Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 520 09. 09. 2016 1Eingegangen: 09. 09. 2016 / Ausgegeben: 17. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Für welche Szenarien sollen gemeinsame Übungen mit der Bundeswehr und der Polizei in Baden-Württemberg durchgeführt werden? 2. Welche Aufgaben können im Terrorfall nicht von der Polizei selbst bewältigt werden? 3. Welche Maßnahmen plant sie zu ergreifen, um die Polizei in die Lage zu versetzen , die in Frage 1 genannten Szenarien künftig selbst bewältigen zu können? 4. Wie viele Polizeibeamte sollen aus welchen Bereichen an der Übung teilnehmen? 5. Welche Truppenteile der Bundeswehr sollen nach ihrer Kenntnis in welchem Umfang eingesetzt werden? 6. Wer würde im Ernstfall einen solchen gemeinsamen Einsatz befehligen? 7. Zielen die Übungen darauf ab, die Bundeswehr dauerhaft für Einsätze im Inland bereitzustellen? 8. Dient der Einsatz der Bundeswehr im Inneren dazu, die in Anbetracht der verschärften Sicherheitslage notwendigen Investitionen bei der Polizei zu umgehen? 08. 09. 2016 Dr. Grimmer AfD Kleine Anfrage des Abg. Dr. Bernd Grimmer AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Gemeinsame Übungen der Polizei und der Bundeswehr in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 520 2 B e g r ü n d u n g Bei ihren Beratungen über das neue Weißbuch zur Sicherheitspolitik im Juli haben sich CDU und SPD im Bund darauf geeinigt, gemeinsame Übungen von Polizei und Bundeswehr im Inland durchzuführen. Hieraus ergeben sich Fragen bezüglich der Einbeziehung baden-württembergischer Polizeikräfte, insbesondere aber auch im Hinblick auf die Zuständigkeiten und Hierarchien. Dies gilt insbesondere , da polizeiliche Aufgaben im Inland vornehmlich der Verantwortung der Bundesländer obliegen, die militärische Sicherung hingegen im Kompetenzbereich des Bundes liegt. Mit der vorliegenden Kleinen Anfrage soll auch geklärt werden, inwieweit die Bevölkerung in Baden-Württemberg von den geplanten Übungen beeinträchtigt sein wird. A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 Nr. 3-1265/92/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Für welche Szenarien sollen gemeinsame Übungen mit der Bundeswehr und der Polizei in Baden-Württemberg durchgeführt werden? Zu 1.: Nach derzeitigen Planungen wird beim zugrunde gelegten Übungsszenario von einer lang andauernden ggf. länderübergreifenden Lage mit zeitgleich stattfindenden Terroranschlägen ausgegangen. Mindestens einer dieser fiktiven Anschläge soll in Baden-Württemberg stattfinden. Vorgesehen ist eine Stabsrahmenübung, die das Zusammenwirken der beteiligten Leitungsstäbe überprüft und eventuelles Optimierungspotenzial erkennen lässt. Ergänzend wird auf die Ausführungen der Landesregierung in der Drucksache 16/460 verwiesen. 2. Welche Aufgaben können im Terrorfall nicht von der Polizei selbst bewältigt werden? Zu 2.: Durch eine großflächige, lang andauernde und länderübergreifende Lage mit zeitgleich stattfindenden Terroranschlägen kann eine katastrophenähnliche Situation entstehen, deren Bewältigung mit dem den Polizeien der Länder und des Bundes zur Verfügung stehenden Personalkörper bzw. der vorhandenen technischen Ausstattung nicht möglich ist. In diesen Fällen kann eine Unterstützung der Bundeswehr beispielsweise im Rahmen der Sicherung und/oder Evakuierung gefährdeter Objekte, bei der Versorgung von Verletzten, im Bereich der Logistik (durch Bereitstellung von Zelten, Feldbetten, Ausrüstungsgegenständen oder besonderen Einsatzmitteln wie z. B. Hubschraubern, Motorbooten oder gepanzerten Fahrzeugen) sowie durch besondere Fähigkeiten von Soldatinnen und Soldaten (z. B. im Zusammenhang mit der Kampfmittelbeseitigung) in Betracht kommen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 520 3. Welche Maßnahmen plant sie zu ergreifen, um die Polizei in die Lage zu versetzen , die in Frage 1 genannten Szenarien künftig selbst bewältigen zu können? Zu 3.: Neben einer Vielzahl konzeptioneller Vorbereitungen bei der Polizei auf mögliche Terroranschläge hat die Landesregierung – beginnend ab Januar 2015 – bereits drei sog. „Anti-Terror-Pakete“ aufgelegt: Im Januar 2015 beschloss die Landesregierung Baden-Württemberg ein „Sonderprogramm Bekämpfung des islamistischen Terrorismus“ (Anti-Terror-Paket I), durch das u. a. bei der Polizei 105 neue Stellen geschaffen und zehn Millionen Euro zusätzlich für Sachmittel zur Verfügung gestellt wurden. Die zusätzlichen Investitionsmittel wurden schwerpunktmäßig zur Stärkung von Spezialeinheiten und Spezialisten, sowie zur Stärkung der Prävention, insbesondere durch die Einrichtung des Kompetenzzentrums zur Koordinierung des Präventionsnetzwerkes gegen islamistischen Extremismus in BW (KPEBW) eingesetzt. Im November 2015 wurde das „Sonderprogramm zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus“ ergänzt (Anti-Terror-Paket II). Bei der Polizei wurden in diesem Rahmen elf neue Stellen des Polizeivollzugsdienstes für die Durchführung des Lichtbildvergleichs und der Gesichtserkennung, Internet- und Mobilfunkaufklärung , Multimediaforensik und Entschärfer sowie acht Stellen bei der Polizei im Nichtvollzug für die Zentrale Sicherheitsüberprüfung beim Landeskriminalamt geschaffen. Darüber hinaus wurden 17,25 Millionen Euro für Sachmittel sowie zwei Millionen Euro für die Stärkung der Betriebshaushalte zur Verfügung gestellt . Ein Großteil der Sachmittel ist für die Verbesserung der Ausstattung von Erstkräften der Schutz- und Kriminalpolizei – etwa durch die Einführung ballistischer Trägersysteme und neuer Maschinenpistolen – vorgesehen. Schließlich wurde im Juli 2016 im Zuge des sog. Anti-Terror-Pakets III eine weitere Schwerpunktsetzung in der Terrorismusbekämpfung im Umfang von 4,6 Mio. Euro vorgenommen. Die notwendige Schwerpunktsetzung umfasst die Schaffung von 121 neuen Arbeitsplätzen bzw. neuer Aufgabenbereiche in der Polizei und die damit einhergehenden Sachmittel in Höhe von 2,5 Mio. Euro. Um diese Pläne sofort umsetzen zu können, werden in einem ersten Schritt insgesamt 86 Polizeibeamtinnen und -beamte aus anderen Aufgabenfeldern in dem Bereich der Islamismusbekämpfung eingesetzt sowie 30 Spezialisten im Nichtvollzug eingestellt werden. Im Jahr 2018 folgen weitere fünf Polizeibeamtinnen und -beamte. Dadurch wurden und werden die Interventionsmöglichkeiten der Polizei bei entsprechenden Lagen deutlich verbessert. 4. Wie viele Polizeibeamte sollen aus welchen Bereichen an der Übung teilnehmen? Zu 4.: Beim derzeitigen Planungsstand kann hierzu noch keine Aussage getroffen werden. 5. Welche Truppenteile der Bundeswehr sollen nach ihrer Kenntnis in welchem Umfang eingesetzt werden? Zu 5.: Die Bundeswehr wird ihre Unterstützungsmöglichkeiten noch mitteilen. Derzeit liegen noch keine Informationen hierzu vor. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 520 4 6. Wer würde im Ernstfall einen solchen gemeinsamen Einsatz befehligen? Zu 6.: Ein Einsatz der Bundeswehr im Sinne des Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG stellt einen Spezialfall der Amtshilfe dar. Die angeforderten Streitkräfte üben daher Hoheitsgewalt des anfordernden Landes aus, sodass sie beim Einsatz den fachlichen Weisungen des Einsatzlandes unterliegen. 7. Zielen die Übungen darauf ab, die Bundeswehr dauerhaft für Einsätze im Inland bereitzustellen? Zu 7.: Ziel der Übung ist es, Erfahrungen für die Fälle zu sammeln, in denen eine Unterstützung durch die Bundeswehr aufgrund der bestehenden Rechtslage verfassungsrechtlich möglich ist. Eine darüber hinausgehende dauerhafte Heranziehung der Bundeswehr für Ein - sätze im Inland ist aufgrund verfassungsrechtlicher Schranken nicht möglich und auch nicht geplant. 8. Dient der Einsatz der Bundeswehr im Inneren dazu, die in Anbetracht der verschärften Sicherheitslage notwendigen Investitionen bei der Polizei zu umgehen ? Zu 8.: Der Einsatz der Bundeswehr hat auf die seitens der Polizei erforderlichen Investitionen zur Terrorismusbekämpfung keine Auswirkungen. Die in Anbetracht der Sicherheitslage notwendigen Investitionen werden – vorbehaltlich der entsprechenden Beschlüsse des Haushalts-Gesetzgebers – getätigt. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration