Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 61 07. 06. 2016 1Eingegangen: 07. 06. 2016 / Ausgegeben: 07. 07. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über einen Anstieg der Anzahl von Misteln in Streuobstbeständen im Allgemeinen und in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe im Besonderen? 2. Auf welche Ursachen ist der verstärkte Mistelbefall zurückzuführen? 3. Was tut sie für eine wirksame und flächendeckende Bekämpfung dieser Problematik ? 4. Welche beratenden und finanziellen Hilfestellungen bietet das Land Betroffenen des Streuobstbaus jenseits der Baumschnittförderung? 5. Ist sie dazu bereit, einschlägige Informationsangebote bereitzustellen (Fachveranstaltungen , Flyer etc.)? 07. 06. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Mistelbefall im Streuobstbau Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 61 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. Juni 2016 Nr. Z(210)-0141.5/6 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über einen Anstieg der Anzahl von Misteln in Streuobstbeständen im Allgemeinen und in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe im Besonderen? Zu 1.: Daten zum Anstieg des Mistelbefalls in Streuobstbeständen im Allgemeinen und in den genannten Landkreisen liegen der Landesregierung nicht vor. Die Ausbreitung der Mistel nimmt nach subjektiver Einschätzung in den letzten Jahren zu. Die Kreisfachberatung für Obst- und Gartenbau im Landkreis Schwäbisch Hall stellt in ungepflegten Streuobstbeständen teilweise zunehmenden Mis - telbesatz fest, flächendeckend kann für die oben genannten Landkreise keine Aussage getroffen werden. 2. Auf welche Ursachen ist der verstärkte Mistelbefall zurückzuführen? Zu 2.: Fachleute gehen davon aus, dass für einen verstärkten Mistelbefall mehrere Faktoren ursächlich sind: – Eine mangelnde Kronenpflege von Obstbäumen (regelmäßig durchgeführte Schnittmaßnahmen erhalten einen vitaleren und unter Umständen widerstandsfähigeren Baum, beseitigen die Misteln im jungen Stadium und dämmen die Ausbreitung ein), – vegetative Ausbreitung der Mistel im Holz, teilweise vermutlich auch angeregt durch das Ausschneiden der Misteln bei nicht vollständiger Entfernung der Haustorien (wurzelähnliches Organ des Schmarotzers Mistel), – ein erhöhter Befallsdruck durch eine stärkere Verbreitung der Laubholzmistel auf anderen Wirtspflanzen (zum Beispiel Pappeln). – Witterung und Klima haben vermutlich ebenfalls einen Einfluss auf Verbreitung und Vermehrung der Mistel: • höhere Frühjahrstemperaturen verbessern die Anwachsrate der Keimlinge, • Sommerhitze und Trockenstress können zu einer Schwächung der Wirts - bäume führen, • in milden Wintern verweilen Zugvögel länger in der Region, darunter Arten, für welche die Beeren der Mistel regelmäßige Nahrung sind (zum Beispiel Misteldrossel) und dadurch zur Verbreitung der Mistel beitragen. 3. Was tut sie für eine wirksame und flächendeckende Bekämpfung dieser Problematik ? 4. Welche beratenden und finanziellen Hilfestellungen bietet das Land Betroffenen des Streuobstbaus jenseits der Baumschnittförderung? Zu 3. und 4.: Eine flächendeckende Bekämpfung der Mistel wird vonseiten der Landesregierung derzeit nicht verfolgt, auch gibt es keine explizit auf mistelbefallene Streuobstbestände ausgerichtete finanzielle Hilfe. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 61 Allerdings bietet das Land vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten für den Streuobstbau an: von der Bewirtschaftung von Streuobstwiesen bis hin zur Vermarktung von Streuobstprodukten. Das Land verfolgt damit das Ziel, Streuobstflächen in einem guten Pflegezustand zu erhalten bzw. in einen guten Pflegezustand zurückzuversetzen. Dazu unterstützt das Land beispielsweise mit der Förderung Baumschnitt-Streuobst die Pflege von Streuobstbeständen – auch durch Privatpersonen. Dieses Programm der Landesregierung ist sehr stark nachgefragt. Maßnahmen zur Revitalisierung von Streuobstbeständen können außerdem als Ausgleichsmaßnahme anerkannt werden, sowohl im Rahmen der Ökokontoverordnung als auch im Rahmen der Bauleitplanung. Informationen dazu finden sich zum Beispiel unter: http://www.life-vogelschutz-streuobst.de/images/lifea4_streuobstkokonto _praxisleitfaden_endfassung.pdf. Darüber hinaus werden von unterschiedlichen Stellen, unter anderem von den Kreisfachberaterinnen und Kreisfachberatern für Obst- und Gartenbau an vielen Landratsämtern, Schnittkurse für Obsthochstämme angeboten. Dieses Schulungsangebot hat die Zielrichtung einer fachgerechten Pflege der Obstbäume, die auch dem Mistelbefall vorbeugt. Darüber hinaus stehen diese Stellen allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner für eine Fachberatung zur Verfügung. Auch Landschaftserhaltungsverbände nehmen eine beratende Funktion zu dieser Thematik wahr. In einzelnen Landkreisen gibt es darüber hinaus Bemühungen und Aktivitäten, die Mistel lokal einzudämmen. Diese wurden seitens der Kreisfachberatung für Obst- und Gartenbau mit angeregt und werden durch sie begleitet. Im Rems-Murr-Kreis wurde beispielsweise ein Faltblatt zur Mistel erarbeitet. Auch am Kompetenzzentrum für Obstbau Bodensee (KOB) beschäftigt man sich mit dieser Thematik und hat im neuen Leitfaden „Naturgemäße Kronenpflege am Obsthochstamm“ der Biologie der Mistel und ihrer Bekämpfung ein Kapitel gewidmet . Das Land hat weitere Ansätze für pflegebedürftige Streuobstbestände mit hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Hier gibt es vonseiten des Naturschutzes entsprechende Angebote, zum Beispiel im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie. 5. Ist sie dazu bereit, einschlägige Informationsangebote bereitzustellen (Fachveranstaltungen , Flyer etc.)? Zu 5.: Fachinformationen stehen aus Sicht der Landesregierung ausreichend zur Verfügung . Gerne unterstützt die Landesregierung deren Verbreitung. Die Thematik „Mistelbefall in Streuobstbeständen“ wird zukünftig auch bei Fachveranstaltungen zu Streuobst aufgegriffen. Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz