Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 486 02. 09. 2016 1Eingegangen: 02. 09. 2016 / Ausgegeben: 11. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie genau ist der folgende Satz aus Drucksache 15/7985, Seite 2, zu verstehen bzw. auf welche konkreten Flächen bezieht sich die Aussage: „Der durch öffentliche Mittel geförderte Anteil von Aufwertungsmaßnahmen ist im Wert zur Flächengröße enthalten, obwohl er der Ökokonto-Maßnahme nicht zugerechnet werden kann“? 2. Welche rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen hat ein mit der Bewertung des Ausgangszustands und der Aufwertungsmaßnahmen beauftragter „Fachkundiger“ als Person konkret zu erfüllen (siehe dazu Ziffer 4 der Drucksache 15/7985)? 3. Wie bewertet sie es, dass mit Flächeneinstellungen beauftragte Landschaftsplanungsbüros einen detaillierten Einblick in die örtlichen Grundstückseigentümer - verhältnisse erhalten und somit auch die Gelegenheit, diese gezielt bezüglich eines Grundstücksverkaufs anzusprechen (siehe dazu Ziffern 5 und 6 der Drucksache 15/7985)? 4. Wann genau und auf welchem Wege wurde das Landratsamt Ortenaukreis von der Naturschutzstiftung über die Gründung der in Ziffer 7 der Drucksache 15/7985 genannten Agentur unterrichtet? 5. Inwiefern hat dies bisher die weitere Zusammenarbeit beeinflusst? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Ökopunktehandel im Ortenaukreis II Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 486 2 6. Inwiefern verfügt sie über Erkenntnisse bzw. Evaluationsergebnisse zur bisherigen Belastbarkeit von Prognosen über künftige Artenetablierungen im Zusammenhang mit Maßnahmen im Wirkungsbereich „Förderung spezifischer Arten“? 02. 09. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. September 2016 Nr. MLR 62-0141.5 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie genau ist der folgende Satz aus Drucksache 15/7985, Seite 2, zu verstehen bzw. auf welche konkreten Flächen bezieht sich die Aussage: „Der durch öffentliche Mittel geförderte Anteil von Aufwertungsmaßnahmen ist im Wert zur Flächengröße enthalten, obwohl er der Ökokonto-Maßnahme nicht zugerechnet werden kann“? In der angesprochenen Drucksache wurde nach dem Umfang des Flächenvorrats des naturschutzrechtlichen Ökokontos im Ortenaukreis gefragt. Der Flächenvorrat von Ökokonto-Maßnahmen kann aus mehreren Gründen nicht exakt angegeben werden. Die hier in Frage stehende Aussage hat folgenden Hintergrund: Ökokonto-Maßnahmen dürfen als vorgezogene naturschutzrechtliche Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen nur anerkannt werden, soweit dafür keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch genommen wurden (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Wird z. B. die Entwicklung von (artenreichem) Grünland, Streuobstwiesen oder anderen Biotopen über die Landschaftspflegerichtlinie (Vertragsnaturschutz) gefördert, kann nicht zugleich eine Anerkennung als Ökokonto-Maßnahme erfolgen (keine doppelte Begünstigung). Aus der Formulierung „soweit“ des § 16 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG geht jedoch hervor , dass der von einem Zuwendungsempfänger erbrachte Eigenanteil an einer geförderten Maßnahme als Ökokonto-Maßnahme anerkennungsfähig ist. Hierzu wird der Wert der (gesamten) Maßnahme in Ökopunkten bestimmt. Der Eigen - anteil an den Gesamtkosten der Maßnahme wird in einen entsprechenden Anteil von Ökopunkten an der Gesamtmaßnahme umgerechnet. Dieser Anteil wird in das Ökokonto aufgenommen. Die Gesamtmaßnahme als solche wird im Ökokonto-Kataster jedoch nicht in Teilflächen aufgetrennt, im Ökokonto wird vielmehr kartografisch und im Hinblick auf die Flächengröße die Gesamtfläche der Maßnahme abgebildet, die in der Regel auch aus zusammenhängenden Komplexen besteht. Dies hat zur Folge, dass „auch der durch öffentliche Mittel geförderte Anteil der Aufwertungsmaßnahme “ in der Angabe zur Flächengröße enthalten ist, „obwohl er der Ökokonto- Maßnahme nicht zugerechnet werden kann“. Eine erneute Überprüfung der eingetragenen naturschutzrechtlichen Ökokonto- Maßnahmen im Ortenaukreis ergab, dass keine der dortigen Maßnahmen öffentlich gefördert wurde. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 486 2. Welche rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen hat ein mit der Bewertung des Ausgangszustands und der Aufwertungsmaßnahmen beauftragter „Fachkundiger“ als Person konkret zu erfüllen (siehe dazu Ziffer 4 der Drucksache 15/7985)? In der Begründung zur Ökokonto-Verordnung wird ausgeführt: „Ist der Antragsteller zu einer fachlichen Ermittlung und Beschreibung des Ausgangszustands und -wertes nicht selbst in der Lage, hat er sich eines Fachkundigen zu bedienen. Neben Fachbüros für Naturschutz und Landschaftspflege kommen hierfür auch Personen und Institutionen in Frage, die über entsprechende Kenntnisse verfügen, beispielsweise Forstleute bei der Aufwertung von Waldflächen.“ Die Fachkunde ist somit im Einzelfall zu prüfen, es werden jedoch keine formalisierten Anforderungen (z. B. in Form einer Zertifizierung) gestellt. Maßgebend für die Anerkennung einer Ökokonto-Maßnahme ist die Vollständigkeit und inhaltliche Qualität der vorgelegten Unterlagen. 3. Wie bewertet sie es, dass mit Flächeneinstellungen beauftragte Landschaftsplanungsbüros einen detaillierten Einblick in die örtlichen Grundstückseigentümerverhältnisse erhalten und somit auch die Gelegenheit, diese gezielt bezüglich eines Grundstücksverkaufs anzusprechen (siehe dazu Ziffern 5 und 6 der Drucksache 15/7985)? Die Landschaftsplanungsbüros erhalten einen detaillierten Einblick in die örtlichen Grundstückseigentümerverhältnisse, wenn sie u. a. von der Naturschutzverwaltung mit Landschaftspflegemaßnahmen beauftragt werden. Eine Rechtsgrundlage , die es ermöglicht, Büros mit entsprechend erworbenen Kenntnissen vom Grunderwerb oder der Antragstellung für Ökokonto-Maßnahmen auszuschließen, ist nicht erkennbar. 4. Wann genau und auf welchem Wege wurde das Landratsamt Ortenaukreis von der Naturschutzstiftung über die Gründung der in Ziffer 7 der Drucksache 15/7985 genannten Agentur unterrichtet? Die Stiftung Naturschutz hat die Untere Naturschutzbehörde am 24. Juni 2015 per E-Mail informiert, dass sie für den Ökopunkte-Handel die Agentur Naturschutz Südwest GmbH gegründet hat. 5. Inwiefern hat dies bisher die weitere Zusammenarbeit beeinflusst? Die Gründung der Agentur Naturschutz Südwest GmbH hat die Zusammenarbeit mit der Naturschutzstiftung bisher nicht beeinflusst. Die untere Naturschutzbehörde ist für die Prüfung und Anerkennung der Ökokonto-Anträge der Naturschutzstiftung zuständig, hierzu gehört nicht die anschließende Vermarktung von Ökopunkten . 6. Inwiefern verfügt sie über Erkenntnisse bzw. Evaluationsergebnisse zur bis - herigen Belastbarkeit von Prognosen über künftige Artenetablierungen im Zusammenhang mit Maßnahmen im Wirkungsbereich „Förderung spezifischer Arten“? Die Prognose bei der Etablierung von Arten, insbesondere von seltenen Arten, kann fachlich schwierig sein. Daher ist in der Ökokonto-Verordnung, Anlage 2, Abschnitt 2, u. a. geregelt, dass die Durchführung der Maßnahme zunächst nur mit 20 % der in Tabelle 2 (der Anlage 2) aufgeführten Ökopunkte bewertet wird. Erst nach Etablierung der Art ist die volle in Tabelle 2 aufgeführte Anzahl von Ökopunkten der Bewertung zugrunde zu legen. Systematische Auswertungen zur Etablierung von Arten im Rahmen von Ökokonto -Maßnahmen konnten bisher nicht durchgeführt werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 486 4 Der Unteren Naturschutzbehörde wurden bislang lediglich in Einzelfällen Vorkommen der anzusiedelnden Arten im Ortenaukreis übermittelt: Im Jahre 2014 wurde ein verleitender Kiebitz (Brutverhalten) auf einer Maßnahmenfläche nachgewiesen . Im gleichen Jahre wurde zudem eine rufende Kreuzkröte (Balzverhalten ) im Gebiet einer anderen Teilmaßnahme erfasst. Von einer Etablierung der Arten kann in diesen Fällen nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings noch nicht ausgegangen werden. Im Rahmen der im Herbst 2016 beginnenden Evaluation der Ökokonto-Verordnung ist deshalb auch vorgesehen, die Maßnahmen zur Förderung spezifischer Arten – u. a. durch Befragung der an ihrer Genehmigung beteiligten Stellen – zu prüfen. Insbesondere sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie die Vorgaben für Maßnahmen zum Artenschutz noch genauer gefasst werden können. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft