Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3099 30. 11. 2017 1Eingegangen: 30. 11. 2017 / Ausgegeben: 19. 01. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Fahrgastzahlen liegen der Ausschreibung der Netze 3 a und 3 b auf der Murrbahn zugrunde, differenziert nach Haupt- und Nebenverkehrszeiten? 2. Verfügt der Typ „Talent 2“ von Bombardier in Doppeltraktion über genügend Beförderungskapazitäten und Sitzplätze für die Fahrgäste auf der Murr- Strecke, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten? 3. Könnte der Typ „Talent 2“ in den Netzen 3 a und 3 b auch in Dreifachtraktion verkehren? 4. Welche Bahnhöfe auf der Murr-Strecke genügen den Anforderungen für eine Dreifachtraktion des „Talent 2“-Zuges? 5. Unter welchen Bedingungen kann das Land Baden-Württemberg den Einsatz einer Dreifachtraktion von „Talent 2“-Zügen auf der Murr-Strecke verlangen? 6. Ist die Verpachtung der Züge durch die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden -Württemberg (SFBW) betreiber- bzw. netzgebunden? 7. Nach wie vielen Jahren Pacht werden die Kredite für die „Talent 2“-Züge getilgt sein? 8. Wie lange laufen bei welcher Kündigungsfrist die Pachtverträge für die „Talent 2“-Züge? 9. Welche Baureihen hat die SFBW noch gepachtet, die in den Netzen 3 a und 3 b eingesetzt werden könnten? 30. 11. 2017 Gruber SPD Kleine Anfrage des Abg. Gernot Gruber SPD und Antwort des Ministeriums für Verkehr Bedarfsgerechter Einsatz verpachteter Zugtypen auf der Murr-Bahn Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3099 2 B e g r ü n d u n g Die Vergabe der Netze 3 a und 3 b umfasst laut Ausschreibung 1,3 Millionen Zugkilometer . Für die Pendler auf der Murr-Strecke wird es tagsüber einen halbstündigen Verkehrstakt zwischen Stuttgart und Backnang, Oppenweiler, Sulzbach und Murrhardt geben. Beide Angaben gewähren allerdings noch keine bedarfsgerechte Personenbeförderung. Denn ohne ausreichend Sitzplätze verfehlt der Schienenpersonennahverkehr seinen Zweck. Mit anderen Worten: In der Hauptverkehrszeit wird das Zugangebot nicht ausgeweitet und das Sitzplatzangebot unter Umständen sogar verknappt. Dass letzteres auf die Murr-Bahn-Pendler zukommen könnte, geht hervor aus deren Rückmeldungen auf den ersten Einsatz der Talentzüge in den Netzen 3 a und 3 b seit Anfang November. Nahezu sämtliche Zugreisende beklagen eine Überfüllung in Doppeltraktion der auf der Murr-Bahn verkehrenden „Talent 2“-Züge, insbesondere zu Hauptverkehrszeiten. Daher stellt sich die Frage, ob die „Talent 2“-Züge zumindest zu Hauptverkehrszeiten in Dreifachtraktion fahren könnten und welche Handlungsmöglichkeiten das Land zugunsten der Pendler hat, damit jederzeit ausreichend Sitzplätze vorhanden sind. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. Dezember 2017 Nr. 3-3822.0-00/1907 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Fahrgastzahlen liegen der Ausschreibung der Netze 3 a und 3 b auf der Murrbahn zugrunde, differenziert nach Haupt- und Nebenverkehrszeiten? In beiden Ausschreibungsverfahren wurden für jeden Zug Mindestsitzplatzkapazitäten differenziert nach 1. und 2. Klasse, Streckenabschnitt und Verkehrstag vorgegeben. Grundlage waren die von der DB Regio AG zur Verfügung gestellten Fahrgastzahlen aus dem Reisenden-Erfassungs-System (RES) mehrerer Zählperioden . Eine Zunahme der Fahrgäste wurde angenommen. Gefordert waren montags bis freitags im Netz 3 a (v. a. RE Stuttgart–Nürnberg) im Abschnitt Stuttgart–Crailsheim je nach Fahrlage zwischen 155 und 420 Sitzplätze (420 bei den Zügen Stuttgart Hbf ab 16.53 Uhr und Stuttgart Hbf an 8.03 Uhr). Go- Ahead hat aufgrund des gewählten Fahrzeugkonzepts jeden Zug mit mindestens 210 Sitzplätzen angeboten. Im Netz 3 b (v. a. Züge bis Gaildorf West oder Schwäbisch Hall-Hessental) waren je nach Fahrlage entweder mindestens 215 oder mindestens 430 Sitzplätze gefordert (letzteres Stuttgart Hbf ab 16.23 Uhr und 17.23 Uhr bzw. Stuttgart Hbf an 7.03 Uhr, 7.33 Uhr und 8.33 Uhr). Dies wurde von DB Regio auch so angeboten. 2. Verfügt der Typ „Talent 2“ von Bombardier in Doppeltraktion über genügend Beförderungskapazitäten und Sitzplätze für die Fahrgäste auf der Murr- Strecke, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten? Die am stärksten besetzten Züge der Murrbahn wiesen 2016 und im 1. Halbjahr 2017 nach den von der DB erhobenen Fahrgastzahlen für Schultage in den am stärksten besetzten Abschnitten Besetzungen zwischen 300 und 350 Fahrgästen auf. Grundsätzlich sollten die angebotenen Kapazitäten in den Hauptverkehrszeiten also auch dann ausreichen, wenn ein spürbarer positiver Nachfrageeffekt durch die Neufahrzeuge berücksichtigt wird. Allerdings wurde im Zuge der Ausschreibung das Fahrplanangebot ab Dezember 2017 auch im morgendlichen Zulauf auf Stuttgart Hbf neu strukturiert: Es gibt ab 6 Uhr (Ankunft in Stuttgart Hbf) einen Halbstundentakt. Bisher gab es zwischen 7 und 9 Uhr zwar einen Zug mehr, 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3099 dafür aber längere Lücken zwischen 6.17 Uhr und 7.02 Uhr sowie von 8.18 Uhr bis 9.18 Uhr. Wie sich die Nachfrageströme hier neu verteilen werden, lässt sich noch nicht beurteilen. Auch mögliche Verschiebungen von der S-Bahn zum Regionalverkehr im Abschnitt von/bis Backnang können noch nicht abgeschätzt werden. Generell muss allerdings auf die landesweiten Vorgaben bei der Ka - pazitätsbemessung verwiesen werden. Diese schließen – wie im ÖPNV generell üblich – in der Hauptverkehrszeit auch die Inkaufnahme von Stehplätzen auf Strecken bis zu zehn Minuten Fahrzeit ein. Überbesetzungen sind dem Verkehrsministerium zumindest in den ersten eineinhalb Wochen nach der Inbetriebnahme des Netzes 3 b nicht bekannt geworden. 3. Könnte der Typ „Talent 2“ in den Netzen 3a und 3b auch in Dreifachtraktion verkehren? Die Fahrzeuge des Typs Talent 2 des Herstellers Bombardier verkehren nur im Netz 3 b (betrieben durch DB Regio). Die Betriebsaufnahme erfolgte am 10. Dezember 2017. Im Netz 3 a werden ab Dezember 2019 Fahrzeuge des Typs Flirt 3XL des Herstellers Stadler verkehren (betrieben durch Go-Ahead). Die Talent 2-Züge im Netz 3 b können aus technischen Gründen maximal in Doppeltraktion verkehren. Die Flirt 3XL-Züge im Netz 3 a können technisch in Dreifachtraktion verkehren. 4. Welche Bahnhöfe auf der Murr-Strecke genügen den Anforderungen für eine Dreifachtraktion des „Talent 2“-Zuges? 5. Unter welchen Bedingungen kann das Land Baden-Württemberg den Einsatz einer Dreifachtraktion von „Talent 2“-Zügen auf der Murr-Strecke verlangen? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet wie folgt: Eine Dreifachtraktion mit Talent 2 wäre knapp 220 m lang. Die Stationen von Oppenweiler bis Gaildorf West (jeweils einschließlich) sowie die Station Eckartshausen -Ilshofen weisen allesamt nur Bahnsteiglängen von ca. 160 m bis 190 m auf, ein Bahnsteig in Fichtenberg ist sogar nur 140 m lang. Alle in den letzten Jahren auf die Zielhöhe von 76 cm ausgebauten Bahnsteige in diesem Abschnitt sind nur ca. 165 m lang und somit für Dreifachtraktionen nicht geeignet. 6. Ist die Verpachtung der Züge durch die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden -Württemberg (SFBW) betreiber- bzw. netzgebunden? Die Verpachtung der Züge ist netzgebunden. 7. Nach wie vielen Jahren Pacht werden die Kredite für die „Talent 2“-Züge getilgt sein? Die Kredite für das Netz 3 a werden nach 24 Jahren und 6 Monaten getilgt sein, diejenigen für das Netz 3 b nach rund 25 Jahren. 8. Wie lange laufen bei welcher Kündigungsfrist die Pachtverträge für die „Talent 2“-Züge? Die Pachtverträge werden für die Laufzeit des zugehörigen Verkehrsvertrages geschlossen und sind ordentlich nicht kündbar. Im Netz 3 a beträgt die Laufzeit des ersten Verkehrsvertrages und entsprechend des Pachtvertrages 13 Jahre und im Netz 3 b 8 Jahre (erste Verkehrsperiode). Nach Ablauf dieses Zeitraums werden die Verkehrsverträge und entsprechend die Pachtverträge erneut vergeben (zweite Verkehrsperiode). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3099 4 9. Welche Baureihen hat die SFBW noch gepachtet, die in den Netzen 3 a und 3 b eingesetzt werden könnten? Grundsätzlich sind alle Eisenbahnfahrzeuge, die die SFBW bestellt hat, einsetzbar . Die Fahrzeuge werden aber in der bestellten Anzahl im jeweiligen Netz benötigt. Ein Kuppeln unterschiedlicher Fahrzeuge im Fahrgastbetrieb ist aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich. Auch Fahrzeuge eines Herstellers (Bsp. Bombardier im Netz 3 b und Netz 1, Los 1) sind aufgrund eines unterschiedlichen Normenstandes nicht untereinander im Fahrgastbetrieb kuppelbar. Hermann Minister für Verkehr