Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3088 29. 11. 2017 1Eingegangen: 29. 11. 2017 / Ausgegeben: 23. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der aktuelle Schulungs- und Ausbildungsstand bei Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren sowie Rettungskräften in Baden-Württemberg im Hinblick auf Bergung von Verletzten aus sowie die Löschung von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien, wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge? 2. Welche erprobten Löschtechniken und -mittel stehen den Feuerwehren für die Löschung von Bränden an Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien zur Verfügung? 3. Wie ist mit den Brandresten von in Brand geratenen und gelöschten Fahrzeugen mit neuer Antriebstechnologie zu verfahren? 4. Welche Gefahrstoffe sind beim Brand von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien zu erwarten und entsprechend zu behandeln? 5. Welche Maßnahmen müssen von Rettungskräften bei der Bergung von Verletzten aus Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge sowohl zur Schadensbegrenzung bei zu rettenden Insassen als auch zum Selbstschutz ergriffen werden? 6. Wie werden die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich der Besonderheiten bei der Löschung von Fahrzeugen bzw. der Rettung von Personen aus Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge vermittelt und überprüft? 7. Wie viele Feuerwehrleute und Rettungskräfte in Baden-Württemberg verfügen bereits über eine entsprechende Ausbildung, um Fahrzeuge mit neuer Antriebstechnologie zu löschen bzw. Insassen aus solchen Fahrzeugen sachgerecht zu bergen? Kleine Anfrage des Abg. Hans Peter Stauch AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Feuerwehr- und Rettungskräfteeinsätze bei Bränden an Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien (Elektromobilität, Batterien, Brennstoffzellenfahrzeuge) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3088 2 8. Welche Kosten entstehen durch die Weiterqualifizierung der Feuerwehrleute und Rettungskräfte? 9. Wer kommt für die Kosten der Weiterqualifizierung der Feuerwehrleute und Rettungskräfte auf? 28. 11. 2017 Stauch AfD B e g r ü n d u n g Die zunehmende Anzahl von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge erfordert sowohl geändertes Verhalten bei den Rettungskräften als auch neue Löschtechniken und Löschmittel. Der Drucksache 15/1736 ist zu entnehmen, dass ein Arbeitskreis, bestehend aus Innenministerium, Landesfeuerwehrschule, e-mobil BW und TÜV Süd einen Leitfaden entwickeln sollte, welcher Einsatzkräfte für den Umgang mit Elektro - fahrzeugen sensibilisieren und schulen sollte. Ein aktueller Fall im Raum Reutlingen, bei welchem ein Elektromobil letztendlich nur durch das Tauchen in einem mit Wasser gefüllten Container wirkungsvoll gelöscht werden konnte, lässt Zweifel aufkommen, ob Feuerwehren und Rettungskräfte für den Einsatz an Fahrzeugen mit neuen Antriebstechniken ent - sprechend vorbereitet und ausgerüstet sind. Die Kleine Anfrage soll klären, inwieweit bei Feuerwehren und Rettungskräften hierzu noch sowohl Schulungs- als auch Ausstattungsbedarf besteht. A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 Nr. 6-1503.0/ beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie ist der aktuelle Schulungs- und Ausbildungsstand bei Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren sowie Rettungskräften in Baden-Württemberg im Hinblick auf Bergung von Verletzten aus sowie die Löschung von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien, wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge? Zu 1.: Feuerwehrangehörige werden zur technischen Rettung und zur Brandbekämpfung auf der Grundlage von Feuerwehr-Dienstvorschriften grundsätzlich auf Gemeindeebene aus- und fortgebildet. Darüber hinaus bietet die Landesfeuerwehrschule fachbezogene Speziallehrgänge, Lehrgänge und Seminare für Ausbilder (Multiplikatoren ) und eine Führungsausbildung an. Dementsprechend ist auch die Wissensvermittlung in den Themenbereichen „Elektromobilität“, „alternative Antriebe“ und „alternative Kraftstoffe“ im Lehrplan der Landesfeuerwehrschule in den verschiedenen Lehrgängen enthalten. Zusätzlich stellt die Landesfeuerwehrschule ent - sprechende Lernunterlagen für den Übungsdienst in den Gemeinden zur Verfügung. Die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes sind in Eigenschutzmaßnahmen bei der Durchführung rettungsdienstlicher Maßnahmen ebenfalls im Rahmen der Ausund Fortbildung ausgebildet. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3088 2. Welche erprobten Löschtechniken und -mittel stehen den Feuerwehren für die Löschung von Bränden an Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien zur Verfügung? Zu 2.: Nach derzeitigem Forschungs- und Erfahrungsstand können brennende Elektro - fahrzeuge mit dem Löschmittel Wasser erfolgreich gelöscht werden. Es ist unter Umständen mehr Löschwasser nötig, da das Löschmittel bei einem Brand der Antriebsbatterie und deren gegebenenfalls besonderen Anordnung im Fahrzeug nicht direkt aufgebracht werden kann. Auch ist im Sinne eventueller Rückzündungen auf eine ausreichende Löschmittelreserve zu achten. Bei anderen alternativen Antriebskonzepten und alternativen Kraftstoffen kann das Löschmittel Wasser ebenfalls erfolgreich verwendet werden. 3. Wie ist mit den Brandresten von in Brand geratenen und gelöschten Fahrzeugen mit neuer Antriebstechnologie zu verfahren? Zu 3.: Die Beseitigung von Brandresten und nicht mehr verkehrstauglichen Kraftfahrzeugen unterliegt der gesetzlichen Abfallbeseitigung beziehungsweise der Altfahrzeugverwertung . In diesem Zusammenhang wird auf die „Verordnung über die Überlassung, Rücknahme und umweltverträgliche Entsorgung von Altfahrzeugen (Altfahrzeugeverordnung )“ der Bundesregierung in Verbindung mit dem „Gesetz über das Inverkehrbringen , die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Batterien und Akkumulatoren (Batteriegesetz)“ in den jeweils gültigen Fassungen verwiesen . 4. Welche Gefahrstoffe sind beim Brand von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien zu erwarten und entsprechend zu behandeln? Zu 4.: Realbrandversuche mit Einzelkomponenten und Gesamtfahrzeugen haben gezeigt , dass beim Brand von Fahrzeugen mit Lithium-Ionen-Batterien Fluorwasserstoffgas entstehen kann, welches beim Kontakt mit Wasser Flusssäure bildet. Im Übrigen sind dieselben Gefahrstoffe wie bei jedem anderen Brand zu erwarten. 5. Welche Maßnahmen müssen von Rettungskräften bei der Bergung von Verletzten aus Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge sowohl zur Schadensbegrenzung bei zu rettenden Insassen als auch zum Selbstschutz ergriffen werden? Zu 5.: Die Einsatzmaßnahmen bei Beteiligung von Elektrofahrzeugen beziehungsweise Fahrzeugen mit alternativen Antrieben unterscheiden sich grundlegend nicht von denen bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen. Die bei einem Fahrzeugbrand notwendige persönliche Schutzausrüstung bietet den Einsatzkräften bei den freigesetzten Mengen und der anzuwendenden Einsatztaktik einen ausreichenden Schutz. Bis heute sind keine Unfälle bekannt, bei denen Rettungskräfte während der Rettung durch spezifische Gefahren der alternativen Antriebstechnik verletzt wurden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3088 4 6. Wie werden die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich der Besonderheiten bei der Löschung von Fahrzeugen bzw. der Rettung von Personen aus Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien wie z. B. Elektromobile und Brennstoffzellenfahrzeuge vermittelt und überprüft? Zu 6.: Bereits 2012 wurde in Zusammenarbeit mit der damaligen Akademie der Polizei Baden-Württemberg eine Lernanwendungs-CD „Notfallkonzeption Elektromobilität “ für Polizei und Feuerwehr erstellt. Ebenfalls im Jahre 2012 wurde im Rahmen der Brandschutzforschung der Bundesländer die Forschungsstelle für Brandschutztechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beauftragt, das Brandverhalten von Lithium-Ionen- und Lithium -Metall-Batterien in verschiedenen Anwendungen und Ableitungen zu untersuchen und einsatztaktische Empfehlungen zu geben. Diese Forschungen wurden weiter vertieft durch einen im Jahr 2016 erteilten Auftrag zur Erforschung der Brandbekämpfung von Lithium-Ionen- und Lithium-Metall-Batterien. Beide Forschungsberichte hierzu sind auf der Internetpräsenz des KIT verfügbar und liegen den Feuerwehren vor. Durch die enge Verzahnung der Akademie für Gefahrenabwehr an der Landesfeuerwehrschule mit der Forschungsstelle für Brandschutztechnik am Karlsruher Ins - titut für Technologie (KIT), anderen Forschungseinrichtungen und der Unfallforschung ist der Wissenstransfer von der Forschung in die praktische Ausbildung von Fach- und Führungskräften gewährleistet. Die Landesfeuerwehrschule arbeitet zudem im Arbeitskreis „Retten“ vom Verband der Automobilindustrie und Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller mit, wodurch ein bidirektionaler Informationsfluss gewährleistet ist. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden stetig von der Landesfeuerwehrschule geprüft, gegebenenfalls in die Ausbildung auf den verschiedenen Führungsstufen integriert und über die Ausbilder (Multiplikatoren) sowie die elektronischen Medien allen Feuerwehren zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus haben bereits im Jahr 2017 über 160 Führungskräfte der Feuerwehren an entsprechenden Seminaren der Akademie für Gefahrenabwehr an der Landesfeuerwehrschule zum Thema teilgenommen. Weitere inhaltsgleiche Seminare sind für 2018 geplant. Auch wurde inzwischen durch Fachleute auf Bundesebene ein Merkblatt der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) erarbeitet und publiziert , das Hinweise zu „Unfallhilfe und Bergen bei Fahrzeugen mit Hochvolt-Sys - temen“ gibt. Diese Erkenntnisse fließen in die Aus- und Fortbildung bei den Feuerwehren ein. 7. Wie viele Feuerwehrleute und Rettungskräfte in Baden-Württemberg verfügen bereits über eine entsprechende Ausbildung, um Fahrzeuge mit neuer Antriebstechnologie zu löschen bzw. Insassen aus solchen Fahrzeugen sachgerecht zu bergen? Zu 7.: Es kann davon ausgegangen werden, dass alle Feuerwehren in Baden-Württemberg in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben auch bei brennenden oder verunfallten Fahrzeugen mit alternativem Antrieb sachgerecht zu bewältigen. 8. Welche Kosten entstehen durch die Weiterqualifizierung der Feuerwehrleute und Rettungskräfte? 9. Wer kommt für die Kosten der Weiterqualifizierung der Feuerwehrleute und Rettungskräfte auf? Zu 8. und 9.: Die Aus- und Fortbildung findet im Rahmen der bestehenden Standardlehrgänge der Einrichtungen und Organisationen der Gefahrenabwehr statt. Gesonderte 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3088 Lehrgänge werden grundsätzlich nicht angeboten. Daher kann auch keine gesonderte Kostenübersicht erstellt werden. Die Teilnahme an den Seminaren der Akademie für Gefahrenabwehr an der Landesfeuerwehrschule (siehe Antwort zu Frage 6) ist für Feuerwehrangehörige von Stellen innerhalb des Landes Baden-Württemberg kostenfrei. Die Kosten in Höhe von rund 20.000 Euro für das Jahr 2017 trägt das Land. In Vertretung Würtenberger Ministerialdirektor