Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 526 12. 09. 2016 1Eingegangen: 12. 09. 2016 / Ausgegeben: 17. 10. 2016 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Wildunfälle gab es in den Jahren 2015 und 2016 in Baden-Württemberg ? 2. In wie vielen Fällen kamen hierbei Menschen zu Schaden? 3. Wie viele Tiere wurden in den Jahren 2015 und 2016 im Zusammenhang mit Wildunfällen getötet? 4. Welche Kosten sind dem Land, den Kreisen und den Kommunen in welcher Höhe in den Jahren 2015 und 2016 im Zusammenhang mit Wildunfällen entstanden ? 5. Wie beurteilt sie den Einsatz und die Auswirkungen von Wildwarnreflektoren? 6. Wie viele Wildwarnreflektoren wären notwendig, um in Baden-Württemberg die von Wildwechsel betroffenen Straßen mit Wildwarnreflektoren auszustatten? 7. Plant sie einen flächendeckenden Einsatz von Wildwarnreflektoren in Baden- Württemberg? 8. Welche Mittel aus dem Land oder aus den dem Land untergeordneten Verwaltungsebenen können zur Finanzierung oder Subventionierung von Wildwarnreflektoren bereitgestellt werden? 9. Wie beurteilt sie den Einsatz und die Auswirkungen von Wildwarnreflektoren in Böblingen und Leonberg? 10. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang bereits durch die private Jägerschaft in Eigeninitiative Wildwarnreflektoren zu welchen Kosten und Aufwendungen in Baden-Württemberg angebracht wurden? 09. 09. 2016 Dr. Grimmer, Stauch AfD Kleine Anfrage der Abg. Dr. Bernd Grimmer und Hans Peter Stauch AfD und Antwort des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Einsatz von Wildwarnreflektoren in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 526 2 B e g r ü n d u n g Wildunfälle stellen weiterhin ein Problem im Straßenverkehr dar. Zum Schutz von Tier und Mensch ist es daher geboten, alle Möglichkeiten zu prüfen, um präventiv gegen Wildunfälle vorzugehen. Im Mitteilungsblatt des Landesjagdverbands Baden -Württemberg e. V. („Der Jäger in Baden-Württemberg“, September 2016) zieht der Böblinger Kreisjägermeister K. eine positive Bilanz hinsichtlich des Einsatzes von Wildwarnreflektoren. Es gilt daher zu prüfen, wie die Landesregierung den flächendeckenden Einsatz von Wildtierreflektoren beurteilt und ob sie bereit ist, diesen finanziell zu tragen oder zu subventionieren, auch unter dem Aspekt, dass die private Jägerschaft die freiwillige Beseitigung von Unfallwild übernimmt und dem Land als Träger der Straßenbaulast erhebliche Kosten erspart bleiben. A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 Nr. 3-1132.4/150/1 beantwortet das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Minis - terium für Verkehr und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wildunfälle gab es in den Jahren 2015 und 2016 in Baden-Württemberg ? Zu 1.: Zur Gesamtzahl der Verkehrsunfälle mit Wild kann keine valide Aussage getroffen werden. Bei der Mehrzahl der Wildunfälle handelt es sich um sogenannte Kleinstunfälle, bei denen keine statistischen Daten erfasst werden. 2. In wie vielen Fällen kamen hierbei Menschen zu Schaden? Zu 2.: Wildunfälle mit Personenschaden werden, sofern die Polizei davon Kenntnis erlangt , statistisch erfasst. Im Jahr 2015 wurden bei 204 polizeilich aufgenommenen Wildunfällen dieser Kategorie insgesamt 259 Personen verletzt. Im Jahr 2016 waren es bis zum 21. September 2016 insgesamt 110 Wildunfälle mit 122 verletzten Personen. 3. Wie viele Tiere wurden in den Jahren 2015 und 2016 im Zusammenhang mit Wildunfällen getötet? Zu 3.: Im Jagdjahr 2014/2015 wurden nach der landesweiten Streckenstatistik der Wildforschungsstelle Aulendorf etwa 17.330 Stück Rehwild, 2.120 Stück Schwarzwild , 60 Stück Damwild und 10 Stück Rotwild als Verkehrsverluste gekennzeichnet . Beim Rehwild entspricht dies in etwa zehn bis zwölf Prozent der Jahresstrecke . Die Streckenstatistik für das Jagdjahr 2015/2016 liegt noch nicht vor. 4. Welche Kosten sind dem Land, den Kreisen und den Kommunen in welcher Höhe in den Jahren 2015 und 2016 im Zusammenhang mit Wildunfällen entstanden ? Zu 4.: Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Ver - braucherschutz sind der Landesregierung keine Kosten bekannt, die dem Land in 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 526 unmittelbarem Zusammenhang mit Wildunfällen entstanden wären. Informationen zu Art und Höhe der bei den Kreisen und Kommunen im Zusammenhang mit Wildunfällen entstandenen Kosten liegen der Landesregierung nicht vor. Dies gilt auch für den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Verkehr. Sachschäden an der Straßeninfrastruktur werden nach einem Wildunfall durch die Kfz- Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters gedeckt. Dem Land entstehen insofern keine Kosten durch Wildunfälle. Für den Bereich des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration können aufgrund der nicht validen Unfallzahlen keine Aussagen zu Personal- und Sachkosten getroffen werden. 5. Wie beurteilt sie den Einsatz und die Auswirkungen von Wildwarnreflektoren? Zu 5.: Der Einsatz von Wildwarnreflektoren wird derzeit eigeninitiativ durch die zuständigen Jagdpächter durchgeführt. Die Straßenbauverwaltung gestattet auf Antrag die Montage an den Leitpfosten. Eine positive Wirkung von Wildwarnreflektoren ist wissenschaftlich bislang nicht belegt. Vielmehr besteht nach dem aktuellen Stand der Forschung weitestgehend Einigkeit, dass Wildwarnreflektoren zur Prävention von Wildunfällen nicht geeignet sind. Soweit einzelne Untersuchungen zum Ergebnis kommen, dass Wildwarnreflektoren Wirksamkeit entfalten, konzentrieren sich diese größtenteils auf den Vergleich von Wildunfallzahlen vor und nach Ausbringung der Wildwarnreflektoren, ohne weitere relevante Komponenten und zusätzliche Präventionsmaßnahmen in die Betrachtungen miteinzubeziehen . Eine sehr detaillierte Studie der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) zur Wirksamkeit der in der Praxis am häufigsten angewendeten blauen Reflektoren widerlegt bereits für Rehwild die der Farbe Blau beigemessene Warnund Schreckwirkung auf Cerviden (u.a. Rotwild, Damwild und Rehwild). Weiterhin kommt eine Untersuchung der technischen Universität Dresden (Christoph Schulze/Jens-Ulrich Polster: Wirkungsweise von Wildwarnreflektoren) zu dem Ergebnis, dass bereits die lichttechnische Reflexionswirkung der Wildwarnreflektoren nur auf geringe Teile des notwendigen Wirkbereichs begrenzt sei. Mit Ausnahme des Schwarzwilds verfügten die wildunfallrelevanten Wildtierarten nach dieser Studie zudem über eine reflektierende Gewebeschicht in oder hinter der Netzhaut, die die Blendwirkung durch Fahrzeugscheinwerfer derart verstärkt, dass eine etwaige Reflexionswirkung der Wildwarnreflektoren daneben sehr wahrscheinlich nicht ins Gewicht fällt. Die FVA wird wegen der besonderen Bedeutung der Wildunfallprävention jedoch weitere Studien erstellen, die den Sachverhalt näher untersuchen sollen. Darüber hinaus ist die Wirkungsweise von optisch wirkenden Wildwarnreflektoren an Leitpfosten derzeit Gegenstand eines Forschungsvorhabens bei der Bundesanstalt für Straßenwesen. 6. Wie viele Wildwarnreflektoren wären notwendig, um in Baden-Württemberg die von Wildwechsel betroffenen Straßen mit Wildwarnreflektoren auszustatten? Zu 6.: Die Anzahl der von Wildwechsel betroffenen Straßen ist nicht bekannt. Ein Wildwechsel -Kataster oder ähnliches existiert nicht. Straßen mit lokal auftretendem Wildwechsel sind nur dann bekannt, wenn es sich um Unfallhäufungsstellen handelt . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 526 4 7. Plant sie einen flächendeckenden Einsatz von Wildwarnreflektoren in Baden- Württemberg? Zu 7.: Nein. 8. Welche Mittel aus dem Land oder aus den dem Land untergeordneten Verwaltungsebenen können zur Finanzierung oder Subventionierung von Wildwarnreflektoren bereitgestellt werden? Zu 8.: Da die Wirksamkeit von Wildwarnreflektoren bislang nicht als wissenschaftlich belegt angesehen werden kann, plant die Landesregierung derzeit keinen flächendeckenden Einsatz und kann keine Mittel zur Finanzierung oder Subventionierung bereitstellen. 9. Wie beurteilt sie den Einsatz und die Auswirkungen von Wildwarnreflektoren in Böblingen und Leonberg? Zu 9.: Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen wurden in Böblingen und Leonberg ebenfalls blaue Wildwarnreflektoren ausgebracht, die nicht die der Farbe Blau zugemessene Warn- und Schreckwirkung entfalten. Mangels einer nachgewiesenen nachhaltigen Wirksamkeit bei der Prävention von Wildunfällen kann die Landesregierung daher keine Empfehlung zur Installation weiterer Wildwarnreflektoren aussprechen. 10. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang bereits durch die private Jägerschaft in Eigeninitiative Wildwarnreflektoren zu welchen Kosten und Aufwendungen in Baden-Württemberg angebracht wurden? Zu 10.: Der Landesregierung liegen keine Zahlen zum Umfang und zu den Kosten von durch die private Jägerschaft angebrachten Wildwarnreflektoren vor. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration