Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 316 19. 07. 2016 1Eingegangen: 19. 07. 2016 / Ausgegeben: 23. 08. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wann ist – nach der nicht mehr aktuellen Prognose vom Herbst 2015 – mit einer aktuellen Prognose der Flüchtlingszahlen für die o. g. Landkreise und Kommunen zu rechnen? 2. Wie viele Flüchtlinge müssen die o. g. Landkreise nach ihrer Einschätzung in den Jahren 2016 und 2017 aufnehmen? 3. Welches Volumen an Flüchtlingsunterkünften haben die o. g. Landkreise für die Jahre 2016 und 2017 vorzuhalten? 4. Wer übernimmt die Kosten für etwaige Überkapazitäten, falls sich die aktuelle Prognose nicht bestätigt? 5. In welchem Volumen müssen die Kommunen in den o. g. Landkreisen Kindergartenplätze für Flüchtlingskinder für die Jahre 2016 und 2017 vorhalten? 6. Wer finanziert die zusätzlichen Kindergartenplätze für Flüchtlingskinder, die die Kommunen in den o. g. Landkreisen zu schaffen haben? 19. 07. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Prognose der Flüchtlingszahlen für die Kommunen in den Landkreisen Main-Tauber, Hohenlohe und Schwäbisch Hall Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 316 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 12. August 2016 Nr. 2-0141.5/16/0316 beantwortet das Minis - terium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wann ist – nach der nicht mehr aktuellen Prognose vom Herbst 2015 – mit einer aktuellen Prognose der Flüchtlingszahlen für die o. g. Landkreise und Kommunen zu rechnen? 2. Wie viele Flüchtlinge müssen die o. g. Landkreise nach ihrer Einschätzung in den Jahren 2016 und 2017 aufnehmen? 3. Welches Volumen an Flüchtlingsunterkünften haben die o. g. Landkreise für die Jahre 2016 und 2017 vorzuhalten? Zu 1. bis 3.: Dem Land sind Prognosen hinsichtlich der Flüchtlingszahlen für die Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen mangels entsprechender Prognosen des Bundes derzeit nicht möglich. Die Aufnahmequote des Main-Tauber-Kreises zur vorläufigen Unterbringung beträgt zum Stichtag 4. Juli 2016 1,26 % der Gesamtzahl der in Baden-Württemberg aus den Aufnahmeeinrichtungen zu verteilenden Personen. Die Quote des Hohenlohe -Kreises beträgt zum genannten Stichtag 1,21 % und die Aufnahmequote des Landkreises Schwäbisch Hall 2,11 %. Die genannten Quoten unterliegen einer monatlichen Anpassung. Aktuell sind im Main-Tauber-Kreis 26 Gemeinschaftsunterkünfte (GUs) in Betrieb und sieben GUs in Vorhaltung, also in der Summe 33 GUs. Die Gesamtzahl der vorhandenen Plätze liegt bei einer bis 31. Dezember 2017 zugrunde zu legenden Wohn- und Schlaffläche von 4,5 m2 derzeit bei 1.885 Plätzen (1.600 Plätze in 26 GUs in Betrieb und 285 Plätze in sieben GUs in Vorhaltung). Die Belegung der GUs im Main-Tauber-Kreis liegt zum Stichtag 30. Juni 2016 bei 1.285 Personen . Es stehen somit zurzeit bis zu 600 freie Kapazitäten im Main-Tauber-Kreis zur Verfügung. Zudem wurden weitere Objekte im Landkreis für eine Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft vorgesehen. Hier liegen teilweise bereits Planungen für eine Umnutzung vor. Aktuell unterhält der Landkreis Hohenlohe 41 GUs mit einer Gesamtkapazität von 1.660 Plätzen. Weitere drei GUs mit einer Gesamtkapazität von 90 Plätzen befinden sich derzeit im Umbau und sollen alsbald belegt werden. Die Gesamt - kapazität des Landkreises beträgt daher 1.750 Plätze, wovon aktuell 1.323 Plätze belegt sind. Im Landkreis ist als vorläufiges „Standby-Objekt“ eine kommunale Sporthalle mit 68 Plätzen vorhanden, die jedoch im Laufe des Jahres instand - gesetzt und anschließend für den Sportbetrieb freigegeben wird. Wird diese Halle nicht eingerechnet, verfügt der Landkreis derzeit über 427 freie Plätze, von denen aufgrund baurechtlicher Bestimmungen und der Auflösung von Unterkünften bis Jahresende 143 Plätze abgebaut werden müssen. Für den Fall, dass die Zugangszahlen wieder stark ansteigen sollten, müssten neue Unterkünfte akquiriert werden. Die Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung im Landkreis Schwäbisch Hall haben eine Gesamtkapazität von aktuell 2.194 Plätzen. Derzeit sind 1.901 Plätze belegt, hiervon 56 Plätze mit Kontingentflüchtlingen. Der Landkreis hat aktuell 293 freie Plätze in den Unterbringungseinrichtungen zur Verfügung. Zudem hält der Landkreis Notunterbringungskapazitäten von 560 Plätzen vor, die im Falle wieder ansteigender Flüchtlingszahlen belegt werden können. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 316 4. Wer übernimmt die Kosten für etwaige Überkapazitäten, falls sich die aktuelle Prognose nicht bestätigt? Zu 4.: Entsprechend der zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden getroffenen Vereinbarung über die nachlaufende Neufestsetzung der Pauschalen für die Jahre 2015 und 2016 können alle Aufwendungen für die vorläufige Unterbringung , soweit diese nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) unter Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit notwendig sind, im Rahmen der Pauschalenrevision für das Jahr 2016 geltend gemacht werden. Dies umfasst auch Kosten für nicht mehr benötigte Unterbringungskapazitäten, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung der Ausbau erforderlich und die gewählte Form der Unterbringung wirtschaftlich erscheint. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme wird selbstverständlich zu berücksichtigen sein, dass die Stadt- und Landkreise ihre Unterbringungskapazitäten vorausschauend auf der Grundlage einer Prognose des voraussichtlichen Bedarfs treffen müssen, der am Ende vom tatsächlichen Bedarf abweichen kann. War der Rückgang der Zuweisungszahlen kurzfristig und nicht planbar, lägen die Voraussetzungen für ein Geltendmachen bei der Pauschalenrevision für das Jahr 2016 vor. Es wird davon ausgegangen, dass die Vergaberegeln eingehalten wurden und dadurch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Rechnung getragen ist und dass – falls kein weiterer Bedarf mehr besteht – die überschüssigen Unterbringungskapazitäten so bald wie möglich abgebaut werden. Die abschließende Feststellung der Erstattungsfähigkeit der konkreten Ausgaben ist im Rahmen der Pauschalenrevision durch das zuständige Regierungspräsidium nach eingehender Prüfung zu treffen. 5. In welchem Volumen müssen die Kommune in den o. g. Landkreisen Kindergartenplätze für Flüchtlingskinder für die Jahre 2016 und 2017 vorhalten? Zu 5.: Dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport ist die Anzahl der Flüchtlings - kinder und damit auch die Zahl der vorzuhaltenden Kindergartenplätze in den Kommunen der o. g. Landkreise nicht bekannt. Die Rechtslage zum Anspruch der Flüchtlingskinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Schuleintritt auf Förderung in einer Tageseinrichtung gestaltet sich wie folgt: Nach § 6 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) können Ausländer Leistungen nach diesem Buch nur beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhn - lichen Aufenthalt im Inland haben. Diese Voraussetzungen erfüllen Asylbewerber , die nicht mehr in der Landeserstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind und einem Stadt- oder Landkreis zur vorläufigen Unterbringung zugewiesen worden sind oder einer kreisangehörigen Gemeinde vor Abschluss des Asylverfahrens zugewiesen wurden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 316 4 6. Wer finanziert die zusätzlichen Kindergartenplätze für Flüchtlingskinder, die die Kommunen in den o. g. Landkreisen zu schaffen haben? Zu 6.: Für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen sind die Gemeinden zuständig . Die Gemeinden erhalten zum Ausgleich der Kindergartenlasten pauschale Zuweisungen nach § 29 b des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich (FAG) in Höhe von insgesamt 529 Mio. Euro pro Jahr. Die Zuweisungen werden auf die Gemeinden nach der Zahl der in ihrem Gebiet in Tageseinrichtungen betreuten Kinder, die das dritte aber noch nicht das siebte Lebensjahr vollendet haben, verteilt. Der Zuweisungsbetrag ist nach der wöchentlichen Betreuungszeit der Kinder gestaffelt. Der jährliche Kindergartenlastenausgleich von 529 Mio. Euro ist fixiert, sodass zusätzlich betreute Flüchtlingskinder nicht zu einer Erhöhung dieses Betrags führen. In Vertretung Würtenberger Ministerialdirektor