Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 772 22. 12. 2016 1Eingegangen: 22. 12. 2016 / Ausgegeben: 06. 02. 2017 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Windkraftanlagen gibt es nach ihrer Kenntnis aktuell in Baden-Württemberg (Name, Standort, Betreiber, Zahl der Windräder, Höhe, Leistung, sind Bürger oder Kommunen an der Anlage beteiligt)? 2. Wo in Baden-Württemberg sind Windkraftanlagen im Bau oder in Planung (Standort, Zahl der Windräder, Höhe, erwartete Maximalleistung, Abstand zu nächstgelegenen Wohngebäuden, Betreiber, Eigentümer der Windkraftanlage, Eigentümer der Windkraftanlagen-Flächen, sowie voraussichtliche Kosten für Umsetzung und laufenden Betrieb)? 3. Welche Mängel in Bezug auf die Umweltverträglichkeit wurden in Baden- Württemberg bis heute bei Windkraftprojekten festgestellt (bitte auflisten)? 4. Welche Studien zur Wertentwicklung von Grundstücken und Immobilien, wenn Windkraftanlagen in der Nähe errichtet werden, gibt es? 5. Welche organisierten Gruppen, Vereine und Initiativen (z. B. Jäger, Förster oder Bürgerinitiativen) haben sich bis heute an die aktuelle oder letzte Landesregierung bzw. an ein Ministerium gewandt, um Kritik bezüglich Windkraft - anlagen auszudrücken? 6. Was waren dabei die wesentlichen Kritikpunkte? 7. Welche Waldflächen wurden bis heute für Windkraftanlagen in Baden-Württemberg benötigt (bitte möglichst unterteilt nach Staatswald/Landesforst, Gemeindeforst , private Waldflächen)? Kleine Anfrage des Abg. Thomas Axel Palka AfD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Windkraftanlagen in Betrieb und Planung Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 772 2 8. Wie steht sie zur bayrischen, sogenannten „10-H-Regelung“, insbesondere in Bezug auf die Mitbestimmung der Bürger und Kommunen, die einen geringeren Mindestabstand durchaus freiwillig festlegen können? 9. Welche Möglichkeiten haben Bürger, Bürgerinitiativen oder auch gewählte Vertreter wie Landtagsabgeordnete zur rechtzeitigen Prüfung während der Planungsphase , ob eine geplante Windkraftanlage später voraussichtlich rentabel betrieben werden kann, insbesondere wenn Gutachten (Windgutachten, Artenschutzgutachten , o. ä.) geheim gehalten werden oder erst nach Projektbeschluss und damit ggf. verbundenen Strafzahlungen im Falle eines Ausstiegs durchgeführt werden sollen? 22. 12. 2016 Palka AfD B e g r ü n d u n g Die Kleine Anfrage soll die aktuelle Situation klären. A n t w o r t Mit Schreiben vom 24. Januar 2017 Nr. 4-4516 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Windkraftanlagen gibt es nach ihrer Kenntnis aktuell in Baden-Württemberg (Name, Standort, Betreiber, Zahl der Windräder, Höhe, Leistung, sind Bürger oder Kommunen an der Anlage beteiligt)? Daten zu Windkraftanlagen, die in Baden-Württemberg betrieben werden, sind im Daten- und Kartendienst der LUBW Landesanstalt für Messung, Umwelt und Naturschutz in Karten- und Tabellenform veröffentlicht. http://udo.lubw.badenwuerttemberg .de/public/. Die Beteiligungsverhältnisse sind den Genehmigungsbehörden in der Regel nicht bekannt. 2. Wo in Baden-Württemberg sind Windkraftanlagen im Bau oder Planung (Stand ort, Zahl der Windräder, Höhe, erwartete Maximalleistung, Abstand zu nächstgelegenen Wohngebäuden, Betreiber, Eigentümer der Windkraftanlage, Eigentümer der Windkraftanlagen-Flächen, sowie voraussichtliche Kosten für Umsetzung und laufenden Betrieb)? Der Landesregierung liegen landesweit keine aktuellen detaillierten Informationen über WEA im Bau oder in der Planung vor. Die Anzahl der im Bau befind - lichen WEA wurde einmalig in 2015 erhoben (siehe Drucksache 15/7636). Branchenüblich liegen Investitionskosten für Windenergieprojekte derzeit bei etwa 1.600 bis 1.800 €/kW. Die Betriebskosten betragen ca. 35 bis 40 % des Umsatzes. Ca. 15 % des Umsatzes entfallen auf Wartung und Service. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 772 3. Welche Mängel in Bezug auf die Umweltverträglichkeit wurden in Baden- Württemberg bis heute bei Windkraftprojekten festgestellt (bitte auflisten)? Nach § 5 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird. Es ist essentieller Bestandteil der Prüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, ob diese und weitere Anforderungen aus dem BImSchG und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt sind. Ist dies der Fall, so ist die Genehmigung zu erteilen. Ist dies nicht der Fall, so ist der Antrag nachzubessern oder die Genehmigung zu versagen. Durch die Erteilung der Genehmigung ist festgestellt, dass schädliche Umwelteinwirkungen gerade nicht hervorgerufen werden. Die Prüfung und die notwendigen Nachbesserungen spielen sich einzelfallbezogen innerhalb des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ab. Hier - über wird keine Statistik geführt. 4. Welche Studien zur Wertentwicklung von Grundstücken und Immobilien, wenn Windkraftanlagen in der Nähe errichtet werden, gibt es? • Stadt Aachen, Fachbereich Geoinformation und Bodenordnung, Kommunale Bewertungsstelle (2011): Untersuchung: Hat der Windpark „Vetschauer Berg“ Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt von Wohnimmobilien in den Orts - lagen Vetschau und Horbach? Internet: https://www.windenergie.at/MEDIA/Studie%20Immobilienpreise%20und% 20Windenergie%20Aachen.pdf • Vornholz, Prof. Dr. Günter (2014): Windkraft und Immobilienpreise, Der Immobilienbrief , Nr. 321, Seite 21, Rohmert Medien, Mai 2014. Internet: http://www.rohmert-medien.de/wp-content/uploads/2014/05/ Der-Immobilienbrief-Nr-321.pdf • EnergieAgentur.NRW GmbH: Wertverlust von Immobilien durch Windenergieanlagen ? Internet: http://www.energiedialog.nrw.de/ kein-wertverlust-von-immobilien-durch-windenergieanlagen/ 5. Welche organisierten Gruppen, Vereine und Initiativen (z. B. Jäger, Förster oder Bürgerinitiativen) haben sich bis heute an die aktuelle oder letzte Landesregierung bzw. an ein Ministerium gewandt, um Kritik bezüglich Windkraft - anlagen auszudrücken? 6. Was waren dabei die wesentlichen Kritikpunkte? Bürger bzw. Bürgerinitiativen wenden sich in aller Regel nicht gegen den Windkraftausbau als solchen. Sie sprechen konkrete Vorhaben an, sodass sich Kritik - punkte am Einzelfall orientieren. Hierüber wird keine Statistik geführt. 7. Welche Waldflächen wurden bis heute für Windkraftanlagen in Baden-Württemberg benötigt (bitte möglichst unterteilt nach Staatswald/Landesforst, Gemeindeforst , private Waldflächen)? In den Regierungsbezirken Freiburg und Karlsruhe wurden bisher Umwandlungsgenehmigungen für den Bau (inkl. Zuwegung) für 78 Windkraftanlagen in einer Höhe von 44,9 ha dauerhafte Waldumwandlung nach § 9 LWaldG (Aufteilung nach Waldbesitz: Körperschaftswald 18,2 ha; Privatwald 13,1 ha; Staatswald 13,6 ha) sowie 28,4 ha befristete Waldumwandlung nach § 11 LWaldG (Aufteilung nach Waldbesitz: Körperschaftswald 13,5 ha; Privatwald 8,4 ha; Staatswald 6,5 ha) erteilt . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 772 4 In den Regierungsbezirken Stuttgart und Tübingen wurden bisher Umwandlungsgenehmigungen für den Bau (inkl. Zuwegung) für 207 Windkraftanlagen in einer Höhe von 99 ha dauerhafte Waldumwandlung nach § 9 LWaldG (Aufteilung nach Waldbesitz: Körperschaftswald 29 ha; Privatwald 37 ha; Staatswald 33 ha) sowie 50 ha befristete Waldumwandlung nach § 11 LWaldG (Aufteilung nach Waldbesitz : Körperschaftswald 14 ha; Privatwald 15 ha; Staatswald 21 ha) erteilt. Die befristet umgewandelten Waldflächen bleiben Wald im Sinne des Gesetzes und werden nach Fristablauf an selber Stelle wieder aufgeforstet. Für die dauerhaft umgewandelten Waldflächen werden ersatzweise in der Nähe Neuaufforstungen vorgenommen und gegebenenfalls ökologische Auswertungsmaßnahmen in be - stehenden, von der Waldumwandlung nicht direkt betroffenen Waldflächen durch - geführt. 8. Wie steht sie zur bayrischen, sogenannten „10-H-Regelung“, insbesondere in Bezug auf die Mitbestimmung der Bürger und Kommunen, die einen geringeren Mindestabstand durchaus freiwillig festlegen können? Von der Möglichkeit, durch Landesgesetz pauschale Mindestabstände von privilegierten Windenergieanlagen zu baulichen Nutzungen festzulegen, hat bundesweit nur Bayern Gebrauch gemacht. Die dafür notwendige Ermächtigungsgrundlage im Baugesetzbuch ist bereits zum 31. Dezember 2015 abgelaufen. Die Landesregierung hat sich dagegen entschieden, von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch zu machen. Die geltende baden-württembergische Rechtslage bietet die Möglichkeit, die Abstände jeweils orts- und situationsbezogen unter Berücksichtigung aller örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten in der Flächennutzungsplanung festzulegen. Die Mitbestimmung der Kommunen erfolgt demgemäß über die Durchführung der Flächennutzungsplanung, die Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger insbesondere über die Beteiligung am jeweiligen Bauleitplanverfahren . 9. Welche Möglichkeiten haben Bürger, Bürgerinitiativen oder auch gewählte Vertreter wie Landtagsabgeordnete zur rechtzeitigen Prüfung während der Planungsphase, ob eine geplante Windkraftanlage später voraussichtlich rentabel betrieben werden kann, insbesondere, wenn Gutachten (Windgutachten, Artenschutzgutachten, o. ä.) geheim gehalten werden oder erst nach Projekt - abschluss und damit ggf. verbundenen Strafzahlungen im Falle eines Ausstiegs durchgeführt werden sollen? Die Prüfung der Rentabilität eines gewerblichen Vorhabens ist weder bei Windkraftanlagen noch bei sonstigen Anlagenarten Gegenstand des behördlichen Genehmigungsverfahrens . Sie ist alleinig Sache des Investors und der finanzierenden Banken. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft