Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 886 16. Wahlperiode Eingang: 26.10.2016 Große Anfrage der Abg. Emil Sänze u. a. AfD Entsorgung von Styropor und Styrodur/Dämmstoffen Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch ist nach ihrer Kenntnis die Gesamtmenge an in Immobilien verbauten mit Hexabromcyclododecan (HBCD) belasteten Styropor oder Styrodur in Baden- Württemberg (Angabe in Tonnen)? 2. Wie viele Millionen Kubikmeter an Hartschaumplatten befinden sich nach ihrer Kenntnis in Baden-Württemberg in Immobilien? 3. Mit welcher Dichte des Styropors und Styrodurs in Frage 1 kann realistisch im Durchschnitt gerechnet werden? 4. Wie viele Tonnen Dämmmaterial und Baumischabfälle fielen in Baden-Württemberg im Jahr 2015 zur Entsorgung an? 5. Wie viele Tonnen an mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur fielen seit 2011 jährlich zur Entsorgung durch Verbrennen in Baden-Württemberg an? 6. Mit welchen Kosten kalkuliert sie bei der Entsorgung durch Verbrennen von einer Tonne mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur in Baden-Württemberg? 7. Was soll mit dem Styropor und Styrodur geschehen, wenn die Müllverbrennungsanlagen die Annahme aufgrund hoher Auslastung und problematischer Handhabung verweigern ? 8. Welche ökologischen Folgen könnten eine illegale Entsorgung oder Lagerung – zum Beispiel in einem Wald oder einer Wiese – haben? 9. Ab welcher Menge könnten eine illegale Entsorgung oder Lagerung – zum Beispiel in einem Wald oder einer Wiese – welche Folgen für Mensch und Umwelt haben? 10. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, ob Müllverbrennungsunternehmen oder Entsorgungsbetriebe in Baden-Württemberg die Annahme von Bauschutt verweigern, da dieser mit HBCD belastet sein könnte? 11. Wie schätzt sie den Einfluss des Gesetzes zur Trennung von mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur von sonstigem Müll auf Gebäudebrandversicherungen ein? 12. Worin besteht der Unterschied zur früheren ungetrennten Verbrennung von mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur zusammen mit anderen Materialien und einer getrennten Verbrennung aus ökologischer Sicht? 13. Wie viele Genehmigungen zur Verbrennung von mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur wurden in Baden-Württemberg bereits beantragt? 14. Wie viele Genehmigungen zur Verbrennung von mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur wurden in Baden-Württemberg bereits erteilt? 15. Wie lange dauert die Erteilung einer solchen Genehmigung durchschnittlich? 16. Wie viele Müllverbrennungsanlagen in Baden-Württemberg wären technisch in der Lage, mit HBCD belastetes Styropor und Styrodur durch Verbrennen sicher zu entsorgen ? 17. Von welcher Menge an jährlich gesondert zu entsorgendem mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur geht sie in Baden-Württemberg aus? 18. Reichen die Verbrennungskapazitäten der Müllverbrennungsanlagen mit Genehmigung in Baden-Württemberg aus, um die jährlich zusätzlich zu sonstigem Müll anfallenden Mengen an mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur getrennt zu verarbeiten ? 19. Würden die Verbrennungskapazitäten aller Müllverbrennungsanlagen in Baden- Württemberg ausreichen, um die jährlich zusätzlich zu sonstigem Müll anfallenden Mengen an mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur getrennt zu verarbeiten? 20. Wie könnte die Genehmigungserteilungsdauer reduziert werden? 21. Wie soll mit mit HBCD belastetem Styropor und Styrodur umgegangen werden, welches derzeit aufgrund fehlender Verbrennungskapazitäten nicht verbrannt werden kann? 22. Inwiefern trifft es nach ihrer Kenntnis zu, dass der Beschluss der EU-Kommission, mit HBCD belastete Dämmstoffe separat zu sammeln, darauf zurückzuführen ist, dass es in der EU einzelne Müllverbrennungsanlagen gibt, die HBCD nicht sicher verbrennen können? 23. Gibt es nach ihrer Kenntnis in Deutschland Müllverbrennungsanlagen, die das HBCD- Molekül nicht sicher vernichten können? 24. Was kostet nach ihrer Kenntnis deutschlandweit eine Nachrüstung dieser Anlagen, die gewährleistet, dass deutschlandweit alle Müllverbrennungsanlagen in der Lage sind, das HBCD-Molekül sicher zu vernichten? 25. Wie viel CO2 wird gemäß ihrer Schätzung zusätzlich generiert, wenn zur Verbrennung von Styropor zusätzliche Wege in Kauf genommen werden müssen, da sich viele Entsorgungsbetriebe der Verbrennung verweigern? 25.10.2016 Sänze, Klos, Dr. Merz, Dr. Grimmer, Herre, Dr. Baum, Dr. Balzer, Baron, Dr. Podeswa, Voigtmann, Dr. Meuthen, Gögel, Rottmann, Berg, Stein AfD B e g r ü n d u n g Styropor kann das Flammschutzmittel HBCD enthalten, das seit dem 30. September 2016 als gefährlich eingestuft wird. Schon jetzt verweigern Entsorgungsbetriebe und Müllverbrennungsanlagen die Annahme von Styropor oder styroporhaltigem Abfall. Baustellen müssen styroporhaltige Abfälle separat sammeln, die Entsorger ihn separat abtransportieren und dokumentieren. Später wird das Styropor dann genauso verbrannt wie früher: Das HBCD-Molekül wird zerstört und das Brom über die Abgasreinigung herausgefiltert. Die Verbrennung wird so aber problematischer, weil durch die getrennte Verbrennung ein sehr hohes Maß an Wärme aufgrund der Erdölbeständigkeit des Styropors freigesetzt wird, was bei manchen Verbrennungsanlagen zu Problemen führt. Außerdem ist reiner Styropormüll aufgrund der geringen Dichte sehr volumenintensiv. Zu befürchten ist, dass Sanierungsund Bauprojekte deswegen stocken. Aus dem kürzlich beschlossenen Gesetz scheinen enorme Mehrkosten zu resultieren. Diese sollen in dieser Großen Anfrage näher beleuchtet werden.