Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3029 22. 11. 2017 1Eingegangen: 22. 11. 2017 / Ausgegeben: 10. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch stuft sie die Gefahr für die freiheitliche-demokratische Grundordnung durch „Antideutsche“ ein? 2. Wie viele Straftaten konnten 2016 und 2017 in Baden-Württemberg nach ihrer Kenntnis den „Antideutschen“ – auch im Hinblick auf deren Propaganda – zugeordnet werden? 3. Wird die Gruppe der „Antideutschen“ vom Verfassungsschutz beobachtet? 4. Sofern Frage 3 bejaht wird: Wie hoch liegt ihrer Kenntnis nach die Zahl derer, die sich selbst als „Antideutsche“ bezeichnen, im Jahr 2017 in Baden-Württemberg ? 5. Sofern Frage 3 bejaht wird: Nach welchen Kriterien nimmt sie eine Zuordnung zu den „Antideutschen“ vor? 6. Wie viele „antideutsch“ ausgerichtete Personen gab es jeweils 2016 und 2017 ihrer Kenntnis nach in vom Verfassungsschutz beobachteten baden-württembergischen Landesverbänden der Linkspartei, der MLPD und der DKP, ein - schließlich deren Jugendorganisationen? 7. Sofern Frage 3 bejaht wird: Spielen „Antideutsche“ in den unter Frage 6 genannten Parteien ihrer Kenntnis nach eine relevante Rolle oberhalb der Kreisverbandsebene ? 8. Sofern Frage 3 bejaht wird: Welchen Einfluss haben nach ihrer Kenntnis „Anti - deutsche“ auf die öffentliche Meinungsbildung? Kleine Anfrage des Abg. Klaus Dürr AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration „Antideutsche“ in Baden-Württemberg – eine Gefahr für unsere Demokratie? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3029 2 9. Unterstützt oder bestärkt die vom Verfassungsschutz beobachtete „Rote Hilfe“ nach ihrer Kenntnis Straftäter mit antideutscher Gesinnung? 10. Sind ihrer Kenntnis nach vom Verfassungsschutz beobachtete organisierte Gruppen wie die sogenannte „Antifaschistische Aktionen“ oder die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) als „antideutsch“ zu betrachten? 19. 11. 2017 Dürr AfD B e g r ü n d u n g Die Politikerin und Kandidatin der Partei „Die Linke“, R., hat sich antideutsch geäußert. Dies berichtet unter anderem die Hamburger Morgenpost am 6. September 2017. R. habe in einem sozialen Netzwerk nach „antideutschen Filmempfehlungen “ gefragt. Und konkretisierte ihr Interesse mit der Formulierung „grund - sätzlich alles, wo Deutsche sterben“. Ein Bildschirmabbild der Äußerungen von R. wurde ebenfalls veröffentlicht. Diese Kleine Anfrage soll den Einfluss von „Antideutschen“ im linksradikalen bis linksextremen Spektrum und auf die öffentliche Meinungsbildung erhellen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 18. Dezember 2017 Nr. 4-1082.1/183 beantwortet das Minis - terium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch stuft sie die Gefahr für die freiheitliche-demokratische Grundordnung durch „Antideutsche“ ein? Zu 1.: Als „antideutsch“ wird im Verfassungsschutzverbund eine in sich uneinheitliche Strömung des deutschen Linksextremismus bezeichnet, die im Zuge der deutschen Wiedervereinigung entstanden ist. Die Antideutschen verfolgen eine szeneuntypische Ideologie und tragen damit zur Polarisierung innerhalb der linksextremistischen Szene bei. Den Hauptbestandteil der antideutschen Ideologie stellt die uneingeschränkte Solidarität mit dem Staat Israel sowie der als Schutzmacht geltenden USA dar. Die antideutsche Szene befürchtet vor dem Hintergrund der Verbrechen des Nationalsozialismus das Wiedererstarken des deutschen Nationalismus und die Entstehung eines großdeutschen „Vierten Reiches“. Aus diesem Grund wird der deutsche Nationalstaat abgelehnt und ihm die Existenzberechtigung kompromisslos abgesprochen. In diesem Zusammenhang sind auch szene - typische Slogans, wie beispielsweise „Nie wieder Deutschland“ oder „Deutschland verrecke“ zu sehen. Die Gruppe der „Antideutschen“ sind eine Teilmenge des gewaltorientierten linksextremistischen Spektrums; sie stellen innerhalb der linksextremistischen Szene allerdings nur eine Minderheit dar. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3029 2. Wie viele Straftaten konnten 2016 und 2017 in Baden-Württemberg nach ihrer Kenntnis den „Antideutschen“ – auch im Hinblick auf deren Propaganda – zugeordnet werden? Zu 2.: Der Polizei Baden-Württemberg ist ein Fall einer Sachbeschädigung durch Graffiti aus dem Jahr 2017 bekannt, welcher der linksextremistischen Ideologie der „Antideutschen“ zugeordnet werden kann. 3. Wird die Gruppe der „Antideutschen“ vom Verfassungsschutz beobachtet? Zu 3.: „Antideutsche“ sind kein Beobachtungsobjekt im klassischen Sinne, da sie als solche keine klar umrissene Organisation oder Gruppe darstellen. Neben wenigen Gruppen und Organisationen, die sich selbst als „antideutsch“ verorten, sind „Antideutsche“ Bestandteil vieler autonomer Zusammenschlüsse. Antideutsche sind unter anderem in autonomen Kleingruppen aktiv und haben unterschiedliche regionale Schwerpunkte. Besonders als Teilmenge des gewaltorientierten linksextremistischen Spektrums werden sie vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag beobachtet. 4. Sofern Frage 3 bejaht wird: Wie hoch liegt ihrer Kenntnis nach die Zahl derer, die sich selbst als „Antideutsche“ bezeichnen, im Jahr 2017 in Baden-Württem - berg? Zu 4.: Dem LfV liegen keine konkreten Zahlen vor. Für Baden-Württemberg wird die Zahl der „Antideutschen“ jedoch als gering eingeschätzt; auf die Stellungnahme zu Frage 1. und 3. wird verwiesen. 5. Sofern Frage 3 bejaht wird: Nach welchen Kriterien nimmt sie eine Zuordnung zu den „Antideutschen“ vor? Zu 5.: Auf die Ausführungen zu Frage 1. wird verwiesen. 6. Wie viele „antideutsch“ ausgerichtete Personen gab es jeweils 2016 und 2017 ihrer Kenntnis nach in vom Verfassungsschutz beobachteten baden-württembergischen Landesverbänden der Linkspartei, der MLPD und der DKP, ein - schließlich deren Jugendorganisationen? 7. Sofern Frage 3 bejaht wird: Spielen „Antideutsche“ in den unter Frage 6 genannten Parteien ihrer Kenntnis nach eine relevante Rolle oberhalb der Kreisverbandsebene ? Zu 6. und 7.: Der Landesverband der Partei „DIE LINKE.“ in seiner Gesamtheit wird nicht vom LfV beobachtet. Vielmehr ist die Beobachtung auf die offen extremistischen Zusammenschlüsse, Strömungen und Teilstrukturen innerhalb des Landesverbands der Partei begrenzt. Hierzu liegen dem LfV keine Erkenntnisse über eine „antideutsche“ Ausrichtung vor. Die MLPD und DKP sind traditionell antiimperialistisch , nicht antideutsch ausgerichtet. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3029 4 8. Sofern Frage 3 bejaht wird: Welchen Einfluss haben nach ihrer Kenntnis „Anti deutsche“ auf die öffentliche Meinungsbildung? Zu 8.: „Antideutsche“ haben nach Einschätzung des LfV schon aufgrund ihrer Minderheitenstellung in der Gruppe der Linksextremisten keinen maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. 9. Unterstützt oder bestärkt die vom Verfassungsschutz beobachtete „Rote Hilfe“ nach ihrer Kenntnis Straftäter mit antideutscher Gesinnung? Zu 9.: Dem LfV liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Jedoch bezeichnet sich die linksextremistische „Rote Hilfe“ als eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. Obwohl antideutsche Aktivisten mit linken Grundüberzeugungen brechen, sind sie dennoch dem linksextremistischen Spektrum zuzurechnen. Aus diesem Grund ist eine Unterstützung von antideutschen Straftätern durch die „Rote Hilfe“ grundsätzlich vorstellbar. 10. Sind ihrer Kenntnis nach vom Verfassungsschutz beobachtete organisierte Gruppen wie die sogenannte „Antifaschistische Aktionen“ oder die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) als „antideutsch“ zu betrachten? Zu 10.: Nach Einschätzung des LfV sind keine linksextremistischen Gruppierungen aus Baden-Württemberg als ausschließlich „antideutsch“ zu betrachten. Lediglich die gewaltorientierte linksextremistische Gruppierung „LevelUP – kommunistische Gruppe“ aus Tübingen weist durch ihre Mitgliedschaft im „… ums Ganze! (uG)“- Bündnis tendenzielle Bezüge zur antideutschen Szene auf. Das 2006 gegründete Bündnis sieht sich selbst als kommunistisch und antinational. Die VVN-BdA ist keine antideutsche Organisation. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration