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kleineAnfragen
Landtag von Baden-Württemberg
16. Wahlperiode
Drucksache 16 /
3273
15. 01. 2018
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Eingegangen: 15. 01. 2018 / Ausgegeben: 23. 02. 2018
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob und wann die an den
Attentaten von Paris am 13. November 2015 beteiligten Terroristen „Ahmad
Alkhald“, S. A. und O. K. gegebenenfalls unter falschen Identitäten in Baden-
Württemberg behördlich erkennungsdienstlich erfasst wurden?
2. Welche weiteren Identitäten, unter denen die drei Terroristen operierten, sind
der Landesregierung Baden-Württemberg bekannt?
3. Welchen Aufenthaltsstatus hatten die drei Terroristen, sofern und solange sie in
Baden-Württemberg aufhältig waren?
4. Von welchen Behörden wurden die mitgeführten Pässe bzw. Ausweispapiere
der drei Genannten auf ihre Echtheit überprüft?
5. Wie konnte es passieren, dass sich diese Personen während der Zeit der Wohn-
sitzverpflichtung in der Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Absatz 1 Asylgesetz
im Hotel I. einmieteten und dort dauerhaft aufhielten, ohne dass dies der Erst-
aufnahmebehörde − hier offenbar dem Regierungspräsidium Tübingen − auf-
fiel und sie einschritt?
6. Wurde von behördlicher Seite ein Datenabgleich – gegebenenfalls unter Anga-
be der Datenbanken – mit möglichen weiteren, behördlich erfassten Identitäten
in der Europäischen Union getätigt?
7. Waren der Landesregierung Baden-Württemberg oder einer ihr untergeordne-
ten Behörde Warnungen etwa von Nachrichtendiensten bekannt, dass sich min-
destens ein Mitglied einer IS-Terrorzelle im Oktober 2015 in Ulm aufhielt?
Kleine Anfrage
des Abg. Lars Patrick Berg AfD
und
Antwort
des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration
Behördliche Erfassung der Terroristen „Ahmad Alkhald“,
S. A. und O. K.
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich-
net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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8. Wie zeitnah wurde die Abreise von „Ahmad Alkhald“ im Oktober 2015 aus
Ulm behördlich erfasst?
9. Sind in Baden-Württemberg aufhältige Personen, insbesondere mit dem Sta-
tus eines Asylbewerbers im laufenden Verfahren, eines anerkannten Asylbe-
werbers oder eines abgelehnten Asylbewerbers behördlich bekannt, die noch
nicht erkennungsdienstlich behandelt wurden und deren biometrische Daten
noch nicht mit einschlägigen Datenbanken der Verbrechens- und Terrorismus-
bekämpfung abgeglichen wurden?
10. Wenn Frage 9 bejaht wird, welche Gründe führten zur fehlenden erkennungs-
dienstlichen Behandlung dieser Personen?
09. 01. 2018
Berg AfD
Begründung
Das Portal „investigativ.de“, das zur Wochenzeitung „Die Welt“ gehört, berichte-
te am 13. November 2017 unter der Überschrift „Der Bombenbauer von Paris“,
dass der Bombenbauexperte der Batanclanattentäter zusammen mit zwei weiteren
Mittätern als Flüchtlinge in Ulm untergebracht war. Das in Frankreich erschei-
nende frankophone Nachrichtenmagazin „l’Express“ berichtete außerdem am
19. Dezember 2017 unter der Überschrift „Ahmad Alkhald, l’artificier disparu du
13 novembre“, dass die drei Personen, die in Ulm als „Flüchtlinge“ lebten, sich
im dortigen Hotel I. einquartiert hätten und „Alkhald“, dessen echte Identität un-
klar sei, am 16. November 2015, also wenige Tage nach den Anschlägen von
Paris mit Hilfe der Caritas unbehelligt über Wien nach Istanbul ausgereist sei, wo
sich seine Spur verlieren würde.
Antwort
Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 Nr. 4-1310/190/1 beantwortet das Ministe -
rium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung:
Bundesbehörden sowie die Behörden anderer Bundesländer unterliegen nicht der
parlamentarischen Kontrolle des Landtags von Baden-Württemberg. Daher muss
sich die Stellungnahme im Folgenden auf Erkenntnisse von Landesbehörden be-
schränken.
1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob und wann die an
den Attentaten von Paris am 13. November 2015 beteiligten Terroristen
„Ahmad Alkhald“, S. A. und O. K. gegebenenfalls unter falschen Identitäten in
Baden-Württemberg behördlich erkennungsdienstlich erfasst wurden?
Zu 1.:
Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zu einer erkennungsdienstlichen
Behandlung der drei genannten Ausländer in Baden-Württemberg vor.
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2. Welche weiteren Identitäten, unter denen die drei Terroristen operierten, sind
der Landesregierung Baden-Württemberg bekannt?
Zu 2.:
Aus den polizeilichen Verbunddateien ergibt sich Folgendes:
Zur Person „Ahmad ALKHALD“ sind vier weitere Personalien „Y. N.“, „M. A.“,
„A. A.“ sowie „M“ (ohne Vornamen) bekannt.
Die Initialen „S. A.“ können im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris nicht
eindeutig zugeordnet werden. Hierzu ist lediglich eine Person mit einem ähnlich
lautenden Namen bekannt, zu der jedoch keine weiteren Personalien vorliegen.
Zur Person mit Initialen „O. K.“ sind 16 weitere Personalien mit den Namen
„N. A.“, „A. O.“, „S. S.“, „A. H.“, „O. K.“, „O. A.“ und „A. N.“ mit verschiede-
nen Geburtsdaten beziehungsweise unterschiedlichen Varianten bekannt.
3. Welchen Aufenthaltsstatus hatten die drei Terroristen, sofern und solange sie
in Baden-Württemberg aufhältig waren?
Zu 3.:
Im Ausländerzentralregister finden sich zu den unter Frage 2 genannten Auslän-
dern und den angegebenen Aliasnamen keine Einträge. Zum aufenthaltsrecht -
lichen Status können daher keine belastbaren Aussagen getroffen werden. Festzu-
halten ist, dass „O. K.“ die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt und daher
grundsätzlich keines besonderen Aufenthaltstitels bedurfte.
4. Von welchen Behörden wurden die mitgeführten Pässe bzw. Ausweispapiere
der drei Genannten auf ihre Echtheit überprüft?
Zu 4:
Dem Innenministerium Baden-Württemberg liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.
5. Wie konnte es passieren, dass sich diese Personen während der Zeit der Wohn-
sitzverpflichtung in der Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Absatz 1 Asylgesetz im
Hotel I. einmieteten und dort dauerhaft aufhielten, ohne dass dies der Erstauf-
nahmebehörde – hier offenbar dem Regierungspräsidium Tübingen – auffiel
und sie einschritt?
Zu 5:
Diese Ausländer wurden niemals in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Baden-
Württemberg aufgenommen und registriert. Sie wurden auch nicht auf einer Bele-
gungsliste der Notunterkunft Ulmer Messe, in der lediglich im Zeitraum vom
1. bis zum 8. Oktober 2015 Flüchtlinge untergebracht waren, um deren drohende
Obdachlosigkeit zu verhindern, aufgeführt. Daher bestand zu keinem Zeitpunkt
eine Wohnsitzverpflichtung für diese Ausländer in Baden-Württemberg.
6. Wurde von behördlicher Seite ein Datenabgleich – gegebenenfalls unter Angabe
der Datenbanken – mit möglichen weiteren, behördlich erfassten Identitäten in
der Europäischen Union getätigt?
7. Waren der Landesregierung Baden-Württemberg oder einer ihr untergeordne-
ten Behörde Warnungen etwa von Nachrichtendiensten bekannt, dass sich min-
destens ein Mitglied einer IS-Terrorzelle im Oktober 2015 in Ulm aufhielt?
Zu 6. und 7.:
Vor den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 erhielt die Polizei Baden-
Württemberg keinen Hinweis, dass sich im Oktober 2015 eine der in Rede stehen-
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den Ausländer in Ulm aufgehalten hat. Der Aufenthalt der späteren Attentäter in
Ulm wurde auch dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg erst
im Nachgang zu den Anschlägen in Paris bekannt.
Am 30. November 2015 teilte das Bundeskriminalamt dem Polizeipräsidium Ulm
mit, dass es Hinweise gebe, wonach der an den Anschlägen in Paris am 13. No-
vember 2015 beteiligte „S. Abdeslam“ mit einem angemieteten Fahrzeug am
2. Oktober 2015 von Brüssel nach Ulm und am 3. Oktober 2015 wieder zurückge-
fahren sei. Die anschließenden Ermittlungen des Polizeipräsidiums Ulm zu einem
möglichen Aufenthalt von „S. Abdeslam“ in Ulm ergaben jedoch keine weiteren
Anhaltspunkte für dessen tatsächlichen Aufenthalt in Ulm und Umgebung.
Im Rahmen der weiteren Ermittlungen ergaben sich zudem Hinweise, dass sich
die Person „O. K.“ unter der Personalie „N. A.“ vom 2. bis 3. Oktober 2015 als
einer von drei Ausländern im Hotel I. in Ulm aufgehalten hat. Diese Personalie
wurde in den polizeilichen Datensystemen überprüft. Im Rahmen dessen erfolgte
auch eine Abfrage des Schengener Informationssystems.
8. Wie zeitnah wurde die Abreise von „Ahmad Alkhald“ im Oktober 2015 behörd-
lich erfasst?
Zu 8.:
Zu einem Aufenthalt von „Ahmad Alkhald“ im Oktober 2015 in Ulm liegen der
Polizei Baden-Württemberg keine belastbaren Erkenntnisse vor.
9. Sind in Baden-Württemberg aufhältige Personen, insbesondere mit dem Status
eines Asylbewerbers im laufenden Verfahren, eines anerkannten Asylbewer-
bers oder eines abgelehnten Asylbewerbers behördlich bekannt, die noch
nicht erkennungsdienstlich behandelt wurden und deren biometrische Daten
noch nicht mit einschlägigen Datenbanken der Verbrechens- und Terroris-
musbekämpfung abgeglichen wurden?
10. Wenn Frage 9 bejaht wird, welche Gründe führten zur fehlenden erkennungs-
dienstlichen Behandlung dieser Personen?
Zu 9. und 10.:
Den Behörden in Baden-Württemberg sind keine Ausländer mit dem Status eines
Asylbewerbers im laufenden Verfahren, eines anerkannten Asylbewerbers oder
eines abgelehnten Asylbewerbers namentlich bekannt, die noch nicht erkennungs-
dienstlich behandelt wurden. Biometrische Daten werden im Rahmen der Re -
gistrierung mit den einschlägigen Datenbeständen des Bundeskriminalamtes ab-
geglichen.
Das Innenministerium und das Sozialministerium haben im Jahr 2017 eine erken-
nungsdienstliche Nachbehandlung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern
veranlasst. Diese Maßnahme ist zwischenzeitlich abgeschlossen. Die Identifizie-
rungsmaßnahmen werden für die neuankommenden unbegleiteten minderjährigen
Ausländer aufrechterhalten, sodass Erfassungslücken weiterhin vermieden werden.
In Vertretung
Jäger
Staatssekretär