Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3373 23. 01. 2018 1Eingegangen: 23. 01. 2018 / Ausgegeben: 27. 02. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie den Beitrag der Imkerei zur Landwirtschaft unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten? 2. Wie viele Imker in Haupt- und Nebenerwerb gibt es in Baden-Württemberg? 3. Gilt nach rechtlicher Einschätzung der Landesregierung das „Zeidelrecht“ nach wie vor rechtswirksam fort und ist es auf Imker anwendbar? 4. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass Imker in Ausübung der Imkerei das Recht zum Befahren von Waldwegen haben? 5. Falls nein, wie will die Landesregierung die Aufstellung und Pflege von Bienenvölkern in Waldgebieten ermöglichen? 22. 01. 2018 Felder CDU Kleine Anfrage der Abg. Sylvia M. Felder CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Imkerei in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3373 2 B e g r ü n d u n g Mit der Kleinen Anfrage soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Imker in Ausübung der Imkerei Waldwege benutzen können, da hierzu unterschiedliche Aussagen von Behörden und Verbänden vorliegen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. Februar 2018 Nr. Z(26)-0141.5/236F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie den Beitrag der Imkerei zur Landwirtschaft unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten? Zu 1.: Die Imkerei ist nicht nur wegen der Imkereiprodukte wie Honig und Wachs, sondern vor allem wegen der Bestäubungsleistung der Bienen von zentraler Bedeutung für die Ökologie und die Ökonomie. Eine aktuelle vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) herausgegebene Studie zum Thema „Eine ökonomische Analyse des Imkerei- Sektors in Deutschland“ verdeutlicht die ökonomische Bedeutung der Imkerei. Danach betrug die Gesamtwertschöpfung der Imkerei in Deutschland im Jahr 2017 etwa 1,72 Milliarden Euro, wobei ausschließlich die Bestäubungsleistung im Nahrungspflanzenanbau und die Nettowertschöpfung der Honig- und Wachsproduktion berücksichtigt wurden. Nach Angaben das Deutschen Imkerbundes (DIB) sind rund 80 % der heimischen Nutz- und Wildpflanzen auf tierische Bestäuber, wie z. B. Bienen oder Wildbienen , angewiesen. Durch die Insektenbestäubung werden sowohl die Anzahl an Früchten und Samen als auch deren Qualität verbessert. Bienen sind für die Bestäubung zahlreicher Wild- und Kulturarten von großer Bedeutung. Besondere Bedeutung hat die Bestäubungsleistung vor allem im Obst- und Gemüsebau sowie in der Saatguterzeugung. Die Bestäubung durch Bienen hat im Sonderkultur - anbau, insbesondere bei Äpfeln und Kirschen, deutliche Auswirkungen auf die Erträge. 2. Wie viele Imker in Haupt- und Nebenerwerb gibt es in Baden-Württemberg? Zu 2.: Amtliche Zahlen über die Anzahl der Haupt- und Nebenerwerbsimker in Baden- Württemberg liegen nicht vor. Eine Gewerbsmäßigkeit und eine damit verbundene Beitragspflicht bei der So - zialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft für die Imkereien, tritt dann ein, wenn mehr als 25 Bienenvölker gehalten werden und die Imkerei als eigenständiges gewerbsmäßiges Unternehmen oder als ein Bestandteil beziehungsweise neben der Landwirtschaft betrieben wird. Genaue Angaben zu den gehaltenen Bienenvölkern in Deutschland und Baden- Württemberg können nicht gemacht werden, da die Imker selbstorganisiert sind oder unterschiedlichen Verbänden angehören können. Der Großteil der Imker in Baden-Württemberg ist jedoch über den jeweiligen Landesimkerverband Mitglied im Deutschen Imkerbund e. V. Die Stichtagsmeldung zum 31. Dezember 2017 er- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3373 gab nach Auskunft des Deutschen Imkerbundes, dass rund 78 % der 9.739 Mitglieder des Landesverbands Badischer Imker e. V. zwischen 1 bis 25 Völker halten , rund 6 % halten zwischen 26 bis 50 Völker und weniger als 1 % halten mehr als 51 Völker (10 % der Mitglieder halten keine Völker). Beim Landesverband Württembergischer Imker e. V. halten rund 89 % der 13.056 Mitglieder zwischen 1 bis 25 Völker, rund 5 % halten zwischen 26 bis 50 und etwas mehr als 1 % der Imker haben mehr als 51 Bienenvölker (5 % der Mitglieder halten keine Völker). Demzufolge halten in Baden-Württemberg nur knapp 6 % der Imkerinnen und Imker, das sind rund 1.300 Betriebe, mehr als 25 Bienenvölker. 3. Gilt nach rechtlicher Einschätzung der Landesregierung das „Zeidelrecht“ nach wie vor rechtswirksam fort und ist es auf Imker anwendbar? Zu 3.: Unter dem sog. Zeidlerrecht versteht man gemeinhin das frühere Recht des gewerbsmäßigen Sammelns von Honig wilder oder halbwilder Bienenvölker im Wald (Waldimkerei). Die Zeidler bildeten im späten Mittelalter einen eigenen Berufsstand (Zunft). Zwar wurden diese alten Rechte und Privilegien nicht ausdrücklich aufgehoben, aber durch die neue Gesetzgebung überlagert bzw. abgelöst. Rechtliche Überbleibsel finden sich heute noch in den §§ 961 bis 964 BGB (Schwarmrecht). Daneben gelten ansonsten die allgemeinen Regeln des Privatrechts sowie insbesondere die öffentlich-rechtlichen Regelungen hinsichtlich der Einrichtung und Ausgestaltung der Bienenhaltung (Baurecht), dem Schutz der Bienen vor Krankheiten (Seuchenrecht) und den Anforderungen an den Imker zum Inverkehrbringen des Honigs (Lebensmittelrecht). 4. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass Imker in Ausübung der Imkerei das Recht zum Befahren von Waldwegen haben? 5. Falls nein, wie will die Landesregierung die Aufstellung und Pflege von Bienenvölkern in Waldgebieten ermöglichen? Zu 4. und 5.: Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass für Imker wie für andere Landnutzer auch die Regelungen des Landeswaldgesetzes über das Betreten des Waldes gelten. Danach ist das Fahren und Abstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern im Wald nach § 37 Abs. 4 Nr. 1 Landeswaldgesetz ohne ausdrückliche Befugnis der Waldbesitzenden nicht zulässig. Die Befugnis kann der Waldbesitzende im Rahmen seines Verfügungsrechts in Einzelfällen an bestimmte Personen oder an einen zumindest bestimmbaren Personenkreis erteilen. Eine allgemeine Öffnung der Waldwege für Kraftfahrzeuge kann dagegen nicht erteilt werden, da hiermit die Erholungsfunktion des Waldes erheblich beeinträchtigt würde. Nach der Wegebenutzungs-Anweisung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz für die Waldwege im Staatswald kann bei öffentlichem Inte - resse an Behörden, wissenschaftliche Institute, Ärzte, Tierärzte, Hebammen, Seel - sorger oder andere gemeinnützige Nutzer sowie Dritten eine unentgeltliche Fahrberechtigung erteilt werden, soweit die genannten Personen die Wege in Aus - übung ihrer Tätigkeit benutzen. Nach Auffassung der Landesregierung besteht an der Pflege der Bienenvölker und damit an der Imkerei ein hohes öffentliches Interesse. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3373 4 Deswegen unterstützt der Landesbetrieb ForstBW die Imkerei dadurch, dass den Imkern auf Anfrage das Aufstellen und die Pflege von Bienenvölkern sowie das Befahren von Waldwegen im Staatswald mit Kraftahrzeugen in Ausübung der Imkerei möglichst weitgehend gestattet wird. Ein allgemeines Aufstellungs- und Befahrensrecht (z. B. zum Auskundschaften potenzieller Aufstellungsorte für Bienenstöcke ) ist damit allerdings nicht verbunden, da schon aus Sicherheitsgründen die zuständigen unteren Forstbehörden die Möglichkeit haben müssen, geplante Aufstellungsorte für Bienenstöcke im Staatswald vorab auf ihre Geeignetheit zu überprüfen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz