Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 495 05. 09. 2016 1Eingegangen: 05. 09. 2016 / Ausgegeben: 28. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Liegen ihr Zahlen vor, wie viele personenbezogene Daten von volljährigen Bewohnern Baden-Württembergs seit der Umwandlung der GEZ von den Einwohnermeldeämtern an den „Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio “ übermittelt worden sind? 2. Um welche Kategorien von Daten (Namen, Familienstand, Geburtstag, gegenwärtige und frühere Anschriften) handelt es sich bei den weitergegebenen Daten? 3. Wie hoch ist in Baden-Württemberg die Zahl der nach § 11 Absatz 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) betroffenen Personengruppe von Beitragsschuldnern , deren Auffindung und Verfolgung damit bezweckt wird? 4. Wie häufig wurde in Baden-Württemberg schon seit Einführung des „Beitragsservice “ von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Daten von Adresshändlern käuflich zu erwerben? 5. Liegen ihr Erkenntnisse vor über die Weitergabe von Daten baden-württembergischer Bürger des Kraftfahrbundesamtes an den „Beitragsservice“? 6. Inwieweit ist die Datenweitergabe der Meldeämter an die Landesrundfunkanstalt aus ihrer Sicht mit dem Gebot der Datensparsamkeit vereinbar? 7. Inwieweit sieht sie bei dieser Praxis des Datenabgleichs das Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet? Kleine Anfrage des Abg. Anton Baron ABW und Antwort des Staatsministeriums Datenschutz bei der Datenweitergabe an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 495 2 8. Wie bewertet sie den Umfang und die Detailliertheit des Datenabgleichs der Meldeämter mit dem „Beitragsservice“ und der Landesmedienanstalt vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02), wonach eine Rasterfahndung zur Strafverfolgung nur bei „konkreter Gefahr“ für hochrangige Rechtsgüter erlaubt sei, was nach allgemeinem Rechtsverständnis eine Verfolgung säumiger Beitragsschuldner nicht umfasst? 01. 09. 2016 Baron ABW B e g r ü n d u n g Laut Rundfunkstaatsvertrag sind die Meldebehörden ermächtigt worden, den Landesrundfunkanstalten nach und nach rund 70 Millionen Meldedatendatensätze aller volljährigen Deutschen zu liefern. Dabei geht es um Namen, Geburtsdatum, akademische Titel und Familienstand, Anschriften aktueller und früherer Hauptund Nebenwohnungen. Weiterhin stehen nicht die Haushalte, sondern die Gebüh - renpflichtigen im Fokus der Erhebung. So ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag festgeschrieben, dass wie bisher jeder Mensch, der umzieht in Deutschland, von den Meldebehörden an den Beitragsservice übermittelt werden muss. Dabei werden nicht nur erforderliche Daten übermittelt, sondern fast alles, was in den Melderegistern vorhanden ist, inklusive vorheriger Wohnadressen, Hinweisen auf soziale Lebensumstände etc. Seit 2015 darf der Beitragsservice auch wieder auf Datenbestände aus privaten Quellen zugreifen, seien es Adresshändler, Versicherungen , Inkasso-Unternehmen, Gewinnspielanbieter oder die Nachsendeaufträge der Deutschen Post AG. Es ist daher dringend geboten zu überprüfen, inwieweit Bürger in Baden-Württemberg in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeschränkt sind, sowie ob das verfassungsmäßige Verbot von Rasterfahndung jenseits „konkreter Gefahr für hochrangige Rechtsgüter“ und das Gebot von Datensparsamkeit hinreichende Beachtung finden. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 Nr. II-3433.10 beantwortet das Staatsminis - terium die Kleine Anfrage wie folgt: Der Landesregierung liegen keine eigenen Zahlen zur Datenübermittlung auf Basis der Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) vor. Sie ist deshalb auf eine entsprechende Zulieferung seitens des Südwestrundfunks (SWR) angewiesen. 1. Liegen ihr Zahlen vor, wie viele personenbezogene Daten von volljährigen Bewohnern Baden-Württembergs seit der Umwandlung der GEZ von den Einwohnermeldeämtern an den „Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio “ übermittelt worden sind? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Im Rahmen regelmäßiger bzw. anlassbezogener Meldedatenübermittlung wurden im Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. September 2016 rund 7,1 Millionen Meldesätze von Gemeinden oder Rechenzentren in Baden-Württemberg übermittelt. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 495 Für den Zeitraum 3. März 2013 bis 31. Dezember 2014 handelte es sich um rund 9,2 Millionen Meldesätze im Rahmen der Bestandsdatenübermittlung volljähriger Einwohner gemäß § 14 Abs. 9 RBStV, die von Gemeinden oder Rechenzentren in Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt wurden.“ 2. Um welche Kategorien von Daten (Namen, Familienstand, Geburtstag, gegenwärtige und frühere Anschriften) handelt es sich bei den weitergegebenen Daten? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Im Zuge der regelmäßigen bzw. anlassbezogenen Datenübermittlung von Meldedaten wurden gemäß § 35 Meldegesetz Baden-Württemberg, gültig für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2015, im Falle der Anmeldung, Abmeldung oder des Todes folgende Daten volljähriger Einwohner übertragen: 1. Familienname 2. Vornamen, unter Bezeichnung des Rufnamens 3. frühere Namen 4. Tag der Geburt 5. gegenwärtige letzte frühere Anschriften, Haupt- und Nebenwohnung, bei Zuzug aus dem Ausland auch die letzte frühere Anschrift im Inland 6. Tag des Ein- und Auszugs 7. Familienstand 8. Sterbetag Über eine Regelung in der jeweils gültigen XMeld-Spezifikation wurde zudem sichergestellt, dass bei Vorliegen einer Auskunftssperre mit den Schlüsseln 1 (= Adoptionspflegeverhältnis gem. § 1758 Abs. 2 BGB) oder 3 (= Auskunftssperre bei Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen) keine Datenübermittlung erfolgt. Mit Einführung des Bundesmeldegesetzes (BMG) zum 1. November 2015 werden die Daten auf der Grundlage des § 17 der Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum Bundesmeldegesetz übergeben. In dieser Verordnung ist in Absatz 2 geregelt, dass Daten betroffener Personen, für die Auskunftssperren nach § 51 BMG eingetragen sind, nicht vorgelegt werden dürfen. Bei der Bestandsdatenübermittlung gemäß § 14 Abs. 9 RBStV in den Jahren 2013 bzw. 2014 wurden folgende Daten volljähriger Einwohner übermittelt: 1. Familienname 2. Vornamen unter Bezeichnung des Rufnamens 3. frühere Namen 4. Doktorgrad 5. Familienstand 6. Tag der Geburt 7. gegenwärtige und letzte Anschrift von Haupt- und Nebenwohnungen, einschließ - lich aller vorhandenen Angaben zur Lage der Wohnung, und 8. Tag des Einzugs in die Wohnung Auch hier gilt, dass über eine Regelung in der jeweils gültigen XMeld-Spezifikation ausgeschlossen wurde, dass bei Vorliegen einer Auskunftssperre mit den Schlüsseln 1 oder 3 eine Übermittlung der Daten erfolgt.“ Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 495 4 3. Wie hoch ist in Baden-Württemberg die Zahl der nach § 11 Absatz 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) betroffenen Personengruppen von Beitragsschuld - nern, deren Auffindung und Verfolgung damit bezweckt wird? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Die Daten, die die Landesrundfunkanstalten im Rahmen der nach § 11 Abs. 4 RBStV zugelassenen Datenübermittlung von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen erhalten – etwa aus einer anlassbezogenen Meldedatenübermittlung – dienen der Gewinnung neuer Beitragszahlerinnen und Beitragszahler und damit dem Ziel, Beitragsgerechtigkeit herzustellen. Zudem dienen die Daten der Aktualisierung , Verifizierung und ggf. Ergänzung der Bestandsdaten, damit der Auftrag des Beitragseinzugs ordnungsgemäß erfüllt werden kann. Die Zahl variiert und hängt von den Meldesätzen und den angemieteten Adressdaten im gewerblichen/nichtprivaten Bereich ab.“ 4. Wie häufig wurde in Baden-Württemberg schon seit Einführung des „Beitragsservice “ von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Daten von Adresshändlern käuflich zu erwerben? Gemäß § 14 Abs. 10 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) in seiner aktuell geltenden Fassung war der Ankauf privater Adressdaten bis zum 31. Dezember 2014 unzulässig. Die Unzulässigkeit des Adressankaufs wurde zwischenzeitlich im Rahmen der Novellierung des RBStV mit dem 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag , die am 1. Januar 2017 in Kraft tritt, bis zum 31. Dezember 2020 verlängert (§ 14 Abs. 10 RBStV neu). Daher wurden nach Angaben des SWR seit Einführung des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio für den privaten Bereich keine Adressdaten angemietet. Im gewerblichen/nicht-privaten Bereich werden nach Angaben des SWR laufend Adressdaten angemietet. 5. Liegen ihr Erkenntnisse vor über die Weitergabe von Daten baden-württembergischer Bürger des Kraftfahrbundesamtes an den „Beitragsservice“? Der SWR hat hierzu wie folgt Stellung genommen: „Das Kraftfahrtbundesamt übermittelt grundsätzlich keine personenbezogenen Daten an den Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio.“ 6. Inwieweit ist die Datenweitergabe der Meldeämter an die Landesrundfunk - anstalt aus ihrer Sicht mit dem Gebot der Datensparsamkeit vereinbar? Das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes verankerte Grundrecht der Rundfunkfreiheit verlangt vom Gesetzgeber die Ausgestaltung einer Rundfunkordnung , in der die Vielfalt der bestehenden Meinungen möglichst breit und vollständig Ausdruck findet. In Umsetzung dieses Auftrags wurde in Deutschland ein duales Rundfunksystem geschaffen, das sich durch ein Nebeneinander von öffentlich -rechtlichem und privatem Rundfunk auszeichnet. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist darin der Auftrag zugewiesen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen und damit in besonderem Maße die Meinungsvielfalt im Rundfunk sicherzustellen. Ziel der Grundversorgung ist es, alle Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen und ihnen die Möglichkeit zur Meinungsbildung zu allen wichtigen gesellschaftlichen Themen zu geben. Die zur Erfüllung ihres derart ausgestalteten Funktionsauftrags erforderliche Finan - zierung ist den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von Verfassungs wegen garantiert. Der Rundfunkbeitrag stellt sich in diesem Zusammenhang als gesamtgesellschaftlicher Beitrag zur staatsfernen Finanzierung der vom Grundrecht der Rundfunkfreiheit vorausgesetzten Rundfunkordnung dar. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 495 In diesem Zusammenhang ist die Erhebung von Daten durch die regelmäßige bzw. anlassbezogene Meldedatenübermittlung sowie den Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV auch ihrem Umfang nach erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des geltenden wohnungsbezogenen Finanzierungssystems für den öffentlichrechtlichen Rundfunk sicherzustellen. Die Meldedatenübermittlung eröffnet insbesondere Kontrollmöglichkeiten, ohne die die Gemeinwohlbelange der Beitragsehrlichkeit und Beitragsgerechtigkeit im Rahmen des geltenden Rundfunkfinanzierungssystems nicht gewährleistet werden könnten und damit die Gefahr eines Vollzugsdefizits entstünde. Darüber hinaus unterliegt die Datenerhebung durch die Landesrundfunkanstalten gemäß §§ 11 Abs. 5 und 14 Abs. 9 RBStV einer strikten Zweckbindung sowie strengen Löschpflichten, wodurch dem Gebot der Datensparsamkeit hinreichend Rechnung getragen wird. Ergänzend wird auf die Antwort zur Frage 7 verwiesen. 7. Inwieweit sieht sie bei dieser Praxis des Datenabgleichs das Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet? Der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldedatenabgleich und die anlassbezogene bzw. regelmäßige Meldedatenübermittlung sind auch im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) verfassungsgemäß. Dies wurde von der Rechtsprechung in mehreren Urteilen so bestätigt. So hat etwa der Bayerische Verfassungsgerichtshof den Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV in einer Entscheidung vom 15. Mai 2014 (abrufbar unter: http://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/8-VII-12;%2024-VII-12.htm) für ver - fassungsgemäß erachtet. Nach Ansicht des Gerichts verstößt der Meldedatenabgleich nicht gegen das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung, da der Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Das Gericht kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber den Gemeinwohlbelang, die Beitragsehrlichkeit durch Kontrollmöglichkeiten zu ergänzen , höher gewichten dürfe als die Schwere des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Bayerischer VerfGH a. a. O. Rnr. 164). Die Beeinträchtigung für die Betroffenen sei gering, da im Regelfall Daten von Beitragsschuldnern übermittelt würden, die bereits als Rundfunkteilnehmer erfasst seien. Durch die Übermittlung solcher Daten erfahre die jeweilige Landesrundfunk - anstalt nichts wesentlich Neues. Soweit Beitragsschuldner dagegen ihrer Anzeigepflicht noch nicht nachgekommen seien, verdiene ihr Interesse, ihre Daten nicht offenbaren und den Rundfunkbeitrag nicht zahlen zu müssen, keinen Schutz. Sie sollten gerade im Interesse einer gleichmäßigen Beitragserhebung ermittelt werden . Seien schließlich Personen vom Meldedatenabgleich betroffen, die nicht der Beitragspflicht unterlägen oder später nicht als Beitragsschuldner herangezogen würden, so habe der Eingriff ihnen gegenüber nur geringes Gewicht. Die zu übermittelnden Daten beschränkten sich auf Informationen zur Identifizierung einer Person und ihrer Zuordnung zu einer bestimmten Wohnung und ließen keinen tieferen Einblick in die Privatsphäre zu. Die Daten seien zudem durch eine strikte Zweckbindung und strenge Löschungspflichten hinreichend abgesichert (Bayerischer VerfGH a. a. O. Rnr. 165). Die vom Bayerischen VerfGH aufgestellten Grundsätze gelten gleichermaßen für die anlassbezogene bzw. regelmäßige Meldedatenübermittlung. 8. Wie bewertet sie den Umfang und die Detailliertheit des Datenabgleichs der Meldeämter mit dem „Beitragsservice“ und der Landesmedienanstalt vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02), wonach eine Rasterfahndung zur Strafverfolgung nur bei „konkreter Gefahr“ für hochrangige Rechtsgüter erlaubt sei, was nach allgemeinem Rechtsverständnis eine Verfolgung säumiger Beitragsschuldner nicht umfasst? Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung zur Zulässigkeit der Anordnung einer präventiven polizeilichen Rasterfahndung nach der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Norm des § 31 PolG NW 1990 die Bedeutung der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 495 6 Intensität der individuellen Beeinträchtigung bei der rechtlichen Bewertung des damit verbundenen Eingriffs in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung hervorgehoben. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es, dass der Gesetzgeber bei intensiven Grundrechtseingriffen das Erreichen bestimmter Verdachts- oder Gefahrenstufen für das geschützte Rechtsgut vorsehen würde. Das Gewicht eines Eingriffs sei dabei insbesondere danach zu bemessen, ob die betroffenen Personen anonym blieben, welche persönlichkeitsbezogenen Informationen erfasst würden und welche Nachteile den Grundrechtsträgern durch die Maßnahme drohten oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet würden (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 – 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320–381 – Rnr. 88, 94 nach Juris). Das Gericht urteilte, dass der Rasterfahndung angesichts der inhaltlichen Weite der Befugnis sowie der damit eröffneten Möglichkeit der Verknüpfung von Daten ein erhebliches Gewicht zukomme. So seien bei der Rasterfahndung die von der Befugnis erfassten Daten nach Art und Inhalt – mit Ausnahme von personenbezogenen Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterlägen – nicht eingegrenzt. Dadurch würden insbesondere auch solche Daten wie Reli - gionszugehörigkeit erfasst, an deren Privatheit der Einzelne ein hohes Interesse besitzen könne (BVerfG a. a. O. Rnr. 101). Hinzu komme, dass die Übermittlungsbefugnis nahezu sämtliche personenbezogene Daten umfasse, die bei irgendeiner öffentlichen oder nicht öffentlichen Stelle vorhanden seien, weshalb sich aus der Zusammenführung und Kombination der übermittelten Daten aus Datenbeständen und ihrem wechselseitigen Austausch insbesondere mit Mitteln der Infor mations - technologie vielfältige neue Informationen gewinnen ließen und so eine besonders starke Persönlichkeitsrelevanz besitzen würden (BVerfG a. a. O. Rnr. 101 ff.). Darüber hinaus entstehe das Risiko, dass das außerhalb statistischer Zwecke bestehende strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat umgangen werden könne oder dass Daten aus verschiedenen Quellen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden könnten (BVerfG a. a. O. Rnr. 105 f. nach Juris). Nicht zuletzt begründe die Übermittlung und Verwendung von Daten für die davon Betroffenen ein Risiko, Gegenstand staatlicher Ermittlungsmaßnahmen zu werden, das über das allgemeine Risiko hinausgehe, einem unberechtigten Verdacht ausgesetzt zu werden. Auch könnten informationsbezogene Ermittlungsmaßnahmen im Falle ihres Bekanntwerdens eine stigmatisierende Wirkung für die Betroffenen haben und so mittelbar das Risiko erhöhen, im Alltag oder im Berufsleben diskriminiert zu werden. So hätten die Rasterfahndungen, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durchgeführt worden seien, sich gegen Ausländer bestimmter Herkunft und muslimischen Glaubens gerichtet, womit stets auch das Risiko verbunden sei, Vorurteile zu reproduzieren und diese Bevölkerungsgruppen in der öffentlichen Wahrnehmung zu stigmatisieren (BVerfG a. a. O. Rnr. 110 ff. nach Juris). Des Weiteren sei die Rasterfahndung sowohl durch Verdachtslosigkeit als auch durch eine große Streubreite gekennzeichnet, wodurch zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen würden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben (BVerfG a. a. O. Rnr. 116 ff. nach Juris). Im Ergebnis sei vor diesem Hintergrund der mit der Rasterfahndung verbundene Grundrechtseingriff so hoch, dass diese Maßnahme nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr ergriffen werden dürfe. Die Ausgangslage im Fall der Meldedatenübermittlung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist damit offensichtlich nicht mit der Konstellation der Rasterfahndung vergleichbar. Es liegt insbesondere kein besonders intensiver Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei