anwendungsbedarf derzeit nicht in Frage. Die technischen und regulatorischen Entwicklungen zu Blockchain-Technologien im Bereich Zahlungsmittel und Abwicklungssysteme werden jedoch beobachtet. 8. Liegen ihr Informationen dazu vor, inwiefern die „Bitcoin“ zugrunde liegenden Algorithmen notwendigerweise mit hohen Energieverbräuchen einher - gehen bzw. ob hierzu Alternativen bestehen (ggf. unter Angabe, welche)? Zu 8.: Nach der derzeitigen Einschätzung bringt das Prinzip der DLT-Algorithmen und Blockchain-Anwendungen mit mehrfach verteilt gespeicherten Daten zwangsläufig Energie- und Kapazitätsprobleme mit wachsender Nutzung mit sich. Ob und wie dies z. B. in einem privaten zugangsbeschränkten Netzwerk oder durch alternative Verfahren begrenzt werden könnte, wird derzeit noch in der Fachwelt diskutiert und erforscht. Der enorme und weiter steigende Energiebedarf der Bitcoin-Blockchain resultiert aus dem implementierten „Proof of Work“-Verfahren, welches eine Manipulation 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 2994 der Bitcoin-Blockchain technisch unmöglich machen soll. Beim Bitcoin-Mining wird eine Prüfsumme ermittelt, deren Berechnung sehr aufwändig ist, deren Korrektheit anschließend aber vergleichsweise einfach nachgeprüft werden kann. Durch fortlaufende Anpassung der Bedingungen, die diese Prüfsumme erfüllen muss, wird der Rechenaufwand kontinuierlich erhöht, sodass im Schnitt alle zehn Minuten ein neuer Transaktionsblock zur Bitcoin-Blockchain hinzugefügt wird. Die dezentrale Struktur bedingt zudem einen Konsensmechanismus, bei dem Änderungen an der Blockchain von allen Knoten der dezentralen Struktur übernommen und validiert werden. Dadurch geht zusätzlich jene Rechenleistung verloren, die in die Berechnung von nicht validierten Blöcken geflossen ist, was angesichts des hohen und weiter steigenden Rechenaufwands für die Berechnung von Bitcoin -Transaktionsblöcken den Energieverbrauch zusätzlich beschleunigt. Ein alternatives Verfahren („Proof of Stake“) für Blockchain-Anwendungen verspricht deutlich weniger Rechenleistung zur Transaktionsverarbeitung, Absicherung und Synchronisierung aller Nutzer im Netzwerk als das bisher verwendete Verfahren „Proof of Work“. Allerdings müssen bei der Alternative alle Nutzer konstant mit dem Netzwerk verbunden sein. Kryptowährungen, die auf weniger recheninten - sive Formen der Erstellung und Verkettung von Transaktionsblöcken und Konsensmechanismen setzen, können mit einem geringeren Energieverbrauch auskommen . Dies setzt jedoch ein größeres Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern voraus bzw. geht mit einem geringeren Schutz vor Manipulation einher. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration