Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3078 28. 11. 2017 1Eingegangen: 28. 11. 2017 / Ausgegeben: 16. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Verkehrserziehung den theoretischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung in den vergangen fünf Schuljahren bestanden? 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Verkehrserziehung den praktischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung in den vergangen fünf Schuljahren bestanden? 3. Welche Erkenntnisse hat sie darüber, wie viele Schülerinnen und Schüler den theoretischen Prüfungsteil und wie viele Schülerinnen und Schüler den praktischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung im Schuljahr 2017/2018 bisher bestanden haben? 4. In welchem Umfang wurden die Ausbildungseinheiten bei der praktischen Radfahrausbildung im Landkreis Reutlingen zum Schuljahr 2017/2018 reduziert ? 5. Aus welchen Gründen wurden die Ausbildungseinheiten bei der praktischen Radfahrausbildung im Landkreis Reutlingen zum Schuljahr 2017/2018 reduziert ? 6. Welche Auswirkungen hat ihrer Auffassung nach die Reduzierung der Ausbildungseinheiten auf die praktische Radfahrausbildung der Schülerinnen und Schüler, insbesondere auf den Erfolg bei der praktischen Fahrradprüfung? 7. Ist sie der Meinung, dass in der Grundschule statt der Verkehrserziehung an - dere Themen mehr im Vordergrund stehen sollten und die Verkehrserziehung stärker in der Verantwortung der Eltern liegen sollte? Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Verkehrserziehung in den Grundschulen im Landkreis Reutlingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3078 2 8. Inwieweit, unter Angabe der Anzahl und des Stundenumfangs, waren Polizeibeamte in die Verkehrserziehung der letzten fünf Jahre im Landkreis Reutlingen eingebunden? 9. In welchem Umfang werden sie im Jahr 2018 eingebunden sein? 10. Was hat sich mit dem Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und des Kultusministeriums zur Radfahrausbildung in der schulischen Verkehrserziehung (VwV-Radfahrausbildung) vom 16. August 2017 gegenüber dem früheren Sachstand verändert? 28. 11. 2017 Glück FDP/DVP B e g r ü n d u n g Die Radfahrausbildung ist entscheidend dafür, dass sich Schülerinnen und Schüler selbständig und vor allem sicher im Straßenverkehr bewegen können. In jüngster Zeit häufen sich Berichte darüber, dass immer weniger Schülerinnen und Schüler die praktische Fahrradprüfung bestehen, da die Qualität der Ausbildung schlechter geworden sei. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 Nr. 3-1132.2/169 beantwortet das Minis - terium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und dem Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Verkehrserziehung den theoretischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung in den vergangenen fünf Schuljahren bestanden? Zu 1.: Hierzu werden im zuständigen Regierungspräsidium Tübingen sowie im Staat - lichen Schulamt Tübingen keine Daten erhoben. 2. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Verkehrserziehung den praktischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung in den vergangen fünf Schuljahren bestanden? Zu 2.: In den vergangenen fünf Schuljahren haben im Landkreis Reutlingen insgesamt 11.521 Schülerinnen und Schüler an der praktischen Radfahrausbildung teilgenommen . Die Radfahrausbildung wird mit einer theoretischen und praktischen Lernzielkontrolle abgeschlossen. Bei den Lernzielkontrollen handelt es sich um eine Momentaufnahme, die den Schülerinnen und Schülern sowie den Erziehungsberechtigten eine Rückmeldung über die erlangten Fähigkeiten und den gegebenenfalls individuellen Förderbedarf vermitteln soll. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 /3078 Die Anzahl der beschulten Kinder je Schuljahr, einschließlich derer, welche die praktische Lernzielkontrolle erfolgreich absolviert haben, gliedert sich wie folgt: 3. Welche Erkenntnisse hat sie darüber, wie viele Schülerinnen und Schüler den theoretischen Prüfungsteil und wie viele Schülerinnen und Schüler den praktischen Prüfungsteil der Fahrradprüfung im Schuljahr 2017/2018 bisher bestanden haben? Zu 3.: Über die Anzahl der erfolgreich absolvierten theoretischen Lernzielkontrolle werden im Regierungspräsidium Tübingen sowie im Staatlichen Schulamt Tübingen keine Daten erhoben. An der praktischen Radfahrausbildung haben in diesen ersten Monaten des Schuljahres 2017/18 bisher 846 Schülerinnen und Schüler teilgenommen, davon haben 677 (80 Prozent) die Lernzielkontrolle erfolgreich absolviert. 4. In welchem Umfang wurden die Ausbildungseinheiten bei der praktischen Radfahrausbildung im Landkreis Reutlingen zum Schuljahr 2017/2018 reduziert? Zu 4.: Die Durchführung der Radfahrausbildung im Landkreis Reutlingen richtet sich nach der gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und Kultusministeriums Baden-Württemberg zur Radfahrausbildung in der schulischen Verkehrserziehung (VwV Radfahrausbildung vom 16. August 2017, Az.: 3-1132.2/152). Die praktische Radfahrausbildung, die von der Polizei an den mobilen und stationären Jugendverkehrsschulen durchgeführt wird, wurde ab dem Schuljahr 2017/18 landesweit von fünf auf vier Ausbildungseinheiten reduziert. Die Aus - bildungsdauer umfasst neben einer schulischen Vorbereitung im Unterricht einen viermaligen Besuch der Jugendverkehrsschule von mindestens 90-minütiger Dauer. 5. Aus welchen Gründen wurden die Ausbildungseinheiten bei der praktischen Rad - fahrausbildung im Landkreis Reutlingen zum Schuljahr 2017/2018 reduziert? Zu 5.: Die Radfahrausbildung in den Grundschulen ist seit vielen Jahren eine bedeutende und für alle Beteiligten auch sehr erfolgreiche Maßnahme in der schulischen Mobilitäts- und Verkehrserziehung, an der die Landesregierung ausdrücklich festhält . Jährlich werden an den Grundschulen in Baden-Württemberg ca. 95.000 Schü - lerinnen und Schüler in der Klassenstufe 4 in der Regel durch zwei Beamte der Polizei Baden-Württemberg in der praktischen Radfahrausbildung beschult. $ . / " % 2& 3&4 2&5 & 567 89 *7 :; 2&43&7 27 2&5 89&*6 :; 2&73&' & 5<< & 677 85<*6 :; 2&'3&6 695 729 859*4 :; 2&63&< < 7 422 857*7 :; Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3078 4 Die Durchführung der Ausbildung im bisherigen Umfang (bis einschließlich des Schuljahres 2016/17) mit fünf Ausbildungseinheiten war personalintensiv und ließ in manchen Polizeipräsidien nur noch eingeschränkt die Umsetzung weiterer Schwerpunktthemen zu. Neben der Radfahrausbildung und dem Schulwegtraining an Grundschulen konzentriert sich das polizeiliche Präventionsangebot an weiterführenden Schulen auf weitere Schwerpunktthemen (Gewaltprävention, Vorbeugung von Mediengefahren , Suchtprävention sowie die Umsetzung von landesweiten zielgruppenorientierten Kampagnen der Verkehrssicherheitsaktion GIB ACHT IM VERKEHR, wie z. B. „Bus fahren, aber richtig!“, „Schütze Dein BESTES.“ und „NO GAME – sicher fahren, sicher leben“). Hierzu haben das Kultusministerium sowie das Innenministerium im Jahr 2015 ein verbindliches Präventionsangebot der Polizei für die Schulen vereinbart. 6. Welche Auswirkungen hat ihrer Auffassung nach die Reduzierung der Ausbildungseinheiten auf die praktische Radfahrausbildung der Schülerinnen und Schüler, insbesondere auf den Erfolg bei der praktischen Fahrradprüfung? Zu 6.: Die Reduzierung der praktischen Ausbildungseinheiten erfolgte mit Beginn des neuen Schuljahres 2017/18 am 11. September 2017. Aufgrund des kurzen Zeitraums können deshalb lediglich valide Angaben zur erfolgreichen Absolvierung der praktischen Lernzielkontrolle (vgl. Nr. 3) gemacht werden. Um einerseits die geplante Kürzung der praktischen Ausbildungseinheiten kompensieren , aber auch um gleichzeitig das Radfahren in den Klassenstufen 1 und 2 deutlich früher fördern zu können, stand das Innenministerium bereits frühzeitig im Dialog mit dem Kultusministerium. Im Bildungsplan 2016 für die Grundschule wurde durch Aufnahme des Erfahrungsfelds „Fahren, Rollen, Gleiten“ das Radfahren gestärkt. Dadurch können die für das Radfahren notwendigen motorischen Fertigkeiten gezielt im Sportunterricht der Schule ausgebildet werden. Darüber hinaus wurde in Kooperation mit dem Württembergischen Radsportverband ein Fahrradaktionstag „RadHelden“ entwickelt, der den Grundschulen seit diesem Jahr kostenlos angeboten wird und ebenfalls die Förderung der motorischen Fähigkeiten der Kinder auf dem Fahrrad zum Ziel hat. 7. Ist sie der Meinung, dass in der Grundschule statt der Verkehrserziehung andere Themen mehr im Vordergrund stehen sollten und die Verkehrserziehung stärker in der Verantwortung der Eltern liegen sollte? Zu 7.: Die Verkehrs- und Mobilitätserziehung in der Grundschule wird in Baden-Württemberg von Kultusministerium und Innenministerium strategisch festgelegt. Neben dem Schulwegtraining und der Erstellung von Gehschulwegplänen ist die Radfahrausbildung die bedeutendste gemeinsame Maßnahme in der Grundschule. Aufgrund des gemeinsamen Erziehungs- und Bildungsauftrags von Eltern und Schule ist ein wesentlicher Beitrag von Eltern bzw. Erziehungsberechtigten in der Verkehrserziehung unverzichtbar (z. B. Erlernen des Radfahrens, das Einüben des Schulwegs, etc.). Um die Eltern bei dieser Aufgabe zu unterstützen, finden Informationsveranstaltungen der Polizei in Verbindung mit dem Schulwegtraining bereits im Kindergarten statt. Auch auf den Elternabenden, die im Rahmen der Kooperation Kindergarten – Grundschule durchgeführt werden, werden die Eltern auf das Erfordernis ihrer Unterstützung hingewiesen. Durch die Aufnahme des Erfahrungsfelds „Fahren, Rollen, Gleiten“ in den Bildungsplan 2016 verdeutlicht die Landesregierung den hohen Stellenwert des Radfahrens und – damit verbunden – der Verkehrs- und Mobilitätserziehung. Grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler, wie das Halten eines dynamischen Gleichgewichts, das Erfahren von Geschwindig- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 /3078 keit, von Flieh- und Beschleunigungskräften sowie die gezielte Richtungsänderung und das Bremsen auf Fahr-, Roll- und Gleitgeräten, können nun auch im Rahmen des Sportunterrichts gefördert werden. Das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) misst im Rahmen der zentralen Lehrkräftefortbildung dem Erfahrungsfeld eine hohe Bedeutung zu. Mit einer im Jahr 2016 erstellten Neukonzeption von insgesamt sieben aufeinander abgestimmten Fortbildungsveranstaltungen wird dazu beigetragen , die Bereiche des motorischen Könnens und der Verkehrssicherheit auf vielfältige Weise mit unterschiedlichen Fahr- und Rollgeräten integrativ zu vermitteln . Dabei wird in allen Lehrgängen auf das Radfahren ein besonderer Schwerpunkt gelegt. Auch im Sachunterricht der Grundschule sind die Themen Verkehr und Mobilität für die Klassen 1 bis 4 verbindlich verankert. Darüber hinaus finden sie durch die dem Bildungsplan übergeordneten Leitperspektiven „Bildung für nachhaltige Entwicklung “ und „Prävention und Gesundheitsförderung“ auch Raum in anderen Unterrichtsfächern. 8. Inwieweit, unter Angabe der Anzahl und des Stundenumfangs, waren Polizeibeamte in die Verkehrserziehung der letzten fünf Jahre im Landkreis Reut - lingen eingebunden? Zu 8.: In den letzten fünf Schuljahren wurden die Schülerinnen und Schüler im Landkreis Reutlingen in der praktischen Radfahrausbildung in der Regel durch zwei besonders ausgebildete Polizeibeamte beschult. Hierbei waren insgesamt sechs Polizeibeamte (sechs Vollzeitstellen) beteiligt. Die Ausbildungsdauer umfasste je Schulklasse neben einer schulischen Vorbereitung im Unterricht einen fünfmaligen Besuch in der Jugendverkehrsschule von mindestens 90-minütiger Dauer, insgesamt also zehn Schulstunden je Schulklasse. 9. In welchem Umfang werden sie im Jahr 2018 eingebunden sein? Zu 9.: Seit dem Schuljahr 2017/18 umfasst die Ausbildungsdauer neben einer schulischen Vorbereitung im Unterricht einen viermaligen Besuch der Jugendverkehrsschule von mindestens 90-minütiger Dauer, insgesamt also acht Schulstunden je Schulklasse. 10. Was hat sich mit dem Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und des Kultusministeriums zur Radfahrausbildung in der schulischen Verkehrserziehung (VwV-Radfahrausbildung) vom 16. August 2017 gegenüber dem früheren Sachstand verändert? Zu 10.: Im Wesentlichen ergaben sich folgende Änderungen: – Das sichere Beherrschen des Fahrrades wurde als Voraussetzung für die Teilnahme an der Radfahrausbildung festgelegt. – Die Möglichkeit der motorischen Frühförderung durch die Schulen wurde geschaffen . – Die Anzahl der praktischen Ausbildungseinheiten (mindestens 90 Minuten) durch die Polizei wurde von fünf auf vier gekürzt. – Die Verwaltungsvorschrift enthält Empfehlungen für die bauliche Ausgestaltung von mobilen und stationären Jugendverkehrsschulen sowie einen Verweis auf Musterpläne. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3078 6 – Für eine optimale praktische Schulung und Unterrichtung wird den Schulträgern der Bau von stationären Jugendverkehrsschulen empfohlen. – Für die praktische Radfahrausbildung wurde das Erfordernis von grundsätzlich zwei geschulten Angehörigen der Polizei Baden-Württemberg definiert. – Zur Durchführung der praktischen Radfahrausbildung wurden datenschutzrechtliche Bestimmungen definiert. – Die Rahmenbedingungen für die praktische Radfahrausbildung im öffentlichen Verkehrsraum wurden deutlicher gefasst. – Die Radfahrausbildung wird auch in sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren , in inklusiven Bildungsangeboten und kooperativen Organisationsformen angeboten. Damit soll grundsätzlich allen jungen Menschen der Zugang zur Radfahrausbildung ermöglicht werden. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration