Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3034 19. 11. 2017 1Eingegangen: 19. 11. 2017 / Ausgegeben: 09. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Vorgaben für die Auswahl der betroffenen Waffenbesitzer gibt es bei der Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen (bitte nach Landund Stadtkreisen aufschlüsseln)? 2. Wie viele verdachtsunabhängige Kontrollen bei Waffenbesitzern wurden seit Einführung dieser Überprüfungsmöglichkeit durchgeführt (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? 3. Wie hoch war die Zahl und welcher Art waren die bei den Kontrollen festgestellten Beanstandungen (bitte jahrweise und nach Art aufschlüsseln)? 4. Wie stellt sich die Entwicklung der Zahl der Waffen und der Waffenbesitzer seit Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrollen dar (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? 5. Welche Vorgaben und Kriterien gibt es für die Bemessung der Gebühren bei der Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen von Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? 6. Wie hoch sind die Gebühren, die von den durch die verdachtsunabhängigen Kontrollen betroffenen Waffenbesitzern im Einzelfall verlangt werden (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? 7. Wie hoch ist das Gesamtgebührenaufkommen bei der Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen bei Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Verdachtsunabhängige Kontrollen bei Waffenbesitzern Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3034 2 8. Wie hoch ist der Gesamtverwaltungsaufwand bei der Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen bei Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? 19. 11. 2017 Dr. Balzer AfD B e g r ü n d u n g Die verdachtsunabhängige waffenrechtliche Aufbewahrungskontrolle ist mit Gesetz vom 17. Juli 2009 als eigenständige behördliche Maßnahme neu in das Waffengesetz aufgenommen worden. Hinsichtlich der Häufigkeit und der Fragen, ob und in welcher Höhe hierbei Gebühren erhoben werden, bestehen bislang keine einheitlichen Vorgaben. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 Nr. 4-1115.0/412 beantwortet das Minis - terium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: V o r b e m e r k u n g Das Innenministerium hat zu Fragen des Waffenbesitzes, der Waffenkontrollen und der Gebührenerhebung seit dem Bericht der Landesregierung über die Umsetzung der Beschlussempfehlungen des Sonderausschusses „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen: Jugendgefährdung und Jugend - gewalt“ vom 15. September 2011 (Drs. 15/517) bereits mehrfach berichtet, zuletzt mit Stellungnahme vom 31. März 2017 zum Antrag der Abgeordneten Dr. Hans- Ulrich Rülke u. a. FDP/DVP (Drs. 16/1431). Bezogen auf die einzelnen Landund Stadtkreise liegen dem Innenministerium für den Zeitraum 2009 bis 2017 keine differenzierten statistischen Daten vor. Hierfür wäre eine Umfrage bei den 148 Waffenbehörden des Landes erforderlich. Im Hinblick auf den damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand bei den Waffenbehörden und den bereits wiederholten Stellungnahmen zu parlamentarischen Anfragen zu diesem Thema wurde von einer solchen Umfrage abgesehen. Hiervon ausgehend beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Vorgaben für die Auswahl der betroffenen Waffenbesitzer gibt es bei der Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen (bitte nach Landund Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 1.: Aufgrund der Ergebnisse des Sonderausschusses „Konsequenzen aus dem Amok - lauf in Winnenden und Wendlingen: Jugendgefährdung und Jugendgewalt“ hat das Innenministerium die Waffenbehörden bereits im Jahr 2011 gebeten, vorrangig diejenigen Waffenbesitzer zu kontrollieren, die einen Aufbewahrungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbracht haben (verdachtsabhängige Kontrollen). Daneben sollten verdachtsunabhängige Kontrollen insbesondere bei denjenigen Waffenbesitzern durchgeführt werden, die eine größere Anzahl von Schusswaffen 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3034 oder besonders deliktsrelevante Schusswaffen (z. B. mehrschüssige großkalibrige Pistolen oder Revolver) besitzen. Das Innenministerium hat darüber hinaus gegenüber den Waffenbehörden weder Empfehlungen zur zeitlichen Häufigkeit (Turnus) der Aufbewahrungskontrollen ausgesprochen noch Vorgaben zur Kontrolle verschiedener Benutzergruppen gemacht. Letztlich entscheiden die Waffenbehörden in eigener Verantwortung über Zeitpunkt und Abstand verdachtsunabhängiger Kontrollen. Ziel ist es aber, dass bei jedem Waffenbesitzer mindestens einmal eine Aufbewahrungskontrolle durchgeführt wird. Dies wurde bei verschiedenen Dienstbesprechungen des Innenministeriums mit den Regierungspräsidien thematisiert. 2. Wie viele verdachtsunabhängige Kontrollen bei Waffenbesitzern wurden seit Einführung dieser Überprüfungsmöglichkeit durchgeführt (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 2.: Seit Inkrafttreten der Änderungen des Waffengesetzes am 25. Juli 2009 wurden wie folgt Aufbewahrungskontrollen durchgeführt: Eine getrennte Auswertung nach verdachtsabhängigen und verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen ist flächendeckend nicht möglich. Nach den Rückmeldungen der Waffenbehörden wurden 2016 rund 1,5 % der Aufbewahrungskontrollen verdachtsabhängig durchgeführt. 3. Wie hoch war die Zahl und welcher Art waren die bei den Kontrollen festgestellten Beanstandungen (bitte jahrweise und nach Art aufschlüsseln)? Zu 3.: Bei den durchgeführten Aufbewahrungskontrollen wurden wie folgt Mängel festgestellt : Bei den Aufbewahrungskontrollen wurden sowohl Mängel festgestellt, die unmittelbar mit der Aufbewahrung von Waffen oder Munition zusammenhängen, als auch sonstige Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften. .RQWUROO]HLWUDXP $Q]DKO GHU NRQWUROOLHUWHQ :DIIHQEHVLW]HU ELV ELV ELV ELV ELV ELV ELV .RQWUROO]HLWUDXP .RQWUROOHQ PLW 0lQJHO ELV ELV ELV ELV ELV ELV ELV Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3034 4 Zu den Verstößen gegen die Aufbewahrungsvorschriften zählen insbesondere: – Einzelne Waffenbesitzer verfügten über kein Sicherheitsbehältnis. – Das vorhandene Sicherheitsbehältnis entsprach nicht den waffenrechtlichen Vorschriften (kein ausreichender Sicherheitsstandard). – Schusswaffen wurden außerhalb des Sicherheitsbehältnisses aufbewahrt. – Lang- und Kurzwaffen wurden unzulässigerweise gemeinsam in einem Sicherheitsbehältnis (ohne getrenntem Innenfach für Kurzwaffen) aufbewahrt. – Waffen und Munition wurden unzulässigerweise gemeinsam in einem Sicherheitsbehältnis (ohne getrenntem Innenfach für Munition) aufbewahrt. – Schusswaffen wurden unzulässigerweise in geladenem Zustand in einem Sicherheitsbehältnis aufbewahrt. – Die zulässige Höchstzahl an Schusswaffen, die in dem jeweiligen Sicherheitsbehältnis aufbewahrt werden darf, wurde überschritten. – Unberechtigte Personen (z. B. Familienmitglieder ohne waffenrechtliche Erlaubnis ) hatten Zugang zu dem Sicherheitsbehältnis. Zu den Verstößen gegen sonstige waffenrechtliche Vorschriften, die bei Aufbewahrungskontrollen festgestellt wurden, zählen insbesondere: – Einzelne Waffenbesitzer waren illegal im Besitz von Waffen oder Munition. – Waffen, die in den Waffenbesitzkarten der Waffenbesitzer registriert sind, befanden sich nicht in den Sicherheitsbehältnissen. Die Waffenbesitzer können auch keinen Nachweis für den Verbleib dieser Waffen vorlegen. – Einzelne Waffenbesitzer waren nicht mehr im Besitz einer Waffenbesitzkarte. Sie haben den Verlust der Waffenbesitzkarte der Waffenbehörde auch nicht nach § 37 Abs. 2 WaffG angezeigt. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die in der Antwort zu Ziffer 5. des genannten Antrags (Drs. 16/1431) aufgeführten 1 % sich nur auf solche Mängel beziehen , aufgrund derer Unbefugte einfachen Zugang zu Waffen oder Munition hätten erhalten können. 4. Wie stellt sich die Entwicklung der Zahl der Waffen und der Waffenbesitzer seit Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrollen dar (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 4.: Nach den Angaben der Waffenbehörden gab es in Baden-Württemberg zum Stichtag 30. Juni 2011 insgesamt 150.872 Personen, die im Besitz von insgesamt 762.121 erlaubnispflichtigen Schusswaffen waren. Laut Mitteilung des Bundesverwaltungsamtes waren Ende 2012 in Baden-Württemberg zudem 175.000 Waffenbesitzer mit 749.000 Waffen registriert. Es gab jedoch bis zum 31. Dezember 2012 keine einheitlichen Standards für die Speicherung von Daten zu Waffen und Waffenbesitzern. Eine flächendeckende und nach einheitlichen Kriterien erstellte Datenbasis zum Waffenbesitz existiert vielmehr erst seit Einführung des Nationalen Waffenregisters. Statistische Auswertungen des Waffenregisters erfolgen seit April 2014. Danach waren in Baden- Württemberg wie folgt Daten zu Waffen und Waffenbesitzern registriert: 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3034 Die Zahlen stehen unter dem Vorbehalt der nach § 22 Abs. 3 Nationales Waffenregistergesetz (NWRG) bis Ende 2017 andauernden Datenbereinigung. 5. Welche Vorgaben und Kriterien gibt es für die Bemessung der Gebühren bei der Durchführung von verdachtsunabhängigen Kontrollen von Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 5.: Die unteren Verwaltungsbehörden setzen nach § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 des Landesgebührengesetzes (LGebG) für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen Gebühren fest. Danach dürfen die Waffenbehörden für alle Waffenkontrollen nach § 36 Abs. 3 WaffG Gebühren erheben, unabhängig davon, ob sie verdachtsabhängige oder verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und unabhängig davon, ob Beanstandungen festgestellt werden oder nicht. Die Waffenbehörden entscheiden über die Festsetzung von gebührenpflichtigen Tatbeständen und die Höhe der Gebühren im Waffenrecht nach § 4 Abs. 3 LGebG in eigener Zuständigkeit. Das Land hat diesbezüglich keine Weisungsbefugnis. Die Kommunen haben auch einen Gestaltungsspielraum für die Festlegung der Gebührentatbestände und der Gebührenhöhe. Inwieweit dies zu einer Differenzierung zwischen Gebühren für verdachtsabhängige Kontrollen einerseits und verdachtsunabhängige Kontrollen andererseits führen kann, ist von den Kommunen zu entscheiden. Das Innenministerium hat den Waffenbehörden daher weder Vorgaben für die Bemessung der Gebühren gemacht, noch hat es Kriterien aufgestellt. Wie in der Antwort zu Ziffer 7. des genannten Antrags (Drs. 16/1431) berichtet, wurden die Kommunalen Spitzenverbände mit Schreiben des Innenministeriums vom 27. April 2010 aber darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Landtag von Baden- Württemberg empfiehlt, bei der Gebührenerhebung zwischen verdachtsabhängigen Kontrollen einerseits und verdachtsunabhängigen Kontrollen andererseits zu differenzieren und bei letzteren nur im Falle von Beanstandungen Gebühren zu erheben. 6. Wie hoch sind die Gebühren, die von den durch die verdachtsunabhängigen Kontrollen betroffenen Waffenbesitzern im Einzelfall verlangt werden (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 6.: Dem Innenministerium liegen keine verlässlichen, flächendeckenden Daten der für die Gebührenerhebung zuständigen unteren Verwaltungsbehörden vor. Im Übrigen variieren die Berechnungsgrundlage und individuellen Gebührentatbestände , sodass die Gebührensätze auch nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sein dürften. So richtet sich teilweise die Gebührenerhebung nach der Anzahl der Waffen, teilweise nach Dauer der Kontrollen. In manchen Fällen wird auch eine Grundgebühr erhoben. Stellenweise richtet sich die Gebührenhöhe auch danach , ob Beanstandungen festgestellt werden oder nicht. 6WLFKWDJ $Q]DKO :DIIHQEHVLW]HU :DIIHQ LQ 3ULYDWEHVLW] Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3034 6 7. Wie hoch ist das Gesamtgebührenaufkommen bei der Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen bei Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 7.: Wie bereits in der Antwort zu Ziffer 4. des genannten Antrags (Drs. 16/1431) berichtet , betrug das Gebührenaufkommen vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 nach Angaben der Waffenbehörden 407.195 Euro. Das Gebührenaufkommen vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 betrug nach Angaben der Waffenbehörden 559.538 Euro. Bei den Zahlen ist allerdings zu beachten, dass nicht alle Waffenbehörden eine separate Erfassung des Gebührenaufkommens für Aufbewahrungskontrollen vornehmen. Für das Jahr 2016 konnten daher 35 Waffenbehörden (Vorjahr: 18) keine Angaben zur Höhe des Gebührenaufkommens bei Aufbewahrungskontrollen vorlegen. 8. Wie hoch ist der Gesamtverwaltungsaufwand bei der Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen bei Waffenbesitzern (bitte jahrweise nach Land- und Stadtkreisen aufschlüsseln)? Zu 8.: Über den Verwaltungsaufwand, der den unteren Verwaltungsbehörden bei der Durchführung von Aufbewahrungskontrollen entsteht, wird keine Statistik geführt . Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration