Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 3414 28. 01. 2018 1Eingegangen: 28. 01. 2018 / Ausgegeben: 07. 03. 2018 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche nicht-invasiven Untersuchungsmethoden kommen zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern (UMA) infrage? 2. Wie beurteilt sie die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der nicht-invasiven Untersuchungsmethoden ? 3. Ist der Landesregierung die Möglichkeit zur Altersfeststellung per Ultraschall- Handscanner bekannt? 4. Falls ja, wie beurteilt sie die Einsatzmöglichkeiten von Ultraschall-Handscannern zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern in Hinblick auf Zuverlässigkeit, Aussagekraft, Kosten und schnellen gesetzlich gesicherten Einsatz? 23. 01. 2018 Stauch AfD Kleine Anfrage des Abg. Hans Peter Stauch AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Altersfeststellungen durch Ultraschall-Handscanner Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3414 2 B e g r ü n d u n g Wie einer Presseinformation zur MEDICA 2017 zu entnehmen war, hat das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT einen mobilen, nicht-invasiven Ultraschall-Handscanner zur Identifizierung minderjähriger Opfer von Menschenhändlern entwickelt. Ein Telefonat mit dem Institut ergab, dass das Gerät bislang aufgrund der Ausgangszielsetzung auf die Untersuchung von weiblichen Händen ausgelegt ist, eine Anpassung auf männliche Hände jedoch ohne größeren Aufwand möglich wäre. Die Kleine Anfrage soll klären, ob der Landesregierung diese Möglichkeit der nicht-invasiven Altersfeststellung bekannt ist und ob ein Einsatz in naher Zukunft erfolgen könnte. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. Februar 2018 Nr. 22-0141.5/16/3414 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche nicht-invasiven Untersuchungsmethoden kommen zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern (UMA) infrage? Nach § 42 f Absatz 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) hat das Jugendamt die Minderjährigkeit der gemäß § 42 a SGB VIII vorläufig in Obhut genommenen ausländischen Person durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere oder hilfsweise mittels einer qualifizierten In - augenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. Bei der qualifizierten Inaugen - scheinnahme handelt es sich um eine nicht-invasive Methode zur Altersfeststellung . Im Rahmen der Altersfeststellung nach § 49 Absatz 3 i. V. m. Absatz 6 Aufenthaltsgesetz ist beispielsweise eine Röntgenuntersuchung der Handwurzel zulässig. Zu den nicht-invasiven Untersuchungsmethoden im medizinischen Sinne zählen neben dem Röntgen – beispielsweise der Handwurzel – strahlungsfreie bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT/Kernspintomografie) oder Ultraschalluntersuchungen beispielsweise der Handwurzelknochen. 2. Wie beurteilt sie die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der nicht-invasiven Untersuchungsmethoden ? Für die medizinische Altersbestimmung stehen verschiedene Methoden zur Verfügung , die jeweils das biologische Alter innerhalb einer bestimmten Altersspanne eingrenzen. Für eine möglichst belastbare Altersschätzung ist es daher sinnvoll, mehrere Methoden zu nutzen, um das mögliche Abweichen einzelner Merkmale von dem Gesamtbild der Altersausprägungen erkennen zu können: z. B. Allgemeine Anamnese und körperliche Untersuchung (Messung von Körperhöhe, Gewicht , Schulter-, Taillen- und Hüftbreite), zahnärztliche Untersuchung (Bestimmung des Zahnstatus), Beurteilung der Skelettreifung mit Hilfe von bildgebenden Verfahren zur Entwicklung der Handwurzelknochen (üblicherweise Röntgen - diagnostik) sowie der Schulterblätter (üblicherweise Röntgendiagnostik oder Computertomografie). Dieses Vorgehen entspricht den Empfehlungen der Arbeitsgruppe für Forensische Altersdiagnostik. Aus medizinischer Sicht ist es für eine hinreichend zuverlässige Einschätzung des biologischen Alters erforderlich, entsprechend den vorstehend genannten fachlichen Standards vorzugehen und im abgestuften Verfahren mehrere Verfahren zur Altersfeststellung bei UMA anzuwenden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3414 3. Ist der Landesregierung die Möglichkeit zur Altersfeststellung per Ultraschall- Handscanner bekannt? Ja. 4. Falls ja, wie beurteilt sie die Einsatzmöglichkeiten von Ultraschall-Handscannern zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern in Hinblick auf Zuverlässigkeit, Aussagekraft, Kosten und schnellen gesetzlich gesicherten Einsatz? Beim Einsatz von Ultraschall-Handscannern im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts hat sich gezeigt, dass die Methode als Screeningverfahren sinnvoll einsetzbar ist. Die Methode kann von der Belastbarkeit des Ergebnisses eine wie oben beschriebene medizinische Altersbestimmung allerdings nicht ersetzen. Sie könnte die bestehenden nicht-invasiven Methoden zur medizinischen Altersbestimmung erweitern. Eine medizinische Altersuntersuchung nach dem SGB VIII erfolgt bei Flüchtlingen , die unbegleitet in das Bundesgebiet einreisen und bei denen Minderjährigkeit vorliegen könnte. Für diese Personengruppe ist das Verfahren zur Altersfeststellung in § 42 f SGB VIII bundesrechtlich verbindlich geregelt. Lucha Minister für Soziales und Integration