Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3116 06. 12. 2017 1Eingegangen: 06. 12. 2017 / Ausgegeben: 02. 02. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Geschäftsaufgaben von Gastwirtschaften gab es im Jahr 2016 in Baden -Württemberg? 2. Welche Hauptgründe werden bei der Geschäftsaufgabe angegeben? 3. Wie viele Neugründungen von Gastwirtschaften gab es im Jahr 2016 in Baden -Württemberg? 4. Ist ein Rückgang im Gastgewerbe insbesondere in ländlichen Gebieten feststellbar ? 5. Welche Konzepte gibt es zur Bekämpfung eines „Gaststättensterbens“ im ländlichen Raum? 6. Wenn ja, hat das Konzept messbare Erfolge erzielt bzw. wird dieses beansprucht ? 7. Gibt es Förderungen für die Betriebsübernahme oder Betriebsnachfolge von Gastwirtschaften? 8. Wie viele Gastgewerbebetriebe gibt es in Baden-Württemberg im ländlichen und im urbanen Raum? 9. Wie entwickelt sich das Angebot deutscher und regionaler Küche in Relation zur Gesamtzahl der bestehenden und neugegründeten Gastwirtschaften? 10. Wie hoch ist der Anteil von Schnellrestaurants oder Imbissen an der Gesamtzahl der Gastgewerbebetriebe in Baden-Württemberg? 06. 12. 2017 Dr. Baum AfD Kleine Anfrage der Abg. Dr. Christina Baum AfD und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Geschäftsaufgaben von Gastwirtschaften Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3116 2 B e g r ü n d u n g Insbesondere im ländlichen Raum geht das Angebot im Gastgewerbe merklich zurück. Besonders traditionsreiche Gasthäuser knicken unter bürokratischen Hürden ein oder finden keinen Nachfolge für ihr Unternehmen. Für die Zukunft könnte dieser Trend insbesondere im ländlichen Raum einen erheblichen Verlust der regionalen Identität und Attraktivität für den Tourismus bedeuten. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 19. Januar 2018 Nr. 4-4230.84/14 beantwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Geschäftsaufgaben von Gastwirtschaften gab es im Jahr 2016 in Baden -Württemberg? Zu 1.: Laut Statistischem Landesamt gab es im Jahr 2016 in Baden-Württemberg im Wirtschaftszweig Gastronomie insgesamt 6.189 Gewerbeabmeldungen. Diese teilen sich wie folgt auf: • 4.253 Aufgaben – 4.239 vollständige Aufgaben – 14 Umwandlungen • 105 Fortzüge • 1.831 Übergaben – 1.552 Erbfolge/Verkauf/Verpachtung – 131 Rechtsformwechsel – 148 Gesellschafteraustritte 2. Welche Hauptgründe werden bei der Geschäftsaufgabe angegeben? Zu 2.: Die Gründe für Geschäftsaufgaben werden statistisch nicht erhoben. Die Mehrzahl der Betriebsaufgaben erfolgt laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) aus wirtschaftlichen Gründen. Im Rahmen der von DEHOGA halbjährlich durchgeführten Konjunkturumfragen, zuletzt für das Sommerhalbjahr April bis September 2017, werden folgende fünf Problemfelder der Gastronomie (bei 341 Teilnehmern) am häufigsten genannt: • Personalgewinnung (65 Prozent) • Arbeitszeitdokumentation (60,7 Prozent) • Allgemeine Betriebskosten (45,5 Prozent) • Personalkosten (43,6 Prozent) • Tägliche Höchstarbeitszeit (41,3 Prozent) _____________________________________ *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3116 3. Wie viele Neugründungen von Gastwirtschaften gab es im Jahr 2016 in Baden- Württemberg? Zu 3.: Im Jahr 2016 gab es in Baden-Württemberg nach Zahlen des Statistischen Landesamts im Wirtschaftszweig Gastronomie insgesamt 3.281 Neugründungen. 4. Ist ein Rückgang im Gastgewerbe insbesondere in ländlichen Gebieten feststellbar ? Zu 4.: Aus der amtlichen Umsatzsteuerstatistik fürs Gastgewerbe des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg folgt, dass sich die Zahl der steuerpflichtigen Gas - tronomiebetriebe in den letzten fünf Jahren von landesweit 24.237 Betrieben in 2011 auf 24.052 Betriebe in 2015 (neueste verfügbare Zahlen) um 0,8 Prozent reduziert hat. Eine Unterscheidung nach ländlichen und urbanen Räumen ist anhand der amtlichen Umsatzsteuerstatistik nicht möglich. Nach Einschätzung des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) gibt es häufigen Wechsel tendenziell eher in den Ober- und Mittelzentren sowie in den Großstädten. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass ein Wegfall eines gastronomischen Betriebes in kleinen Orten aufgrund der dort nur insgesamt eher geringeren Anzahl sicher stärker wahrgenommen wird. 5. Welche Konzepte gibt es zur Bekämpfung eines „Gaststättensterbens“ im ländlichen Raum? 6. Wenn ja, hat das Konzept messbare Erfolge erzielt bzw. wird dieses beansprucht ? Zu 5. und 6.: Die Fragen 5. und 6. werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Durch das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) unterstützt das Land seit dem Jahr 1995 die integrierte Strukturentwicklung ländlich geprägter Orte. Vereinsräume, Bürgerhäuser sowie auch Dorfgaststätten sind als Treffpunkt für Begegnung und Kommunikation wichtig für ein funktionierendes Gemeinwesen. Ziel der Landesregierung ist es, die dezentrale Struktur Baden-Württembergs zu erhalten und auch in kleineren Orten des ländlichen Raums eine wohnortnahe Versorgung mit den wichtigsten Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten. Im Bereich Grundversorgung werden im Rahmen des ELR insbesondere privatgewerbliche Maßnahmen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit und Lebensqualität ländlicher Gemeinden, wie zum Beispiel Dorfgasthäuser, unterstützt. Grundversorgungseinrichtungen können mit bis zu 20 Prozent der förderfähigen Investitionskosten unterstützt werden. Mit dem ELR können auch genossenschaftlich oder ehrenamtlich betriebene Projekte der Grund- und Nahversorgung bei Investitionen unterstützt werden. Außerdem besteht eine weitere Fördermöglichkeit im Rahmen des EU-Programms LEADER (2014 bis 2020). In LEADER können Einrichtung und Modernisierung von Dorfgaststätten grundsätzlich als privat-gewerbliche Vorhaben gefördert werden. DEHOGA weist darauf hin, dass die Herausforderungen, denen sich die Betriebe stellen müssen, um erfolgreich existieren zu können, sehr unterschiedlich sind und auch von verschiedenen Faktoren vor Ort abhängen. Die konzeptionelle Ausrichtung des Betriebes muss letztlich das jeweilige Unternehmen treffen, sodass es keine typischerweise gängigen Konzepte für spezifische Regionen gibt. Allerdings gibt es verschiedene , vom Land Baden-Württemberg geförderte Dienstleis tungsangebote, mit denen sich Unternehmer für die anstehenden Herausforderungen rüsten können. Zum Beispiel hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz vor mehr als 20 Jahren gemeinsam mit DEHOGA Baden-Württemberg und der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3116 4 landeseigenen MBW Marketinggesellschaft mbH das Projekt der „Schmeck den Süden“-Gastronomen ins Leben gerufen. Im Mittelpunkt steht der „regionale Genuss “ unter Verwendung von Zutaten aus der Region. Das Konzept bietet Gastronomen eine Möglichkeit zur Schärfung ihres Unternehmensprofils sowie ein belastbares und qualitätsgesichertes Alleinstellungsmerkmal zur Stärkung bzw. Entwicklung ihrer Marktposition. Nach der Studie „Destination Brand 16“ des Beratungsinstituts Inspektour halten 71 Prozent aller Deutschen, die Baden-Württemberg bereits besucht haben, das Land beim Thema Kulinarik für eine geeignete Tourismusdestination. Grund hierfür ist nicht nur die bundesweit höchste Dichte an Gastronomie-Sternen, sondern auch das gastronomische Angebot in der Breite, wie zum Beispiel die Gastwirtschaften im ländlichen Raum, die für qualitätsvolle, zunehmend regional verstandene Küche stehen. 7. Gibt es Förderungen für die Betriebsübernahme oder Betriebsnachfolge von Gastwirtschaften? Zu 7.: Nachfolgerinnen und Nachfolgern im Gastgewerbe stehen die gleichen, unten aufgeführten Förderungen und Instrumente zur Verfügung wie Existenzgründerinnen und -gründern aus anderen Bereichen. Träger dieser Angebote ist unter anderem der DEHOGA, die Industrie- und Handelskammern und weitere Initiativen. • Mit den branchen- und landesweiten Beratungsgutscheinen können Gründerinnen und Gründer im Gastgewerbe eine kostengünstige Gründungsberatung durch eine Expertin oder einen Experten in Anspruch nehmen. Die Gründungsberatung durch Beratungsgutscheine wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes Baden-Württemberg finanziert. • Eine besondere Form der Existenzgründung ist die Unternehmensnachfolge. Die baden-württembergischen Nachfolge-Moderatoren, von denen einer bei dem DEHOGA tätig ist, sprechen Inhaberinnen und Inhaber von sowie poten - zielle Nachfolgerinnen und Nachfolger aktiv an und moderieren den Nachfolgeprozess . Dabei arbeiten sie mit unterschiedlichen Fachberaterinnen und -beratern zusammen. Die Projektförderung erfolgt aus Mitteln des ESF sowie des Landes Baden-Württemberg. • Das Land Baden-Württemberg stellt über die L-Bank, die Bürgschaftsbank sowie die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) zudem zahlreiche zielgruppenspezifische Finanzierungsmöglichkeiten bereit. Diese sind insbesondere: – zinsvergünstigte Darlehen, – Bürgschaften, – stille Beteiligungen und – offene Beteiligungen. 8. Wie viele Gastgewerbebetriebe gibt es in Baden-Württemberg im ländlichen und im urbanen Raum? Zu 8.: Nach der amtlichen Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Landesamts gab es im Jahr 2015 in Baden-Württemberg 24.052 Gastronomiebetriebe. Eine Unterscheidung nach ländlichen und urbanen Räumen ist anhand der amtlichen Umsatzsteuerstatistik nicht möglich. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3116 9. Wie entwickelt sich das Angebot deutscher und regionaler Küche in Relation zur Gesamtzahl der bestehenden und neugegründeten Gastwirtschaften? Zu 9.: Hierzu ist aufgrund der erfassten Daten keine detaillierte Aussage möglich, da das Speisenangebot bei der Betriebsgründung nicht erfragt wird. Generell wäre auch zunächst eine Definition notwendig, was unter „deutscher“ Küche zu verstehen ist. Gerade in Baden-Württemberg gibt es geschichtlich bedingt von jeher viele Einflüsse aus unterschiedlichen Regionen auf regionale Produkte und Rezepte. 10. Wie hoch ist der Anteil von Schnellrestaurants oder Imbissen an der Gesamtzahl der Gastgewerbebetriebe in Baden-Württemberg? Zu 10.: Laut Unternehmensregister des Statistischen Landesamts gab es im Jahr 2015 in Baden-Württemberg 721 „Restaurants mit Selbstbedienung“ und 4.867 „Imbissstuben u. Ä.“ Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau