Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 431 11. 08. 2016 1Eingegangen: 11. 08. 2016 / Ausgegeben: 13. 09. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stuft sie das Spiel „Pokémon Go“ aus sicherheitspolitischer Sicht ein? 2. Wie stuft sie das Spiel „Pokémon Go“ aus datenschutzrechtlicher Sicht ein? 3. Unternimmt sie etwas zur Aufklärung der Konsumenten mit Blick auf Gefahren im Straßen- und Schienenverkehr? 4. Unternimmt sie etwas zur Aufklärung der Konsumenten mit Blick auf Gefahren in Bezug auf den Datenschutz? 5. Welche Auswirkung hat das oben genannte Spiel nach ihrer Einschätzung auf den Lernerfolg der Schulpflichtigen? 6. Welche Auswirkung hat das oben genannte Spiel nach ihrer Einschätzung auf den Arbeitsbereich und die Wirtschaft? 7. Welche langfristigen Folgen sieht sie auf das sozial-kulturelle Leben mit Blick auf die Entwicklung des sogenannten „Cocooning“ (engl. „verpuppen“, „sich einspinnen“)? 11. 08. 2016 Berg ABW Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg ABW und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration „Pokémon Go“ aus sicherheitspolitischer und datenschutzrechtlicher Sicht Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 431 2 B e g r ü n d u n g Vermehrt ist verschiedenen Medien zu entnehmen, dass Unternehmen ihren Angestellten das Spiel „Pokémon Go“ untersagen und dabei Sicherheits- und Datenschutzbedenken geltend machen. Zudem kam es weltweit bereits zu Todesfällen und Straftaten. Diese Kleine Anfrage soll helfen, das möglicherweise auch in Baden-Württemberg bestehende Problem zu beleuchten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. September 2016 Nr. 3-110/130/1 beantwortet das Ministe - rium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Verkehrsministerium , dem Kultusministerium, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dem Wirtschaftsministerium sowie dem Landes - beauftragten für den Datenschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stuft sie das Spiel „Pokémon Go“ aus sicherheitspolitischer Sicht ein? Zu 1.: Das Spiel „Pokémon Go“ stellt bei einem verantwortungsvollen Umgang kein sicherheitspolitisches Risiko dar. Nach derzeitigem Sachstand sind in Baden- Württemberg keine Besonderheiten in Bezug auf das polizeiliche Einsatzgeschehen und die Entwicklung der Straftaten bekannt. 2. Wie stuft sie das Spiel „Pokémon Go“ aus datenschutzrechtlicher Sicht ein? Zu 2.: Aus Sicht des Datenschutzes sind Apps, die zahlreiche Berechtigungen vom Benutzer verlangen, grundsätzlich kritisch zu sehen. Dies gilt umso mehr, wenn diese Berechtigungen für die eigentliche Funktionsfähigkeit der App nicht erforderlich sind. Gerade Apps, die kostenlos sind, sammeln in der Regel so besonders viele Nutzerdaten, die sie dann gewinnbringend, insbesondere an Werbeunternehmen , verkaufen. So werden bei der Anmeldung und während des Spiels personenbezogene Daten und Standortdaten erhoben. Die konkret erhobenen Daten und deren Verwendungszwecke werden in den Datenschutzbestimmungen nur beispielhaft aufgeführt . Darüber hinaus behält sich der Hersteller vor, Daten an Dritte weiterzugeben . Diese Drittfirmen sind in den Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen ebenfalls nicht explizit aufgeführt. Durch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wurde der Hersteller des Spiels „Pokémon Go“ aufgrund einiger Klauseln in den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie bereits abgemahnt. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hat die Datenschutzrichtlinie des Spiels analysiert und ebenfalls einige datenschutzrechtliche Defizite benannt. Seit dem 25. August 2016 hat die Betreiberfirma über den entsprechenden Eintrag und Link im Google Playstore eine neue, stark überarbeitete Datenschutzrichtlinie für „Pokémon Go“ veröffentlicht. Dabei wurde offensichtlich einigen datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung getragen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 431 3. Unternimmt sie etwas zur Aufklärung der Konsumenten mit Blick auf Gefahren im Straßen- und Schienenverkehr? Zu 3.: Aufgrund der in den vergangenen Jahren auch in Baden-Württemberg stark angestiegenen Smartphone-Verbreitung wurden diverse Aufklärungsmaßnahmen in Bezug auf die Gefahren im Straßen- und Schienenverkehr durch Ablenkung unternommen . So hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg (VM) im November 2015 diese Gefahr mittels einer öffentlichkeitswirksamen Kooperation mit Sportvereinen thematisiert. Das VM warb für die Kampagne „Nicht ablenken lassen – Finger weg vom Handy“ des Bundesverkehrsministerium (BMVI) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrat e. V. (DVR) mit Flyern und Handyhüllen sowie einem überdimensionalen Modell-Handy für mehr Verkehrssicherheit. Unterstützung erhielt das VM seitens der Fußballvereine der ersten und zweiten Bundesliga und der Handballvereine der ersten Bundesliga in Baden-Württemberg, die eine kurze Videosequenz zum Thema „Ablenkung“ in der Halbzeitpause oder alternativ vor Spielbeginn bzw. nach Spielende ausstrahlten. Das VM beabsichtigt auch in zukünftigen Öffentlichkeitskampagnen die Bevölkerung für diese Gefahren zu sensibilisieren. Auch die Polizei führt vielseitige Präventionsmaßnahmen durch, wie z. B. die landesweite Aktion „NO GAME. SICHER FAHREN – SICHER LEBEN“ oder die landesweite Verkehrssicherheitsaktion GIB ACHT IM VERKEHR, bei der das Thema Ablenkung im Straßenverkehr bei Vorträgen und Verkehrssicherheitstagen an Schulen ein Schwerpunktthema darstellt. Verschiedene Polizeidienststellen veröffentlichten zu dem Spiel Posts auf ihren jeweiligen Facebook-Seiten und stellten damit verbundene Probleme durch Unachtsamkeit sowie strafbare Handlungen dar. Ebenso wurden ausgewählte Beiträge anderer Dienststellen, beispielsweise der Polizei Hamburg, geteilt. Der in diesem Post enthaltene Flyer „Reale Gefahren im digitalen Spiel“ gibt verschiedene Hinweise und Präventionstipps für „Pokémon Go“-Spieler. Das Polizeipräsidium Karlsruhe führte am 17. August 2016 eine Präventionsveranstaltung in der Karlsruher Innenstadt durch. Das Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) gibt auf www.polizei-beratung.de Präventionstipps zu „Pokémon Go“. 4. Unternimmt sie etwas zur Aufklärung der Konsumenten mit Blick auf Gefahren in Bezug auf den Datenschutz? Zu 4.: Auf die Antwort zur Frage 2 wird verwiesen. Zudem informiert das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) Verbraucherinnen und Verbraucher auf verschiedenen Kanälen über die vielfältigen Themen des Verbraucherschutzes in der digitalen Welt. Z. B. wird auf seiner Facebook-Seite „VerbraucherBW“ gezielt über mögliche Risiken bestehender und neu aufkommender Technologien aufgeklärt. Auf dem Verbraucherportal Baden-Württemberg stehen Informationen und praktische Tipps zum sicheren Umgang mit mobilem Internet und Apps. U. a. hat der vzbv unmittelbar nach Veröffentlichung des Spiels umfangreiche Informationen dazu auf seiner Website veröffentlicht. Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ) unterhält ein umfassendes Beratungs- und Qualifizierungsangebot für Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler, welches Themen des Daten- und Verbraucherschutzes in den Fokus rückt. Hierzu werden u. a. eine Vielzahl von Veranstaltungen, die sich explizit mit den Themen Datenschutz und Datensicherheit befassen, durchgeführt. Im Rahmen der Medienkompetenz-Initiative Kindermedienland der Landesregierung werden Programme gefördert, die sich u. a. auch mit dem Thema Daten- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 431 4 schutz befassen. Zudem bietet die Homepage der Initiative unter www.kinder - medienland-bw.de einen umfassenden Überblick über entsprechende Programme und Informationsangebote im Land. Darüber hinaus publizierte die vom LMZ betriebene medienpädagogische Plattform des Landes „MediaCulture Online“ mehrere Beiträge zu diesem Thema. Aufgrund des massenweisen Sammelns personenbezogener Daten durch Apps berichtet der unabhängige Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg in seinem 32. Tätigkeitsbericht über die Prüftätigkeit der Aufsichtsbehörde . Im Übrigen weist er regelmäßig im Rahmen seiner Kontroll- und Informa - tionsarbeit auf die datenschutzrechtlichen Risiken beim Nutzen von Apps und Internetdiensten hin. 5. Welche Auswirkung hat das oben genannte Spiel nach ihrer Einschätzung auf den Lernerfolg der Schulpflichtigen? Zu 5.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse hierzu vor. Im Übrigen geht das Kultusministerium davon aus, dass Lehrkräfte über entsprechendes pädagogisches Handwerkszeug verfügen, um die Kinder und Jugendlichen für die Gefahren , die bei „Pokémon Go“ z. B. im Straßenverkehr auftreten können, zu sensibilisieren . 6. Welche Auswirkung hat das oben genannte Spiel nach ihrer Einschätzung auf den Arbeitsbereich und die Wirtschaft? Zu 6.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, ob und gegebenenfalls in welcher Weise dieses Spiel Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. 7. Welche langfristigen Folgen sieht sie auf das sozial-kulturelle Leben mit Blick auf die Entwicklung des sogenannten „Cocooning“ (engl. „verpuppen“, „sich einspinnen“)? Zu 7.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse hierzu vor. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration