Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3274 15. 01. 2018 1Eingegangen: 15. 01. 2018 / Ausgegeben: 19. 02. 2018 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welchen Stellenwert misst sie hinsichtlich einer wirksamen Tierseuchenabwehr und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes einer lückenlosen Wildbrethygiene vom Ansprechen des Wildes bis hin zur Vermarktung des Wildbrets bei? 2. Inwiefern bietet sie, insbesondere mit Blick auf Drück- und Bewegungsjagden im Staatsforst, diesbezüglich Fortbildungen und Qualitätskontrollen für die Bediensteten der unteren Forstbehörden an? 3. Inwiefern sind ihr Beschwerden bekannt, denen zufolge die Bediensteten einzelner unterer Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe bei Drückjagden im Staatsforst Schwarzwild nach dem Erlegen für mehr als fünf Stunden nicht aufgebrochen haben? 4. Inwiefern sind ihr Beschwerden bekannt, denen zufolge die Bediensteten einzelner unterer Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe bei Drückjagden Schwarzwild mit unsauberen Messern auf blankem Erdreich aufgebrochen haben? 5. Was tut sie, um derartige mögliche Missstände bei der Wildbrethygiene im Staatsforst zu unterbinden? 6. Welche Erkenntnisse hat sie über das durchschnittliche Preisniveau bei der Wildbretvermarktung durch die unteren Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe? 7. In welcher Weise stellt sie sicher, dass die Vermarktung von Wildbret aus dem Staatsforst nicht durch Dumping-Preise zu regionalen Marktverzerrungen zu - las ten privater Wildbretvermarkter und zu einer nachlassenden Wertschätzung für das hochwertige Produkt im Allgemeinen führt? 12. 01. 2018 Dr. Rülke, Dr. Schweickert FDP/DVP Kleine Anfrage der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Erik Schweickert FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wildbrethygiene und Wildbretvermarktung im Staatsforst im Regierungsbezirk Karlsruhe Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3274 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 6. Februar 2018 Nr. Z-(55)0141/233F beantwortet das Minis - terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welchen Stellenwert misst sie hinsichtlich einer wirksamen Tierseuchenabwehr und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes einer lückenlosen Wildbret - hygiene vom Ansprechen des Wildes bis hin zur Vermarktung des Wildbrets bei? Zu 1.: Die Einhaltung der lebensmittelhygienerechtlichen Vorschriften vom Ansprechen des Wildes bis hin zur Abgabe des Wildbrets an den Endverbraucher ist sowohl für den gesundheitlichen Verbraucherschutz als auch die Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung ganz entscheidend. Daher hat das Land beispielsweise sehr frühzeitig umfangreiche Bestimmungen zur Vermittlung diesbezüglicher Inhalte in den Vorbereitungskursen auf die Jägerprüfung getroffen. Mit der Jägerprüfungsordnung vom 7. Februar 2011 wurde das Prüfungsfach „Wildkrankheiten und Behandlung von erlegtem Wild (insbesondere Erkennungsmerkmale der wichtigsten Wildkrankheiten, hygienisch erforderliche Maßnahmen und Beurteilung der gesundheitlich unbedenklichen Beschaffenheit des Lebensmittels Wildbret)“ eingeführt. Ergänzend dazu wurde für die selbstbewirtschafteten staatlichen Eigenjagden bestimmt , dass den lebensmittelhygienerechtlichen Vorschriften und dem Ver - braucherschutz umfassend Rechnung getragen wird. 2. Inwiefern bietet sie, insbesondere mit Blick auf Drück- und Bewegungsjagden im Staatsforst, diesbezüglich Fortbildungen und Qualitätskontrollen für die Bediensteten der unteren Forstbehörden an? 5. Was tut sie, um derartige mögliche Missstände bei der Wildbrethygiene im Staatsforst zu unterbinden? Zu 2. und 5.: Die zur Jagd verpflichteten Mitarbeiter von ForstBW bilden sich gemäß der Inner dienstlichen Anordnung der obersten Jagdbehörde im Ministerium für Länd - lichen Raum und Verbraucherschutz (Jagdnutzungsanweisung JNA) eigenverantwortlich fort und tragen damit den fleischhygienischen Vorschriften und dem Verbraucherschutz in den Eigenjagdbezirken des Landes umfassend Rechnung. Im jährlichen Bildungsangebot von ForstBW werden im Rahmen der forstfach - lichen Fortbildung vielfältige Angebote zu jagdlichen Themen, insbesondere auch Seminare zur Durchführung von Drückjagden und Wildbrethygiene angeboten. Diese Fortbildungen sind stark nachgefragt, gelten als sehr fundiert und „standardprägend “. Daher wurde seitens der Veterinärbehörden und der Jägerschaft mehrfach die Bitte an den Landesbetrieb ForstBW herangetragen, dieses Fortbildungsangebot auch für die private Jägerschaft zu öffnen, was mittlerweile auch erfolgt ist. Des Weiteren werden die unteren Forstbehörden durch die zuständigen Veterinärbehörden vor Ort oder durch die Wildforschungsstelle in Aulendorf beraten und im Bedarfsfalle geschult. In diesem Zusammenhang wurden beispielsweise alle dienstlich zur Jagdausübung verpflichteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesforstverwaltung als „kundige Personen“ im Sinne der einschlägigen EU- Vorgaben zu den gesetzlichen Vorschriften für den Bereich der Gewinnung und Abgabe von Wild als Lebensmittel fortgebildet. Zu den Kenntnissen und Fähigkeiten einer kundigen Person gehört u. a. auch das Erkennen von gesundheitlich bedenklichen Merkmalen einschließlich der Hin- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3274 weise auf Tierkrankheiten bzw. Tierseuchen beim Wild vor und nach dem Erlegen . Unter dem Arbeitstitel „Verwaltungsjagd 2020“ wird seit 2014/15 ein verwaltungsinternes Projekt umgesetzt, in dem die unteren Forstbehörden eine auf die regionalen Verhältnisse zugeschnittene Konzeption entwickelt haben, die neben Bejagungsstrategien, Ausstattung mit jagdlichen Einrichtungen auch die Umsetzung hygienerechtlicher Vorgaben, wie Wildkammern, Kühlanhänger oder Wildbretvermarktungskonzepte der staatlichen Verwaltungsjagd, umfassen. 3. Inwiefern sind ihr Beschwerden bekannt, denen zufolge die Bediensteten einzelner unterer Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe bei Drückjagden im Staatsforst Schwarzwild nach dem Erlegen für mehr als fünf Stunden nicht aufgebrochen haben? Zu 3.: Dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sind keine hygienerechtlichen Beschwerden bezüglich Drückjagden im Staatsforst auf Schwarzwild bekannt. In Sondersituationen können zwischen Erlegen und Aufbrechen hygienerechtliche kritische Zeiten überschritten werden. Diese Wildkörper werden grundsätzlich verworfen und sachgerecht entsorgt. 4. Inwiefern sind ihr Beschwerden bekannt, denen zufolge die Bediensteten einzelner unterer Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe bei Drückjagden Schwarzwild mit unsauberen Messern auf blankem Erdreich aufgebrochen haben ? Zu 4.: Auch beim Aufbrechen von liegendem Wild kann bei sachgerechter Durchführung eine Kontamination des Wildbrets weitestgehend ausgeschlossen werden. Den Bestimmungen der Lebensmittelhygiene wird damit Rechnung getragen. Diese Methode ist allerdings bei den Drückjagden von ForstBW grundsätzlich nicht mehr vorgesehen. Die Drückjagden im Staatswald werden im Hinblick auf die Bereitstellung von einwandfreiem Wildbret vorbereitet. Zur Versorgung des Wildes steht eine dem Lebensmittelhygienerecht entsprechende Infrastruktur zur Verfügung, die erlegten Tiere werden zentral hängend aufgebrochen. Anschließend werden die Wildkörper in bereitstehende Kühlwagen oder in eine stationäre Kühlkammer verbracht. Das „klassische“ liegende Aufbrechen auf dem Waldboden sollte nur noch in Ausnahmefällen Anwendung finden. 6. Welche Erkenntnisse hat sie über das durchschnittliche Preisniveau bei der Wildbretvermarktung durch die unteren Forstbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe? 7. In welcher Weise stellt sie sicher, dass die Vermarktung von Wildbret aus dem Staatsforst nicht durch Dumping-Preise zu regionalen Marktverzerrungen zulasten privater Wildbretvermarkter und zu einer nachlassenden Wertschätzung für das hochwertige Produkt im Allgemeinen führt. Zu 6. und 7.: Die unteren Forstbehörden verkaufen Wildbret zu marktgerechten Preisen. Dabei dürfen Mindestabgabepreise für Wildbret wie in der Anlage 1 der JNA festgelegt nur mit Zustimmung der oberen Jagdbehörde unterschritten werden. Bei Rot- und Rehwild ist dies aufgrund der hohen Nachfrage nicht notwendig. Bei Schwarzwild stellt sich die Situation regional und jahreszeitlich sehr unterschiedlich dar. Je nach regionalen Vermarktungsmöglichkeiten wird ein Großteil des Wildbrets überwiegend an lokale Abnehmer zu handelsüblichen Preisen abgegeben. In wenigen Regionen sind aufgrund des hohen Schwarzwildaufkommens und den dar- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3274 4 aus resultierenden hohen Erlegungszahlen bei Drückjagden ergänzende Vermarktungswege erforderlich. Das Wildbret wird dann an überregional agierende Wildbrethändler zu reduzierten Preisen abgegeben, um Vermarktungsspitzen aufzufangen . Dadurch wird der Markt entlastet und einem weiteren Preisverfall auf dem regionalen Markt entgegengewirkt. Eine aktuelle Erhebung des Preisniveaus im Rahmen des Runden Tischs Schwarzwild ergab folgende Richtwerte: 1. Seitens der Jägerschaft werden regelmäßig für Schwarzwild, frisch aufge - brochen und ohne Haupt 2,50 Euro je Kilogramm gefordert. 2. Überregionale Wildbrethändler bezahlen seit etwa Beginn des Jahres 2018 lediglich 1,0 bis 1,2 Euro je Kilogramm. Diese Preise sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass Tiefkühlware aus Osteuropa für 0,6 bis 0,9 Euro je Kilogramm erhältlich ist. 3. Der Richtpreis des Landesbetriebs ForstBW liegt bei 3 Euro je Kilogramm für Stücke bis 50 Kilogramm und bei 2,50 Euro je Kilogramm für Stücke über 50 Kilogramm. Eine Unterschreitung dieser Mindestpreise ist nur mit Genehmigung der höheren Forstbehörde möglich. 4. Der durchschnittliche Erlös bei der Vermarktung der unteren Behörden im laufenden Jagdjahr liegt bei 3,02 Euro (Stand 15. Januar 2018) und damit in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Die unteren Forstbehörden sind seit 2009 in ihrem Wirtschaftsbetrieb als Be - triebs teile des Landesbetriebs ForstBW vollumfänglich budgetiert. Ohne die Optimierung des Kostendeckungsbeitrags aus dem Wildbretverkauf sind die wirt - schaft lichen Ziele nicht erreichbar. Die Betriebsteile gehen im Rahmen der vom Markt gesetzten Rahmenbedingungen sehr verantwortungsvoll mit der Preisgestaltung bei der Abgabe von Wildbret um. Um die dringend notwendige Reduktion beim Schwarzwild weiter anzuregen, hat das Ministerium bereits am 26. August 2015 die kostenlose Abgabe von schwachen Frischlingen bis 10 Kilogramm Gewicht an den Erleger genehmigt. Dieser Rahmen wurde in Dezember 2017 auf 15 Kilogramm erweitert, um den Anreiz zur Absenkung der Schwarzwildbestände im Hinblick auf das Risiko eines Seuchengeschehens weiter zu erhöhen. Die ausschließliche Abgabe an den Erleger dient der Marktentlastung und damit der Stabilisierung des Marktpreises, da die an den Erleger persönlich abgegebenen Stücke nicht mehr auf einen nach Weihnachten ohnehin gesättigten Markt drücken. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz