Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 516 08. 09. 2016 1Eingegangen: 08. 09. 2016 / Ausgegeben: 14. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Verfahrenserleichterungen – in jeweils welchen Vorschriften – des Bau - planungsrechts gab es seit 1. Januar 2013 für den Bau von Unterkünften für die sogenannte „vorläufige Unterbringung“ von Asylbewerbern? 2. Welche Verfahrenserleichterungen – in jeweils welchen Vorschriften – des Bau - ordnungsrechts gab es seit 1. Januar 2013 für den Bau von Unterkünften für die sogenannte „vorläufige Unterbringung“ von Asylbewerbern? 3. Welche Erleichterungen oder Ausnahmen gab es im oben genannten Zeitraum speziell für Bauvorschriften, die die Brandsicherheit betreffen? 4. Welche Bauplanungen für welche Art von Unterkünften für Asylbewerber bzw. für die Anschlussunterbringung existieren für das Baugebiet „Fuchsloch“ in Bruchsal und in welchem Stadium befinden sich die Planungen? 5. Aufgrund welcher Ausnahmeregelungen durfte der Landkreis Karlsruhe fünf neue Gebäude zur Asylbewerberunterbringung auf einer Liegenschaft in Waldbronn -Neurod bauen, obwohl der Eigentümer dieses Areals wegen des in der Nähe liegenden Landschaftsschutzgebietes jahrelang keinerlei bauliche Erweiterungen /Änderungen vornehmen durfte? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Rainer Balzer ABW und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Bauvorschriften für Asylbewerberunterkünfte Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 516 2 6. Wie bewertet sie es, dass die Laufzeit des Mietvertrags – Mietpreis eine Million Euro pro Monat − für oben genanntes Areal 20 Jahre beträgt? 7. Ist der unter Frage 6 genannte Zeitraum für den Abschluss eines Mietvertrags haushaltsrechtlich und ggf. nach welchen rechtlichen Vorschriften zulässig? 07. 09. 2016 Dr. Balzer ABW B e g r ü n d u n g In Waldbronn-Neurod mietete – nach Angaben der Presse – der Landkreis Karlsruhe das Areal einer ehemaligen Fabrik für eine Million Euro pro Monat auf 20 Jahre. Er errichtete dort fünf Gebäude für die Asylbewerberunterbringung. Der Eigentümer durfte die letzten 20 Jahre davor aus landschaftsschutzrechtlichen Gründen keinerlei bauliche Maßnahmen vornehmen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 Nr. 52-260/Dr.Balzer beantwortet das Minis - terium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie dem Ministerium für Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Verfahrenserleichterungen – in jeweils welchen Vorschriften – des Bauplanungsrechts gab es seit 1. Januar 2013 für den Bau von Unterkünften für die sogenannte „vorläufige Unterbringung“ von Asylbewerbern? Zu 1.: Das Bauplanungsrecht kennt den Begriff der „vorläufigen Unterbringung“ nicht. Bauplanungsrechtlich entscheidend ist, ob das Vorhaben als allgemeines Wohnen oder als Unterbringung in einer sozialen Anlage anzusehen ist. Wohnen im bauplanungsrechtlichen Sinn erfordert dabei eine auf gewisse Dauer angelegte eigenständige Gestaltung des häuslichen Lebens. Dagegen ist die Unterbringung in einer Anlage für soziale Zwecke insbesondere geprägt von hoher Belegungsdichte, einer gemeinschaftlichen Nutzung von Küche und Sanitäreinrichtungen und damit von baulichen Verhältnissen, die einen abgeschirmten, eigenbestimmten häuslichen Bereich (und damit ein Wohnen) nicht zulassen. Die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen kann nach den Umständen der Unterbringung als Wohnen oder Unterbringung in einer Anlage für soziale Zwecke anzu - sehen sein. Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte sind in der Regel Anlagen für soziale Zwecke. Mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I S. 1748) und dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz von 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) sind in § 246 Absätze 8 bis 15 Baugesetzbuch (BauGB) bis zum bis 31. Dezember 2019 befristeten Verfahrenserleichterungen eingeführt worden. Sie betreffen insbesondere die Umnutzung baulicher Anlagen, die Errichtung in Siedlungsnähe, die Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke, Befreiungen in Gewerbe-, In - dustrie und Sondergebieten, Regelungen für die Errichtung mobiler Unterkünfte sowie eine Abweichungsbefugnis. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 516 2. Welche Verfahrenserleichterungen – in jeweils welchen Vorschriften – des Bauordnungsrechts gab es seit 1. Januar 2013 für den Bau von Unterkünften für die sogenannte „vorläufige Unterbringung“ von Asylbewerbern? 3. Welche Erleichterungen oder Ausnahmen gab es im oben genannten Zeitraum speziell für Bauvorschriften, die die Brandsicherheit betreffen? Zu 2. und 3.: Es wurden im genannten Zeitraum keine bauordnungsrechtlichen Vorschriften für die sogenannte „vorläufige Unterbringung“ von Asylbewerbern eingeführt, noch gab es Erleichterungen oder Ausnahmen in Bauvorschriften, die die Brandsicherheit betreffen. 4. Welche Bauplanungen für welche Art von Unterkünften für Asylbewerber bzw. für die Anschlussunterbringung existieren für das Baugebiet „Fuchsloch“ in Bruchsal und in welchem Stadium befinden sich die Planungen? Zu 4.: Es liegt ein Bauantrag für den Neubau von zwei Gemeinschaftsunterkünften incl. Kfz-Stellplätze, Fahrrad- und Müllabstellplätze vor. Das Baugenehmigungsverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. 5. Aufgrund welcher Ausnahmeregelungen durfte der Landkreis Karlsruhe fünf neue Gebäude zur Asylbewerberunterbringung auf einer Liegenschaft in Waldbronn -Neurod bauen, obwohl der Eigentümer dieses Areals wegen des in der Nähe liegenden Landschaftsschutzgebietes jahrelang keinerlei bauliche Erweiterungen /Änderungen vornehmen durfte? Zu 5.: Der Landkreis Karlsruhe plant, auf dem Baugrundstück, Flst.-Nr. 805/3 in Waldbronn -Neurod, Fabrikstraße 14 c–14 e, eine Gemeinschaftsunterkunft für insgesamt ca. 600 Flüchtlinge zu errichten. Die Siedlung Waldbronn-Neurod besteht dabei im Wesentlichen aus dem Fabrikgebäude einer ehemaligen Baumwollspinnerei und Weberei sowie aus 15 Wohngebäuden, in denen früher Werkswohnungen untergebracht waren. Für den ersten Bauabschnitt wurden zwei Festbauten nach §§ 35 i. V. m. § 246 Absatz 9 BauGB genehmigt. Eine Ausnahmeregelung war dazu nicht erforderlich . Der erste Bauabschnitt wurde fertiggestellt. Für den zweiten Bauabschnitt zur Errichtung dreier weiterer Festbauten auf der gegenüberliegenden Straßen - seite war eine Entscheidung nach § 246 Absatz 14 BauGB erforderlich. Diese wurde beantragt und genehmigt. Das Baugrundstück befindet sich dabei nicht im Landschaftsschutzgebiet „Albtalplatten und Herrenalber Berge“ und auch nicht im Naturschutzgebiet „Albtal und Seitentäler“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 516 4 6. Wie bewertet sie es, dass die Laufzeit des Mietvertrages – Mietpreis eine Million Euro pro Monat – für oben genanntes Areal 20 Jahre beträgt? 7. Ist der unter Frage 6 genannte Zeitraum für den Abschluss eines Mietvertrags haushaltsrechtlich und ggf. nach welchen rechtlichen Vorschriften zulässig? Zu 6. und 7.: Landkreise fallen unter das verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltungsrecht . Sie können Verträge nach Maßgabe der Gesetze abschließen. Dies beinhaltet auch die Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Maßnahmen. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau