Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3220 21. 12. 2017 1Eingegangen: 21. 12. 2017 / Ausgegeben: 19. 02. 2018 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie haben sich in den letzten zehn Jahren die Fahrgastzahlen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Landkreis Ludwigsburg entwickelt? 2. Mit welchem Nachfragepotenzial im SPNV im Landkreis Ludwigsburg rechnet sie in Zukunft? 3. Wie bewertet sie die aktuelle Qualität des SPNV im Landkreis Ludwigsburg hinsichtlich Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sauberkeit? 4. Welche Zahlen liegen ihr zu Verspätungen vor, die zum Beispiel auf technische Störungen, verspätete Zugbereitstellungen oder fehlendes Personal zu - rückzuführen sind? 5. Inwieweit beeinträchtigen die unter Frage 4 genannten Verspätungen die Anschlussmöglichkeiten im Rahmen des vernetzten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), zum Beispiel zu Bussen? 6. Wie haben sich die Pünktlichkeitswerte in den letzten zwölf Monaten entwickelt ? 7. Welche Gründe hat die Entwicklung der Pünktlichkeitswerte aus ihrer Sicht? 8. Hat sich die Qualität des SPNV im Landkreis Ludwigsburg seit der Entscheidung , den SPNV der Region zukünftig teilweise nicht mehr von der Deutschen Bahn durchführen zu lassen, verändert – gegebenenfalls wie? 9. Welche Möglichkeiten sieht sie, um die Pünktlichkeit im SPNV des Landkreises Ludwigsburg schnellstmöglich zu verbessern? Kleine Anfrage der Abg. Konrad Epple und Fabian Gramling CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr Zuverlässigkeit des Schienenpersonennahverkehrs im Landkreis Ludwigsburg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3220 2 10. Was hat sie unternommen, um die Pünktlichkeit im SPNV des Landkreises Ludwigsburg schnellstmöglich zu verbessern? 20. 12. 2017 Epple, Gramling CDU A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 5. Februar 2018 Nr. 3-3822.0-00/1921 beantwortet das Minis - terium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich in den letzten zehn Jahren die Fahrgastzahlen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Landkreis Ludwigsburg entwickelt? Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Fragestellung auf den Regionalverkehr der DB Regio und nicht auf die S-Bahn Stuttgart oder die Strohgäubahn bezieht. Die Entwicklung der Einsteigerzahlen für die Züge des Regionalverkehrs der DB Regio an den Stationen Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Besigheim , Walheim, Kirchheim (Neckar), Ellental, Sachsenheim, Sersheim und Vaihingen (Enz) zeigt die nachfolgende Tabelle (jeweils Werte für Mo. bis Fr. an Schultagen im ersten Halbjahr): Einsteigerzahlen im Regionalverkehr der DB Regio im Landkreis Ludwigsburg Werte jeweils 1. Halbjahr, Mo. bis Fr. an Schultagen Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erhebungswerte methodisch bedingt von Jahr zu Jahr leicht schwanken können. 2. Mit welchem Nachfragepotenzial im SPNV im Landkreis Ludwigsburg rechnet sie in Zukunft? Bei ordentlicher Qualität der Betriebsleistung ist sicherlich in den nächsten Jahren mit steigenden Fahrgastzahlen zu rechnen, da bei steigenden Arbeitsplatz- und Einwohnerzahlen, kaum sinkenden Schülerzahlen und möglichen Restriktionen für den motorisierten Individualverkehr in Stuttgart grundsätzlich gute Chancen für öffentliche Verkehrsmittel bestehen. 3. Wie bewertet sie die aktuelle Qualität des SPNV im Landkreis Ludwigsburg hinsichtlich Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sauberkeit? Der Regionalverkehr der DB Regio im Landkreis Ludwigsburg (Lose 1, 2 und 15 des Übergangsvertrags) erreicht momentan sowohl bei der Pünktlichkeit als auch 2017 2016 2014 2012 2007 KBS 770 (IRE Stuttgart-Vaihingen (Enz)-Ri. Karlsruhe und RE Stuttgart Ri. Mühlacker) 12.550 12.541 13.405 12.949 10.615 KBS 780 (Züge Ri. Heilbronn) 17.543 18.957 17.905 16.845 13.552 _____________________________________ *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3220 bei der Zuverlässigkeit und auch bei der Sauberkeit die Zielwerte nicht. Die Frankenbahn Stuttgart–Heilbronn(–Würzburg) ist hinsichtlich der Qualität der SPNV- Produktion von DB Regio eine der problematischsten Strecken. Das Verkehrsministerium befindet sich hierzu in stetigem kritischem Austausch mit DB Regio. 4. Welche Zahlen liegen ihr zu Verspätungen vor, die zum Beispiel auf technische Störungen, verspätete Zugbereitstellungen oder fehlendes Personal zurückzuführen sind? Die Verspätungen sind zu erheblichen Teilen auf technische Störungen und verspätete Zugbereitstellungen (die oft ihrerseits wieder durch technische Störungen verursacht werden) zurückzuführen. Fehlendes Personal führt dagegen i. d. R. zu Zugausfällen, die im Landkreis Ludwigsburg überdurchschnittlich häufig vorkommen . Allerdings wird der SPNV v. a. auf der Fahrt von Stuttgart Hbf infolge der Überlastung der Strecke auch massiv durch sogenannte Zugfolgeprobleme beeinträchtigt , d. h. die Züge müssen warten, bis andere Züge (oft auch verspätete Züge des Fernverkehrs) den Bahnhof Stuttgart Hbf verlassen haben. 5. Inwieweit beeinträchtigen die unter Frage 4 genannten Verspätungen die Anschlussmöglichkeiten im Rahmen des vernetzten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), zum Beispiel zu Bussen? Verspätete Regionalzüge können die Anschlüsse zu Stadt- und Regionalbussen sehr wohl gefährden, selbst wenn bei den Busunternehmen moderne Systeme zur Anschlusssicherung genutzt werden. Auch wenn der Busfahrer oder das Busunternehmen grundsätzlich über zeitnahe Informationen über die Verspätungen der Regionalzüge verfügt, ist es möglich, dass – diese Möglichkeiten nicht genutzt werden, – ein Abwarten nicht möglich ist, weil der Bus am anderen Linienende z. B. wiederum einen Anschluss an eine S-Bahn erreichen muss, – die Verspätung des Regionalzugs so hoch ist, dass der Bus nicht mehr warten kann. Die genaue Situation an den einzelnen Stationen im Landkreis Ludwigsburg und bei den einzelnen Busunternehmen ist der Landesregierung nicht bekannt, da das Land nicht Aufgabenträger für den straßengebundenen Nahverkehr ist. 6. Wie haben sich die Pünktlichkeitswerte in den letzten zwölf Monaten entwickelt ? Einziger Messpunkt im Landkreis Ludwigsburg in den Übergangsverträgen mit DB Regio ist Bietigheim-Bissingen. Dort verkehren Züge des Loses 1 (v. a. RE nach Würzburg), des Loses 2 (v. a. RB nach Neckarsulm/Osterburken) und des Loses 15 (RE nach Heidelberg und Karlsruhe). Leider gibt es bei den Zügen des Loses 15 Datenbankprobleme, die nicht kurzfristig lösbar waren. Für die Züge der Lose 1 und 2 stellt sich die Entwicklung der Ankunftspünktlichkeit im Jahr 2017 folgendermaßen dar (Pünktlichkeitsdefinition gemäß DB: Als pünktlich gelten planmäßige oder weniger als sechs Minuten verspätete Züge): Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3220 4 Ankunftspünktlichkeit Bietigheim-Bissingen 2017 Regionalverkehr der DB Regio 7. Welche Gründe hat die Entwicklung der Pünktlichkeitswerte aus ihrer Sicht? Die RE-Züge aus/in Richtung Würzburg hatten schon viele Jahre vergleichsweise schlechte Pünktlichkeitswerte. Es ist also nicht ein Problem der jüngsten Zeit. Häufig kommt es bereits bei der Abfahrt aus Würzburg Hbf zu Verspätungen, auch der eingleisige Abschnitt bei Züttlingen und der höhengleiche Bahnsteigzugang in Möckmühl gehören zu den vielen betrieblichen Engpässen, die ein Aufholen von Verspätungen erschweren. Bei den RB-Zügen aus/in Richtung Heilbronn kommt es relativ häufig zu Fahrzeugstörungen, u. a. durch die neuen E-Loks der Baureihe 147, die die DB bisher nicht im Griff hat. Beide Lose werden durch Zugfolgeprobleme bei der Ausfahrt aus Stuttgart Hbf beeinträchtigt (vgl. Antwort zur Frage 4). Die besonders schlechte Pünktlichkeit im Oktober ist dagegen jahreszeitentypisch (Schmierfilmbildung durch Laubfall und Nebel) und tritt auch in anderen Netzen regelmäßig auf. 8. Hat sich die Qualität des SPNV im Landkreis Ludwigsburg seit der Entscheidung , den SPNV der Region zukünftig teilweise nicht mehr von der Deutschen Bahn durchführen zu lassen, verändert – gegebenenfalls wie? Die Qualität des SPNV im Landkreis Ludwigsburg hat sich bereits vor dem Verlust der DB in der rechtlich vorgeschriebenen Ausschreibung deutlich verschlechtert . Bereits im Jahr 2014 stieg die Zahl der Zugausfälle wegen fehlender Triebfahrzeugführer /-innen deutlich an. Dieses Problem sorgte auch im Jahr 2017 v. a. bei den RB-Zügen des Loses 2 für unverhältnismäßig viele Zugausfälle. Mit dem Beginn der Übergangsverträge am 1. Oktober 2016 setzte die DB Regio bei den Regionalbahnen des Loses 2 Wagen- und Lokomotivbaureihen ein, die vorher nicht oder lange nicht mehr in Stuttgart beheimatet gewesen waren und mit denen es aus technischen Gründen zu massiven fahrzeugbedingten Ausfällen und Verspätungen kam. Seit Frühjahr 2017 werden bei manchen Regionalbahnen des Loses 2 und auf allen den Landkreis Ludwigsburg betreffenden Leistungen des Loses 15 (IRE und RE Ri. Mühlacker) fabrikneue E-Loks der Baureihe 147 des Herstellers Bombardier eingesetzt, die z. T. ebenfalls massive Probleme in der Zuverlässigkeit verursachen. Das Land erwartet von der DB, dass es diese Probleme in den Griff bekommt. Los 1 Los 2 Jan 17 82,0 91,6 Feb 17 88,9 93,7 Mrz 17 89,3 93,7 Apr 17 85,7 93,3 Mai 17 85,3 93,0 Jun 17 82,6 92,6 Jul 17 84,2 92,2 Aug 17 89,1 93,6 Sep 17 85,0 92,0 Okt 17 83,8 90,6 Nov 17 86,3 93,1 Dez 17 82,5 91,6 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3220 9. Welche Möglichkeiten sieht sie, um die Pünktlichkeit im SPNV des Landkreises Ludwigsburg schnellstmöglich zu verbessern? Die Sicherstellung der Pünktlichkeit liegt im eindeutigen Zuständigkeitsbereich des SPNV-Betreibers. Die Möglichkeiten des Landes sind angesichts der ein - deutig im Zuständigkeitsbereich des Eisenbahnverkehrsunternehmens liegenden Fahrzeugprobleme begrenzt. Bei der DB liegen die besten Möglichkeiten für eine kurzfristige Verbesserung der Pünktlichkeit, worauf das Land gegenüber DB Regio mit Nachdruck hinweist. Das Land ist zudem bereit, DB Regio bei Verhandlungen mit DB Netz und DB Fernverkehr über eine sachgerechte Disposition der Verkehre zwischen Stuttgart Hbf und Stuttgart-Zuffenhausen/Abzweig Schnellfahrstrecke zu unterstützen. Das Land unterstützt DB Regio außerdem bei Maßnahmen zur Stabilisierung der Personalverfügbarkeit. Z. B. ist eine Branchenvereinbarung zum Personalübergang bei Betreiberwechseln infolge von Ausschreibungen in Anlehnung an die Vorgehensweise in Nordrhein-Westfalen vorge sehen. Daneben greifen die vertraglichen Pönalezahlungen des Verkehrsvertrags. 10. Was hat sie unternommen, um die Pünktlichkeit im SPNV des Landkreises Ludwigsburg schnellstmöglich zu verbessern? In Züttlingen wurde mit GVFG-Förderung des Landes ein zusätzlicher Außenbahnsteig errichtet und im Dezember 2017 in Betrieb genommen. Damit werden die Betriebsabläufe im Abschnitt Bad Friedrichshall Hbf–Osterburken verbessert, was positive Auswirkungen auf die Pünktlichkeit insbesondere der Züge des Loses 1 haben sollte. In regelmäßigen Gesprächen mit der regionalen DB Regio-Spitze und fallweise auch auf Konzernebene hat das Verkehrsministerium auf eine Verbesserung der Betriebsstabilität auf den problematischsten Strecken gedrungen, wobei immer auch die Strecke Stuttgart – Heilbronn mit im Fokus stand. Durch Werkstatt- und Fahrzeughilfen sowie durch die temporäre Versetzung von Triebfahrzeugführer/ -innen aus anderen Regionalbereichen konnte eine gewisse Stabilisierung der Situation zumindest bei den Ausfällen erreicht werden. Grundsätzlich gilt: Ein Betreiber muss seine vertraglichen Leistungen vollumfänglich erfüllen, auch dann, wenn er in einem wettbewerblichen Verfahren den Anschlussbetrieb an einen Konkurrenten verloren hat. Die Verantwortung für Schlechtleistungen liegt ganz überwiegend bei DB Regio, die dies auch selbst so sieht. Es kann in einer Marktwirtschaft nicht akzeptiert werden, dass im Rahmen der Restlaufzeit von Verträgen durch Schlechtleistungen Aufgabenträger vom Wettbewerb abgeschreckt werden. Hermann Minister für Verkehr