Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 498 07. 09. 2016 1Eingegangen: 07. 09. 2016 / Ausgegeben: 17. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Plant sie, darauf hinzuwirken, dass in Deutschland geborene Kinder künftig mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten? 2. Plant sie, auf sonstige Änderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes hinzu - wirken? 3. Plant sie, darauf hinzuwirken, die Voraussetzungen für eine Einbürgerung zu verändern? 4. Plant sie, auf die Ergreifung von Maßnahmen hinzuwirken, um den Aufenthaltsstatus von illegal in Deutschland lebenden Ausländern zu legalisieren? 5. Inwiefern wirkt sie auf die baldige Rückführung der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber in ihre Heimatländer hin? 6. Wie viele der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber und Ausländer mit Asylstatus können voraussichtlich in den kommenden fünf Jahren abgeschoben werden? 7. Wie viele der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber und Ausländer mit Asylstatus werden voraussichtlich auch noch länger als fünf Jahre in Deutschland ansässig sein? 8. Können Kinder von anerkannten Asylbewerbern, welche sich länger als acht Jahre in Deutschland aufhalten, deutsche Staatsangehörige nach dem Geburtsortprinzip werden? Kleine Anfrage der Abg. Dr. Christina Baum und Emil Sänze AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Vergabe der deutschen Staatsangehörigkeit Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 498 2 9. Wie positioniert sie sich zu den Forderungen verschiedener Politiker, das Geburtsortprinzip zu liberalisieren? 10. Falls sie die Liberalisierung des Geburtsortprinzips unterstützt – wie begründet sie diesen Vorsatz bezüglich der Veränderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu Ungunsten der indigenen Bevölkerung? 06. 09. 2016 Dr. Baum, Sänze AfD B e g r ü n d u n g Verschiedene Politiker, wie etwa der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow , äußerten den Wunsch, das Geburtsortprinzip für Flüchtlingskinder einzuführen . Weiter sollen illegal in Deutschland lebende Personen legalisiert werden. Die mit der Umsetzung solcher Forderungen zu erwartenden gesellschaftlichen Umwälzungen begründen diese Kleine Anfrage. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 Nr. 4-1342/28 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Plant sie, darauf hinzuwirken, dass in Deutschland geborene Kinder künftig mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten? Zu 1.: Nein. Die Landesregierung plant keine Initiative mit dem Ziel, ein uneingeschränktes Geburtsortsprinzip zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Staatsangehörigkeitsgesetz einzuführen. Im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz gilt grundsätzlich das Abstammungsprinzip , wonach ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, wenn der Vater oder die Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Außerdem erwerben seit dem 1. Januar 2000 in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Bis zum 19. Dezember 2014 war diese Inlandsgeburts - regelung grundsätzlich mit einer Erklärungsverpflichtung verbunden. Diese Kinder mussten sich mit Erreichen der Volljährigkeit bis zum 23. Lebensjahr zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit entscheiden (sog. Optionszwang). Mit der Neuregelung, die seit dem 20. Dezember 2014 gilt, besteht zwar noch eine Erklärungsverpflichtung, allerdings erst mit Erreichen des 21. Lebensjahres; sie gilt jedoch nicht für Kinder, die in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sind oder als weitere Staatsangehörigkeit lediglich die eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzen. Diese Kinder behalten neben der ausländischen auch die deutsche Staatsange - hörigkeit. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 498 2. Plant sie, auf sonstige Änderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes hinzu - wirken? 3. Plant sie, darauf hinzuwirken, die Voraussetzungen für eine Einbürgerung zu verändern? Zu 2. und 3.: Nein. 4. Plant sie, auf die Ergreifung von Maßnahmen hinzuwirken, um den Aufenthaltsstatus von illegal in Deutschland lebenden Ausländern zu legalisieren? Zu 4.: Nein. 5. Inwiefern wirkt sie auf die baldige Rückführung der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber in ihre Heimatländer hin? 6. Wie viele der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber und Ausländer mit Asylstatus können voraussichtlich in den kommenden fünf Jahren abgeschoben werden? 7. Wie viele der in Baden-Württemberg lebenden Asylbewerber und Ausländer mit Asylstatus werden voraussichtlich auch noch länger als fünf Jahre in Deutschland ansässig sein? Zu 5., 6. und 7.: Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer werden konsequent in ihre Herkunftsstaaten rückgeführt. Grundsätzlich gilt allerdings, dass asylsuchende Ausländer erst nach dem abgelehnten Asylantrag abgeschoben werden können. Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht erhalten können, werden, sofern alle formalen Voraussetzungen für die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht vorliegen, abgeschoben , wenn sie ihrer gesetzlichen Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen . Bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht ergeben sich allerdings Probleme, wenn Abschiebungshindernisse vorliegen. Dies gilt zum Beispiel bei fehlender Kooperation der Heimatländer bei der Ausstellung von Rückreisedokumenten, ungeklärter Identität oder Untertauchen ausreisepflichtiger abgelehnter Asylbewerber . Ausländer mit einem flüchtlingsrechtlichen Schutzstatus oder Ausländer, die um Schutz nachsuchen, genießen grundsätzlich Abschiebungsschutz. Der Abschiebungsschutz entfällt gemäß § 60 Abs. 8 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nur dann, wenn sie rechtkräftig zu mindestens drei Jahren Strafhaft verurteilt worden sind oder sie aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen sind. Die Abschiebung dieser Ausländer setzt zudem voraus, dass sie im Herkunftsland nicht konkret gefährdet sind, weil sonst die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG greifen. Weitere Voraussetzung einer Abschiebung ist, dass der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig ist, § 58 AufenthG. Anerkannte Flüchtlinge besitzen in aller Regel ein Aufenthaltsrecht und sind deshalb nicht ausreisepflichtig. Vor einer Abschiebung muss zunächst die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet werden. Dies erfolgt entweder durch Widerruf der Flüchtlingsanerkennung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder mittels einer Ausweisung gemäß § 53 AufenthG durch die zuständige Ausländerbehörde. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 498 4 Eine Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings ist grundsätzlich nur dann möglich , wenn der Betroffene eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist, § 53 Abs. 3 AufenthG. Eine Prognose dahingehend, wie viele der in Deutschland lebenden Asylbewerber und Ausländer mit einem flüchtlingsrechtlichen Schutzstatus sich in fünf Jahren noch in Deutschland aufhalten werden, ist nicht möglich. 8. Können Kinder von anerkannten Asylbewerbern, welche sich länger als acht Jahre in Deutschland aufhalten, deutsche Staatsangehörige nach dem Geburtsortprinzip werden? Zu 8.: Dies ist nach dem geltenden Staatsangehörigkeitsgesetz möglich, wenn mindes - tens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Bei anerkannten Asylbewerbern werden auf den erforderlichen achtjährigen Aufenthalt auch die Zeiten einer Aufenthaltsgestattung angerechnet. Außerdem werden auch Duldungszeiten ab der Stellung eines Asylantrages angerechnet , wenn das Asylfolgeverfahren erfolgreich und unanfechtbar abgeschlossen worden ist. 9. Wie positioniert sie sich zu den Forderungen verschiedener Politiker, das Geburtsortprinzip zu liberalisieren? 10. Falls sie die Liberalisierung des Geburtsortprinzips unterstützt – wie begründet sie diesen Vorsatz bezüglich der Veränderung des Staatsangehörigkeits - gesetzes zu Ungunsten der indigenen Bevölkerung? Zu 9. und 10.: Die Landesregierung unterstützt keine Liberalisierungen der seit 20. Dezember 2014 geltenden Regelungen. Auf die Stellungnahme zu Frage 1. wird verwiesen. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration