Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 417 09. 08. 2016 1Eingegangen: 09. 08. 2016 / Ausgegeben: 14. 09. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die Anzahl an Kinderehen in Baden-Württemberg für die ersten sieben Monate des Jahres 2016 unter separater Angabe der Dunkelziffer? 2. Welche statistischen Maßnahmen werden ergriffen, um die Zahl der Kinder - ehen festzustellen? 3. Wie alt sind die betroffenen Kinder? 4. Wie viele Kinder sind männlich und wie viele weiblich? 5. Wie viele Kinderehen bestehen unter Minderjährigen und wie viele zwischen Kind und Erwachsenem? 6. Welche Nationalität haben die betroffenen Kinder und die Erwachsenen? 7. Wie viele Betroffene waren bereits vor der Einreise nach Baden-Württemberg verheiratet? 8. Wie viele Kinderehen wurden in Baden-Württemberg nach islamischem Recht geschlossen? 9. Welcher Religion bzw. innerreligiösen Strömung gehören die Betroffenen an (bitte nach Zahlen aufschlüsseln)? 10. Welche Maßnahmen ergreift sie, um Kinderehen zu unterbinden und den Betroffenen zu helfen und Schutz zu bieten? 05. 08. 2016 Berg ABW Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg ABW und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Kinderehen in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 417 2 B e g r ü n d u n g Laut Morgenpost Sachsen vom 3. August 2016 bestehen im Freistaat Sachsen 56 Kinderehen zwischen erwachsenden Männern und Mädchen mit zumeist syrischen Wurzeln. Diese Kleine Anfrage soll den Umfang der Problematik in Baden- Württemberg für die ersten sieben Monate beleuchten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. September 2016 Nr. 2 1020/33 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministe - rium für Finanzen und dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist die Anzahl an Kinderehen in Baden-Württemberg für die ersten sieben Monate des Jahres 2016 unter separater Angabe der Dunkelziffer? 2. Welche statistischen Maßnahmen werden ergriffen, um die Zahl der Kinder - ehen festzustellen? 3. Wie alt sind die betroffenen Kinder? 4. Wie viele Kinder sind männlich und wie viele weiblich? 5. Wie viele Kinderehen bestehen unter Minderjährigen und wie viele zwischen Kind und Erwachsenem? 6. Welche Nationalität haben die betroffenen Kinder und die Erwachsenen? 7. Wie viele Betroffene waren bereits vor der Einreise nach Baden-Württemberg verheiratet? Zu 1. bis 7.: Statistische Angaben zu Eheschließungen und zum Familienstand werden nach dem Bevölkerungsstatistikgesetz erhoben. Aus der Eheschließungsstatistik sind die gewünschten Angaben zu den in Baden- Württemberg von Kindern geschlossenen Ehen nicht verfügbar. Nach § 2 des Bevölkerungsstatistikgesetzes übermitteln die Standesämter an die statistischen Landesämter allein die in den deutschen Eheregistern eingetragenen Eheschließungen. Dies sind die Daten von in Deutschland geschlossenen Ehen oder die Daten von im Ausland geschlossenen Ehen, wenn diese in einem deutschen Eheregister nach § 34 Personenstandsgesetz nachbeurkundet werden. Die Nachbeurkundung setzt jedoch jeweils einen Antrag der Berechtigten und u. a. die Prüfung der Wirksamkeit der im Ausland geschlossenen Ehe voraus. Es gibt keine Verpflichtung, eine im Ausland geschlossene Ehe in Deutschland nach - registrieren zu lassen. Ein Teil der gewünschten Angaben lässt sich jedoch aus der sogenannten Bevölkerungsfortschreibung (§ 5 i. V. m. den §§ 2 bis 4 des Bevölkerungsstatistikgesetzes ) generieren. Verfügbar sind daraus Angaben zur Zahl der Verheirateten nach dem Alter. Die Ergebnisse zu den Verheirateten im Alter von unter 18 Jahren sind zum aktuellsten Stichtag, dem 31. Dezember 2015, nachfolgend tabellarisch aufgeführt . 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 417 Zu den nachfolgenden Angaben des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg wird noch Folgendes angemerkt: Die Bevölkerungsfortschreibung enthält zwar Angaben zum Familienstand, nicht aber dazu, ob Personen beispielsweise eine Familie bilden oder miteinander verheiratet sind. Es ist deshalb aus den beigefügten Angaben nicht möglich, die Zahl der Ehen zwischen Minderjährigen einerseits und die zwischen Minderjährigen und Erwachsenen andererseits zu benennen. Darüber hinaus verfügt das Statistische Landesamt bei den Verheirateten weder über Angaben zur Konfession noch zu einzelnen ausländischen Staatsangehörigkeiten. Schließlich kann in den Fortschreibungsergebnissen auch nicht danach unterschieden werden, ob die Eheschließung bereits im Ausland oder erst im Inland erfolgt ist. Insoweit liegen dazu auch keine Angaben vor. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Verheiratete Minderjährige in Baden-Württemberg am 31.12.2015 A. Gesamtbevölkerung Alter Verheiratete davon insgesamt männlich weiblich 14-jährig 5 0 5 15-jährig 13 0 13 16-jährig 56 4 52 17-jährig 113 15 98 B. Deutsche Staatsangehörige Alter Verheiratete davon insgesamt männlich weiblich 14-jährig 0 0 0 15-jährig 0 0 0 16-jährig 3 0 3 17-jährig 3 0 3 C. Ausländische Staatsangehörige Alter Verheiratete davon insgesamt männlich weiblich 14-jährig 5 0 5 15-jährig 13 0 13 16-jährig 53 4 49 17-jährig 110 15 95 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 417 4 8. Wie viele Kinderehen wurden in Baden-Württemberg nach islamischem Recht geschlossen? Zu 8.: Mangels statistischer Erhebungen liegen keine Zahlen darüber vor, wie viele Ehen nach islamischem Recht in Baden-Württemberg geschlossen wurden. 9. Welcher Religion bzw. innerreligiösen Strömung gehören die Betroffenen an (bitte nach Zahlen aufschlüsseln)? Zu 9.: Es wird auf die Antwort zu Frage Nr. 1. bis 7. verwiesen. Im Übrigen wird die Religionszugehörigkeit nach geltendem Recht auch bei allen in Deutschland standesamtlich geschlossene Ehen nicht zwingend in staatliche Register aufgenommen. Die Religionszugehörigkeit (zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts) von Ehepaaren wird nur noch auf Wunsch in das Eheregister eingetragen (§ 15 Personenstandsgesetz). 10. Welche Maßnahmen ergreift sie, um Kinderehen zu unterbinden und den Betroffenen zu helfen und Schutz zu bieten? Zu 10.: Eine vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz jüngst auf Initiative der Länder Bayern und Nordrhein-Westfallen ins Leben gerufene Arbeitsgruppe soll zeitnah Vorschläge zum Umgang des deutschen Rechts mit Minderjährigenehen erarbeiten. Ziel sind klarere gesetzliche Maßstäbe zum Ehemindestalter und zur Anerkennung von Auslandsehen, die schwierige Einzelfallab - wägungen, wie sie bislang im Rahmen der ordre-public-Prüfung (Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch) vorgenommen werden müssen , erleichtern oder auch ersetzen sollen. Das Justizministerium Baden-Württemberg unterstützt die Initiative nachdrücklich und wird den weiteren Diskussionsprozess in und außerhalb der Arbeitsgruppe intensiv begleiten. Sofern sich aus Kinderehen Problemlagen ergeben, stehen den Betroffenen unterschiedliche adäquate Beratungs- und Unterstützungsstellen im Land zur Verfügung , an die sie sich jederzeit wenden können. Soweit es um den Schutz von minderjährigen Ehepartnern bei Asylsuchenden und Flüchtlingen geht, wird auf die Antwort in der LT-Drs. 16/153 verwiesen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration