Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 479 16. Wahlperiode Eingang: 01.09.2016 Kleine Anfrage des Abg. Klaus-Günther Voigtmann ABW EnBW-Windkraftprojekte Ich frage die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen – unter Angabe des Preises – verpachtete oder verkaufte der Landesbetrieb ForstBW bisher Staatswaldflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen an die EnBW? 2. Trifft es zu, dass ForstBW als Pachtgläubiger über beantragte Waldumwandlungsgenehmigungen durch den Pachtschuldner zur Rodung der Standorte entscheidet? 3. Trifft es zu, dass die EnBW die Genehmigungen für die Windkraftanlagen bei der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde beantragt? 4. Trifft es zu, dass die Aufsichtsbehörden über die unteren Verwaltungsbehörden in Form der staatlichen Regierungspräsidien – denen jeweils ein von der Landesregierung ernannter Regierungspräsident vorsteht – über Ausnahmegenehmigungen entscheiden, wenn die untere Verwaltungsbehörde aufgrund entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften die Genehmigung verweigert? 5. Trifft es zu, dass die Genehmigungs- und die Aufsichtsbehörden die Qualifikation und Unabhängigkeit der Gutachter nicht überprüfen, welche die Gutachten im Auftrag der EnBW im Rahmen des Genehmigungsprozesses erstellen? 6. Sind ihr Ermittlungsverfahren oder Vorermittlungen einer Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg gegen Amtsträger nach einer der Vorschriften der §§ 331 bis 335 a Strafgesetzbuch (StGB) i. V. m. 336 StGB (Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme durch Unterlassen einer Diensthandlung) bekannt geworden? 7. Trifft es zu, dass die EnBW im Unterschied zu Banken – bei deren Entscheidung über die Finanzierung von Windkraftanlagen privater Betreiber – die „Technischen Richtlinien für Windenergieanlagen, Teil 6, Revision 9 (TR6/Rev. 9)“ – die den Stand der Technik und den allgemein unbestrittenen Standard bei der Abfassung von Windgutachten darstellen, bei ihrer Kalkulation nicht oder nicht ausnahmslos anwendet? 8. In wie vielen Fällen – mit Angabe der Standorte – hat die EnBW die Errichtung von Windkraftanlagen außer Konkurrenz beantragt, weil sich keine privaten Investoren für diese Standorte interessiert haben? 9. Trifft es zu, dass sich die EnBW im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen im Schurwald geweigert hat, TR6-konforme Windgutachten vorzulegen? 10. Trifft es zu, dass die EnBW für den Standort „WN-34 Goldboden“ einen Antrag gestellt hat, obwohl dieser Standort zuvor von den Firmen K. und J. wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben wurde? 24.08.2016 Voigtmann ABW B e g r ü n d u n g Die grün-schwarze Regierung von Baden-Württemberg will die Windkraft bis zum Jahr 2020 auf insgesamt 1.200 Windkraftanlagen ausbauen. Derzeit sind nach Angaben des Umweltministeriums 510 Anlagen in Betrieb, weitere 310 befinden sich in einem laufenden Genehmigungsverfahren. Nach Berichten der Stuttgarter Zeitung hat die EnBW hinsichtlich eines Windkraftstandorts eine Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot zum Nachteil von Rotmilanen beim Regierungspräsidium beantragt – dies kam durch Zufall an die Öffentlichkeit , weil alleine die Behörde über solche Anträge entscheide und Naturschutzverbände dazu nicht gehört würden. Dieser Antrag – so der Bericht – hätte durchgehen können, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz genommen hätte. Im Stuttgarter Regierungspräsidium laufen laut der Behörde zurzeit drei Anträge auf solche Genehmigungen . Es seien die ersten ihrer Art. Im Bereich des Tübinger Regierungspräsidiums wurde bereits einem solchen Antrag entsprochen. Des Weiteren stellen und stellten Bürgerinitiativen Behauptungen auf, wonach das behördliche Genehmigungsgeflecht zu Interessenkonflikten und zu Sonderrechten für die EnBW als Investor führen soll an Standorten, deren Wirtschaftlichkeit sich für private Windenergiebetreiber nicht rechneten.