Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3177 19. 12. 2017 1Eingegangen: 19. 12. 2017 / Ausgegeben: 14. 02. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie haben sich Verspätungen und Zugausfälle nach Inkrafttreten der Übergangsverträge am 1. Oktober 2016 auf der Neckartalbahn zwischen Stuttgart und Tübingen entwickelt? 2. Gab es seit Inkrafttreten der Übergangsverträge Veränderungen bei den Zugumläufen oder beim Einsatz des Wagenmaterials und wenn ja, wie haben sich diese Veränderungen auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ausgewirkt? 3. Welche Maßnahmen wurden u. a. mithilfe des Sonderbeauftragten des Verkehrsministeriums für Qualität im regionalen Schienenverkehr ergriffen, um auf dem Streckenabschnitt zwischen Stuttgart und Tübingen eine höhere Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit im Zugverkehr zu erreichen? 4. Wie wird erfasst, welche Leistungen die DB Regio AG bis zur Übergabe der Strecke an den neuen Dienstleister Abellio Rail Südwest GmbH tatsächlich erbringt ? 5. Welche Probleme gibt es aktuell bei der Servicequalität auf dieser Strecke? 6. In welcher Höhe wurden aufgrund von Verspätungen und Zugausfällen zwischenzeitlich Pönalen ausgelöst, die die DB Regio AG an das Land zu entrichten hat? 7. Wie erklären sich Verspätungen der IRE- und RE-Züge auf dieser Strecke, die in der Folge ab Tübingen dann automatisch auch Verspätungen auf der Hohenzollerischen Landesbahn nach sich ziehen? 8. Welche Lösungen hält sie für Fahrgäste und Pendler im Berufsverkehr bereit, die die Fahrt morgens ab Metzingen Richtung Stuttgart bzw. abends ab Stuttgart Richtung Tübingen regelmäßig fast bis zum Zielbahnhof stehend verbringen müssen? Kleine Anfrage des Abg. Ramazan Selcuk SPD und Antwort des Ministeriums für Verkehr Verspätungen und Zugausfälle auf der Neckartalbahn Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3177 2 9. Stehen das hohe Fahrgastaufkommen und die Verspätungen auf der Strecke zwischen Stuttgart und Tübingen in Zusammenhang mit den Bauarbeiten der Deutschen Bahn, die noch bis zum 8. Juni 2018 den Ausfall der Regionalbahnen zwischen Plochingen und Nürtingen bedingen? 19. 12. 2017 Selcuk SPD B e g r ü n d u n g Zahlreiche Rückmeldungen von Fahrgästen und Pendlern aus der Region Reutlingen -Tübingen lassen den Schluss zu, dass es auf der Neckartalbahn zwischen Tübingen und Stuttgart seit geraumer Zeit wieder gehäuft zu Verspätungen, technischen Störungen und Zugausfällen kommt. Auch in punkto Servicequalität entspricht der aktuell wiederum erhöhte Fahrpreis bei Weitem nicht dem Niveau, das Bahnkunden im Regional- und Nahverkehr zu akzeptieren bereit sind. Die Unregelmäßigkeiten sind umso ärgerlicher, weil Störungen auf der Neckartalstrecke regelmäßig auch Verspätungen z. B. auf der Hohenzollerischen Landesbahn auslösen . Für Pendler aus dem Raum Tübingen stellen solche Unwägbarkeiten eine enorme Belastung dar, zumal die Ammertalbahn mit Anbindung in Herrenberg nach Kürzung der Umsteigezeiten der S-Bahn keine verlässliche Alternative darstellt . A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 Nr. 3-3822.5/1800 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich Verspätungen und Zugausfälle nach Inkrafttreten der Übergangsverträge am 1. Oktober 2016 auf der Neckartalbahn zwischen Stuttgart und Tübingen entwickelt? Die Entwicklung der Pünktlichkeit für das Jahr 2017 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Die Werte beziehen sich jeweils auf die Ankunft an den Mess - punkten. Als pünktlich wurden aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit in dieser Tabelle Ankünfte zur vorgesehenen Uhrzeit oder mit weniger als sechs Minuten Verspätung definiert (im Neigetechnik-Netz gilt ein strengerer vertraglicher Grenzwert). Die Messdaten für die Ankünfte der Regionalbahnen in Tübingen Hbf sind aufgrund von Datenbankproblemen bislang noch unvollständig; daher ist die RB-Linie Plochingen–Wendlingen–Tübingen nicht dargestellt. Für das vierte Quartal 2016 liegen Daten in vergleichbarer Differenzierung nicht vor bzw. wären nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu erstellen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3177 Die Zugausfälle 2017 zeigt die nachfolgende Tabelle: Das Pünktlichkeitsniveau, insbesondere auf der IRE-Linie, ist aus Sicht der Landesregierung nicht akzeptabel. Hauptursachen bei den Ausfällen waren Fahrzeugschäden (v. a. bei den RE des Loses 4) und externe Einflüsse. Personalbedingte Ausfälle kommen zwar vor, sind aber für weniger als 10 % der Ausfälle die Ursache. 2. Gab es seit Inkrafttreten der Übergangsverträge Veränderungen bei den Zugumläufen oder beim Einsatz des Wagenmaterials und wenn ja, wie haben sich diese Veränderungen auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ausgewirkt? Die meisten InterRegioExpress-Züge verkehren mit Neigetechnikfahrzeugen der Baureihe 612. Mit Inkrafttreten des Verkehrsvertrages für das Netz 5 am 10. Dezember 2016 sollten grundlegend modernisierte Züge eingesetzt werden. Wegen erheblicher Verzögerungen beim Umbau und bei der Genehmigung der Umbauten durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ist die Umstellung auf die umgebauten Züge bis heute nicht vollständig erfolgt. Die Zugumläufe der RegionalExpress -Züge auf der Neckartalbahn werden in der Regel mit lokbespannten Zügen RE-Züge (Los 4) IRE Neigetechnik (Netz 5) Messpunkt/e Stuttgart Hbf, Plochingen, Tübingen Hbf Stuttgart Hbf Tübingen Hbf/ nur Ankünfte aus Stuttgart Monat Jan 17 94,6 % 76,3 % 90,6 % Feb 17 96,3 % 87,7 % 93,9 % Mrz 17 93,7 % 84,3 % 92,6 % Apr 17 94,9 % 82,8 % 91,3 % Mai 17 92,8 % 56,6 % 83,3 % Jun 17 92,2 % 56,2 % 84,9 % Jul 17 94,2 % 82,0 % 95,5 % Aug 17 94,4 % 73,7 % 91,5 % Sep 17 89,7 % 69,9 % 88,4 % Okt 17 91,2 % 83,5 % 93,5 % Nov 17 89,8 % 64,6 % 89,9 % Dez 17 90,1 % 61,0 % 86,0 % RE-Züge (Los 4) IRE Neigetechnik (Netz 5) RB-Züge (Los 15) Jan 17 44 14 9 Feb 17 9 8 16 Mrz 17 24 5 5 Apr 17 19 8 13 Mai 17 59 10 31 Jun 17 89 18 26 Jul 17 35 7 8 Aug 17 15 26 9 Sep 17 36 5 14 Okt 17 30 5 12 Nov 17 40 2 21 Dez 17 21 12 20 2017 gesamt 421 120 184 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3177 4 aus Doppelstockwagen bedient. Die Regionalbahnen werden mit Fahrzeugen der Baureihe 650 (RegioShuttle) bedient. An dieser grundsätzlichen Fahrzeugausstattung der einzelnen Verkehre hat sich auch mit Inkrafttreten des Übergangsvertrages nichts verändert. Bei den RegionalBahn-Leistungen kommt es wegen Fahrzeugstörungen und daraus folgender Nichtverfügbarkeit häufiger zu Fahrten mit weniger Fahrzeugen als gefordert und damit zu nicht ausreichenden Kapazitäten. In der Folge kommt es häufig zu Überfüllungen und zurückgelassenen Fahrgästen, sowie aufgrund deutlich verlängerter Aufenthaltszeiten an den Stationen auch zu Verspätungen und Anschlussversäumnissen. Auch bei den RegionalExpress-Zügen kommt es wegen Fahrzeugstörungen bei den Wagen regelmäßig zum Einsatz verkürzter Garnituren. Außerdem wurden während der Laufzeit des Übergangsvertrages teilweise Umläufe anders gebildet als zuvor. Insbesondere zum Ende der Sommerferien 2017, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 sowie zum Januar 2018 fanden Anpassungen der Umlaufpläne statt, was mit Fahrzeugbedarf aus anderen Losen des Übergangsvertrags zusammenhängt . Eine direkte Auswirkung auf die Pünktlichkeit kann hier nicht festgestellt werden. 3. Welche Maßnahmen wurden u. a. mithilfe des Sonderbeauftragten des Verkehrsministeriums für Qualität im regionalen Schienenverkehr ergriffen, um auf dem Streckenabschnitt zwischen Stuttgart und Tübingen eine höhere Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit im Zugverkehr zu erreichen? Der Sonderbeauftragte für Qualität des Ministeriums für Verkehr war durch verschiedene Aktivitäten daran beteiligt, eine höhere Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit im gesamten Bereich des Übergangsvertrags zu erreichen. Für den Streckenabschnitt Stuttgart–Tübingen sei als Beispiel genannt, dass durch das Einwirken des Sonderbeauftragten ursprünglich vorgesehene Zugausfälle aufgrund von Baumaßnahmen in Stuttgart Hbf verhindert werden konnten. Verschiedene Änderungen in den Zugumläufen ermöglichen eine bessere Anbindung von Triebwagen und Doppelstockwagen an die Ulmer Werkstatt. Die IRE-Leistung 7.57 Uhr ab Tübingen Hbf nach Stuttgart verkehrt dauerhaft mit fünf Wagen. Bei starken Verspätungen werden in der Hauptverkehrszeit z. T. Zugläufe vorzeitig gewendet, um eine Übertragung der Verspätung auf die Gegenrichtung zu vermeiden. 4. Wie wird erfasst, welche Leistungen die DB Regio AG bis zur Übergabe der Strecke an den neuen Dienstleister Abellio Rail Südwest GmbH tatsächlich erbringt ? Im Rahmen der Berichtspflichten ist die DB Regio AG verpflichtet, über die Pünktlichkeit, Zugausfälle sowie Abweichungen von der vereinbarten Behängung zu berichten. Anhand dieser Unterlagen wird überprüft, mit welcher Qualität die Verkehrsleistungen erbracht werden. Des Weiteren werden die Rückmeldungen von Fahrgästen und Mitarbeitern genutzt, um die Situation fallweise mit dem Betreiber zu analysieren und die Plausibilität der Berichte des Verkehrsunternehmens zu überprüfen. 5. Welche Probleme gibt es aktuell bei der Servicequalität auf dieser Strecke? Auf der Strecke kommt es zu Verspätungen, Fahrten mit reduzierter Behängung und Zugausfällen, siehe Antwort zur Fragen 1 und 2. Bei den InterRegioExpress- Zügen kommen teilweise immer noch nicht modernisierte Fahrzeuge der Bau - reihe 612 zum Einsatz, obwohl seit Dezember 2016 nur noch umgebaute Fahrzeuge der Baureihe 612 verkehren sollen. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3177 6. In welcher Höhe wurden aufgrund von Verspätungen und Zugausfällen zwischenzeitlich Pönalen ausgelöst, die die DB Regio AG an das Land zu entrichten hat? Die Höhe der Pönalen wird im Rahmen der Erstellung der Jahresabschlussrechnung im Detail berechnet, ausgewiesen und dann geprüft. Die Schlussrechnung für das Jahr 2017 liegt noch nicht vor. 7. Wie erklären sich Verspätungen der IRE- und RE-Züge auf dieser Strecke, die in der Folge ab Tübingen dann automatisch auch Verspätungen auf der Hohenzollerischen Landesbahn nach sich ziehen? Die Verspätungen der Züge ergeben sich insbesondere aus Folgeverspätungen auf der dicht befahrenen Strecke zwischen Stuttgart und Plochingen, auf der es Wechselwirkungen mit den Zügen in Richtung Ulm, dem Fernverkehr sowie der S-Bahn gibt. Häufig ist eine pünktliche Abfahrt in Stuttgart Hbf nicht möglich, da hier der stark belastete Abschnitt zwischen Stuttgart Hbf und Stuttgart-Bad Cannstatt durchfahren werden muss. 8. Welche Lösungen hält sie für Fahrgäste und Pendler im Berufsverkehr bereit, die die Fahrt morgens ab Metzingen Richtung Stuttgart bzw. abends ab Stuttgart Richtung Tübingen regelmäßig fast bis zum Zielbahnhof stehend verbringen müssen? Sofern die Züge planmäßig entsprechend der Bestellung durch das Land verkehren , sind Stehplätze nur auf Kurzstrecken von 10 bis 15 Minuten während der Stoßzeiten erforderlich. Auf längeren Strecken werden allen Fahrgästen Sitzplätze angeboten. Überfüllte Züge lassen sich nur dann nicht vermeiden, wenn ein Wagen oder Triebwagen fehlt oder der vorausgehende Zug ausgefallen ist. Eine Verbesserung der Zuverlässigkeit des Zugangebots ist originäre Aufgabe des Eisenbahnverkehrsunternehmens . Die Landesregierung ist dennoch bemüht, sowohl den heutigen Fahrgästen als auch möglichen Umsteigerinnen und Umsteigern vom Pkw aufzuzeigen, in welchen Zügen noch freie Kapazitäten bestehen. Zusammen mit DB Regio wurden Tabellen entwickelt, aus denen auf einen Blick deutlich wird, in welchen Zügen im Zulauf auf Stuttgart Hbf in den Hauptverkehrszeiten üblicherweise (d. h. wenn die geplante Wagenanzahl auch verkehrt) noch freie Sitzplätze zur Verfügung stehen. Die Veröffentlichung ist noch im Januar geplant. 9. Stehen das hohe Fahrgastaufkommen und die Verspätungen auf der Strecke zwischen Stuttgart und Tübingen in Zusammenhang mit den Bauarbeiten der Deutschen Bahn, die noch bis zum 8. Juni 2018 den Ausfall der Regionalbahnen zwischen Plochingen und Nürtingen bedingen? Hier besteht kein Zusammenhang, da sich die fahrplanmäßigen Ausfälle der Regionalbahnen auf die Zeit zwischen den Hauptverkehrszeiten beschränken, in denen das Platzangebot der RE-Züge selbst bei verkürzten Zuggarnituren aus - reichend ist. Hermann Minister für Verkehr