Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 502 07. 09. 2016 1Eingegangen: 07. 09. 2016 / Ausgegeben: 18. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Straftaten gegen Polizeibeamte gab es im Jahr 2015 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen? 2. Wie viele Straftaten gegen Polizeibeamte gab es in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen? 3. Wie viele dieser Straftaten waren – getrennt nach Zeitraum – politisch motiviert ? 4. Wie gliedern sich diese Straftaten nach links, rechts und islamistisch jeweils in den beiden genannten Zeiträumen im Zuständigkeitsbereich Tuttlingen auf? 5. Wie häufig kamen in den genannten Zeiträumen Spuckattacken gegen Polizis - ten im Zuständigkeitsbereich Tuttlingen vor? 6. Lassen sich diese Spuckattacken ggf. einem bestimmten politischen Personenkreis zuordnen (mit Angabe, welchem)? 7. Welche Maßnahmen werden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen zum Schutz von Beamten getroffen, um zu verhindern, dass diese Opfer von Straftaten werden? 8. Wie findet eine psychologische Betreuung von Polizeibeamten, welche Opfer von Straftaten werden, statt? 9. Wie zufrieden sind nach ihrer Kenntnis die Beamten ggf. mit dem Betreuungsangebot (mit Angabe, welche Maßnahmen zur Optimierung sie gegebenenfalls plant)? Kleine Anfrage des Abg. Lars Patrick Berg ABW und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Straftaten gegen Polizeibeamte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 502 2 10. Wie viele Stellen sind für psychologisches Fachpersonal für das Jahr 2017 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen vorgesehen? 06. 09. 2016 Berg ABW B e g r ü n d u n g Wie dem Fragesteller aus Gesprächen mit Polizeibeamten immer wieder zugetragen wurde, gibt es häufige Angriffe durch Spucken in das Gesicht. Zudem werden Polizisten auch immer wieder Opfer anderer Straftaten. Diese Kleine Anfrage soll die Situation im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen beleuchten . A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 Nr. 3-11303/65/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Straftaten gegen Polizeibeamte gab es im Jahr 2015 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen? 2. Wie viele Straftaten gegen Polizeibeamte gab es in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen? Zu 1. und 2.: Im Jahr 2015 wurden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen insgesamt 176 Fälle von Straftaten gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte erfasst. Den Schwerpunkt bildeten hierbei Körperverletzungsdelikte mit 102 Fällen. Innerhalb der ersten acht Monate des Jahres 2016 haben die entsprechenden Straften im einstelligen Prozentbereich gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zugenommen, wobei die Körperverletzungsdelikte wiederum den Schwerpunkt bilden. 3. Wie viele dieser Straftaten waren – getrennt nach Zeitraum – politisch motiviert ? 4. Wie gliedern sich diese Straftaten nach links, rechts und islamistisch jeweils in den beiden genannten Zeiträumen im Zuständigkeitsbereich Tuttlingen auf? Zu 3. und 4.: Die Beantwortung erfolgt auf Grundlage der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK). Hier werden nach bundeseinheitlichen Kriterien Fälle er - fasst, bei denen eine entsprechende Tätermotivation für die Begehung der Straftat maßgeblich war. Opferdaten spielen bei der Einordnung der Straftaten als politisch motivierte Tat eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund ist eine Aufschlüsselung nach der Anzahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die Opfer einer politisch motivierten Tat wurden, so nicht valide möglich. Im Ergebnis wurden im Jahr 2015 insgesamt 21 politisch motivierte Straftaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen zum Unterthema Polizei erfasst. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 502 Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2016 waren es 14 derartige Straftaten. Die Verteilung stellt sich wie folgt dar: 5. Wie häufig kamen in den genannten Zeiträumen Spuckattacken gegen Polizis - ten im Zuständigkeitsbereich Tuttlingen vor? 6. Lassen sich diese Spuckattacken ggf. einem bestimmten politischen Personenkreis zuordnen (mit Angabe, welchem)? Zu 5. und 6.: Im Jahr 2015 wurde in 14 Fällen die Tathandlung „Spucken“ im Zusammenhang mit Straftaten gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte erfasst. Innerhalb der ersten acht Monate des Jahres 2016 haben diese Fälle gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zugenommen. Ein Schwerpunkt auf einen bestimmten Personenkreis lässt sich hierbei nicht konstatieren. 7. Welche Maßnahmen werden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen zum Schutz von Beamten getroffen, um zu verhindern, dass diese Opfer von Straftaten werden? Zu 7.: Nach Analyse verschiedener Untersuchungen wurde auf Landesebene durch die Polizei Baden-Württemberg die „Konzeption zur Reduzierung von Provokationen , Aggressionen und Gewalt gegen Polizeibeamte“ (sogenanntes „Drei-Säulen- Modell“) entwickelt. Wesentliche Eckpunkte dieses „Drei-Säulen-Modells“ sind Maßnahmen zur Erhöhung von Respekt und Anerkennung gegenüber der Polizei (1. Säule), der Förderung der persönlichen Kompetenzen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten (2. Säule) sowie die Vernetzung aller am Verfahren Beteiligter (3. Säule), beispielsweise im Justiz- und Kultusbereich. In diesem Kontext wurde landesweit – so auch beim Polizeipräsidium Tuttlingen – das „Schwerpunkttraining Gewalt gegen Polizeibeamte“ in das Einsatztraining der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten integriert. Ziel des Schwerpunkttrainings ist es, Hintergrundwissen zu vermitteln und anhand von Standardsituationen des polizeilichen Alltags die Gefahrenwahrnehmung, die Sicherheit im Auftreten sowie den Umgang mit Provokationen zu verbessern. Auch außerhalb dieses Schwerpunktprogramms sind Abwehr- und Zugriffstrainings fester Bestandteil des Einsatztrainings. Ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zur nachhaltigen Reduzierung der Gewalt gegen Polizeibeamte ist auch die geplante Einführung von Bodycams, wodurch eine gestiegene Kooperationsbereitschaft in Kontrollsituationen und ein verringertes Aggressionspotenzial erreicht werden sollen. Phänomenbereich Jahr 2015 Anzahl der Straftaten 01.01.–31.08.2016 Anzahl der Straftaten Politisch motivierte Ausländerkriminalität 1 0 Politisch motivierte Kriminalität – Links 10 5 Politisch motivierte Kriminalität – Rechts 8 8 Sonstige/nicht zuzuordnen 2 1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 502 4 8. Wie findet eine psychologische Betreuung von Polizeibeamten, welche Opfer von Straftaten werden, statt? 9. Wie zufrieden sind nach ihrer Kenntnis die Beamten ggf. mit dem Betreuungsangebot (mit Angabe, welche Maßnahmen zur Optimierung sie gegebenenfalls plant)? 10. Wie viele Stellen sind für psychologisches Fachpersonal für das Jahr 2017 im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen vorgesehen? Zu 8., 9. und 10.: Psychologische Betreuung und Polizeiseelsorge sind wesentliche Bestandteile des bewährten Systems der Konflikthandhabung und des Krisenmanagements bei der Polizei. Wie alle Polizeipräsidien verfügt das Polizeipräsidium Tuttlingen über einen Dienstposten einer hauptamtlichen Konfliktberaterin bzw. eines hauptamt - lichen Konfliktberaters. Unterstützt wird der hauptamtliche Konfliktberater des Polizeipräsidiums Tuttlingen von elf weiteren nebenamtlichen Konfliktberaterinnen und Konfliktberatern. Davon wurden in diesem Jahr zwei neue Mitarbeiter umfangreich beschult. Konfliktberaterinnen und Konfliktberater sind psychologisch und beraterisch qualifizierte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die Kollegenhilfe betreiben (Peer- Ansatz). Die Gespräche mit den Konfliktberaterinnen und Konfliktberatern sind vertraulich. Darüber hinaus gibt es für jede Polizeidienststelle und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst jeweils zwei Polizeiseelsorgerinnen oder Polizeiseelsorger , die als zentrale Ansprechpartner fungieren. Sind im Einzelfall weitergehende Hilfen notwendig, werden diese entsprechend vermittelt. Zusätzlich bieten sich den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Polizeipräsidiums Tuttlingen, aufgrund der räumlichen Nähe zur Hochschule für Polizei Baden -Württemberg in Villingen-Schwenningen, sehr gute Rahmenbedingungen, was die Konsultation von Polizeipsychologen anbelangt. Die haupt- und nebenamtlichen Konfliktberater und Konfliktberaterinnen der Polizei sind kein „psychologisches Fachpersonal“. Beim Polizeipräsidium Tuttlingen wird derzeit ein Beamter in Vollzeit für die Aufgaben der psychosozialen Betreuung sowie Konflikthandhabung eingesetzt. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration