Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Große Anfrage der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Entwicklung des Informationsverhaltens der Jugendlichen G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Entwicklung des Informationsverhaltens von Jugendlichen zwischen 12 bis 17 Jahren in den vergangenen 15 Jahren und über deren heutiges Informationsverhalten? 2. Hat sie Erkenntnisse darüber, über welche Medien und sonstigen Kommunikationswege Jugendliche heute ihre Informationen beziehen? 3. Hat sie Erkenntnisse darüber, wie sich das Interesse an gesellschaftspolitischen Themen und Entwicklungen und das diesbezügliche Informationsbedürfnis der Jugendlichen in den letzten 15 Jahren entwickelt hat? 4. Hat Sie Erkenntnisse darüber, über welche Themen im Allgemeinen Jugendliche heute schwerpunktmäßig Informationen beziehen? 5. Welche Maßnahmen ergreift sie, um das Interesse der Jugendlichen an gesellschaftspolitischen Fragen zu wecken? 6. Welche Maßnahmen ergreift sie – etwa im Rahmen der Medienpädagogik im Unterricht, durch Medienmentoren oder Angeboten wie beispielsweise Jugendnetz , Jugendpresse, Jugendfilmpreis, Jugendmedientage, Jugendradiotag der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung – um Jugendlichen heute die Möglichkeiten und die Vielfalt der Zugangswege zu Informationen über die modernen Medien zu vermitteln und die Jugendlichen zu motivieren, diese zu nutzen? 7. Welche Maßnahmen ergreift sie, um Jugendliche angesichts der Vielfalt von Informationen unterschiedlicher Qualität zur kompetenten Mediennutzung (Quellenkritik, Bewusstsein über „filter bubbles“ etc.) sowohl im Rahmen des Schulunterrichts als auch im Rahmen der außerunterrichtlichen Jugendbildung anzuleiten? Eingegangen: 12. 10. 2016 / Ausgegeben: 01. 12. 2016 Drucksache 16 / 759 12. 10. 2016 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 2 8. Welche Möglichkeiten sieht sie durch eine stärkere Einbindung von neuen Medien auf das Informationsverhalten von Jugendlichen einzugehen? 9. Wie kann im Rahmen der politischen Bildung das Informationsverhalten berücksichtigt werden? 10. Welche Möglichkeiten sieht sie – neben etwa einer Zeitungspatenschaft – als erfolgversprechend an, bei Jugendlichen das Informationsinteresse zu stärken beziehungsweise zu wecken? 11. Gibt es bereits Kooperationen mit Verlags- und Medienhäusern, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Informationsinteresse der Jugendlichen zu stärken und diese für die Nutzung dieser Medien zu gewinnen? 11. 10. 2016 Andreas Schwarz, Boser und Fraktion Dr. Reinhart, Deuschle und Fraktion B e g r ü n d u n g Im Zuge des rasanten digitalen Wandels und des rapiden Fortschritts auch in der medialen Welt hat sich das Informationsverhalten der Jugendlichen in den letzten Jahren unweigerlich stark verändert. Das sich wandelnde Informationsverhalten der Jugendlichen hat auch großen Einfluss auf die Schul- und Berufsbildung, aber auch auf die künftige Arbeitswelt. Neben dem schulischen und beruflichen Bereich hat das Informationsverhalten auch großen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung und die gegenwärtige und künftige gesellschaftliche Teilhabe der Jugendlichen. Es ist daher von großem Interesse zu erfahren, wie sich das Informationsverhalten der Jugendlichen heute darstellt, wie es sich im Laufe einer Generation entwickelt hat und mit welchen Maßnahmen (wie Anpassungen der Unterrichtsinhalte an Schulen, aber auch Aufklärungskampagnen und dergleichen) die Landesregierung auf diesen Wandel reagiert. A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 25. November 2016 Nr. II-6909.0: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 3 Anlage: Schreiben des Staatsministeriums Mit Schreiben vom 25. November 2016 Nr. II-6909.0 beantwortet das Staatsministerium in Abstimmung mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration und dem Ministerium für Soziales und Integration die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Entwicklung des Informationsverhaltens von Jugendlichen zwischen 12 bis 17 Jahren in den vergangenen 15 Jahren und über deren heutiges Informationsverhalten? Ein Längsvergleich des Informationsverhaltens von Jugendlichen zwischen 12 bis 17 Jahren über eine Zeitspanne von 15 Jahren ist nur eingeschränkt möglich, da die rasante technische Entwicklung und die Veränderungen in der Medienwelt der letzten Jahre eine Vergleichbarkeit erschweren. Allerdings geben verschiedene öffentlich zugängliche Studien Aufschluss über das Informationsverhalten junger Menschen. Wichtige Erkenntnisse liefert in diesem Kontext insbesondere die Studienreihe JIM (online abrufbar unter: http://www.mpfs.de/studien/?tab=tab-18-1). Herausgeber der Studienreihe JIM ist der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs), eine Kooperation der Landesanstalt für Kommunikation Baden- Württemberg (LFK) und der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) mit der SWR Medienforschung. Im Dezember 2013 wurde die Studie „15 Jahre JIM-Studie“ veröffentlicht, die den Medienumgang 12- bis 19-jähriger im Zeitraum von 1998 bis 2013 untersucht hat. Als Basisstudie wird hierbei das gesamte Medienspektrum von Radio, Fernsehen, Internet, Smartphone und Büchern zumindest mit den wichtigsten Kennzahlen wie Häufigkeit und Dauer sowie inhaltlichen Aspekten abgebildet. Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass „traditionelle Medien“ wie Fernsehen, Radio und Bücher bei Jugendlichen nach wie vor beliebt sind und stabile Nutzungswerte aufweisen . Die Nutzung von Tageszeitungen ist, wie auch in der Gesamtbevölkerung insgesamt, gesunken. Der Anteil der Jugendlichen, die täglich oder mehrmals pro Woche Radio hören, hat sich von 84 Prozent im Jahr 2000 auf 79 Prozent im Jahr 2013 reduziert. Das Buch als gedrucktes, analoges Medien ist bei den Jugendlichen, vor allem bei den Mädchen, nach wie vor sehr beliebt. Die Zahl der Jugendlichen, die täglich oder mehrmals pro Woche lesen, blieb in den letzten 15 Jahren bei rund 40 Prozent (Mädchen rund 50 Prozent, Jungen rund 30 Prozent) sehr stabil und erreichte im Jahr 2011 mit 44 Prozent seinen höchsten Wert. Die klassischen Printmedien Zeitung und Zeitschriften mussten in den letzten Jahren Auflagenverluste hinnehmen. In diesem Zeitraum ist auch bei den Jugendlichen die Nutzung von Zeitschriften und Zeitungen zurückgegangen. Im Hinblick auf die starke Konkurrenz durch das Internet, welches sich bei den Jugendlichen als Alltagsmedium etabliert hat, ist die Nutzung aber noch beachtlich. So ist der Anteil der Jugendlichen, die täglich oder mehrmals pro Woche eine Tageszeitung lesen, von 59 Prozent im Jahr 2000 auf 35 Prozent im Jahr 2013 gesunken, die Anzahl derjenigen, die Zeitschriften oder Magazine lesen, ist in diesem Zeitraum von 45 Prozent auf 23 Prozent gesunken. Dabei ist aber auch zu verzeichnen, dass im Jahr 2013 14 Prozent der Jugendlichen Online-Angebote von Zeitungen (Mädchen 12 Prozent, Jungen 16) und 12 Prozent von Zeitschriften nutzten. Im Vergleichszeitraum von 1998 bis 2013 hatten 67 Prozent der Jugendlichen im Jahr 1998 zu Hause ein Tageszeitungsabonnement zur Verfügung, im Jahr 2013 waren es noch 59 Prozent. Für Jugendliche ist der Fernseher nach wie vor ein fester Bestandteil des alltäglichen Lebens. Neben großen Sportereignissen gehören vor allem Serien und Comedyformate zu den besonders beliebten Genres. Der Anteil der Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren, die einen eigenen Fernseher besitzen, hat sich von 67 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 4 Prozent im Jahr 2000 auf 58 Prozent im Jahr 2013 verringert. Der Anteil der Jugendlichen , die täglich oder mehrmals pro Woche fernsehen, hat sich von 93 Prozent im Jahr 2000 auf 88 Prozent im Jahr 2013 verringert. Das Internet ist heute fester Bestandteil des Lebens von Jugendlichen. Während im Jahr 2000 noch 29 Prozent täglich oder mehrfach pro Woche das Internet genutzt haben, sind es 89 Prozent im Jahr 2013. Dabei hat bei den Jugendlichen nun erstmals das Handy den Computer bzw. das Laptop als ersten Zugang zum Internet abgelöst. Im Jahr 2013 nutzten rund 80 Prozent der Jugendlichen Facebook (Gründung im Jahr 2004). Laut Aussage der JIM-Studie basiert die Nutzung dieser Medien auf spezifischen Gewohnheiten und Bedürfnissen und hat sich durch die Verbreitung des Internets nicht so verändert, wie es zunächst prognostiziert wurde. Jugendliche nutzten demnach im Jahr 2013 abgesehen von traditionellen Tageszeitungen und Zeitschriften alle traditionellen Medien in vergleichbarer Häufigkeit wie 1998. Man kann daher festhalten, dass der zunehmende Gebrauch von „neuen Medien“ die Nutzung der „traditionellen Medien“ nicht ersetzt. Vielmehr ist erkennbar, dass die weite Verbreitung neuer Geräte, insbesondere von Smartphones, die Verfügbarkeit von Radio, Fernsehen und zum Teil auch Zeitungen über Online-Anwendungen vereinfachen . Das Handy ist aus dem Alltag der meisten Jugendlichen nicht mehr wegzudenken , da es mittlerweile nicht nur eine wichtige Kommunikationsplattform ist, sondern gleichzeitig auch Speichermedium, Lexikon, Kamera, Terminkalender und Zugang zu Nachrichtenportalen (vgl. 15 Jahre JIM-Studie 2013, S. 32). Die ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation (siehe: http://www.ardwerbung .de/media-perspektiven/projekte/ardzdf-studie-massenkommunikation/), die im Frühjahr 2015 zum elften Mal durchgeführt wurde und seit 50 Jahren die Mediennutzung in Deutschland beobachtet, deutet ebenfalls darauf hin, dass verschiedene Medien kumulativ genutzt werden. In dieser Langzeitstudie, die die Mediennutzung einer etwas breiteren Zielgruppe, nämlich der 14- bis 29-Jährigen, vergleicht,ist ein Anstieg des Medienzeitbudgets in Höhe von 6 Stunden und 34 Minuten im Jahre 2000 auf 7 Stunden und 57 Minuten im Jahr 2015 zu verzeichnen. 2. Hat sie Erkenntnisse darüber, über welche Medien und sonstigen Kommunikationswege Jugendliche heute ihre Informationen beziehen? Die JIM-Studie 2015 stellte fest, dass Jugendliche zwischen 12 bis 19 Jahren ca. 208 Minuten täglich online sind. Davon entfällt der Großteil auf Kommunikation (40 Prozent), ein Viertel der Zeit dient der Unterhaltung, ein Fünftel wird für Spiele aufgewendet und 14 Prozent dienen der Information. Der kommunikative Anteil entfällt größtenteils auf Social-Media-Anwendungen. Hier liegt WhatsApp mit einer täglichen Nutzung von 85 Prozent weit vorne, auf Platz zwei folgt Facebook mit 39 Prozent. Bei dem Informationsanteil der Internetnutzung spielt YouTube inzwischen eine wichtige Rolle. Daneben nutzen die Jugendlichen Suchmaschinen , Wikipedia und Online-Portale von Zeitungen und Zeitschriften zu Informationszwecken . Weiter ist festzustellen, dass 82 Prozent der Jugendlichen regelmäßig eine Suchmaschine nutzen, um sich zu informieren; bereits 59 Prozent sehen sich zu Informationszwecken YouTube-Videos an und Wikipedia wird zur Recherche von 42 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren genutzt. Zeitungen nutzen dagegen nur 21 Prozent und Zeitschriften 18 Prozent zur Informationsbeschaffung (vgl. JIM-Studie 2015, S. 33). Für die JIM Studie 2015 wurde eine Stichprobe von 1.200 Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in ganz Deutschland im Zeitraum 26. Mai bis 28. Juni 2015 telefonisch befragt (CATI, Feldarbeit und Datenprüfung: GfK Media and Communication Research in Raunheim). Die Befragung bildet demnach ein repräsentatives Abbild der ca. 6,5 Mio. deutschsprachigen Jugendlichen. Digitale Medien zu nutzen ist im Alltag Jugendlicher selbstverständlich. Die heute 12- bis 19-Jährigen sind mit einem enorm breiten Medienrepertoire aufgewachsen und kennen kein Leben ohne Internet oder Handys. Eine zentrale Kenngröße der Mediennutzung ist laut JIM-Studie 2015 nach wie vor die Untersuchung der Nutzungshäufigkeit, da sie einen Hinweis auf die Alltagsrelevanz der jeweiligen Medien gibt. Laut JIM-Studie 2015 besitzen 98 Prozent der Jugendlichen im Alter Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 5 von zwölf bis 19 Jahren ein eigenes Handy, bei 92 Prozent handelt es sich um ein Smartphone. 76 Prozent besitzen ein eigenes Laptop oder einen Computer, 57 Prozent einen Fernseher, 54 Prozent ein Radio und 29 Prozent einen Tablet-PC. E-Book-Reader sind bei Jugendlichen mit 9 Prozent noch relativ gering verbreitet. Auch die tägliche Nutzungshäufigkeit wird von der JIM-Studie 2015 beleuchtet: An erster Stelle steht das Handy, das von 89 Prozent der Jugendlichen täglich genutzt wird. An zweiter Stelle steht das Internet mit 80 Prozent, gefolgt von Radio (56 Prozent) und Fernsehen (52 Prozent). Laut JIM-Studie wird eine Tageszeitung von 14 Prozent der Jugendlichen gelesen, wohingegen Tageszeitungen online nur von 6 Prozent täglich genutzt werden (vgl. JIM-Studie 2015, S. 11). Vor allem bei den Tageszeitungen (Print wie Online) steigt die Nutzugshäufigkeit mit zunehmendem Alter deutlich an. Da die Wege, über die sich Jugendliche informieren, themenabhängig sind, gilt es zuerst abzuklären, welche Themen überhaupt von Interesse sind und bei denen es Jugendlichen wichtig ist, Bescheid zu wissen. An erster Stelle stehen Informationen zu persönlichen Problemlagen, die fast neun von zehn Jugendlichen (87 Prozent) sehr wichtig oder wichtig sind. Für 83 Prozent der Jugendlichen ist das aktuelle Zeitgeschehen von Bedeutung, 59 Prozent wollen über Bundespolitik und 54 Prozent über Lokalpolitik schnell Bescheid wissen. Beim aktuellen Zeitgeschehen und Lokalpolitik ist das Informationsbedürfnis bei Jungen und Mädchen vergleichbar, nur beim Thema Bundespolitik zeigen Jungen mehr Interesse. Bei allen politischen Themen steigt das Informationsinteresse mit zunehmendem Alter merklich an. Fragt man die interessierten Jugendlichen, über welches Medium sie sich zu diesen Themen jeweils vorrangig informieren, geben beim aktuellen Zeitgeschehen mit 43 Prozent die meisten das Fernsehen an, 30 Prozent nennen das Internet, für 14 Prozent ist die Tageszeitung, für acht Prozent das Radio und zwei Prozent sind Zeitschriften das meistgenutzte Informationsmedium. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Betrachtung der Informationswege zur Bundespolitik. Ebenfalls 43 Prozent – und damit der größte Anteil – geben das Fernsehen an, jeder Vierte nennt das Internet (24 Prozent), 22 Prozent die Tageszeitung und sieben Prozent das Radio. Zeitschriften werden von drei Prozent an erster Stelle genutzt. Ein deutlich anderes Bild zeigt sich bei der Lokalpolitik. Hier ist das dominierende Medium die Tageszeitung , die 44 Prozent als meistgenutztes Informationsmedium nennen. Jeder Fünfte informiert sich über das Fernsehen, 13 Prozent nennen das Internet, sieben Prozent Radio und sechs Prozent Zeitschriften als das häufigste Medium, um sich über lokale Politik zu informieren. Bei den Themen Bundespolitik und aktuelles Zeitgeschehen zeigt sich, dass das Fernsehen für Jugendliche auch als Informationsmedium eine wichtige Rolle spielt. Bei der Frage nach den beliebtesten Fernsehinhalten werden zwar meist Unterhaltungsformate wie Comedy-Shows und Daily Soaps genannt, doch nennen immerhin zwölf Prozent der Jugendlichen Wissenssendungen und fünf Prozent Nachrichtensendungen als eine ihrer drei Lieblingssendungen. Betrachtet man die technischen Wege um fernzusehen, verwenden zwar fast alle Jugendlichen innerhalb von 14 Tagen ein stationäres Fernsehgerät, doch sieht in diesem Zeitraum inzwischen jeder fünfte Jugendliche Fernsehinhalte auch im Internet an. Was die Geräte betrifft, nutzen innerhalb von 14 Tagen 15 Prozent ein Handy oder Smartphone und sieben Prozent einen Tablet PC, um fern zu sehen. Fokussiert man auf das Internet als Informationsmedium, steht an erster Stelle die Nutzung von Suchmaschinen. Sie dienen als Einstieg zu verschiedenen Themen und werden von 82 Prozent regelmäßig (zumindest mehrmals pro Woche) genutzt, mehr als jeder Zweite (55 Prozent) nutzt Suchmaschinen sogar täglich. 59 Prozent informieren sich bei YouTube zu bestimmten Themen (täglich 31 Prozent) und 42 Prozent nutzen regelmäßig die Online-Enzyklopädie Wikipedia (täglich 11 Prozent ). Deutlich seltener werden dann Nachrichtenportale von Zeitungen (21 Prozent ) und Zeitschriften (18 Prozent) genannt. Eine vergleichbare Relevanz haben Nachrichten bei Providern wie gmx oder web.de (18 Prozent). Internetspezifische Informationsplattformen wie Foren oder Newsgroups werden nur von 13 Prozent regelmäßig genutzt. Für sieben Prozent sind die Nachrichtenportale von TV-Sen- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 6 dern eine regelmäßige Informationsquelle im Internet. Für alle Informationsoptionen im Internet gilt, dass diese von Jungen häufiger genutzt werden als von Mädchen . Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Altersgruppen zeigt sich, dass die Nutzungshäufigkeit bei allen Informationsquellen mit zunehmendem Alter steigt. Auf die Frage, was die Jugendlichen im Internet am liebsten nutzen (drei Nennungen waren möglich), lag YouTube (61 Prozent) vor Facebook (36 Prozent), WhatsApp (29 Prozent, Google (14 Prozent), Instagram (13 Prozent), Amazon, Wikipedia und Twitter (je 3 Prozent), Skype, Tumblr und Spotify (je 2 Prozent), vgl. JIM-Studie 2015, S. 31. Die ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation 2015 stellt bei den Personen zwischen 14 bis 29 Jahren eine Mediennutzungsdauer tagesaktueller Medien und mediales Internet von insgesamt 477 Minuten, d. h. rund 8 Stunden pro Tag fest. Davon entfallen 8 Minuten auf Tageszeitungen, 137 Minuten auf das Radio, 144 Minuten auf das Fernsehen, 139 Minuten auf das nicht mediale Internet und 48 Minuten auf das mediale Internet. Bei der Nutzung des medialen Internet in Höhe von 48 Minuten entfallen wiederum 6 Minuten auf Fernsehen, 8 Minuten auf Videos außer TV, 5 Minuten auf Radio, 8 Minuten auf Audiodateien außer Radio, 6 Minuten auf Tageszeitungen und 16 Minuten auf Nachrichten außer Tageszeitungen. Die JIM-Studie 2015 stellt bei den Personen zwischen 14 bis 19 Jahren eine tägliche Mediennutzungsdauer von 208 Minuten im Internet (12- bis 13-Jährige im Schnitt 156 Minuten, 18- bis 19-Jährige im Schnitt 260 Minuten), 113 Minuten Fernsehen, 83 Minuten Radio und 63 Minuten für das Lesen von Büchern fest. Dabei fällt auf, dass in dieser Zielgruppe die privaten Fernsehprogramme am beliebtesten sind. An erster Stelle steht Pro7 (51 Prozent), gefolgt von RTL (7 Prozent), RTL Nitro (6 Prozent), RTL2, SAT.1 und das Erste/ARD (je 4 Prozent) sowie ZDF (3 Prozent), VOX, Sixx und DMAX (je 2 Prozent). Nach der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation halten dagegen 72 Prozent der jungen Menschen zwischen 14 und 29 die öffentlich-rechtlichen Sender 72 für kompetent, 79 Prozent für glaubwürdig und 82 Prozent für sachlich, während dies für den privaten Rundfunk lediglich 19 Prozent (kompetent) bzw. jeweils 11 Prozent (glaubwürdig und sachlich) angeben. Keines von beiden Rundfunksystemen halten jeweils 10 Prozent für kompetent und glaubwürdig, bzw. 7 Prozent für sachlich. 3. Hat sie Erkenntnisse darüber, wie sich das Interesse an gesellschaftspolitischen Themen und Entwicklungen und das diesbezügliche Informationsbedürfnis der Jugendlichen in den letzten 15 Jahren entwickelt hat? In der JIM-Studie wurden zu verschiedenen Zeitpunkten die Aspekte „allgemeines Themeninteresse“ sowie die „Wichtigkeit, über bestimmte Themen schnell Bescheid zu wissen“ abgefragt. Betrachtet man beim allgemeinen Themeninteresse die gesellschaftspolitischen Themen, so ist der Anteil der Jugendlichen, die sich für das allgemeinen Weltgeschehen („Aktuelles, was in der Welt passiert“) interessieren (Antworten „sehr interessiert “ und „interessiert“ zusammengefasst), zwischen 2003 und 2011 von 59 auf 70 Prozent gestiegen. Generell ist bei den meisten – weitgehend gesellschaftlichen – Themen in diesem Zeitraum (2003 – 2011) der Anteil der interessierten Jugendlichen gestiegen: Beim Thema „Internet“ von 63 auf 79 Prozent, „Gesundheit/ Medizin“ von 52 auf 62 Prozent, „Schule“ von 44 auf 60 Prozent, „Umweltschutz“ von 43 auf 49 Prozent, „Wirtschaft“ von 18 auf 25 Prozent und „Lokalpolitik“ von 15 auf 23 Prozent. Nur leichte Veränderungen gab es beim Thema „Bundespolitik“ (17 auf 20 Prozent). Stabil zeigte sich das Interesse an Kunst und Kultur (jeweils 22 Prozent) und Musik (86 Prozent auf 85 Prozent). Dagegen ist im gleichen Zeitraum (2003 bis 2011) der Anteil der interessierten Jugendlichen bei unterhaltenden Themen deutlich gesunken (Musik-Stars: 60 auf 47 Prozent, Kino: 58 auf 49 Prozent , TV-Stars: 44 auf 27 Prozent, Computerspiele: 40 auf 27 Prozent). Auch beim Informationsbedürfnis, also der Wichtigkeit über neue Entwicklungen zu bestimmten Themen schnell Bescheid zu wissen, haben sich bei einem Vergleich der Ergebnisse der JIM-Studie aus dem Jahr 2000 mit denen der JIM-Studie 2015 Veränderungen ergeben. Betrachtet man den Anteil der Jugendlichen, für die es sehr wichtig ist, über das jeweilige Thema Bescheid zu wissen, so ist dieser Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 7 beim Thema „Bundespolitik“ von neun Prozent im Jahr 2000 auf 27 Prozent im Jahr 2015 angestiegen. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich beim Thema „Lokalpolitik“ (Anstieg von 13 Prozent auf 24 Prozent). Relativ stabile Werte zeigen die Anteile zu „Aktuelles aus aller Welt“ in 2000 mit 53 Prozent und „Aktuelles was in der Welt so passiert“ aus 2015 mit 48 Prozent. Deutlich gesunken ist in diesem Zeitraum das Interesse bspw. an Neuigkeiten für „Mode/Klamotten“ (von 47 Prozent auf 24 Prozent). Gleich geblieben ist der Anteil, dem es sehr wichtig ist, über Computerspiele schnell Bescheid zu wissen (jeweils 25 Prozent). In allgemeinerer Form wird in den Shell-Jugendstudien (http://www.shell.de/ueber -uns/die-shell-jugendstudie.html) regelmäßig abgefragt, ob sich Jugendliche für Politik interessieren und ob sie sich selbst als stark interessiert, interessiert, wenig oder gar nicht interessiert einschätzen. Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass sich zu Beginn des Jahrtausends eine Trendwende vollzogen hat. Das politische Interesse von Jugendlichen ist demnach seit dem Tiefpunkt von 2002 wieder deutlich gestiegen. Damals hatten 30 Prozent angegeben, politisch interessiert zu sein. Mittlerweile (2015) sind es laut Shell-Studie 41Prozent der Jugendlichen in der Altersgruppe 12 bis 25 Jahre), die sich als politisch interessiert bezeichnen. Jugendliche, die sich so bewerten, informieren sich demnach zu 74 Prozent aktiv über Politik. Wer sich demgegenüber wenig oder gar nicht für Politik interessiert, tut dies nur zu 10 Prozent. Laut der ARD/ZDF-Studie Massenkommunikation von 2015 sind die Nutzungsmotive , auf bestimmte Medien zuzugreifen, weitgehend stabil. Radio ist dabei vor allem ein Tagesbegleit-, aber auch ein Informationsmedium. 66 % der Jugendlichen hören Radio, um sich zu informieren. Auch das Fernsehen ist für junge Leute ein Unterhaltungs- und Informationsmedium. Hier nutzen 69 Prozent die Programme , um sich zu informieren. Die Tageszeitung schließlich gilt nicht nur in der Gesamtbevölkerung , sondern auch bei jungen Leuten als Informationsmedium. Wenn 14- bis 29-Jährige eine Tageszeitung zur Hand nehmen, dann vor allem um sich zu informieren (91 Prozent). Diese Trends sind seit 2000 mit geringen Schwankungen stabil. 4. Hat Sie Erkenntnisse darüber, über welche Themen im Allgemeinen Jugendliche heute schwerpunktmäßig Informationen beziehen? Um das spezifische Informationsverhalten 12- bis 19-Jähriger zu untersuchen, wurden die Jugendlichen in der JIM-Studie 2015 zu 14 vorgegebenen Themengebieten befragt. Zunächst wurde dabei gefragt, wie wichtig es für die Jugendlichen sei, über neue Entwicklungen in den jeweiligen Themenbereichen schnell Bescheid zu wissen. Zum anderen wurde der bevorzugte Informationsweg bzw. die bevorzugt genutzte Informationsquelle zu den „High Interest“-Themen („sehr wichtig“/„wichtig“) abgefragt. Beim themenbezogenen Informationsbedürfnis zeigt die Betrachtung der gesamten Themenpalette aus der JIM-Studie 2015, dass die Bedeutung von Informationen zu persönlichen Problemlagen an erster Stelle steht. 87 Prozent finden es sehr wichtig oder wichtig, hierzu schnell Bescheid zu wissen. Das aktuelle Zeitgeschehen hat für 83 Prozent Bedeutung, 78 Prozent ist es (sehr) wichtig, schnell über Aktuelles aus der Welt der Musik informiert zu sein. Für Ausbildung und Beruf interessieren sich drei Viertel der Jugendlichen, für das Thema „Smartphone“ zwei Drittel (65 Prozent), über Sport wollen 57 Prozent informiert sein (lokaler Sport 54 Prozent), 54 Prozent zeigen Interesse an Lokalpolitik, 53 Prozent an Fernsehserien und -sendungen und jedem Zweiten ist es wichtig über Mode informiert zu sein. Informationen zu Computer und Konsolenspielen sind für 48 Prozent relevant. 42 Prozent wollen über Veranstaltungen und Konzerte in der Region informiert sein, für 32 Prozent sind Neuigkeiten über Stars aus Musik, Film und Fernsehen bedeutend. Jungen haben ein deutlich größeres Informationsbedürfnis bei den Themen „Computer /Konsolenspiele“ (68 Prozent, Mädchen: 27 Prozent), (inter-)nationalen Sportthemen (66 Prozent, Mädchen: 47 Prozent), Lokalsport (57 Prozent, Mädchen : 49 Prozent) Bundespolitik (63 Prozent, Mädchen: 55 Prozent) sowie dem Smartphone (68 Prozent Mädchen: 62 Prozent). Für Mädchen hingegen sind Informationen zum Thema Mode (61 Prozent, Jungen: 40 Prozent), Stars (39 Prozent, Jungen: 25 Prozent) und regionale Konzerte und Veranstaltungen (48 Prozent, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 8 Jungen: 36 Prozent) wichtiger. Bei den übrigen Kategorien sind nur wenig geschlechtsspezifische Unterschiede vorhanden. Der Blick auf den Bildungshintergrund der Jugendlichen zeigt nur geringe Unterschiede . Während Jugendliche mit niedrigerem Bildungsniveau ein etwas stärker ausgeprägtes Informationsbedürfnis für die Themen Smartphone, Ausbildung/Beruf sowie digitale Spiele zeigen, interessieren sich Jugendliche mit höherem Bildungsniveau stärker für politische Themen, persönliche Problemstellungen sowie aktuelles Zeitgeschehen. 5. Welche Maßnahmen ergreift sie, um das Interesse der Jugendlichen an gesellschaftspolitischen Fragen zu wecken? Vor allem die Schule ist ein Ort, an dem Demokratie und gesellschaftliche Teilhabe gelernt und gelebt werden. Das geschieht unter anderem im Fach Gemeinschaftskunde , aber auch durch viele weitere schulische Maßnahmen und Angebote, die weit über den Fachunterricht hinausgehen. So erbringt etwa die Schülermitverantwortungsarbeit selbst einen wesentlichen, nachhaltigen Beitrag in Sachen Demokratieerziehung und Gestaltung von Gesellschaft. Um Politik für junge Menschen interessant zu machen und Jugendliche zum gesellschaftlichen Engagement zu motivieren, unterstützt das Kultusministerium nachdrücklich Projekte im Bereich der politischen Bildung und des bürgerschaftlichen Engagements, wie zum Beispiel die Erstwählerkampagne (unter Federführung der Landeszentrale für politische Bildung und der Baden-Württemberg Stiftung), die Juniorwahl oder soziale Projekte wie Lernen durch Engagement. In den neuen Bildungsplänen ist im SEK-I-Bildungsplan Gemeinschaftskunde unter „Politisches System“ ein Abschnitt „Mitwirkung in der Schule“ vorgesehen (Klassensprecherwahl, Mitwirkungsrechte, Entscheidungen in einer Schule, Konfliktursachen /Konfliktbewältigung). Auch sind Demokratie, Politik, Wertebildung und Gesellschaft Gegenstand weiterer Fächer wie zum Beispiel Ethik und Religionslehren sowie landeskundliche Themen in den Fremdsprachen. Das Kultusministerium Baden-Württemberg fördert zudem auch im außerschulischen Bereich unterschiedliche Institutionen und Projekte, um das Interesse der Jugendlichen an gesellschaftspolitischen Fragen zu wecken. Im Rahmen der außerschulischen Jugendbildung fördert das Kultusministerium das Schülermentoren- Programm Politische Bildung, das sich schulartübergreifend an Jugendliche ab 13 Jahren richtet. Das Mentoren-Programm soll dazu befähigen, politisch-historisches Wissen zu erwerben und weiterzuvermitteln, die politische Meinungs- und Urteilsbildung zu fördern und die eigene Interessenvertretung und aktive Mitgestaltung zu erlernen. Neben der politischen Persönlichkeitsbildung werden Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Toleranz und interkulturelles Verständnis weiterentwickelt . Die Ausbildung erfolgt durch den Projektträger Studienhaus Wiesneck und Kooperationspartner (zum Beispiel Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige Synagoge Freudental, Landeszentrale für politische Bildung etc.). Durch die Ausbildung sollen die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich Aufgaben an ihrer Schule im Bereich der politischen Bildung zu übernehmen. Darüber hinaus unterstützt das Kultusministerium Projekte wie zum Beispiel Model United Nations Baden-Württemberg, die die politische Bildung Jugendlicher fördern. Auch im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms haben teilnehmende Schulen die Möglichkeit, außerschulische Angebote im Bereich der politischen Bildung zu finanzieren. Die stärkere Einbeziehung der Jugendlichen in die Entwicklungen von Gesellschaft und Politik ist übergreifendes Ziel der Jugendarbeit und der außerschulischen Jugendbildung . Programme und Maßnahmen der Jugendarbeit und außerschulischer Jugendbildung zur Förderung der politischen Teilhabe finden jedoch hauptsächlich auf kommunaler Ebene statt. In welcher Weise die Mitwirkung vor Ort erfolgt und gegebenenfalls ausgebaut wird, entscheiden die Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit. In Ergänzung der Landesförderungen in der Kinder- und Jugendarbeit sowie der außerschulischen Jugendbildung soll der bisherige „Zukunftsplan Jugend“ mit dem Fokus auf Jugendliche und stärkeren Praxisbezug neu ausgerichtet werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 9 Zentrale Ergebnisse der Bestandsaufnahme „Partizipation: Beteiligung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg. Vielfalt von Partizipationsmöglichkeiten : Überblick über Angebotsformen, Akteure, Projekte und Themen“ im Rahmen des „Zukunftsplan Jugend“ aus dem Jahr 2015 zeigen, dass in Baden-Württemberg die Beteiligung von Jugendlichen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt auf einem relativ hohen Niveau liegt. 48 Prozent der 14 bis 19-jährigen Baden-Württemberger/-innen gelten als freiwillig engagiert. Mehr als ein Drittel der befragten Jugendlichen bezeichnet sich laut der Bestandsaufnahme als politisch interessiert. Dabei ist die Engagementbereitschaft – die in den letzten Jahren angestiegen ist – höher als das tatsächliche Engagement. Des Weiteren wird auf Ziffer 9 verwiesen. 6. Welche Maßnahmen ergreift sie – etwa im Rahmen der Medienpädagogik im Unterricht, durch Medienmentoren oder Angeboten wie beispielsweise Jugendnetz , Jugendpresse, Jugendfilmpreis, Jugendmedientage, Jugendradiotag der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung – um Jugendlichen heute die Möglichkeiten und die Vielfalt der Zugangswege zu Informationen über die modernen Medien zu vermitteln und die Jugendlichen zu motivieren, diese zu nutzen? Im digitalen Zeitalter sind die Kompetenz, sich in großen Wissensbeständen zu orientieren, sowie Quellenbewertungs- und -kritikfähigkeit wichtiger denn je. Die Landesregierung fördert daher auf vielfältige Weise die Nutzung und den kritischen Umgang mit Medien. Dies geschieht einerseits im Schulunterricht, andererseits in zusätzlichen Angeboten außerhalb des Pflichtunterrichts (zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften, Jugendbegleiter-Angebote) sowie durch Förderung von Programmen und Projekten der außerschulischen Jugendbildung. Letztere wird insbesondere durch die Förderung der Jugendpresse Baden-Württemberg und ihrer Aktivitäten, der Jugendmedientage, des Jugendfilmpreises sowie weiterer Projekte und Veranstaltungen geleistet. Im Jugendbegleiter-Programm fanden im Schuljahr 2015/2016 an damals 1.888 teilnehmenden Schulen jede Woche 732 Stunden Medienangebote statt. Mit dem Jugendnetz der Jugendstiftung Baden-Württemberg hat die Landesregierung bereits Ende der 1990er Jahre ein Angebot initiiert und seither gefördert, das sich zu einer zentralen Anlaufstelle für Jugendliche im Land entwickelt hat. Die neuen Bildungspläne, die im laufenden Schuljahr 2016/2017 in Kraft gesetzt wurden, greifen im Rahmen der Umsetzung der Leitperspektive Medienbildung auch die neueren Entwicklungen jugendlicher Mediennutzung auf und sehen in allen Fächern und Klassenstufen Einheiten zur Informationsbeschaffung, -bewertung und -nutzung vor. Darüber hinaus ist die Informationskompetenz auch Gegenstand des Basiskurses Medienbildung, der in Klasse 5 verbindlich vorgeschrieben ist. Das Landesmedienzentrum (LMZ) hat hierzu Umsetzungsszenarien entwickelt und stellt diese online zur Verfügung. Im Schüler-Medienmentoren-Programm (SMEP), das das Landesmedienzentrum (LMZ) im Auftrag des Kultusministeriums durchführt, werden jährlich bis zu 700 Jugendliche zu Medienmentorinnen und -mentoren ausgebildet. Einheiten zur Informationskompetenz sind in diesem Programm wesentlicher Bestandteil der Qualifizierung . Die jugendlichen Mentorinnen und Mentoren werden in einem verantwortlichen , selbstbestimmten und reflektierten Umgang mit digitalen Medien geschult, sowohl in der aktiven Medienarbeit als auch im Bereich des Jugendmedienschutzes . Außerdem lernen die Schülerinnen und Schüler, wie sie eigenverantwortlich eine AG oder ein Projekt leiten und wie sie ihr Wissen an Gleichaltrige und Jüngere weitergeben können. Darüber hinaus hat die Landesregierung bereits im Jahr 2010 die Medienkompetenz -Initiative Kindermedienland Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um zunächst mit Leuchtturmprojekten die Medienkompetenz stärker in den Fokus zu rücken. Im Jahr 2013 wurde die Initiative mit Haushaltsmitteln verstetigt, um durch eine Akzentverschiebung des Kindermedienlandes Baden-Württemberg von befristeten Projekten hin zu festen Angebotsstrukturen das Thema Medienkompetenz in Baden-Württemberg systematisch und nachhaltig anzugehen (vgl. https:// www.kindermedienland-bw.de/de/startseite/). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 10 Dabei hat die Initiative auch eine wichtige Ergänzungsfunktion zu den medienpädagogischen Angeboten inne, die in den fachlich zuständigen Ressorts vorgehalten werden. So werden u.a. vom Landesmedienzentrum im Rahmen der Initiative Kindermedienland Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte für das Thema Medienkompetenz sensibilisiert und ihre Medienkompetenz gestärkt, indem hochwertige medienpädagogische Bildungsveranstaltungen im Rahmen des Programms „101 Schulen“ direkt an Schulen aller Schularten im Land durchgeführt werden. 2015 fanden über 1.000 Veranstaltungen an über 290 Schulen statt. Damit werden jährlich über 23.000 Eltern, Lehrkräfte und Schüler erreicht. Inzwischen hat sich fast jede fünfte Schule im Land an diesem Programm beteiligt. Die Initiative Kindermedienland kooperiert zudem mit dem SWR sowie mit dem Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger. Diese beiden Organisationen machen innerhalb der Initiative eigene Angebote, zum Beispiel die „Dschungeltour“ im SWR, bei der Kinder der Klassen 3 bis 6 auf spielerische Art erfahren, wie Fernsehen und Hörfunk gemacht werden. Weiter ist hier das Projekt „Zisch“ (Zeitung in der Schule) zu erwähnen, bei dem Kinder und Jugendliche selbst in die Rolle von Reporterinnen/Reportern und Redakteurinnen/Redakteuren schlüpfen und so erfahren, wie Nachrichten, Reportagen und Interviews gemacht werden. Das Eltern-Medienmentoren-Programm der Initiative Kindermedienland ist ein unterstützendes Angebot für Eltern, um Medienerziehung in der Familie zu erleichtern . Jährlich werden rund 100 Veranstaltungen mit knapp 2.000 Eltern durchgeführt . Medienbildung findet auch in der Kinder- und Jugendarbeit sowie in der Jugendsozialarbeit statt. Neben der Förderung der Kinder- und Jugendarbeit sowie der außerschulischen Jugendbildung fördert das Land mit der Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg eine Fachstelle, die landesweit mit ihren Veranstaltungen und Seminaren wie durch Veröffentlichungen (z. B. die Schriftenreihe Medienkompetenz) Fortbildungsmaterialien für Multiplikator/-innen aus Kinder- und Jugendarbeit, Jugendhilfe und Schule anbietet. Die Aktion Jugendschutz bietet zudem fachreferatsübergreifende Angebote, da sie aktuelle medienpädagogische Fragestellungen, u. a. in Peer-Projekten, mit jugendschutzrelevanten Themen verbinden kann. Darüber hinaus bietet die Aktion Jugendschutz mit dem LandesNetzWerk für medienpädagogische Elternarbeit seit über 15 Jahren Veranstaltungen für Eltern und Familien an. Dabei werden Referentinnen und Referenten für die Arbeit mit Eltern und Familien oder für die Fortbildung von Kolleginnen und Kollegen in den unterschiedlichsten Einrichtungen geschult. Derzeit sind über 100 pädagogische Fachkräfte tätig, die jährlich bis zu 6.000 Eltern, Kinder und Jugendliche erreichen. Um Kinder und Eltern aus benachteiligten Sozialmilieus zu erreichen, werden diese mit dem niedrigschwelligen Angebot „Medienpädagogische Fortbildung für die Sozialpädagogische Familienhilfe“ im Rahmen der Initiative Kindermedienland in ihrer Medienkompetenz gefördert. Hierfür werden die Fachkräfte der Sozialpädagogischen Familienhilfe medienpädagogisch qualifiziert, um Eltern in schwierigen Lebenslagen alltagsnah und gezielt bei der Medienerziehung ihrer Kinder zu unterstützen . Auch die Landesanstalt für Kommunikation (LFK) führt sowohl allein als auch in zahlreichen Kooperationen bspw. mit der MFG, dem LMZ, im Rahmen der Stiftung MKFS (MedienKompetenz Forum Südwest) oder gemeinsam mit dem SWR Projekte und Initiativen zur Vermittlung von Medienkompetenz durch. Beispielsweise wird der Schülerradiotag der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) überwiegend mit Fördermitteln der LFK finanziert, gleiches gilt auch für die Ohrenspitzer-Angebote des LMZ. Auch in der außerschulischen Medienbildung fördert die LFK im Rahmen der Initiative Kindermedienland Projekte in erheblicher Größenordnung, wie zum Beispiel „Im Netz. Vor Ort. Bei Dir. Mach mich!“ oder „Close up/Girls go Movie“ etc. Auch die Polizei vermittelt im Rahmen ihrer präventiven Aktivitäten mit dem Ansatz der verhaltensorientierten Prävention an Jugendliche unter anderem Mediensicherheit und Medienkompetenz. Unter dem Titel „Prävention Mediengefahren“ sind diese beiden Themenfelder seit 2015 Pflichtaufgabe im Bereich der polizei- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 11 lichen Prävention und können landesweit flächendeckend von allen Schulen für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 5, 6 oder 7, deren Erziehungsberechtigte , Lehrkräfte sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren abgerufen werden. Um die Jugendlichen zu diesen Themen zu schulen und zu sensibilisieren wurde 2008 vom Landeskriminalamt das landesweite Programm „Kids Online“ für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte entwickelt. 2014 wurde es komplett überarbeitet und unter dem Namen „MEDIENWELTEN JUGENDLICHER“ fortgeführt. Grundlage des Projekts ist ein modular aufgebauter Impulsvortrag zu Leitthemen wie Computerspiele, riskante Mediennutzung oder Daten im Netz. Durch seinen modularen Aufbau können ganz gezielt, auf die Interessen der jeweiligen Zielgruppe zugeschnittene inhaltliche Schwerpunkte gesetzt und bearbeitet werden. Ergänzt wird der Impulsvortrag durch den Präventionsfilm „VERKLICKT!“, der seit 2014 als Medienpaket inklusive pädagogischem Begleitheft zur Verfügung steht. Der Film vermittelt Kindern und Jugendlichen ab Klassenstufe 7 sicherheitsbewusstes Verhalten in ihrer digitalen Alltagswelt. Das Begleitheft bietet pädagogischen Fachkräften die Möglichkeit, im Rahmen von Diskussionen oder Projektarbeiten die vielschichtigen Frage- und Problemstellungen bei der Nutzung digitaler Medien vertiefend zu behandeln. Thematische Schwerpunkte sind Cybermobbing, illegale Downloads, Kostenfallen, Persönlichkeits- und Urheberrechte. Im Weiteren geht es auch um das Verhalten in sozialen Netzwerken, jugendgefährdende Inhalte und Passwortsicherheit. Um die schnelllebigen Entwicklungen im Handlungsfeld digitale Medien aktuell und zielgruppengerecht in den Präventionsangeboten abzubilden, unterliegen die polizeilichen Programme einer kontinuierlichen Überprüfung und Fortschreibung. Unter der Adresse www.polizeifürdich.de steht seit Dezember 2015 ein polizeiliches Informationsportal zur Verfügung, das jungen Menschen zwischen 12 und 15 Jahren die Möglichkeit bietet, sich über jugendspezifische Polizeithemen schnell, niederschwellig und anonym zu informieren. Unter der Rubrik „Handy, Smartphone , Internet“ finden sich unter anderem auch Beiträge zu den Themen Mediensicherheit und Medienkompetenz. Da die Förderung und Vermittlung von Medienkompetenz eine Querschnittsaufgabe ist, die ein strukturiertes Zusammenwirken aller beteiligten Kräfte erfordert, hat die Landesregierung unter Federführung des Staatsministeriums einen breit angelegten Strategieprozess durchgeführt, der im Dezember 2015 abgeschlossen wurde. Unter Beteiligung aller fachlich betroffenen Ressorts sowie mit externen Expertinnen und Experten wurde in einem transparenten Verfahren der Status quo, die Handlungsfelder, Ziele und die weiteren Meilensteine im Bereich der Medienbildung in Baden-Württemberg identifiziert und in einem Strategiepapier Medienbildung zusammengefasst (online abrufbar unter: https://www.kindermedienlandbw .de/fileadmin/redaktion/kml/publikationen/KML_Strategiepapier_A4_online. pdf). Zudem bietet die Homepage der Initiative einen zentralen Zugang für alle Betroffenen und Interessierte, um zielgenau alle fortlaufend aktualisierten Angebote und Programme im Bereich der Medienbildung zu finden (online abrufbar unter: https://www.kindermedienland-bw.de/de/startseite/medienbildung-in-bw/). Des Weiteren wird auf Ziffer 7 verwiesen. 7. Welche Maßnahmen ergreift sie, um Jugendliche angesichts der Vielfalt von Informationen unterschiedlicher Qualität zur kompetenten Mediennutzung (Quellenkritik, Bewusstsein über „filter bubbles“ etc.) sowohl im Rahmen des Schulunterrichts als auch im Rahmen der außerunterrichtlichen Jugendbildung anzuleiten? Die Bewertung von Medien und die Informationskompetenz sind, wie in Ziffer 6 ausgeführt, Bestandteil des Schulunterrichts. Auch außerunterrichtliche Angebote im Bereich der Medienbildung zielen häufig nicht nur auf die Nutzung neuer Medien , sondern auch den bewussten und kritischen Umgang mit diesen. Der Bereich der Informationskompetenz ist auch Bestandteil verschiedener Programme wie etwa der Erziehungs- und Präventionsarbeit im Rahmen der Maßnah- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 12 men nach dem Amoklauf von Winnenden/Wendlingen. Neben den Ausführungen zur polizeilichen Präventionsarbeit in Ziffer 6 ist in diesem Arbeitsbereich das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ) beauftragt, Lehrkräfte mit Materialien, Beratung und Veranstaltungen zu unterstützen. So sind etwa Unterrichtsmodule zum „Richtigen Recherchieren“ oder auch zur Informationskompetenz entstanden. Informationskompetenz und verwandte Kompetenzbereiche sind auch zentraler Bestandteil der verschiedenen Programme der Initiative Kindermedienland. Zu all diesen Themen bieten die Kindermedienland-Programme „101 Schulen“ und „Regionale Medienkompetenztage“ Veranstaltungen für Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler an. Diese Veranstaltungen sind für die Schulen in Baden- Württemberg kostenfrei beim LMZ abrufbar. 8. Welche Möglichkeiten sieht sie durch eine stärkere Einbindung von neuen Medien auf das Informationsverhalten von Jugendlichen einzugehen? Die Landesregierung schöpft auf vielfältige Weise die Möglichkeiten aus, um Jugendliche über die unterschiedlichen Informationsquellen und die Möglichkeiten einer vertieften Informationsbeschaffung durch eine verantwortliche Nutzung von digitalen Medien aufzuklären. Die Nutzung des Internets im Unterricht erschließt größere und vielfältigere Informationsquellen . Der Einsatz von Tablets oder Smartphones ermöglicht, dass zum Beispiel Erklärvideos beliebig oft angesehen werden oder interaktive Aufgaben- Tools bedient werden, so lange bis die Schülerinnen und Schüler einen Sachverhalt verstanden haben. Gerade weil Jugendliche in ihrem Alltag außerhalb der Schule Erfahrungen mit digitalen Plattformen, vor allem Sozialen Netzwerken, haben, sieht die Landesregierung die Nutzung einer solchen Plattform unter anderem für eine Förderung der Informationskompetenz als hilfreich an und beabsichtigt deshalb , in Baden-Württemberg eine digitale Bildungsplattform perspektivisch aufzubauen . Des Weiteren wird auf Ziffer 9 verwiesen. 9. Wie kann im Rahmen der politischen Bildung das Informationsverhalten berücksichtigt werden? Auch die politische Bildung muss sich auf die neuen Arten der Kommunikation einstellen, wenn sie Jugendliche ansprechen und zur Beteiligung anregen wollen. Digitale Medien bieten vielfältige Chancen für Engagement, weil sie einen vergleichsweise niedrigschwelligen Einstieg in politische Themen ermöglichen und nah an der Lebenswelt der Jugendlichen sind. Digitale Medien bieten der politischen Bildung die Chance, offen, interaktiv und transparent aufzutreten und so an den Erwartungen und Erfahrungen der Jugendlichen anzuknüpfen. Social Media- Angebote können zum Meinungsaustausch und zur Aufnahme von Kontakten genutzt werden. Informationen können mit digitalen Mitteln interaktiv und visuell attraktiv aufbereitet werden, um den Zugang zu Themen zu erleichtern. Die Nutzung digitaler Medien bietet außerdem ein großes Potenzial an Multiplikatoreffekten, weil Inhalte schnell geteilt und an andere weitergegeben werden können. Dementsprechend unternimmt auch die Landeszentrale für politische Bildung Baden -Württemberg (LpB) in ihrer gesamten Arbeit große Anstrengungen um dem veränderten Informationsverhalten Jugendlicher Rechnung zu tragen. In Abstimmung mit ihrem Kuratorium hat die Landeszentrale daher den Ausbau ihres Social Media-Bereichs als eine zentrale Entwicklungsaufgabe festgelegt. Seit 2009 verfügt die Landeszentrale über einen eigenen Auftritt in Facebook. Unter den inzwischen über 3.000 „Followern“ des Facebook-Auftritts der Landeszentrale sind die 25- bis 34-Jährigen die größte Gruppe, gefolgt von den 18- bis 24-Jährigen. Dem Auftritt folgen aber auch viele Institutionen. Somit erreicht die LpB auch im Netz neben zahlreichen Einzelpersonen viele Institutionen und Multiplikatoren. Die monatliche Reichweite des Facebook-Auftritts liegt momentan bei etwa 40.000 Personen . Neben Facebook spielen bei den sozialen Netzwerken die Plattform YouTube sowie Twitter eine nennenswerte Rolle. Die LpB ist seit 2014 mit einem eigenen YouTube-Kanal und seit 2015 mit regelmäßigen Beiträgen bei Twitter vertreten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 13 Wahlportale gehören zu den erfolgreichsten Angeboten der Landeszentrale im Onlinebereich . Die Landeszentrale hatte zur Kommunalwahl 2014 im Rahmen des Bündnisses „Wählen ab 16“ gezielt Angebote im Bereich der neuen Medien entwickelt . Erstmals wurde ein Informations-Portal im „Responsive Design“ erstellt, das den Bildschirminhalt auf allen Plattformen Smartphone, Tablet und PC korrekt darstellt . Damit wurden Erstwählerinnen und -wählern Onlineinformationen zur Wahl plattformunabhängig zur Verfügung gestellt und mit weiteren Videospots, Facebook - oder YouTube-Angeboten verknüpft. Auch zur Landtagswahl 2016 wurden von der Landeszentrale Videoclips zur Information und Motivation jugendlicher Wähler entwickelt und veröffentlicht. Der von der Landeszentrale in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung angebotene Wahl-O-Mat zur Landtagswahl 2016 erreichte eine neue Nutzerhöchstzahl von insgesamt 1,85 Millionen Zugriffen. Der Wahl-O-Mat ist eine spielerische Internet-Plattform, die zur Wahlbeteiligung anregen will. Ein Frage-Antwort-Spiel klärt, welche Partei der eigenen politischen Meinung am nächsten steht. Die Aussagen, mit denen sich die Positionen der zur Wahl zugelassenen Parteien vergleichen lassen, entwickelt eine Redaktion aus Jugendlichen und Politik-Experten. Mit diesem Angebot spricht die Landeszentrale nach ihren Nutzungserhebungen vor allem junge Menschen an. Neben den Wahlportalen unterhält die Landeszentrale eine Vielzahl von weiteren Online-Informationsangeboten, die sowohl von Schülerinnen und Schülern als auch von Lehrkräften genutzt werden. Die Publikationsangebote der Landeszentrale für den Schulbereich stehen in aller Regel kostenlos zum Download zur Verfügung und werden von Studierenden, Schülerinnen und Schülern sowie Multiplikatoren gerne genutzt. 2015 wurden über 700.000 Publikationen im Volltext heruntergeladen. Die Landeszentrale nutzt moderne Online-Kommunikationstools um dem wachsenden Bedürfnis nach zeitlich und räumlich unabhängiger Diskussion politischer und gesellschaftlicher Themen entgegenkommen zu können. Sie bietet in regelmäßigen Abständen mit Web-Talks, Webinaren oder virtuellen Konferenzen Diskussionen in virtuellen Kursräumen an, in denen Fachleute und Interessierte aus der ganzen Welt zu aktuelle gesellschaftspolitische Fragen zusammentreffen können. Die aktive Informationspolitik der Landeszentrale über Social Media und Internet wird durch medienpädagogische Angebote unterstützt. Dazu gehören die Stuttgarter Tage der Medienpädagogik, die in den letzten 30 Jahren großen Einfluss auf die Entwicklung der Medienpädagogik in Baden-Württemberg und darüber hinaus in ganz Deutschland ausgeübt haben. Seit 1978 werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln aktuelle Fragen der Medienpädagogik diskutiert. Die Stuttgarter Tage sind eine Kooperation zwischen der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, des Evangelischen Medienhauses, der Landesanstalt für Kommunikation, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg, des Südwestrundfunks und der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. 10. Welche Möglichkeiten sieht sie – neben etwa einer Zeitungspatenschaft – als erfolgversprechend an, bei Jugendlichen das Informationsinteresse zu stärken beziehungsweise zu wecken? Schule und Unterricht haben allgemein die Funktion, bei den Schülerinnen und Schülern Interesse zu wecken und sie dazu zu befähigen, selbstständig Informationen ausfindig zu machen, zu beschaffen, zu sichten, zu ordnen und zu nutzen. Im Bildungsplan 2016 hat die Leitperspektive Medienbildung über alle Fächer hinweg das Ziel, „Kinder und Jugendliche so zu stärken, dass sie den neuen Anforderungen sowie den Herausforderungen dieser Mediengesellschaft selbstbewusst und mit dafür erforderlichen Fähigkeiten begegnen können. Dazu gehören eine sinnvolle , reflektierte und verantwortungsbewusste Nutzung der Medien sowie eine überlegte Auswahl aus der Medienvielfalt in Schule und Alltag.“ Der Bildungsplan 2016 sieht den Umgang mit neuen Medien der Informationsbeschaffung, wie zum Beispiel „Blogs“, „sozialen Netzwerken“ oder „Beteiligungsportalen“ explizit vor. Im Unterricht kann Interesse an unterrichtsrelevanten Themen geweckt werden durch die Auswahl geeigneter Themen im Erfahrungshorizont der Kinder und Ju- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 14 gendlichen wie auch durch geeignete didaktisch-methodische Vermittlung dieser Themen, zum Beispiel in Form von Problemstellungen, die in den Schülerinnen und Schülern eine Fragehaltung wecken und sie intrinsisch motivieren, Informationen erhalten zu wollen. Diesem Ansatz folgt zum Beispiel die Grundschulpädagogik, indem sie die natürliche Neugier der Kinder nutzt, um sie für neue Informationen zu interessieren und zu öffnen. Gerade durch Recherchen mittels Printmedien und – sobald vorhanden – mittels digitaler Medien sowie an außerschulischen Lernorten, wie beispielsweise in Bibliotheken und Ausstellungen, wird dem natürlichen Interesse der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen und dieses gestärkt. So können mit Klassen beispielsweise auch Schülerzeitungen/Broschüren erstellt oder ein Newsletter für die Homepage der Schule verfasst werden. Aus dem Bereich der Werkrealschule/Hauptschule ist als eine Möglichkeit, das Informationsinteresse von Jugendlichen zu stärken, die „Themenorientierte Projektprüfung “ in Klassenstufe 9 zu nennen, an der alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend teilnehmen. Zur Vorbereitung ihres Themas nutzen die Jugendlichen vielfältige Informationsquellen, um relevante Aspekte ihres jeweiligen Projekts zu recherchieren und eine reflektierte Auswahl an Informationen zu treffen. An den allgemein bildenden Gymnasien bieten die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS) ab Klasse 7 sowie der Seminarkurs in der Kursstufe zahlreiche Möglichkeiten zur selbständigen Erarbeitung von Themengebieten durch die Schülerinnen und Schüler. Dazu ist stets auch die eigenständige Recherche und Verarbeitung der recherchierten Informationen nötig. Des Weiteren wird auf Ziffer 11 verwiesen. 11. Gibt es bereits Kooperationen mit Verlags- und Medienhäusern, die sich zum Ziel gesetzt haben, das Informationsinteresse der Jugendlichen zu stärken und diese für die Nutzung dieser Medien zu gewinnen? Die baden-württembergischen Zeitungsverlage engagieren sich seit vielen Jahren mit einer Fülle facettenreicher Kooperationen mit Schulen des Landes und unterstützen deren Bildungsarbeit. Insbesondere kann hier das Projekt „Zeitung in der Schule“ aufgeführt werden, das folgende Möglichkeiten bietet: • tägliche Lieferung der Zeitung für die Klasse, • mehrwöchiges Zeitungsprojekt (ggf. mit der Gestaltung einer Zeitungsseite), • Redakteure im Unterricht, • Besichtigung des Pressehauses, • Lehrer-Informationsnachmittag im jeweiligen Pressehaus. Daneben besteht das Projekt „Wir lesen“ im Einzugsgebiet der Südwestpresse. Durch das tägliche Lesen der Zeitung im Klassenverband besteht die Möglichkeit, tagesaktuelle Themen zu behandeln. Neben dem Lesen und Analysieren der Zeitung erfährt dieses Projekt eine besondere Attraktivität dadurch, dass Schülerinnen und Schüler selbst als Reporterinnen/Reporter tätig werden und Geschichten zu Themen schreiben können, die sie bewegen. Neben ihrer Lese- und Medienkompetenz wird hier im Besonderen ihre Schreibkompetenz gestärkt. Dabei sind die Schülerinnen und Schüler bei der Wahl ihrer Themen völlig frei. Es bestehen zahlreiche Kooperationen zwischen Bibliotheken bzw. Medienhäusern und Schulen zur Förderung der Lese- und Informationskompetenzen von Schülerinnen und Schülern. Die Unterstützung der Schulen erfolgt zum Beispiel durch • die Bereitstellung von Medienboxen, welche thematisch und altersgerecht für den Unterricht zusammengestellt werden können; manche Bibliotheken entleihen Klassensätze für die gemeinsame Lektüre oder ermöglichen Schulklassen eine „Klassenbibliothek“ zusammenzustellen; Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 759 15 • altersgerechte Klassenführungen mit thematischen Schwerpunkten, die mit den Lehrkräften im Vorfeld abgestimmt und an den Unterrichtsstoff angepasst werden ; diese befähigen Schülerinnen und Schüler zu eigenständiger Recherche und zur Bewertung und Verarbeitung gefundener Informationen; Schülerinnen und Schüler lernen dabei außerdem, AV-Medien zu nutzen sowie in Nachschlagewerken und im Internet zu recherchieren; • die Unterstützung von Klassen bei der selbstständigen Bearbeitung von Aufgaben , indem Medien zur Verfügung gestellt werden und bei der Recherche Hilfestellung geleistet wird („Recherche-Coaching – Clever suchen in Datenbanken für Referate, GFS und Co“). Des Weiteren findet das Projekt „Lesen macht stark: Lesen und digitale Medien “ des Deutschen Bibliotheksverbands e. V. verstärkt Einzug an Realschulen. Im Ideenpool Leseförderung des Landesinstituts für Schulentwicklung haben Mitarbeiterinnen /Mitarbeiter des Arbeitskreises Leseförderung wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Beispiele für die Leseförderung zusammengefasst und im Internet zugänglich gemacht. Auch Initiativen, Aktionen und Programme der „Stiftung Lesen“ zielen darauf ab, das Informationsinteresse Jugendlicher zu stärken. Murawski Staatsminister und Chef der Staatskanzlei