Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3055 28. 11. 2017 1Eingegangen: 28. 11. 2017 / Ausgegeben: 22. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass die Rotalge Callophycus seratus gegen Malaria-Erreger, verschiedene Bakterienarten, Krebszellen und vor allem beim gefährlichen MRSA-Keim wirkt? 2. Ist ihr bekannt, dass US-amerikanische Wissenschaftler erfolgreich nachweisen konnten, dass neben der Phagentherapie die oben genannte Rotalgenart im Kampf bei den Antibiotikaresistenzen sowohl in der Humanmedizin als auch beim Einsatz in der Massentierhaltung zur Bekämpfung von MRSA eingesetzt werden kann und wenn ja, wie nachhaltig sind die Ergebnisse der Wissenschaftler nach ihrer Einschätzung? 3. Inwieweit unterstützt sie hierzulande Forschungseinrichtungen und Ärzteteams – soweit vorhanden – bei ihren Forschungen auf dem Gebiet der MRSA- Bekämpfung, damit sowohl in der Massentierhaltung aber auch in der Humanmedizin Nachfolgemedikamente bei wirkungslosen Antibiotikagruppen gefunden werden und mit welchen finanziellen Mitteln unterstützt sie Forschungen dieser Art? 4. Gibt es aus ihrer Sicht seit Bekanntwerden der Forschungsergebnisse in 2011 bereits zugelassene Medikamente und wenn ja, kommen sie in Baden-Württemberg zum Einsatz? 5. Wenn nein, bis wann rechnet sie mit der Zulassung solcher Medikamente, um den MRSA-Keim wirksam sowohl in der Veterinärmedizin als auch in der Humanmedizin bekämpfen zu können? 6. Wie hoch belief sich der Forschungsetat im Gesundheitswesen in Baden-Württemberg bezogen auf die letzten fünf Jahre? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Mit Rotalgen gegen Krankheiten und den Methicillinresistenten Staphylococcus aureusa (MRSA) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3055 2 7. Wie weit sind die Forschungen aus ihrer Sicht bei der Herstellung eines neuen Medikaments beim Malariaerreger Plasmodium falciparum und dem eingesetzten Pilz Metarhizium anisopliae? 15. 11. 2017 Herre AfD B e g r ü n d u n g In der Massentierhaltung wie auch im Krankenhaus gibt es immer mehr Probleme hinsichtlich des Ausfalls von zugelassenen Antibiotikagruppen. Aus diesem Grund sind Forschungen sehr wichtig, aber auch teuer. Es soll erfragt werden, inwieweit die Landesregierung bei der Forschung unterstützt und wie hoch ihr Aufwand im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen bei Mensch und Tier sind. A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 Nr. 51-0141.5-019/3055 beantwortet das Minis terium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist ihr bekannt, dass die Rotalge Callophycus seratus gegen Malaria-Erreger, verschiedene Bakterienarten, Krebszellen und vor allem beim gefährlichen MRSA-Keim wirkt? 2. Ist ihr bekannt, dass US-amerikanische Wissenschaftler erfolgreich nachweisen konnten, dass neben der Phagentherapie die oben genannte Rotalgenart im Kampf bei den Antibiotikaresistenzen sowohl in der Humanmedizin als auch beim Einsatz in der Massentierhaltung zur Bekämpfung von MRSA eingesetzt werden kann und wenn ja, wie nachhaltig sind die Ergebnisse der Wissenschaftler nach ihrer Einschätzung? Die genannte Rotalge ist in der Südsee heimisch (Fidschi-Region) und produziert keimhemmende Wirkstoffe, die sie in ihrer natürlichen Umgebung vor Überwuchern und Biofilm-Belägen durch verschiedene Mikroorganismen schützen. Nachdem in-vitro-Versuche eine breite Wirksamkeit gegen Bakterien, Pilze und auch einige Einzeller belegten, wurden in einer Reihe von Experimenten Substanzen isoliert, denen dieser Effekt zugeschrieben wird. Die im Jahr 2011 in verschiedenen Zeitschriften wie Focus oder Apotheke adhoc publizierten Forschungsergebnisse über die Rotalge Callophycus seratus, die eine mögliche Wirksamkeit sowohl gegen die einzelligen Malariaerreger als auch gegen multiresistente Bakterien zeigten, basieren auf Publikationen des Arbeitskreises von Prof. Dr. Julia Kubanek vom Georgia Institute of Technology, Atlanta (USA). Aktuelle Publikationen dieses Arbeitskreises aus dem Jahr 2017 berichten jedoch nur noch über eine mäßige („moderate“) Wirkung in Bezug auf den Methocillin -resistenten Staphylococcus aureus bzw. Vancomycin-resistente Enterokokken . 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3055 3. Inwieweit unterstützt sie hierzulande Forschungseinrichtungen und Ärzteteams – soweit vorhanden – bei ihren Forschungen auf dem Gebiet der MRSA- Bekämpfung, damit sowohl in der Massentierhaltung aber auch in der Humanmedizin Nachfolgemedikamente bei wirkungslosen Antibiotikagruppen gefunden werden und mit welchen finanziellen Mitteln unterstützt sie Forschungen dieser Art? Die Bekämpfung Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) Stämme sowie weiterer multiresistenter Erreger, wie Vanncomycin-resistenter Staphylococcus aureus Stämme (VRSA), Carbapenem-resistente Klebsiella pneumoniae Stämme (KPC) und Extended Spectrum β-Lactamase (ESBL) produzierende Erreger, ist im Gesundheitswesen und vor allem im Krankenhausbereich von immanenter Bedeutung . An den Universitäten und den Universitätsklinika des Landes wird hieran stetig geforscht. Dabei steht nicht nur die Entwicklung neuer Medikamente im Vordergrund , sondern auch und vor allem der Infektionsschutz und damit die Verhinderung der Ausbreitung eben dieser Erreger. Da diese Problematik von großer gesellschaftlicher Relevanz ist, wird die Forschung auf diesem Gebiet vor allem durch den Bund respektive die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) gefördert. So stellt die Bundesrepublik von 2017 bis 2023 51 Mio. Euro für das „Global Antibiotic Research & Development Partnership” (GARDP) Programm zur Verfügung und legte im Jahr 2015 gemeinsam mit Experten im Rahmen der „Deutschen Antibio - tika-Resistenzstrategie 2020“ (DART 2020) einen 10-Punkte-Plan zur Vermeidung behandlungsassoziierter Infektionen und Antibiotika-Resistenzen vor. 4. Gibt es aus ihrer Sicht seit Bekanntwerden der Forschungsergebnisse in 2011 bereits zugelassene Medikamente und wenn ja, kommen sie in Baden-Württemberg zum Einsatz? 5. Wenn nein, bis wann rechnet sie mit der Zulassung solcher Medikamente, um den MRSA-Keim wirksam sowohl in der Veterinärmedizin als auch in der Humanmedizin bekämpfen zu können? Derzeit gibt es kein zugelassenes Arzneimittel mit Wirkstoffen aus der Rotalge Callophycus serratus. Wann und ob ein derartiges Arzneimittel zur Verfügung stehen könnte, ist der Landesregierung nicht bekannt. Allgemein dauert der Entwicklungszyklus eines Arzneimittels von der ersten Entdeckung einer potenziell wirksamen Substanz bis hin zur Marktreife eines Medikamentes daraus durchschnittlich 13 Jahre. 6. Wie hoch belief sich der Forschungsetat im Gesundheitswesen in Baden-Württemberg bezogen auf die letzten fünf Jahre? Die Landesregierung gab im Zeitraum 2013 bis einschließlich 2017 rund 150 Mio. Euro für die universitäre und außeruniversitäre medizinische Forschung aus. Dies beinhaltet beispielsweise Anschubfinanzierungen für die Einrichtung von wissenschaftlichen Zentren und die Anschubfinanzierungen zur Steigerung der Drittmittelfähigkeit der medizinischen Forschung im Land. Der überwiegende Teil der Mittel wird für die institutionelle Förderung ausgegeben, um zum Beispiel den Landesanteil für die medizinischen Forschungseinrichtungen in der Helmholtz-Gemeinschaft (DKFZ und den Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung ) zu bestreiten. 7. Wie weit sind die Forschungen aus ihrer Sicht bei der Herstellung eines neuen Medikaments beim Malariaerreger Plasmodium falciparum und dem eingesetzten Pilz Metarhizium anisopliae? Die Malaria-Forschung konzentriert sich in erster Linie auf die Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes. Dabei spielt das Institut für Tropenmedizin in Tübingen zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung eine Vorreiterrolle . Es wurde ein Impfstoff entwickelt, welcher im Labor einen Impfschutz von bis zu 100 Prozent erreichte. Dieser Impfstoffkandidat muss nun in den nächsten Jahren weitere klinische Studien durchlaufen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3055 4 Die Verwendung des Pilzes Metarhizium anisopliae zur Bekämpfung des Malaria -Erregers wurde bereits im Jahr 2011 publiziert. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie weit die Forschung auf diesem speziellen Gebiet vorangeschritten ist. In Vertretung Prof. Dr. Hammann Ministerialdirektor