Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 470 25. 08. 2016 1Eingegangen: 25. 08. 2016 / Ausgegeben: 04. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie sieht der derzeitige Stand der Dinge bezüglich der finanziellen Unterstützung der Braunsbacher Bevölkerung aus und wie viele Gelder (Gesamtsumme) aus staatlichen Mitteln sind bereits nach Braunbach geflossen? 2. Wie wurden die verwendeten Mittel einzeln verteilt (Gesamtliste) und nach welchem Kriterium (z. B. Gewerbetreibende/private Haushalte)? 3. Ist geplant, dass nach einer eventuellen Erschöpfung der bereitgestellten Finanzmittel eine weitere Tranche an Geldmitteln zur Verfügung stehen wird und falls ja, wie viel? 4. Ist geplant, den geschädigten Waldbesitzern in einer gesonderten Form finan - ziell zu helfen, bzw. wie sieht deren Möglichkeit an Finanzmittel zu kommen aus? 5. Wird die Entschädigung der erlittenen Schäden von Forstwirten anders bemessen als von Landwirten und falls ja, wieso? 25. 08. 2016 Stein ABW Kleine Anfrage des Abg. Udo Stein ABW und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Auskunft über die Verteilung von staatlichen Geldern an Geschädigte der Unwetterkatastrophe in Braunsbach Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 470 2 B e g r ü n d u n g Drei Monate nach der verheerenden Flutkatastrophe in Braunsbach gehen die Aufräumarbeiten und die Sanierung weiter voran. Der Bürger möchte daher gerne wissen , ob und wie er in Zukunft auf die Unterstützung seitens der Landesregierung bauen kann, um das alltägliche Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Insbesondere für den Wiederaufbau nahezu in Gänze weggespülter Existenzen ist Gewissheit bezüglich der finanziellen Hilfen vonseiten des Staates von essenzieller Bedeutung. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. September 2016 Nr. 6-1443.1/68 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Finanzen, dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie sieht der derzeitige Stand der Dinge bezüglich der finanziellen Unterstützung der Braunsbacher Bevölkerung aus und wie viele Gelder (Gesamtsumme) aus staatlichen Mitteln sind bereits nach Braunbach geflossen? 2. Wie wurden die verwendeten Mittel einzeln verteilt (Gesamtliste) und nach welchem Kriterium (z. B. Gewerbebetreibende/private Haushalte)? 3. Ist geplant, dass nach einer eventuellen Erschöpfung der bereitgestellten Finanzmittel eine weitere Tranche an Geldmitteln zur Verfügung stehen wird und falls ja, wie viel? Zu 1. bis 3.: Auf der Grundlage einer Entscheidung der Landesregierung wurden den Betroffenen der Unwetterereignisse vom 28. Mai bis 8. Juni 2016 Soforthilfen gewährt. An Bürgerinnen und Bürger sowie an Gewerbetreibende aus der Gemeinde Braunsbach wurden Soforthilfen in Höhe von insgesamt 223.265 Euro ausgezahlt, davon gingen 115.315 Euro an 111 Haushalte und 107.950 Euro an 27 kleine Gewerbebetriebe . Landeshilfen werden nur nach einem außergewöhnlichen, unvorhergesehenen, großräumigen und zeitgleich ausgelösten Ereignis mit einer Vielzahl stark Betroffener gewährt. Die Schadenssumme muss erheblich sein und muss aller Voraussicht nach über 50 Mio. Euro betragen. Die Finanzhilfe dient dazu, erste unumgängliche Wiederbeschaffungen von verloren gegangenen Gegenständen des täglichen Bedarfs zu tätigen. Begünstigt sind grundsätzlich Privatpersonen und -haushalte. Schäden bei Gewerbetreibenden bleiben grundsätzlich unberücksichtigt , allerdings gelten Ausnahmen für kleine Gewerbebetriebe mit höchstens zehn Beschäftigten. Die Soforthilfe beträgt bis zu 50 Prozent des glaubhaft gemachten, nicht anderweitig, z. B. über Versicherungsleistungen abgedeckten Schadens, jedoch nicht mehr als 500 Euro je Person und 2.500 Euro je Haushalt, sowie 5.000 Euro je kleinem Gewerbebetrieb. Als Grenze der Bedürftigkeit gilt ein zu ver - steuerndes Jahreseinkommen von 25.000 Euro bei Ledigen und 50.000 Euro bei Verheirateten. Die für die Gewährung von Soforthilfen bereitgestellten Finanzmittel waren ausreichend . Das Land hat der vom Unwetter am 29./30. Mai 2016 besonders schwer betroffenen Gemeinde Braunsbach ein Sonderförderprogramm in Höhe von 10,65 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, um unmittelbar notwendige Maßnahmen der Schadensbeseitigung zu unterstützen. Mit Stand 6. September 2016 wurden bereits zwei Tranchen mit zusammen rund 1,9 Mio. Euro aus diesem Programm bewilligt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 470 Das Regierungspräsidium Stuttgart koordiniert darüber hinaus in enger Abstimmung mit der Gemeinde Braunsbach und dem Landratsamt Schwäbisch Hall Maßnahmen zur Wiederherstellung der Infrastruktur z. B. im Verkehrs- und Wasserbereich sowie die Vorbereitungen zur Inanspruchnahme verschiedener Fachförderprogramme des Landes. Die Gemeinde Braunsbach ist über die Möglichkeiten der Städtebauförderung zur Behebung von Hochwasserschäden im Ortsbereich informiert. Die Städtebauförderung ist antragsabhängig. Auf die Antwort zu Frage 8 des FDP/DVP-Antrags Drs. 16/41 wird verwiesen. Die Stellung eines entsprechenden Antrags von der Gemeinde Braunsbach steht noch aus. Städtebauförderungsmittel sind daher bisher nicht an die Gemeinde Braunsbach geflossen. Durch die Unwetterkatastrophe in Braunsbach wurden auch Kulturdenkmale beschädigt bzw. in Einzelfällen sogar zerstört. Im Rahmen des Denkmalförderprogramms sind Ausgaben förderfähig, die allein oder überwiegend aus Gründen der Denkmalpflege erforderlich werden, soweit sie die üblichen Ausgaben bei vergleichbaren nicht geschützten Objekten übersteigen (sogenannter denkmalbedingter Mehraufwand). Allerdings scheinen bei den betroffenen Baudenkmalen nur in wenigen Fällen denkmalbedingte Mehr - kosten anzufallen. In der Regel handelt es sich um reine Instandsetzungsarbeiten, wie z. B. eine Abnahme von durchnässten Wandputzen und Bodenbelägen sowie die Erneuerung von Tür- und Fensterelementen. Zuwendungsanträge von Baudenkmaleigentümern liegen bisher nicht vor. Daher sind auch keine Denkmalfördermittel nach Braunsbach geflossen. Im Rahmen der einzelbetrieblichen Wirtschaftsförderung stehen den vom Unwetter betroffenen Unternehmen und Freiberuflern in Braunsbach die zinsgünstigen Darlehen der L-Bank zur Verfügung. Dabei kommt insbesondere das Programm „Liquiditätskredit“ infrage. Bei fehlenden oder nicht ausreichenden Sicherheiten kann die Finanzierung gegebenenfalls durch eine Bürgschaft der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg ergänzt werden. Die Anträge müssen über die Hausbank an die L-Bank bzw. Bürgschaftsbank gestellt werden. Die weiteren Fördervoraussetzungen sind jeweils auf den Internetseiten der L-Bank (www.l-bank.de) bzw. Bürgschaftsbank (www.buergschaftsbank .de) abrufbar. Die Bearbeitung der Anträge durch die Förderinstitute erfolgt rasch innerhalb weniger Arbeitstage. Bislang wurden im Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe keine Förderdarlehen oder Bürgschaften für Gewerbebetreibende in Braunsbach bewilligt. Rund 2,0 Mio. € aus der Sonderlinie „Unwetterhilfe“ des Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) fließen nach Braunsbach. Mit den Fördermitteln werden 51 Projekte von Unwettergeschädigten aus der Gemeinde unterstützt. Die bereitgestellten Fördermittel verteilen sich folgendermaßen auf kommunale, privat-gewerbliche und privat nicht-gewerbliche Projekte: Alle entscheidungsreifen Projekte, die die Voraussetzungen der ELR-Verwaltungsvorschrift erfüllen, konnten damit in der Sonderlinie Unwetterhilfen berücksichtigt werden. Eine weitere Antragsstellung von unwettergeschädigten Gemeinden, kann im Rahmen des regulären Verfahrens zum ELR-Jahresprogramm 2017 erfolgen. Anzahl Projekte Zuschuss kommunale Projekte 1 688.650 € gewerbliche Projekte 25 881.535 € privat nicht-gewerbliche Projekte 25 428.560 € Summe 51 1.998.745 € Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 470 4 Belastbare Aussagen darüber, ob über die Bereitstellung weiterer Finanzmittel des Landes für die Gemeinde Braunsbach entschieden werden muss, werden erst nach Koordinierung und Umsetzung der Fördermaßnahmen durch die Fachförderprogramme der Ressorts möglich sein. 4. Ist geplant, den geschädigten Waldbesitzern in einer gesonderten Form finanziell zu helfen, bzw. wie sieht deren Möglichkeit an Finanzmittel zu kommen aus? Zu 4.: In Fällen von Schadereignissen im Wald ist eine Förderung über die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Gewährung von Zuwendungen für Nachhaltige Waldwirtschaft (VwV NWW) möglich. Die von Starkregenereignissen Ende Mai betroffenen Waldbesitzer wurden über die Unteren Forstbehörden entsprechend informiert. Die wesentlichen Unwetterschäden im Wald sind Schäden an der forstwirtschaftlichen Infrastruktur. Gefördert wird daher die Grundinstandsetzung von Wegen, die durch den Starkregen zerstört bzw. beschädigt wurden. Hierfür wurden im Nachtragshaushalt die entsprechenden Landesmittel für diese Unwetterhilfe bereitgestellt . Weiterhin wird die Wiederaufforstung von Beständen (inkl. Kulturen) gefördert, die durch das Schadenereignis zerstört wurden. Die Antragstellung erfolgt über die Untere Forstbehörde. Diese unterstützt die betroffenen Waldbesitzer beratend bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen. 5. Wird die Entschädigung der erlittenen Schäden von Forstwirten anders bemessen als von Landwirten und falls ja, wieso? Zu 5.: Aufgrund fachlicher und struktureller Unterschiede, die zwischen der Land- und Forstwirtschaft bestehen, erfolgt die Unterstützung von Land- bzw. Forstwirten, die von den Starkregenereignissen Ende Mai betroffen waren, jeweils nach getrennten Verwaltungsvorschriften. Die Unterstützung der Landwirte erfolgt ge - mäß den Regelungen der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Unwetterschäden in der Landwirtschaft in Baden-Württemberg 2016 (VwV Unwetterhilfe). Die Unterstützung der Forstwirte erfolgt gemäß den Regelungen der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Gewährung von Zuwendungen für Nachhaltige Waldwirtschaft (VwV NWW). In der Landwirtschaft werden Aufwuchs- und Ertragsschäden, soweit die Mindestschadensschwelle erreicht wird, anteilig ausgeglichen sowie sonstige Schäden anteilig gegenfinanziert. Für den Bereich Forstwirtschaft sind im vorliegenden Fall die unter Nummer 4. genannten Unterstützungsleistungen vorgesehen. In Vertretung Würtenberger Ministerialdirektor