Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 442 18. 08. 2016 1Eingegangen: 18. 08. 2016 / Ausgegeben: 20. 09. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist nach derzeitigem Kenntnisstand die Gesamtzahl der Personen, die seit Januar 2014 nach Baden-Württemberg als Flüchtlinge eingereist sind (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 2. Wie viele Personen haben im Zeitraum aus Frage 1 einen Antrag auf Asyl gestellt (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 3. Wie viele dieser Anträge aus Frage 2 wurden in dieser Zeit abschlägig beschieden (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 4. Wie viele Personen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt worden ist, haben gleichwohl einen Duldungsstatus (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 5. Wie hoch beziffert sie den Anteil jener ausreisepflichtigen Personen seit dem Jahr 2014, die sich ohne Duldungsstatus im Land Baden-Württemberg aufhalten (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 6. Wie viele Abschiebemaßnahmen wurden seit Januar 2014 durch die zuständigen Behörden erfolgreich durchgeführt (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 7. In wie vielen Fällen musste kurzfristig von einer Abschiebung abgesehen werden (nach Verhinderungsgrund, Monat und Jahr tabellarisch aufgeführt)? 8. Welche Gesamtkosten entstehen dem Land Baden-Württemberg im Schnitt pro erfolgter Rückführung in die jeweiligen Heimatländer mit dem Flugzeug (inkl. Transport, Personal, Starthilfen, Dokumentation usw.)? 9. Gibt es vom Land Baden-Württemberg für in ihr Heimatland zurückgeführte Personen Starthilfen finanzieller Art? Kleine Anfrage des Abg. Anton Baron ABW und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Rückführungskosten für abgelehnte Flüchtlinge Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 2 10. Welche zusätzlichen Kosten entstanden dem Land bisher durch angefallene Starthilfen für rückgeführte Personen in den jeweiligen Herkunftsländern? 15. 08. 2016 Baron ABW B e g r ü n d u n g Bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern verstärkte Anstrengungen zu unternehmen hat sich die Landesregierung im Lichte der gegenwärtigen Flüchtlingskrise zum Ziel gesetzt. Medienberichten zufolge gibt es für die Umsetzung des Vollzugs angeordneter Rückführungsmaßnahmen häufig rechtliche und tatsächliche Hinderungsgründe. Dies hat zur Folge, dass abgelehnte Flüchtlinge aus verschiedensten Gründen nicht abgeschoben werden können. Ziel dieser Kleinen Anfrage ist es, über die tatsächlich vorhandenen Probleme der Rückführung umfassend Auskunft zu erhalten sowie ggf. Lösungsansätze der Landesregierung in Erfahrung zu bringen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. September 2016 Nr. 4-1362/196 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist nach derzeitigem Kenntnisstand die Gesamtzahl der Personen, die seit Januar 2014 nach Baden-Württemberg als Flüchtlinge eingereist sind (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 1.: In Baden-Württemberg wurden bei Erstkontakten an den Pforten der Landeserstaufnahmeeinrichtungen zwischen September 2014 (vor September 2014 wurde der Zugang an der Pforte nicht gesondert festgehalten) und Juli 2016 insgesamt 248.571 Personen erfasst; dabei wurden auch die Direktzugänge aus anderen Bundesländern über den sogenannten „Deutschlandausgleich“ mitgezählt. In dieser Zahl ist ein hoher Anteil an Doppelerfassungen von Flüchtlingen, die auf ihrem Reiseweg vor der Registrierung bei anderen Landeserstaufnahmeeinrichtungen vorgesprochen hatten, sowie an Personen enthalten, die vor der Registrierung auf eigene Faust in andere Bundesländer und Länder weitergereist sind. Daher liegt die Anzahl der Registrierungen niedriger. In Baden-Württemberg wurden zwischen Januar 2014 und Juli 2016 insgesamt 182.826 Asylsuchende im elektronischen Migranten-Verwaltungssystem des Landes (MigVIS) registriert. Hierunter befanden sich auch 8.547 Asylfolgeantragsteller, von denen sich ein Teil bereits in Baden-Württemberg befand. Von den registrierten Asylbegehrenden verblieben zwischen Januar 2014 und Juli 2016 154.976 Personen in Baden- Württemberg, um einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu stellen. Der Rest wurde im Rahmen der bundesweiten EASY-Verteilung in andere Bundesländer weitergeleitet. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 2014 Monat An der Pforte erfasster Zugang (inkl. sog. Deutschlandausgleich )* Registrierte Asylbegehrende (für Erst-und Folgeanträge) Asylbegehrende mit Verbleib in Baden-Württemberg Januar 2.008 1.631 Februar 1.432 1.188 März 1.762 1.542 April 1.736 1.467 Mai 2.219 1.742 Juni 2.972 2.196 Juli 3.112 2.280 August 3.699 2.776 September 6.277 4.230 2.954 Oktober 4.324 5.638 3.324 November 5.191 4.041 3.268 Dezember 6.927 5.338 4.026 Gesamtsumme 2014 22.719 38.187 28.394 * Der Zugang an der Pforte wird erst seit September 2014 gesondert statistisch erfasst. 2015 Monat An der Pforte erfasster Zugang (inkl. sog. Deutschlandausgleich) Registrierte Asylbegehrende (für Erst- und Folgeanträge) Asylbegehrende mit Verbleib in Baden-Württemberg Januar 4.969 5.713 4.043 Februar 6.112 6.076 4.114 März 3.986 4.717 3.357 April 4.183 3.987 3.338 Mai 5.020 4.409 3.827 Juni 6.909 5.675 5.202 Juli 10.688 7.970 7.355 August 15.261 10.395 9.368 September 29.151 16.341 15.030 Oktober 36.601 18.388 17.508 November 39.656 17.070 15.505 Dezember 22.649 13.613 12.494 Gesamtsumme 2015 185.185 114.354 101.141 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 4 2. Wie viele Personen haben im Zeitraum aus Frage 1 einen Antrag auf Asyl gestellt (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 3. Wie viele dieser Anträge aus Frage 2 wurden in dieser Zeit abschlägig beschieden (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 2. und 3.: Mangels Verlaufsstatistiken wird auf die Entscheidungen abgestellt, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den jeweiligen Jahren getroffen hat und nicht auf die Entscheidungen über die Asylanträge, die in dem erfragten Zeitraum gestellt wurden. Eine Aufschlüsselung nach Monat und Jahr ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. 4. Wie viele Personen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt worden ist, haben gleichwohl einen Duldungsstatus (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? 5. Wie hoch beziffert sie den Anteil jener ausreisepflichtigen Personen seit dem Jahr 2014, die sich ohne Duldungsstatus im Land Baden-Württemberg aufhalten (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 4. und 5.: Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht erhalten können, werden, sofern alle formalen Voraussetzungen für die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht vorliegen, abgeschoben, wenn sie ihrer gesetzlichen Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen. Sofern sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, wird die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt und die Betroffenen erhalten eine Duldung. Eine Duldung des Ausländers 2016 Monat An der Pforte erfasster Zugang (inkl. sog. Deutschlandausgleich) Registrierte Asylbegehrende (für Erst- und Folgeanträge) Asylbegehrende mit Verbleib in Baden-Württemberg Januar 15.198 9.287 8.666 Februar 10.180 7.449 6.025 März 3.317 2.694 2.502 April 2.816 2.472 2.250 Mai 2.703 2.535 2.073 Juni 3.077 2.876 2.004 Juli 3.376 2.972 1.921 Summe (Januar bis Juli 2016) 40.667 30.285 25.441 Asylanträge in Baden-Württemberg Jahr Asylanträge Ablehnungen Sonstige Verfahrenserledigungen 2014 19.738 4.702 4.689 2015 61.671 9.744 3.156 2016 (01.01. – 31.07.2016) 68.056 10.943 5.487 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 lässt jedoch dessen Ausreisepflicht unberührt, d. h. der Aufenthalt ist weiterhin rechtswidrig. Mit Stichtag zum 31. Dezember 2014 befanden sich 12.908 geduldete Ausländer in Baden-Württemberg; zum Stichtag 31. Dezember 2015 waren es 27.819 und zum Stichtag 30. Juni 2016 waren es 36.058 geduldete Ausländer. Die Zunahme hängt wesentlich mit der Erteilung von Duldungen für die Asylsuchenden, die vor der förmlichen Asylantragstellung in die Kreise verteilt werden mussten, zusammen . Die Zahl der abgelehnten Asylbewerber, die sich ohne Duldungsstatus in Baden- Württemberg aufhalten, ist mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln. 6. Wie viele Abschiebemaßnahmen wurden seit Januar 2014 durch die zuständigen Behörden erfolgreich durchgeführt (nach Monat und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 6.: 7. In wie vielen Fällen musste kurzfristig von einer Abschiebung abgesehen werden (nach Verhinderungsgrund, Monat und Jahr tabellarisch aufgeführt)? Zu 7.: Abschiebungen, für die ein Termin bereits feststand und storniert werden muss - ten, werden in einer Statistik dokumentiert. Aus der Statistik ist jedoch nicht ersichtlich , wie kurzfristig die geplanten Abschiebungen storniert werden mussten. Im Jahr 2014 wurden geplante Abschiebungen, die nicht durchgeführt werden konnten, nach folgenden Gründen erfasst: – Einlegung von Rechtsmitteln (ReMI) – Einlegung von Petitionen (PET) – Aufenthalt der Ausländer unbekannt (FA) – sonstige Gründe, z. B. Ausländer am Tag der Abschiebung nicht angetroffen, fehlende Reisedokumente, gesundheitliche Gründe (SO) Ab dem Jahr 2015 wurden in der Statistik die Gründe zusätzlich weiter ausdifferenziert : – Aufenthalt der Ausländer unbekannt (FE) – Ausländer am Tag der Abschiebung nicht angetroffen (NA) Monat/Jahr 2014 2015 2016 Januar 68 135 261 Februar 57 109 246 März 116 105 237 April 126 289 261 Mai 116 147 354 Juni 100 295 371 Juli 181 197 298 August 94 241 373 September 104 128 Oktober 78 142 November 86 369 Dezember 85 292 Gesamtsummen 1.211 2.449 2.401 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 6 – Stellung von Asylanträgen (Asyl) – Stellung von Asylfolgeanträgen (AFA) – Befassung der Härtefallkommission (HK) – freiwillige Ausreise (FR) – Verhinderung von Familientrennungen (Art. 6) – gesundheitliche Gründe (KRK) – Widerstandshandlungen (W) – sonstige Gründe, z. B. Streik, fehlende Reisedokumente (SO) 2014 Monat Anzahl ReMI PET FA SO Summe Januar 1 0 11 62 74 Februar 4 0 21 93 118 März 27 0 33 79 139 April 29 1 41 119 190 Mai 19 0 36 118 173 Juni 2 0 38 63 103 Juli 14 0 39 108 161 August 9 0 24 113 146 September 28 8 23 96 155 Oktober 17 0 58 64 139 November 33 0 89 99 221 Dezember 26 0 93 118 237 Gesamtsumme 2014 1.856 2015 Monat Anzahl ReMi PET FE NA Asyl AFA HK FR Art. 6 KRK W SO Summe Januar 3 4 3 94 0 3 0 3 1 8 9 31 159 Februar 7 0 3 97 0 6 11 35 18 22 7 30 236 März 4 0 18 116 1 0 22 46 10 12 7 44 280 April 5 0 8 244 0 9 10 57 0 6 8 70 417 Mai 0 1 6 170 0 1 0 28 9 7 6 63 291 Juni 2 0 5 355 0 0 0 20 5 7 3 67 464 Juli 9 0 3 205 0 2 22 46 16 13 9 32 357 August 3 1 24 293 0 2 16 52 9 12 4 66 482 September 1 1 12 166 0 1 27 17 12 9 7 68 321 Oktober 5 0 20 188 0 11 14 30 0 1 4 55 328 November 2 0 12 187 0 0 2 78 0 9 4 71 365 Dezember 14 0 9 139 0 1 5 49 7 2 0 50 276 Gesamtsumme 2015 3.976 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 442 8. Welche Gesamtkosten entstehen dem Land Baden-Württemberg im Schnitt pro erfolgter Rückführung in die jeweiligen Heimatländer mit dem Flugzeug (inkl. Transport, Personal, Starthilfen, Dokumentation usw.)? Zu 8.: Die Kosten von Abschiebungen hängen vom jeweiligen Einzelfall ab (z. B. Zielstaat , Erforderlichkeit einer ärztlichen Begleitung oder einer Sicherheitsbegleitung ) und sind daher unterschiedlich. Die durchschnittlichen Kosten einer Abschiebung werden statistisch nicht erhoben. 9. Gibt es vom Land Baden-Württemberg für in ihr Heimatland zurückgeführte Personen Starthilfen finanzieller Art? Zu 9.: Baden-Württemberg beteiligt sich an dem Bund-Länder-Rückkehrprojekt „URA 2“ (albanisch: die Brücke). Projektziel ist die Unterstützung von freiwillig in die Republik Kosovo zurückkehrenden und rückgeführten Personen. Zudem sollen bereits ortsansässige Personen ohne Rückkehrhintergrund (Einheimische ) von den Fördermaßnahmen profitieren. Im Rahmen dieses Projekts werden zwangsweise rückgeführten Personen Starthilfen in Form von Beratungen, Soforthilfen (z. B. Überbrückungsgelder, Einrichtungskostenzuschüsse ), Fortbildungshilfen (z. B. Schüler-Grundausstattungen) und Vermittlungshilfen (Lohnkostenzuschüsse) gewährt. 10. Welche zusätzlichen Kosten entstanden dem Land bisher durch angefallene Starthilfen für rückgeführte Personen in den jeweiligen Herkunftsländern? Zu 10.: Im Jahr 2014 hat sich Baden-Württemberg mit 20.881,31 Euro an dem Rückkehrprojekt „URA 2“ beteiligt. Für das Jahr 2015 wurden 58.785,51 Euro angefordert, wobei die Endabrechnung noch nicht vorliegt, nach der sich dieser Betrag noch ändern kann. Für das Jahr 2016 werden voraussichtlich Kosten in Höhe von 73.550 Euro anfallen. Die genannten Beträge beinhalten nicht nur die Kosten für die Rückgeführten, sondern auch für die freiwillig zurückkehrenden Personen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration 2016 Monat Anzahl ReMi PET FE NA Asyl AFA HK FR Art. 6 KRK W SO Summe Januar 5 0 9 134 0 9 10 41 1 2 9 45 265 Februar 10 0 6 152 0 5 23 26 3 1 4 58 288 März 13 0 23 144 0 0 2 53 5 9 4 46 299 April 8 0 14 140 0 1 11 50 4 5 7 98 338 Mai 8 0 9 150 1 1 11 40 14 9 2 49 294 Juni 12 0 25 140 1 0 7 59 24 9 4 55 336 Juli 1 0 12 139 0 4 14 41 10 11 3 46 281 August 9 0 7 207 0 0 7 49 9 5 3 52 348 Summe (Januar bis August 2016) 2.449