Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 401 05. 08. 2016 1Eingegangen: 05. 08. 2016 / Ausgegeben: 08. 09. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Hat die Stadt Weinheim ihrer Kenntnis nach einen Antrag zur Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes auf dem Geiersberg gestellt? 2. Trifft es zu, dass zur Ausweisung einer Konzentrationszone in einem (bisherigen ) Landschaftsschutzgebiet dieses bereits vorab aufgehoben werden muss? 3. Zu welchen Zeitpunkten bei der im Planungsverfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen und im Genehmigungsverfahren für Windenergiean - lagen spielt die Abwägung zwischen Landschaftsschutz und Energiewende eine Rolle? 4. Wer entscheidet abschließend über die Aufhebung eines Landschaftsschutzgebiets ? 5. Wird bei der Aufhebung eines Landschaftsschutzgebiets ein Grad der Schutz - würdigkeit einer Landschaft unterschieden oder wird jedes Landschaftsschutzgebiet als gleichwertig angesehen? 6. Wie bewertet sie im Zusammenhang mit einer Differenzierung der Schutzwürdigkeit einer Landschaft die Studie des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie (ILPÖ) der Universität Stuttgart vom November 2014? 7. Wie bewertet diese Studie die badische Bergstraße und insbesondere den genannten Bereich Geiersberg? 8. In wessen Auftrag und zur Verwendung in welchem Zusammenhang wurde diese Studie in Auftrag gegeben? Kleine Anfrage des Abg. Georg Wacker CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Bedeutung des Landschaftsschutzes beim Ausbau der Windenergie an der Badischen Bergstraße Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 401 2 9. Ist geplant, die Ergebnisse der Studie im Sinne von Open Data, das besonders im Bereich Geoinformation eine immer größere Rolle spielt, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen? 05. 08. 2016 Wacker CDU B e g r ü n d u n g Im Zusammenhang mit der Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie in Weinheim steht zur Debatte, das Landschaftsschutzgebiet auf dem Geiersberg aufzuheben. Da hier verschiedene politische und Verwaltungsebenen be - teiligt sind und teils widersprüchliche Informationen vor Ort und in den Medien verbreitet werden, ist eine Aufarbeitung des Themenkomplexes notwendig, um die in diesem Zusammenhang notwendige Abwägung zwischen widerstreitenden Interessen des Naturschutzes für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Entscheidungsträger so transparent wie möglich zu machen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. August 2016 Nr. 72-8881.59 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hat die Stadt Weinheim ihrer Kenntnis nach einen Antrag zur Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes auf dem Geiersberg gestellt? Die Stadt Weinheim hat nach Kenntnis der Landesregierung am 10. November 2014 eine als Antrag bezeichnete Anfrage nach Änderung (Zonierung) der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Bergstraße-Nord“ beim Landratsamt Rhein- Neckar-Kreis gestellt, um eine Konzentrationszone für Windenergieanlagen ausweisen zu können. 2. Trifft es zu, dass zur Ausweisung einer Konzentrationszone in einem (bisherigen ) Landschaftsschutzgebiet dieses bereits vorab aufgehoben werden muss? Wesentliche Schutzzwecke von Landschaftsschutzgebieten sind in aller Regel das Landschaftsbild und die Erholung sowie der Naturhaushalt. Die Planung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen greift regelmäßig in diese Schutz - zwecke ein, da die Verordnungen zu Landschaftsschutzgebieten zumeist ein Bauverbot mit Erlaubnisvorbehalt enthalten, das auch für Windenergieanlagen gilt. Eine Erlaubnis ist in der Regel nicht geeignet, um einen Widerspruch des Vorhabens zum Schutzzweck der Verordnung auszuräumen. Bei der Planung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten kann jedoch im Einzelfall eine Befreiungslage auf der Grundlage von § 67 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gegeben sein. Ist eine Befreiungslage nicht gegeben , insbesondere bei großflächiger Betroffenheit oder der (teilweisen) Funk - tionslosigkeit des Landschaftsschutzgebiets durch die Realisierung der Kon - zentrationszonenplanung, ist allerdings eine Aufhebung oder Änderung der Land schafts schutzgebietsverordnung erforderlich, bevor ein Flächennutzungsplan mit Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in diesem Gebiet beschlossen werden kann (vgl. insoweit Kap. 4.2.3.1 des Windenergieerlasses Baden -Württemberg vom 9. Mai 2012, Az. 64-4583/404). 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 401 3. Zu welchen Zeitpunkten bei der im Planungsverfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen und im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen spielt die Abwägung zwischen Landschaftsschutz und Energiewende eine Rolle? Die Abwägung zwischen Landschaftsschutz- und Energie-/Klimaschutzbelangen spielt bei der Prüfung zahlreicher naturschutzrechtlicher Rechtsvorschriften (z. B. im Gebietsschutz und im Artenschutz) sowohl im Rahmen von Planungs-, als auch im Rahmen von Genehmigungsverfahren eine Rolle. Insbesondere auch bei der Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung wägt die zuständige Naturschutzbehörde die sich gegenüber stehenden Inte ressen des Landschaftsschutzes und der Energie- und Klimaschutzbelange ab. Ferner findet auch bei der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan eine abschließende bauleitplanerische Abwägung der Belange des Land schaftsschutzes mit den Energie- und Klimaschutzbelangen und den sonstigen Be langen statt. 4. Wer entscheidet abschließend über die Aufhebung eines Landschaftsschutzgebiets ? Zuständig für die Aufhebung oder Änderung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung ist in der Regel die untere Naturschutzbehörde nach § 23 Absatz 4 Naturschutzgesetz (NatSchG) i. V. m. § 23 Absatz 7 NatSchG. 5. Wird bei der Aufhebung eines Landschaftsschutzgebiets ein Grad der Schutz - würdigkeit einer Landschaft unterschieden oder wird jedes Landschaftsschutzgebiet als gleichwertig angesehen? Den zuständigen Naturschutzbehörden ist es unbenommen, eine Schutzgebietsfestsetzung nachträglich wieder aufzuheben oder zu beschränken, sofern den beson - deren Schutzzwecken des jeweiligen Landschaftsschutzgebiets entgegenstehende, überwiegende sachliche Gründe die Zurückstellung der Naturschutzbelange rechtfertigen . Überwiegende und sachliche Gründe können insbesondere die Klimaschutzbelange sein. Ob und inwieweit eine Änderung oder Aufhebung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung erfolgt, liegt damit im Normsetzungsermessen des Verordnungsgebers (vgl. hierzu auch das Schreiben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu „Aufhebungs- und Änderungsverfahren von Landschaftsschutzgebieten zugunsten von Windenergieanlagen“ vom 7. November 2013, Az. 62-8881.59). Insoweit kommt es entscheidend auf die Abwägung des Verordnungsgebers im Hinblick auf die Schutzzwecke des Landschaftsschutzgebiets und die Energie- und Klimaschutzbelange an. 6. Wie bewertet sie im Zusammenhang mit einer Differenzierung der Schutzwürdigkeit einer Landschaft die Studie des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie (ILPÖ) der Universität Stuttgart vom November 2014? 7. Wie bewertet diese Studie die badische Bergstraße und insbesondere den genannten Bereich Geiersberg? 8. In wessen Auftrag und zur Verwendung in welchem Zusammenhang wurde diese Studie in Auftrag gegeben? 9. Ist geplant, die Ergebnisse der Studie im Sinne von Open Data, das besonders im Bereich Geoinformation eine immer größere Rolle spielt, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen? Die Studie der Universität Stuttgart bewertet die Siedlungsbereiche im Naturraum Bergstraße auf einer Skala von 0 bis 10 mit 4, die Freiflächen zwischen den Siedlungen mit 5 bis 5,5, den Bereich Geiersberg mit 7 und die für die Bergstraße charakteristischen Höhenzüge mit 7 bis 8. Ansonsten wird auf die Landtagsdrucksache 16/229 verwiesen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft