Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 435 12. 08. 2016 1Eingegangen: 12. 08. 2016 / Ausgegeben: 20. 09. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie das künstlerische Niveau des Nationaltheaters Mannheim? 2. Wie wird die Leistungsfähigkeit des Nationaltheaters Mannheim im Vergleich zu den Staatstheatern in Karlsruhe und Stuttgart eingeschätzt (u. a. Zahl der Premieren und Aufführungen, Stärke der einzelnen Sparten, Bekanntheitsgrad, künstlerischer Ruf)? 3. Wo bestehen aus ihrer Sicht weitere Entwicklungspotenziale (unter Einbe - ziehung der Bewertung der einzelnen Sparten)? 4. Wie beurteilt sie angesichts des am Nationaltheater, ebenso wie an den Staatstheatern , vorhandenen A-Orchesters das musikalische Niveau von Oper und Orchester am Nationaltheater im Vergleich zu den anderen Staatstheatern? 5. In welcher Höhe gemessen am Gesamtbudget der Staatstheater in Karlsruhe und Stuttgart hat das Land in den vergangenen fünf Jahren diese Theater jeweils finanziert (bitte in jährlicher tabellarischer Aufstellung)? 6. Wie hat sich im Vergleich dazu der Anteil am Gesamtbudget des Nationaltheaters Mannheim und der Landeszuschuss an diese Einrichtung in den vergangenen fünf Jahren entwickelt (bitte in jährlicher tabellarischer Aufstellung)? 7. In welchem Verhältnis hat sich der jeweilige Zuschuss zur Einspielquote am Nationaltheater und an den Staatstheatern in den vergangenen fünf Jahren entwickelt ? 8. Sieht sie bei der Einspielquote am Nationaltheater ein weiteres Erhöhungspotenzial ? Kleine Anfrage des Abg. Georg Wacker CDU und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Nationaltheater Mannheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 435 2 9. Sieht sie Möglichkeiten, das Nationaltheater in Bezug auf Kooperationen mit besonders renommierten Künstlern zu unterstützen? 10. Plant sie, die Entwicklung der kommunalen Bühnen insbesondere der Mehr - spartenhäuser über das bisherige Maß zu unterstützen? 12. 08. 2016 Wacker CDU B e g r ü n d u n g Das Nationaltheater Mannheim ist nicht nur ein kulturelles Traditionshaus mit hohem künstlerischem Niveau in der Kurpfalz, sondern hat eine nationale und teils internationale Strahlkraft, die weit über die der meisten kommunalen Theater hinausreicht . Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag wird dem Nationaltheater eine Sonderrolle unter den kommunalen Theatern zugesprochen und zugleich ein besonderer Stellenwert in der Kunstförderung des Landes anerkannt. Die Kleine Anfrage dient einer Gegenüberstellung der drei Einrichtungen, ihrer Leistungsfähigkeit , ihrer Gesamtbudgets und des Finanzierungsanteils des Landes. Außerdem soll diese Kleine Anfrage als Grundlage für weitere parlamentarische Beratungen dienen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 12. September 2016 Nr. 51-7914.1-5/406/1 beantwortet das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Abstimmung mit dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie das künstlerische Niveau des Nationaltheaters Mannheim? Nach Auffassung der Landesregierung weist das renommierte Nationaltheater in Mannheim ein hohes künstlerisches Niveau auf. Für diese Einschätzung sprechen verschiedenste Auszeichnungen. Aktuell sind zwei Produktionen des Nationaltheaters Mannheim für den Deutschen Theaterpreis „DER FAUST“ nominiert, der am 5. November 2016 in Freiburg verliehen wird. Vorgeschlagen wurde Achim Freyer in der Kategorie Bühne/Kostüme für die Oper „Esame di mezanotte “ sowie Peter Konwitschny in der Kategorie Regie/Musiktheater für die Oper „La Juive“. Im letzten Jahr erhielt das Nationaltheater Mannheim in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Opernwelt die Auszeichnung als „Opernhaus des Jahres “ und für die „Uraufführung des Jahres“. 2. Wie wird die Leistungsfähigkeit des Nationaltheaters Mannheim im Vergleich zu den Staatstheatern in Karlsruhe und Stuttgart eingeschätzt (u. a. Zahl der Premieren und Aufführungen, Stärke der einzelnen Sparten, Bekanntheitsgrad, künstlerischer Ruf)? Die Zahl der Neuinszenierungen der drei Häuser schwankt in den letzten Jahren erheblich. Sie ist zum einen abhängig von besonderen Anlässen wie z. B. Intendantenwechsel oder Jubiläen aber auch spartenabhängig. So haben die Württembergischen Staatstheater Stuttgart im Vergleich zum Badischen Staatstheater 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 435 Karlsruhe und zum Nationaltheater Mannheim keine eigenständige Kinder- und Jugendtheatersparte. Die Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins weist für die Spielzeit 2014/2015 – ohne den Kinder- und Jugendtheaterbereich – beim Badischen Staatstheater Karlsruhe 27, bei den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart 28 und beim Nationaltheater Mannheim 26 Neuinszenierungen aus. Im Bereich Kinder- und Jugendtheater fanden im Badischen Staatstheater Karlsruhe sechs, in den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart zwei und im Nationaltheater Mannheim neun Premieren für Kinder und Jugendliche statt. Der Bekanntheitsgrad und der künstlerischen Ruf der drei Häuser sind qualitativ nicht objektiv messbar. Ein wichtiges Indiz für die hohe künstlerische Qualität aller drei Theater ist, dass sie regelmäßig wichtige nationale Auszeichnungen erhalten oder zu bedeutsamen und international renommierten Festivals und Gastspielen eingeladen werden. 3. Wo bestehen aus ihrer Sicht weitere Entwicklungspotenziale (unter Einbe - ziehung der Bewertung der einzelnen Sparten)? Die Stärken und Schwächen eines Theater herauszuarbeiten, daraus Entwicklungspotenziale abzuleiten und unter Berücksichtigung der vorliegenden Rahmenbedingungen und des vom Träger zugebilligten Theaterbudgets eine daran ausgerichtete künstlerische Prioritäten- und Profilbildung vorzunehmen, ist Aufgabe der jeweiligen Intendanzen und ihrer Leitungsteams. Auch unter dem Aspekt der Kunstfreiheit sind die Intendanten in der künstlerischen Entwicklung ihrer Häuser frei. 4. wie sie angesichts des am Nationaltheater, ebenso wie an den Staatstheatern, vorhandenen A-Orchesters das musikalische Niveau von Oper und Orchester am Nationaltheater beurteilt und ob sie hier Unterschiede zu den Staatstheatern sieht; Veranstaltungs- und Besucherzahlen weisen auf eine hohe Akzeptanz des Konzert - und Musiktheaterangebotes des Mannheimer Nationaltheaters hin. Oper und Orchester tragen zum insgesamt hohen künstlerischen Niveau des Nationaltheaters Mannheim bei, wie es auch bei den beiden Staatstheatern der Fall ist. 5. In welcher Höhe gemessen am Gesamtbudget der Staatstheater in Karlsruhe und Stuttgart hat das Land in den vergangenen fünf Jahren diese Theater jeweils finanziert (bitte in jährlicher tabellarischer Aufstellung)? Bei den beiden Staatstheatern haben sich das Land und die Sitzkommunen vertraglich verpflichtet, die nicht durch Eigeneinnahmen gedeckten einvernehmlich festgelegten Ausgaben je zur Hälfte zu finanzieren. Dies umfasst auch Maßnahmen für den Bau, Bauunterhalt und die Gebäudeausstattung. Die Landeszuwendungen und die Landesanteile an den Gesamtausgaben für die Spielzeiten 2010/2011 bis 2014/2015 können den nachstehenden Tabellen entnommen werden. Unter Berücksichtigung der erzielten Eigeneinnahmen lagen die ausgewiesenen Landesanteile an den Gesamtausgaben zuletzt bei 44,0 % in Karlsruhe und bei 40,7 % in Stuttgart. Spielzeit 2010/2011 2011/2012 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Gesamtausgaben Gesamtausgaben in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Gesamtausgaben Badisches Staatstheater Karlsruhe 46.103 20.120 43,6% 46.804 20.440 43,7 % Württembergische Staatstheater Stuttgart 95.466 37.619 39,4 % 96.092 39.418 41,0 % Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 435 4 6. Wie hat sich im Vergleich dazu der Anteil am Gesamtbudget des Nationaltheaters Mannheim und der Landeszuschuss an diese Einrichtung in den vergangenen fünf Jahren entwickelt (bitte in jährlicher tabellarischer Aufstellung)? Bei der Finanzierung der kommunalen Theater gelten für die Festlegung der Landesbeteiligung andere Maßstäbe als bei den beiden Staatstheatern. Bei der Kommunaltheaterförderung gibt es keinen Finanzierungsschlüssel. Seit der Umstellung auf die Festbetragsfinanzierung im Jahr 2000 werden die Zuschüsse, erhöht um einen anteiligen Tarifkostenausgleich, fortgeschrieben. Der früher angewandte Finanzierungsschlüssel von 60 : 40 (Stadt : Land) berechnete sich anhand der zuschussfähigen Ausgaben (Betriebskosten) und nicht der Gesamtausgaben. Annähernd vergleichbar mit den zuschussfähigen Ausgaben sind in etwa die in den Statistiken des Deutschen Bühnenvereins ausgewiesenen Betriebszuschüsse, die deshalb als Basis für die Berechnung der Landesanteile dienen. Dieser Landesanteil lag beim Nationaltheater Mannheim zuletzt bei rd. 32,8 %. Spielzeit 2012/2013 2013/2014 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Gesamtausgaben Gesamtausgaben in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Gesamtausgaben Badisches Staatstheater Karlsruhe 47.463 20.622 43,5 % 49.570 21.500 43,3 % Württembergische Staatstheater Stuttgart 97.756 40.066 41,0 % 105.951 42.607 39,9 % Spielzeit 2014/2015 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Gesamtausgaben Badisches Staatstheater Karlsruhe 52.335 23.026 44,0 % Württembergische Staatstheater Stuttgart 104.747 42.568 40,7 % Quelle: Theaterstatistiken 2010/2011 bis 2014/2015 des Deutschen Bühnenvereins, Angaben für die Spielzeit 2015/2016 liegen noch nicht vor Spielzeit 2010/2011 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Betriebskostenzuschuss in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Betriebskostenzuschuss 53.239 42.402 13.095 31 % Spielzeit 2011/2012 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Betriebskostenzuschuss in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Betriebskostenzuschuss 52.103 44.158 13.325 30,1 % Spielzeit 2012/2013 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Betriebskostenzuschuss in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Betriebskostenzuschuss 54.654 44.647 13.460 30,2 % 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 435 7. In welchem Verhältnis hat sich der jeweilige Zuschuss zur Einspielquote am Nationaltheater und an den Staatstheatern in den vergangenen fünf Jahren entwickelt ? Zur Entwicklung der Einspielquoten der drei Theater wird auf die nachstehenden Übersichten verwiesen. 8. Sieht sie bei der Einspielquote am Nationaltheater ein weiteres Erhöhungspotenzial ? Das Nationaltheater Mannheim ist wie die übrigen Kunst- und Kulturinstitutionen im Land darum bemüht, die Eigeneinnahmen zu erhöhen und die Finanzmittel über Fundraising, Sponsoring etc. zu verstärken. 9. Sieht sie Möglichkeiten, das Nationaltheater in Bezug auf Kooperationen mit besonders renommierten Künstlern zu unterstützen? Die Zusammenarbeit mit besonders renommierten Künstlerinnen und Künstlern durch Zuwendungen und Spenden zu unterstützen, ist unter anderem das klassische Betätigungsfeld von Fördervereinen oder Freundeskreisen und von Sponsoring -Partnerschaften mit den in der Region ansässigen Unternehmen. Das Nationaltheater Mannheim hat beispielsweise mit seinen außergewöhnlichen Ideen zur Finanzierung des Neuen Mannheimer Rings gezeigt, dass herausragende Sonderprojekte auch ohne zusätzliche Landesförderung mit Unterstützung von privater Seite erfolgreich umgesetzt werden können. Grundsätzlich haben die Theater die Möglichkeit, für besondere Vorhaben finanzielle Unterstützung aus dem Innovationsfonds, von der Baden-Württemberg- Stiftung oder aus sonstigen Projektförderlinien zu beantragen. So erhielt das Nationaltheater Mannheim von der Baden-Württemberg-Stiftung 1,15 Mio. Euro zur Realisierung des Internationalen Theaterfestivals „Theater der Welt“ und zur Neuinszenierung zweier Monteverdi-Opern. Spielzeit 2013/2014 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Betriebskostenzuschuss in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Betriebskostenzuschuss 57.449 47.944 14.015 29,3 % Spielzeit 2014/2015 Gesamtausgaben in Tsd. Euro Betriebskostenzuschuss in Tsd. Euro Landeszuschuss in Tsd. Euro Anteil an Betriebskostenzuschuss 57.538 47.461 15.565 32,8 % Quelle: Theaterstatistiken 2010/2011 bis 2014/2015 des Deutschen Bühnenvereins, Angaben für die Spielzeit 2015/2016 liegen noch nicht vor Einspielquoten in % 2010/2011 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 Badisches Staatstheater Karlsruhe 12,9 12,8 13,4 13,6 12,5 Württembergische Staatstheater Stuttgart 20,8 18,5 18,7 21,2 19,0 Nationaltheater Mannheim 14,8 13,0 14,3 15,2 13,4 Quelle: Theaterstatistiken 2010/2011 bis 2014/2015 des Deutschen Bühnenvereins, Angaben für die Spielzeit 2015/2016 liegen noch nicht vor Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 435 6 Im Zeitraum von 2012 bis 2016 wurde das Nationaltheater Mannheim neben der institutionellen Förderung mit rd. 0,9 Mio. EUR an Projektmitteln des Ministeriums zusätzlich unterstützt (vgl. Landtagsdrucksache 16/255): a) Innovationsfonds b) sonstige Projektförderungen 10. Plant sie, die Entwicklung der kommunalen Bühnen insbesondere der Mehr - spartenhäuser über das bisherige Maß zu unterstützen? Die Theater in kommunaler Trägerschaft sind ein unverzichtbarer Baustein der baden -württembergischen Theaterlandschaft. Mit ihrer Programmvielfalt und Qua li - tät leisten die Stadttheater einen bedeutenden Beitrag zum dezentralen Kunst- und Kulturangebot des Landes. Das Land ist bestrebt, seine Förderbe mühungen auch in den kommenden Jahren fortzuführen. Hierzu zählen insbesondere der verläss - liche Ausgleich der anteiligen Tarifsteigerungen sowie die weitere Unterstützung besonderer künstlerischer Entwicklungen über Projektförderungen. Die finanziellen Größenordnungen werden zu gegebener Zeit unter den dann gegebenen Rahmenbedingungen vom Haushaltsgesetzgeber zu entscheiden sein. Bauer Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Förderbereich/-linie Projekt Bewilligungsjahr Förderbetrag in Tsd. EUR Kulturelle Bildung Bürgerbühne 2012 und 2013 insgesamt 200,0 Kulturelle Bildung Ein Blick von der Brücke (Mannheim Arrival) 2015 75,0 Innovativ Happy New Ears (10 Jahre Junge Oper) 2015 45,0 Kulturelle Bildung Tanz für junges Publikum (Schnawwl) 2013 40,0 Interkultur Kulturschule 2016 50,0 Kulturelle Bildung Alphabet 2016 50,0 Summe 460,0 Förderbereich Projekt Bewilligungsjahr Förderbetrag in Tsd. EUR Im Rahmen des Landesjubiläums Mozartsommer 2012 250,0 Sonstige Kunstförderung Jahrestagung Dramaturgische Gesellschaft 2014 7,0 Sonstige Kunstförderung Bürgerbühnenkongress 2014 5,8 Förderung kulturelle Bildung im Theaterbereich Theaterpädagogik 2012 bis 2015 114,3 Projektförderung Kinderund Jugendtheater RESPEKT (Schnawwl) 2016 54,2 Summe 431,3