Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 716 05. 10. 2016 1Eingegangen: 05. 10. 2016 / Ausgegeben: 08. 11. 2016 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. In welcher Höhe erhielt das Land Baden-Württemberg seit 2011 Zuwendungen mit der Zweckbindung für die Schaffung neuer Sozialwohnungen? 2. In welcher Höhe wurden diese Mittel für den Bau von Sozialwohnungen verwendet ? 3. Wie steht sie zur Forderung der Bundesbauministerin Barbara Hendricks, dem Bund wieder eine direkte Kompetenz für die Förderung des sozialen Wohnraums zu geben? 4. Wie hoch ist der Anteil der Mietverhältnisse landeseigener Sozialwohnungen, die eine Fehlbelegungsabgabe zahlen müssen? 5. Wie hoch ist der Anteil landeseigener Sozialwohnungen, die in den vergangenen fünf Jahren aufgrund einer Fehlbelegung durch den Vermieter gekündigt wurden? 04. 10. 2016 Hoher, Reich-Gutjahr FDP/DVP Kleine Anfrage der Abg. Klaus Hoher und Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Bundesmittel für sozialen Wohnungsbau in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 716 2 B e g r ü n d u n g Nach der Föderalismusreform im Jahr 2006 hat sich der Bund aus der Finanzierung von Sozialwohnungen zurückgezogen. Obwohl es seit 2014 nur noch eine investive Zweckbindung in diesem Bereich gibt, beabsichtigt der Bund, diese Mittel weiter aufzustocken. Mit dieser Kleinen Anfrage wollen die Fragesteller erfahren, in welcher Höhe diese Mittel des Bundes in Baden-Württemberg für diesen Zweck verwendet wurden und welche Haltung die Landesregierung dazu einnimmt, dass der Bund die Mittel wieder direkt einsetzt. Außerdem soll in Erfahrung gebracht werden, wie hoch der Anteil der Mietverhältnisse landeseigener Wohnungen ist, die im Sinne ihrer zugedachten Bestimmung fehlbelegt sind. A n t w o r t Mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 Nr. 2-2700.2/566 beantwortet das Ministe - rium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Kleine Anfrage wie folgt. 1. In welcher Höhe erhielt das Land Baden-Württemberg seit 2011 Zuwendungen mit der Zweckbindung für die Schaffung neuer Sozialwohnungen? Zu 1.: Im Zuge der Föderalismusreform I wurden die Finanzhilfen des Bundes zur sozialen Wohnraumförderung und damit die bis dahin bestehende Mischfinanzierung der Wohnraumförderung abgeschafft. Nach Artikel 143 c des Grundgesetzes standen den Ländern im Zuge dessen ab dem 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2013 Beiträge aus dem Haushalt des Bundes zu, die durch die Länder zweckgebunden und investiv im Sinne der übertragenen Aufgabe zu verwenden waren. Eine Zweckbindung zur alleinigen Schaffung neuer Sozialwohnungen bestand deshalb nicht; vielmehr erlaubte die investive Zweckbindung – neben dem Einsatz für Neubaumaßnahmen – auch eine Mittelverwendung zugunsten von Modernisierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand. Mit dem Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz – EntflechtG) vom 5. September 2006 wurden die Beiträge des Bundes zur Wohnraumförderung durch die Länder für den genannten Zeitraum – die Jahre 2007 bis 2013 – festgelegt; auf Baden-Württemberg entfiel ein jährlicher Betrag in Höhe von 42,2 Mio. Euro. Mit diesem Betrag wurden auch die Mittel zur Ausfinanzierung der vom Bund bis zum Jahr 2006 eingegangenen Verpflichtungen abgegolten. Mit dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe“ und zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz) wurde der Gewährungszeitraum für die Kompensationszahlungen des Bundes mit Wirkung zum 1. Januar 2014 um weitere sechs Jahre – bis zum 31. Dezember 2019 – verlängert. Die Mittelverwendung ausschließlich zu Zwecken der Wohnraumförderung entfiel jedoch. Nach Artikel 143 c besteht seit 1. Januar 2014 allein noch eine Verpflichtung der Verwendung der Entflechtungsmittel zu investiven Zwecken. Gleichwohl setzt die Landesregierung die gesamten Entflechtungsmittel des Bundes unverändert und ausschließlich zu Zwecken der Wohnraumförderung ein. Im Vordergrund steht dabei die soziale Orientierung dieser Förderung. Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurden die Kompensationsmittel des Bundes ab dem Jahr 2016 um 500 Mio. Euro auf insgesamt rund 1,018 Milliarden Euro erhöht. Für Baden-Württemberg beträgt die Erhöhung der Entflechtungsmittel rund 40,75 Mio. Euro. Dieser Erhöhungsbetrag ist ebenfalls bis zum 31. Dezember 2019 befristet. Baden-Württemberg stehen damit ab dem Jahr 2016 jährliche Entflechtungsmittel im Umfang von derzeit insgesamt rund 82,95 Mio. Euro zur Verfügung. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 716 Im Rahmen der selbst auferlegten Zweckbindung der Bundesmittel erfolgte in den Jahren 2015 und 2016 auch die Verwendung von jeweils 30,0 Mio. Euro im Rahmen des Landesprogramms „Wohnraum für Flüchtlinge“. In der nachfolgenden Übersicht sind die bundesseitig bereitgestellten Zuwendungen und deren zweckentsprechende Verwendung zusammenfassend dargestellt: 2. In welcher Höhe wurden diese Mittel für den Bau von Sozialwohnungen verwendet ? Zu 2.: Wie zu 1. ausgeführt, wurden und werden die Entflechtungsmittel des Bundes stets in vollem Umfang zu Zwecken der Wohnraumförderung eingesetzt. Der Ministerrat hat am 12. März 2013 die Weiterführung der aufgabenspezifischen Zweckbindung der Entflechtungsmittel auch nach dem Jahr 2013 beschlossen. Dieser Mitteleinsatz beschränkt sich allerdings nicht nur auf den Neubau von Sozialmietwohnungen , sondern umfasst auch investive Maßnahmen im Mietwohnungsbestand , wie etwa energetische Sanierungen und Modernisierungen z. B. in Form des altersgerechten Umbaus, den Erwerb neu errichteter Mietwohnungen sowie gleichartige investive Maßnahmen im Rahmen der sozial orientierten Eigen - tumsförderung. Im Bereich der sozialen Mietwohnraumförderung und vor allem auf der Grund - lage des Landesprogramms „Wohnraum für Flüchtlinge“ werden die Bundesmittel allerdings ganz überwiegend zur Förderung von Neubaumaßnahmen eingesetzt. 3. Wie steht sie zur Forderung der Bundesbauministerin Barbara Hendricks, dem Bund wieder eine direkte Kompetenz für die Förderung des sozialen Wohnraums zu geben? Zu 3.: Im Zuge der Föderalismusreform I erhielten die Länder auch die Gesetzgebungskompetenz in den Bereichen der Wohnraumförderung und der Wohnungsbindung . Diese unterfielen zuvor der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. In Ausübung dieser Kompetenz hat Baden-Württemberg als eines der ersten Länder von dieser Verantwortung Gebrauch gemacht und das Landeswohnraumförderungsgesetz erlassen, das mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft trat. Nur wenn den Ländern die Gesetzgebungskompetenz auch weiterhin zusteht, kann durch eine Novellierung dieses Landesgesetzes veränderten landesspezifischen Regelungsbedürfnisse entsprochen werden. Jahr Kompensationszahlungen des Bundes an Baden-Württemberg eingesetzt im Landeswohnraumförderungsprogramm (Mio. €) Kompensationszahlungen des Bundes an Baden-Württemberg eingesetzt im Landesprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“ (Mio. €) Summe Kompensationszahlungen des Bundes an Baden-Württemberg (Mio. €) 2011 42,2 – 42,2 2012 42,2 – 42,2 2013 42,2 – 42,2 2014 42,2 – 42,2 2015 12,2 30,0 42,2 2016 52,95 30,0 82,95 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 716 4 Auf der Grundlage des Landeswohnraumförderungsgesetzes erlässt die Landes - regierung ihre Wohnraumförderungsprogramme. Diese sind damit Ausdruck, der mit der Gesetzgebungskompetenz verbundenen Gestaltungsfreiheit. Die Landesregierung weist deshalb Versuche, die Föderalismusreform insoweit zurückzunehmen, als sie den Ländern die alleinige Gesetzgebungskompetenz entzieht , zurück. 4. Wie hoch ist der Anteil der Mietverhältnisse landeseigener Sozialwohnungen, die eine Fehlbelegungsabgabe zahlen müssen? 5. Wie hoch ist der Anteil landeseigener Sozialwohnungen, die in den vergangenen fünf Jahren aufgrund einer Fehlbelegung durch den Vermieter gekündigt wurden? Zu 4. und 5.: Das Land verfügt nicht über eigene Sozialmietwohnungen. Im Übrigen wurde die Rechtsgrundlage, die die Erhebung einer Fehlbelegungs - abgabe erlaubt, bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2008 aufgehoben. Dr. Hoffmeister-Kraut Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau