Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 504 07. 09. 2016 1Eingegangen: 07. 09. 2016 / Ausgegeben: 14. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Beweggründe haben welche zuständige Behörde veranlasst, die Fahrbahnerneuerung mit Vollsperrung an der B 294 auf 3,5 Kilometer Länge im Enztal zwischen Neuenbürg und Höfen vom 5. September 2016 bis zum 18. November 2016 zum jetzigen Zeitpunkt – und nicht zu einer anderen Zeit – durchzuführen? 2. Welche Beweggründe haben welche zuständige Behörde veranlasst, die Fahrbahndeckenerneuerung mit Vollsperrung an der B 463 auf 5,7 Kilometer Länge im Nagoldtal zwischen Dillweißenstein und Unterreichenbach vom 5. September 2016 bis zum 24. September 2016 zum jetzigen Zeitpunkt – und nicht zu einer anderen Zeit – durchzuführen? 3. Welche Beweggründe werden von der zuständigen Behörde angeführt, in Abweichung vom „Sanierungsprogramm“ gerade zum jetzigen Zeitpunkt mehrwöchige bis mehrmonatige Bauarbeiten an beiden Bundesstraßen gleichzeitig durchzuführen? 4. Wie beurteilt sie hinsichtlich der zu erwartenden Verkehrsbelastung für die vorgesehenen Umleitungsstrecken bzw. des behinderten Verkehrsflusses von und nach Pforzheim die Sinnhaftigkeit der Entscheidung der zuständigen Behörde, gleichzeitig die beiden einzigen Bundesstraßen zu sperren, welche Pforzheim an den nördlichen Schwarzwald in Richtung Freudenstadt und Calw anbinden? 5. Sieht sie Anlass, die grundsätzliche Zweckmäßigkeit des gegenwärtigen Verfahrens der Schadenskartierung bzw. der Priorisierung von Baumaßnahmen zu überprüfen, welches im Ergebnis zu der gleichzeitigen Sperrung der beiden wichtigsten Straßenverbindungen aus dem nördlichen Schwarzwald nach Pforzheim geführt hat (vgl. Frage 4)? Kleine Anfrage des Abg. Bernd Gögel AfD und Antwort des Ministeriums für Verkehr Gleichzeitige Sperrung der Bundesstraßen B 294 und B 463 im nördlichen Schwarzwald Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 504 2 6. Warum wurden ggf. welche anderen Handlungsmöglichkeiten von der zuständigen Behörde verworfen? 7. Welches tägliche Verkehrsaufkommen (bitte den Anteil des Schwerverkehrs gesondert angeben) erwartet sie auf diesen vorgesehenen Umleitungsstrecken? 8. Welche Auswirkungen werden die Umleitungen nach ihrer Ansicht auf das Fremdenverkehrsgewerbe in den betroffenen Ortschaften haben? 9. Welche Auswirkungen (z. B. längere Fahrzeiten) wird die geänderte Verkehrsführung nach ihrer Ansicht auf den Berufspendlerverkehr von und nach Pforzheim haben? 10. Wie wird sich nach ihrer Ansicht das gestiegene Verkehrsaufkommen über bis zu drei Monate, insbesondere der Schwerverkehr, auf den Zustand der Fahrbahnen der Umleitungsstrecken (siehe Frage 7) auswirken? 06. 09. 2016 Gögel AfD B e g r ü n d u n g Es gab Fragen an den Fragesteller aus seinem Wahlkreis. Die in den Fragen 1 und 2 genannten Maßnahmen an den Bundesstraßen B 294 und B 463 waren im „Sanierungsprogramm 2016 an Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, 1. Tran - che (Stand: März 2016)“ des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur noch nicht vorgesehen. Die gleichzeitige Sperrung der beiden Verbindungsstraßen aus südlicher Richtung nach Pforzheim einschließlich der zu erwartenden Verkehrsbelastungen auf den Umleitungsstrecken bildet nach Ansicht des Fragestellers ein vermeidbares Verkehrshindernis. Das Verkehrsmonitoring des Landes Baden- Württemberg beziffert (2014) die Verkehrsfrequenz auf der B 463 auf der Höhe Unterreichenbach an zwei unterschiedlichen automatischen Zählstellen zwischen ca. 4.900 und 9.600 Fahrzeugen je Tag mit einem Anteil von ca. fünf Prozent Schwerverkehr. Auf der B 294 wurden (2014) in Höfen an der Enz, Neuenbürg und Birkenfeld jeweils zwischen ca. 11.400 und 12.700 Fahrzeuge je Tag mit einem Anteil von ca. fünf Prozent Schwerverkehr gezählt. Der Verkehr der gesperrten B 294 durch das Enztal wird über die Landesstraßen L 340 (Eyachtal), L 339 und L 565 unter anderem durch die Ortschaften Dobel, Dennach, Schwann und Birkenfeld nach Pforzheim geleitet. Der Verkehr der gesperrten B 463 durch das Nagoldtal wird über die L 574 durch Hohenwart und Huchenfeld geleitet. Beide Bundesstraßen gleichzeitig zu sperren und den Verkehr über zum Teil schlecht ausgebaute Landesstraßen in der Urlaubssaison durch Fremdenverkehrsorte umzuleiten, erscheint dem Fragesteller ungewöhnlich und erfordert aus seiner Sicht eine besondere Begründung, die eine sorgfältige Planung der Baumaßnahmen belegt. Ferner soll ermöglicht werden, die Auswirkungen auf die durch Umleitung betroffenen Ortschaften und Verkehrsteilnehmer abzuschätzen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 504 A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 Nr. 2-3961.6/246 beantwortet das Ministe - rium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Beweggründe haben welche zuständige Behörde veranlasst, die Fahrbahnerneuerung mit Vollsperrung an der B 294 auf 3,5 Kilometer Länge im Enztal zwischen Neuenbürg und Höfen vom 5. September 2016 bis zum 18. November 2016 zum jetzigen Zeitpunkt – und nicht zu einer anderen Zeit – durchzuführen ? 2. Welche Beweggründe haben welche zuständige Behörde veranlasst, die Fahrbahndeckenerneuerung mit Vollsperrung an der B 463 auf 5,7 Kilometer Länge im Nagoldtal zwischen Dillweißenstein und Unterreichenbach vom 5. September 2016 bis zum 24. September 2016 zum jetzigen Zeitpunkt – und nicht zu einer anderen Zeit – durchzuführen? Zu 1. und 2.: Die Dispositionen für die Sanierung von Straßen richten sich nach den Ergebnissen der jeweiligen Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) für Bundes- und Landesstraßen, den weiteren Erhebungen der Straßenbauverwaltung und den daraus erstellten Dringlichkeitslisten. Diese dienen als Grundlage bei der Festlegung des jährlichen Sanierungsprogramms. Beide Strecken sind im Erhaltungsprogramm mit hoher Dringlichkeit enthalten. Um die Belastungen und Behinderungen im Verkehrsraum in Grenzen zu halten und Konzentrationswirkungen von Baustellen möglichst zu vermeiden, werden die regional und überregional anstehenden Bauvorhaben, die vorgesehenen Fris - ten für Teil- oder Vollsperrungen und die möglichen Verkehrsführungen während der Bauzeit jährlich in Verkehrsgesprächen zwischen Vertretern des Regierungspräsidiums , der Landkreise und der Polizei koordiniert. Dennoch können insbesondere aufgrund der Vielzahl an dringend erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen zeitgleiche Arbeiten auf benachbarten Straßen oder auf anderen Abschnitten der gleichen Straße nicht immer ausgeschlossen werden. Die Überschneidungen der beiden Baumaßnahmen auf der B 294 zwischen Neuenbürg und Höfen und auf der B 463 zwischen Dillweißenstein und Unterreichenbach werden aufgrund des relativ kurzen Überschneidungszeitraums und der Ausweisung unterschiedlicher Umleitungsstrecken als vertretbar angesehen. 3. Welche Beweggründe werden von der zuständigen Behörde angeführt, in Abweichung vom „Sanierungsprogramm“ gerade zum jetzigen Zeitpunkt mehrwöchige bis mehrmonatige Bauarbeiten an beiden Bundesstraßen gleichzeitig durchzuführen? Die erste Tranche des mit Stand März 2016 veröffentlichten Sanierungsprogramms beinhaltet nur einen Teil der Erhaltungsmaßnahmen, die im laufenden Jahr umgesetzt werden. Zusätzliche Erhaltungsmittel des Bundes haben es ermöglicht , weitere im Sanierungsprogramm vorgesehene und dringend erforderliche Bauvorhaben zu realisieren. Hierzu zählen in der Region Nordschwarzwald auch die Ertüchtigung der B 294 zwischen Neuenbürg und Höfen und der B 463 zwischen Dillweißenstein und Unterreichenbach. Erforderliche umfangreiche Vor - untersuchungen und Vorbereitungen sowie die Abstimmung mit anderen bereits laufenden Baumaßnahmen in der Region haben dazu geführt, dass die Arbeiten an beiden Bundesstraßen erst im Spätsommer umgesetzt werden können. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 504 4 4. Wie beurteilt sie hinsichtlich der zu erwartenden Verkehrsbelastung für die vorgesehenen Umleitungsstrecken bzw. des behinderten Verkehrsflusses von und nach Pforzheim die Sinnhaftigkeit der Entscheidung der zuständigen Behörde, gleichzeitig die beiden einzigen Bundesstraßen zu sperren, welche Pforzheim an den nördlichen Schwarzwald in Richtung Freudenstadt und Calw anbinden? Wechselseitige Auswirkungen der beiden Baustellen im Enz- und Nagoldtal auf den Verkehr werden nicht erwartet. In beiden Fällen stehen leistungs- und belas - tungsfähige Umfahrungsstrecken zur Verfügung. Beide Umleitungsstrecken beeinflussen sich gegenseitig nicht, da sie räumlich weit auseinander liegen und es wegen der großen Umwege grundsätzlich nicht zu erwarten ist, dass die Bundesstraße im Nagoldtal als Ausweichroute für die Bundesstraße im Enztal (und umgekehrt ) benutzt wird. Nichtsdestotrotz muss bei der Verlagerung von Verkehr grundsätzlich und insbesondere in Zeiten des Berufsverkehrs mit spürbaren Beeinträchtigungen und Behinderungen gerechnet werden. Auch kann generell nicht verhindert werden, dass nicht alle Verkehrsteilnehmer die ausgeschilderte Um - leitungsstrecke benutzen. 5. Sieht sie Anlass, die grundsätzliche Zweckmäßigkeit des gegenwärtigen Verfahrens der Schadenskartierung bzw. der Priorisierung von Baumaßnahmen zu überprüfen, welches im Ergebnis zu der gleichzeitigen Sperrung der beiden wichtigsten Straßenverbindungen aus dem nördlichen Schwarzwald nach Pforzheim geführt hat (vgl. Frage 4)? Nein. Die ZEB hat sich als wirkungsvolles Hilfsmittel für die konsequente und zielgerichtete Instandsetzungsplanung der Bundes- und Landesstraßen bewährt. Die Umsetzung des darauf aufbauenden Erhaltungsprogrammes obliegt den vor Ort tätigen Regierungspräsidien in Abstimmung mit den betroffenen Städten, Gemeinden, Verkehrs- und Polizeibehörden. Auch diese Vorgehensweise hat sich bewährt. 6. Warum wurden ggf. welche anderen Handlungsmöglichkeiten von der zuständigen Behörde verworfen? Bei allen Baumaßnahmen verfolgt die Landesregierung das Ziel, die Belastungen für die Verkehrsteilnehmer/-innen und Anlieger/-innen so weit wie möglich zu reduzieren. Andere Handlungsmöglichkeiten für die beiden dringend erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen auf der B 294 und der B 463 wurden nicht gesehen. Die Zunahme an Baustellen und die eingeschränkte Verkehrsqualität im Enz- und Nagoldtal ist dem bisherigen Erhaltungs- und Investitionstau geschuldet. Ziel der Landesregierung ist es, der Erhaltung des Straßennetzes den Vorrang einzuräumen , um den Substanzverzehr zu stoppen und den Straßenzustand Schritt für Schritt zu verbessern. Auch der Bund verfolgt dieses Ziel inzwischen nachdrücklich . Daher wurden die Mittel für Erhaltungsmaßnahmen deutlich erhöht. Davon profitiert mittel- bis langfristig auch der Wirtschafts- und Tourismusverkehr der Region. 7. Welches tägliche Verkehrsaufkommen (bitte den Anteil des Schwerverkehrs gesondert angeben) erwartet sie auf diesen vorgesehenen Umleitungsstrecken? Untersuchungen oder Erkenntnisse darüber, wie sich die Umleitungen des Verkehrs tatsächlich auf das nachgeordnete Netz auswirken, liegen nicht vor. Erfahrungsgemäß weichen die Pkw-Verkehrsteilnehmer/-innen bei starkem Rückstau auf den ausgewiesenen Umfahrungsstrecken von Baustellen teilweise auf andere Straßen aus, ändern teilweise ihr Fahrverhalten oder nutzen andere Verkehrsmittel . Der Schwerverkehr wird erfahrungsgemäß die Umleitungsstrecken nutzen. Der Schwerverkehrsanteil auf den Umleitungsstrecken dürfte sich daher erhöhen. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 504 8. Welche Auswirkungen werden die Umleitungen nach ihrer Ansicht auf das Fremdenverkehrsgewerbe in den betroffenen Ortschaften haben? Es werden keine länger anhaltenden Auswirkungen auf das Fremdenverkehrs - gewerbe erwartet. 9. Welche Auswirkungen (z. B. längere Fahrzeiten) wird die geänderte Verkehrsführung nach ihrer Ansicht auf den Berufspendlerverkehr von und nach Pforzheim haben? Jeder Eingriff in den Verkehr durch Baumaßnahmen an Straßen hat Behinderungen und Belastungen für die Verkehrsteilnehmer/-innen und für Anlieger/-innen an den Umleitungsstrecken zur Folge. Baden-Württemberg ist als Wirtschaftsstandort und als Transitland auf eine intakte Straßeninfrastruktur angewiesen. Die kontinuierliche Erhaltung der vorhandenen Trassen ist dafür die wichtigste Voraussetzung . 10. Wie wird sich nach ihrer Ansicht das gestiegene Verkehrsaufkommen über bis zu drei Monate, insbesondere der Schwerverkehr, auf den Zustand der Fahrbahnen der Umleitungsstrecken (siehe Frage 7) auswirken? Die Umleitungsstrecken sind in der Lage, eine sichere Abwicklung des zusätzlichen Verkehrs, auch des Schwerverkehrs während der Bauzeit zu gewährleisten. In Vertretung Dr. Lahl Ministerialdirektor