Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3390 25. 01. 2018 1Eingegangen: 25. 01. 2018 / Ausgegeben: 01. 03. 2018 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder und Jugendliche besuchen seit dem Schuljahr 2010/2011 jeweils (nach Schuljahr und muttersprachlichem Angebot sortiert) den durch das Kultusministerium geförderten und durch die Konsulate organisierten muttersprachlichen Unterricht in Baden-Württemberg? 2. Welche Modelle für den muttersprachlichen Unterricht gibt es nach ihrer Kenntnis in anderen Ländern? 3. Nach welchen Kriterien fördert das Kultusministerium das muttersprachliche Angebot jetzt und in Zukunft? 4. Hat das Kultusministerium bereits Vorstellungen darüber, wie und in welchem Zeitraum das bisherige Konsulatsmodell in ein durch das Kultusministerium geführtes Modell überführt werden kann? 5. Mit welchen Lehrkräften möchte das Kultusministerium im Falle eines Modellwechsels einen muttersprachlichen Unterricht durchführen? 6. Mit welchen Kosten für die Umstellung und Durchführung rechnet das Kultusministerium ? 7. Welche Lehrinhalte sollen dem durch das Kultusministerium geführten Modell zugrunde liegen und kann hierzu auf Erfahrungen und bereits ausgearbeitete Lehrinhalte von anderen Kultusministerien zurückgegriffen werden? Kleine Anfrage der Abg. Sandra Boser und Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Muttersprachlicher Unterricht in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3390 2 8. Welchen Stellenwert soll der durch das Kultusministerium geführte muttersprachliche Unterricht auch hinsichtlich Benotung und Berücksichtigung im Zeugnis einnehmen? 24. 01. 2018 Boser, Lede Abal GRÜNE B e g r ü n d u n g Das Erkenntnisinteresse beruht auf der aktuellen Berichterstattung. A n t w o r t Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 Nr. 55-6642.0/378/1 beantwortet das Minis - terium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder und Jugendliche besuchen seit dem Schuljahr 2010/2011 jeweils (nach Schuljahr und muttersprachlichem Angebot sortiert) den durch das Kultusministerium geförderten und durch die Konsulate organisierten muttersprachlichen Unterricht in Baden-Württemberg? Schülerzahlen muttersprachlicher Zusatzunterricht in Baden-Württemberg, Schuljahre 2010/2011 bis 2017/2018 +HUNXQIWVODQG %RVQLHQ +HU]HJRZLQD *ULHFKHQODQG ,WDOLHQ .RVRYR .URDWLHQ 0DNHGRQLHQ 3ROHQ 3RUWXJDO 6HUELHQ 6ORZHQLHQ 6SDQLHQ 7UNHL 7XQHVLHQ 8QJDUQ *HVDPW 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3390 2. Welche Modelle für den muttersprachlichen Unterricht gibt es nach ihrer Kenntnis in anderen Ländern? In Deutschland haben sich im Wesentlichen zwei Modelle zur Umsetzung der ver - bindlichen Richtlinie des Rates 77/486/EWG über die schulische Betreuung der Kinder von Wanderarbeitnehmern vom 25. Juli 1977 herausgebildet, zum einen die Durchführung in der Verantwortung des Landes und zum anderen die Durchführung im sog. Konsulatsmodell. Bei der Durchführung in Landesverantwortung – so z. B. in Niedersachsen, Rhein - land-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen – sind entsprechende Lehr- bzw. Bildungspläne ausgestaltet. Die Qualifizierungsvoraussetzungen für die eingesetzten Lehrkräfte in den Bundesländern mit staatlichem Angebot sind unterschiedlich. Neben dem Einsatz von bereits im Landesdienst befindlichen Lehrkräften mit entsprechender Qualifikation und Weiterbildung sind Lehrkräfte im Beamten- oder Angestelltenverhältnis bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen und Honorarkräfte für die Abdeckung des Unterrichts in Herkunftssprachen mit kleinen oder regional stark schwankenden Teilnehmerzahlen tätig. Im sog. Konsulatsmodell, das in Baden-Württemberg und anderen Ländern praktiziert wird, liegt die Verantwortung für die Durchführung bei den konsularischen bzw. diplomatischen Vertretungen. Das schließt die Verantwortung für die Ausgestaltung von Lehr- bzw. Bildungsplänen oder im Unterricht eingesetzte Lehrmaterialien ebenso ein wie die Verantwortung für die Gewinnung, den Einsatz und die Vergütung der Lehrkräfte. Die Lehrkräfte werden in der Regel im Herkunftsland ausgebildet und für den Einsatz im muttersprachlichen Zusatzunterricht auf Zeit entsandt. 3. Nach welchen Kriterien fördert das Kultusministerium das muttersprachliche Angebot jetzt und in Zukunft? In Baden-Württemberg liegt die Organisation, Durchführung und Kostenträgerschaft des muttersprachlichen Zusatzunterrichts seit jeher in der Verantwortung der Konsulate, bzw. der Herkunftsstaaten. Das Land gewährt auf Antrag der konsularischen bzw. diplomatischen Vertretungen einen Zuschuss für die in Zusammenhang mit der Organisation des muttersprachlichen Unterrichts entstehenden Personal- und Sachkosten und entrichtet die Versicherungsbeiträge für eine Schülerzusatzversicherung (Unfallversicherung). Die Rahmenbedingungen für den muttersprachlichen Zusatzunterricht sind in Ziffer 8 der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über die Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen vom 31. Mai 2017 festgelegt, u. a. sind darin die Voraussetzungen für die Bezuschussung des Landes geregelt. Außerdem werden die Schulträger gebeten, den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Schulräume für den muttersprachlichen Zusatzunterricht kostenlos zu überlassen, und die Schulbehörden und Schulen aufgefordert, eine enge Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Lehrern der Herkunftsländer anzustreben. Zudem wird geregelt, dass die diplomatischen und konsularischen Vertretungen für den muttersprachlichen Zusatzunterricht Noten vergeben können , die entweder unter „Bemerkungen“ im Zeugnis eingetragen oder diesem als Beiblatt beigelegt werden können. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3390 4 4. Hat das Kultusministerium bereits Vorstellungen darüber, wie und in welchem Zeitraum das bisherige Konsulatsmodell in ein durch das Kultusministerium ge führtes Modell überführt werden kann? 5. Mit welchen Lehrkräften möchte das Kultusministerium im Falle eines Modellwechsels einen muttersprachlichen Unterricht durchführen? 6. Mit welchen Kosten für die Umstellung und Durchführung rechnet das Kultusministerium ? 7. Welche Lehrinhalte sollen dem durch das Kultusministerium geführten Modell zugrunde liegen und kann hierzu auf Erfahrungen und bereits ausgearbeitete Lehrinhalte von anderen Kultusministerien zurückgegriffen werden? 8. Welchen Stellenwert soll der durch das Kultusministerium geführte muttersprachliche Unterricht auch hinsichtlich Benotung und Berücksichtigung im Zeugnis einnehmen? Ein Modellwechsel ist derzeit nicht geplant. Die Abschätzung der erforderlichen Ressourcen für eine modellhafte Überfüh - rung des muttersprachlichen Zusatzunterrichts in die Verantwortung des Landes ist abhängig von der Ausgestaltung der alternativen Angebotsform: Je nach Breite des Sprachenangebots, der angesetzten Wochenstundenzahl, der angenommenen Schulstufen sowie der angenommenen Schülerbeteiligung ergeben sich grobe Schätzwerte allein für den Deputatsbedarf von bis zu rund 57 Mio. Euro. Dabei wird unterstellt, dass das Angebot für eine deutlich größere Gruppe von Schülerinnen und Schülern vorzuhalten ist, als es derzeit für die im Konsulatsmodell bezuschussten Kurse zutrifft. Hinzu kämen weitere Kosten z. B. für die Schulaufsicht , die Ausbildung der Lehrkräfte, die Lehrkräftegewinnung und -qualifikation, Entwicklung der Bildungspläne und der Lehrmaterialien etc. Dr. Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport