Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3287 16. 01. 2018 1Eingegangen: 16. 01. 2018 / Ausgegeben: 07. 03. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die Entwicklung der Fahrgasttransporte auf der Gäubahn in der Hauptverkehrszeit, aufgeteilt nach Sitzplätzen zweite Klasse (reguläre Sitzplätze , Klappsitze) und erste Klasse nach der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 dar? 2. Wie haben sich die Fahrgasttransporte auf der Gäubahn in der Hauptverkehrszeit nach der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 im Vergleich zum vorherigen Fahrplan an den einzelnen Haltepunkten entwickelt? 3. Wie oft und zu welchen Verspätungen und Zugausfällen kam es seit der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 auf der Gäubahn? 4. Wie bewertet sie die Verlässlichkeit der Anschlüsse im Betriebsablauf? 5. Aus welchen Gründen halten die Züge zum Umstieg in Bondorf nicht nebeneinander auf Gleis zwei und drei, sondern auf Gleis eins, was dazu führt, dass zu Hauptverkehrszeiten eine große Personenzahl die Treppe gleichzeitig überqueren muss und der Aufzug nach Inbetriebnahme überlastet sein kann, sodass der Umstieg für mobil eingeschränkte Fahrgäste erschwert und gefährdet wird? 6. Wie bewertet sie die Sturzgefahr bei Schnee, Regen und Eis auf der neu errichteten , nicht überdachten Treppe des Bahnhofs Bondorf? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Veränderungen auf der Gäubahn nach dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3287 2 7. Wie bewertet sie die Vereinbarkeit der entfallenen Haltepunkte innerhalb des zweistündigen IC-Takts mit dem im Koalitionsvertrag festgeschrieben Ziel, „bis 2025 ein landesweites bedarfsangepasstes und verlässliches Grundangebot von frühmorgens bis spätabends im Stundentakt zu schaffen“ (Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg und der CDU Baden-Württemberg 2016 bis 2021, Seite 112)? 8. Wie wirkten sich die außerplanmäßigen Haltepunkte der IC-Züge in Eutingen im Gäu beispielsweise am 8. Januar auf die fahrplanmäßige Ankunftszeit in Stuttgart aus? 9. Wie bewertet sie, dass der Bahnhof Eutingen im Gäu 2016 unter anderem mit Fördermitteln barrierefrei ausgebaut wurde, aber durch die Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 und den damit verbundenen entfallenen Direktverbindungen nach Stuttgart von weniger Fahrgästen genutzt wird? 10. In welcher Form ist sie aktiv, um Verbesserungen hinsichtlich mehr Direktverbindungen an allen Haltestellen zu den Hauptverkehrszeiten auf der Gäubahn zu erreichen? 16. 01. 2018 Dr. Timm Kern FDP/DVP A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 21. Februar 2018 Nr. 3-3824.5-01/86 beantwortet das Ministerium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stellt sich die Entwicklung der Fahrgasttransporte auf der Gäubahn in der Hauptverkehrszeit, aufgeteilt nach Sitzplätzen zweite Klasse (reguläre Sitzplätze , Klappsitze) und erste Klasse nach der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 dar? Das Platzangebot gestaltet sich wie folgt: – Doppelstock-Intercity: ca. 460 Plätze, davon ca. 60 Plätze 1. Klasse – Herkömmliche IC-Garnitur mit sechs Wagen der SBB: ca. 450 Plätze, davon ca. 66 Plätze 1. Klasse – Elektrotriebwagen Talent 2: pro Einheit 215 Sitzplätze, davon 8 Plätze 1. Klasse und 50 Klappsitze in der 2. Klasse (bei Doppeltraktionen sind diese Werte zu verdoppeln) – Zweisystem-Stadtbahnwagen der AVG (im Abschnitt Bondorf–Eutingen– Freudenstadt): nur 2. Klasse, knapp 100 Sitzplätze. Die Fahrgastzahlen werden im Regionalverkehr der DB Regio auf der Gäubahn (Netz 3 b) sowie bei der AVG über automatische Fahrgastzählsysteme erhoben. Diese zählen nur die Ein- und Aussteiger und nicht die Verteilung der Fahrgäste auf die unterschiedlichen Wagenklassen. Erhebungen zur Inanspruchnahme der 1. Klasse müssen separat erfolgen. Ergebnisse hierzu werden erst im Laufe des Jahres vorliegen. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3287 2. Wie haben sich die Fahrgasttransporte auf der Gäubahn in der Hauptverkehrszeit nach der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 im Vergleich zum vorherigen Fahrplan an den einzelnen Haltepunkten entwickelt? Belastbare Fahrgastzahlen von DB Fernverkehr, DB Regio und AVG liegen noch nicht vor. Über die Fahrgastzahlen des Fernverkehrs im Zeitraum bis zum 9. Dezember 2017, insbesondere über die Einsteiger an den verschiedenen Stationen, hat die Landesregierung keine Kenntnis. 3. Wie oft und zu welchen Verspätungen und Zugausfällen kam es seit der Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 auf der Gäubahn? Die Pünktlichkeit für das Netz 3 b auf der Gäubahn (Regionalverkehr mit neuen Talent-Triebwagen im Landesdesign v. a. nach Rottweil und Freudenstadt) stellt sich seit dem Fahrplanwechsel folgendermaßen dar: Pünktlichkeit Gäubahn seit Fahrplanwechsel Ankunftswerte Netz 3 b Der Zielwert von 91 Prozent für pünktliche und unter vier Minuten verspätete Züge wird bisher von der DB nicht erreicht. Für Stuttgart Hbf liegen getrennte Werte zur Gäu- und Murrbahn im Moment noch nicht vor. In den ersten Wochen kam es vor allem bei den von der DB Fernverkehr AG mit Doppelstock-Intercitys gefahrenen Zügen zu Verspätungen. Diese haben auch den übrigen (Nah-)Verkehr negativ beeinflusst. Nach diesen Startschwierigkeiten hat sich das Betriebskonzept aus Sicht von DB Fernverkehr inzwischen stabil eingependelt . Bis zum 28. Januar 2018 war für die Gäubahn bei den IC-Leistungen eine Ankunftspünktlichkeit von 87,5 Prozent (Verspätungen bis einschließlich fünf Minuten) zu verzeichnen. Damit lagen die IC-Züge der Gäubahn einige Prozentpunkte über dem Durchschnittswert des Fernverkehrs insgesamt. Im Rahmen einer eigens innerhalb des Fernverkehrs eingerichteten Arbeitsgruppe wird das Betriebsgeschehen auf der Gäubahn weiterhin eng beobachtet. Eventuelle (wiederkehrende ) Auffälligkeiten und mögliche Lösungsansätze werden diskutiert. Zugausfälle waren (in der Regel durch witterungsbedingte Einflüsse) nur vereinzelt zu verzeichnen. Hinzu kam allerdings die Verfügung der DB-Zentrale am 18. Januar 2018, wonach wegen des Sturmtiefs „Friederike“ zwischen NRW und Sachsen in ganz Deutschland der Fernverkehr auf der Schiene einzustellen war. Obgleich im Südwesten keinerlei Unwetter stattfand, war von dieser Verfügung ab dem Nachmittag auch der IC-Verkehr auf der Gäubahn betroffen; es gab fast keinen durchgehenden Zugverkehr nach Singen und Zürich mehr. Das Verkehrs - ministerium hat daher die DB gebeten, künftig in solchen Fällen eine enge Abstimmung mit dem Land vorzunehmen. Ab dem Fahrplanwechsel 2017 am 10. Dezember kam es bis zum Jahresende bei den Zügen des Netzes 3 b von DB Regio auf den Strecken von Stuttgart Hbf nach Rottweil und Freudenstadt zu insgesamt 37 Zugausfällen, zehn davon wegen Fahrzeugschäden. GHU =HLWUDXP ± -DQXDU ELV *UHQ]ZHUW PLQ PLQ PLQ PLQ 0HVVSXQNW 1HW] E 1HW] E 1HW] E 1HW] E 5RWWZHLO +RUE (XWLQJHQ L * +HUUHQEHUJ )UHXGHQVWDGW +EI Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3287 4 Im Jahr 2018 kam es bis zum 11. Februar bei diesen Zügen zu insgesamt 105 Zug - ausfällen. Davon entfielen allein 72 auf die sturmbedingte Sperrung (Bäume im Gleis) der Strecke Eutingen im Gäu–Freudenstadt zwischen dem 3. und dem 8. Ja - nuar. 15 Züge fielen 2018 wegen von DB-Regio zu verantwortender Fahrzeugschäden aus. 4. Wie bewertet sie die Verlässlichkeit der Anschlüsse im Betriebsablauf? Angesichts der Pünktlichkeitswerte der DB im Fern- wie im Nahverkehr muss davon ausgegangen werden, dass die Anschlüsse in Stuttgart (auf den ICE nach Norden zur Minute 51) und Freudenstadt (knapper Anschluss in Richtung Hausach ) bisher nicht die vom Land gewünschte Verlässlichkeit aufweisen. Über die Anschlusssicherheit von den IC-Zügen in Rottweil in Richtung Villingen sowie in Horb aus Richtung Süden in Richtung Tübingen liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse, allerdings auch keine Beschwerden vor. 5. Aus welchen Gründen halten die Züge zum Umstieg in Bondorf nicht nebeneinander auf Gleis zwei und drei, sondern auf Gleis eins, was dazu führt, dass zu Hauptverkehrszeiten eine große Personenzahl die Treppe gleichzeitig überqueren muss und der Aufzug nach Inbetriebnahme überlastet sein kann, sodass der Umstieg für mobil eingeschränkte Fahrgäste erschwert und gefährdet wird? Die Gleise des Mittelbahnsteiges 2/3 werden zur vollen geraden Stunde kurz nach einander von den IC-Zügen Stuttgart–Singen und Singen–Stuttgart belegt. Baubedingt wird zwar im Frühjahr für einige Zeit die Stadtbahn in Richtung Freudenstadt –Karlsruhe ebenfalls dort halten. Dies führt aber zu einer weiter verkürzten Wendezeit der Stadtbahn und zu Trassenkonflikten und Folgeverspätungen für Stadtbahn und IC in Richtung Stuttgart, sobald der IC-Zug aus Stuttgart mehr als drei oder vier Minuten verspätet ist. Angesichts der ohnehin angespannten Pünktlichkeitssituation ist diese Konstellation daher als Dauerlösung aus Sicht der Landesregierung keinesfalls praktikabel. 6. Wie bewertet sie die Sturzgefahr bei Schnee, Regen und Eis auf der neu errichteten , nicht überdachten Treppe des Bahnhofs Bondorf? Der Belag der Stegtreppe im Bahnhof Bondorf (b Herrenberg) besitzt die vorgeschriebene Rutschfestigkeitsklasse für Treppenanlagen auf Freiflächen. 7. Wie bewertet sie die Vereinbarkeit der entfallenen Haltepunkte innerhalb des zweistündigen IC-Takts mit dem im Koalitionsvertrag festgeschrieben Ziel, „bis 2025 ein landesweites bedarfsangepasstes und verlässliches Grundangebot von frühmorgens bis spätabends im Stundentakt zu schaffen“ (Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg und der CDU Baden-Württemberg 2016 bis 2021, Seite 112)? Im neuen Konzept sind alle Halte in der Kombination aus Fernverkehr (IC) und Nahverkehr mindestens stündlich angebunden. Nur bei einem sehr geringen Teil geschieht dies über Umsteigeverbindungen. 8. Wie wirkten sich die außerplanmäßigen Haltepunkte der IC-Züge in Eutingen im Gäu beispielsweise am 8. Januar auf die fahrplanmäßige Ankunftszeit in Stuttgart aus? Im Zeitraum vom 5. bis 8. Januar haben die IC-Züge zusätzlich in Eutingen/Gäu gehalten, um einen Anschluss an/aus Schienenersatzverkehren in/aus Richtung Schwarzwald herzustellen. Hintergrund war eine witterungsbedingte (Sturm) Sperrung der Strecke Eutingen–Freudenstadt. Die dort ausgefallenen Züge wurden durch Busse ersetzt, die in Eutingen den Anschluss an/aus den IC hergestellt haben. Im Vergleich zum Regelfahrplan ohne Halt in Eutingen/Gäu bleibt festzuhalten , dass der außerplanmäßige Halt den Fahrplan im Abschnitt Horb–Bondorf erheblich angespannt hat. Trassentechnische Zuschläge (bspw. Bauzuschläge) in 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3287 diesem Abschnitt wurden hierfür aufgebraucht. Dies hatte zur Folge, dass geringfügige Verspätungen zwischen Horb und Bondorf nicht reduziert werden konnten. Ohne Halt in Eutingen/Gäu bietet der Fahrplan immer die Chance, eine – geringfügige – Verspätung ab Horb bis Bondorf wieder abzubauen. 9. Wie bewertet sie, dass der Bahnhof Eutingen im Gäu 2016 unter anderem mit Fördermitteln barrierefrei ausgebaut wurde, aber durch die Fahrplanänderung am 10. Dezember 2017 und den damit verbundenen entfallenen Direktverbindungen nach Stuttgart von weniger Fahrgästen genutzt wird? Die Herstellung von barrierefreien Zugangsmöglichkeiten zum SPNV ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung. Aus ihrer Sicht ist wünschenswert, dass infolge der Beseitigung von Barrieren auch die Anzahl der Fahrgäste steigt. Die Barrierefreiheit ist ein eigenständiges Förderziel. Über mögliche Änderungen bei den Ein- und Aussteigerzahlen sind noch keine fundierten Aussagen möglich (vgl. auch Antwort zur Frage 2). 10. In welcher Form ist sie aktiv, um Verbesserungen hinsichtlich mehr Direktverbindungen an allen Haltestellen zu den Hauptverkehrszeiten auf der Gäubahn zu erreichen? Soweit sich Möglichkeiten zu zusätzlichen Halten der IC-Züge in Eutingen er - geben sollten, ohne die Stabilität des Fahrplans auf der teilweise eingleisigen Strecke und die Anschlussbeziehungen zu gefährden, wird die Landesregierung im Dialog mit DB Fernverkehr darauf hinwirken, diese auch wahrzunehmen. Hermann Minister für Verkehr